Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Cerithium. Litiopa. Janthina.
Zwecke des Ortswechsels besitzt unter allen Bauchfüßern unzweifelhaft die Sippe Janthina. Man
hatte sie anfangs für einen ausschließlichen Bewohner der tropischen Meere gehalten, jedoch später
auch einige Arten im mittelländischen und im britischen Meere entdeckt. Jhr Wohnort ist die
hohe See, auf welcher sie langsam umherschwimmt. Am Hintertheile ihres Fußes nun ist ein
großer blasiger Anhang, von Fabius Columna ganz passend spuma cartilaginea -- knorpeliger
Schaum -- genannt, indem die Bläschen so durchsichtig, wie die des Schaumes sind, während
ihre Hülle knorpelig oder häutig ist. An diesen Luftblasen hängend schwebt Janthina leicht auf
dem Wasser, ohne jedoch aufs Gerathewohl jeder Strömung desselben oder jedem Lüftchen, das
über seinen Weg haucht, preisgegeben zu sein, da ihre Richtung durch eine kleine Flosse zu
beiden Seiten des Fußes und etwas über dessen Rande gelenkt werden kann. Nur wenn des
Sturmes Athem heftig weht, überläßt sich die Schnecke seiner Gewalt und leidet Schiff-
bruch an ungastlichem Gestade." Es war festgestellt, daß das Thier ohne den Blasen-
apparat an der Oberfläche nicht verweilen könne, daß derselbe bloß mechanisch an den Fuß
angeheftet sei und beim Zurückziehen des Thieres nur zum kleinsten Theil in der Schale mit
Platz finde; auch hatte ein englischer Naturforscher, Coates, ziemlich genau die Art und Weise
angegeben, wie das Floß gebildet und ausgebessert werde, bis Lacaze-Duthiers während
eines Aufenthaltes an der afrikanischen Küste bei Lacalle Gelegenheit fand zu den genauesten
Untersuchungen. Wir lassen ihn selbst reden.

"Starke Nordwest-Stürme hatten eine große Menge der Schaumapparate der Janthinen auf
das sandige Ufer der Bai von Bouliff bei Lacalle geworfen, und ich fand dabei auch eine gute
Anzahl noch lebender Thiere. Es lag mir daran, sie zu beobachten, und indem ich sie in
Aquarien setzte und ihnen reines und frisches Wasser gab, konnte ich sehen, wie sie ihr vom
Sturm und dem Aufschlagen auf das Gestade beschädigtes Floß ausbesserten. Anfangs war ich
erstaunt, zu bemerken, wie alle Janthinen, welche die Luftblasen gänzlich verloren hatten, auf
dem Grunde des Wassers blieben, obwohl sie vollständig munter waren; wie einige der
lebhaftesten mit Anstrengung vermittelst des Fußes an den Wänden der Glasbehälter in die
Höhe krochen, die Oberfläche erreichten, dort sich rückwärts beugten, aber fast nie dazu kommen
konnten, ihr Floß wieder herzustellen, und wie sie endlich unbeholfen wieder zu Boden sanken.
Nie sah ich sie nach Art so vieler Schnecken durch Ausdehnung und Zusammenziehung ihres
Fußes schwimmen. Möglicher Weise ist es auf offenem Meere anders, aber Alles scheint
anzuzeigen, daß Schale und Thier schwerer wiegen, als daß sie ohne Ballen zu schwimmen
vermöchten. Zu bemerken ist auch, daß die Thiere am Grunde des Wassers sehr schnell sterben."

"Die vergeblichen Anstrengungen, welche die Thiere machten, um an die Oberfläche zu
gelangen oder ihr Floß *) wieder herzustellen, veranlaßten mich, sie in eine solche Lage zu bringen,
welche sie zu suchen schienen. Gleich meinen Vorgängern hatte ich erkannt, daß zwischen dem Floß
und dem Körper kein organischer Zusammenhang bestehe, daß es einfach am Fuße befestigt sei
und daß folglich die eingeschlossene Luft nicht aus dem Körper abgeschieden sein könne, sondern
mechanisch in die Bläschen eingeschlossen sein müsse. Man hatte also nach dem Mittel oder
Mechanismus zu suchen, wodurch das Thier die Luft in die einzelnen Blasen zu bringen im
Stande ist. Sieht man genau auf das vordere, dem Kopfe zunächst liegende Ende des Flosses,
so kann man ganz gut die Bläschen zählen und Umfang, Gestalt und Lage derselben erkennen.
Man kann daher die Vorgänge beobachten, wenn das Thier an der Herstellung und Vergrößerung
des Flosses arbeitet."

"Der Fuß ist sehr deutlich in zwei verschiedene Abschnitte getheilt. Der hintere, größere, an
welchem das Floß sich anheftet, ist flach; der vordere (p) ist vorn abgerundet und bildet durch
den Umschlag der Ränder nach unten einen seine Form jeden Augenblick ändernden Kanal.

*) Jm französischen Original steht "ludion", wohl so viel als "Schwimmgürtel".

Cerithium. Litiopa. Janthina.
Zwecke des Ortswechſels beſitzt unter allen Bauchfüßern unzweifelhaft die Sippe Janthina. Man
hatte ſie anfangs für einen ausſchließlichen Bewohner der tropiſchen Meere gehalten, jedoch ſpäter
auch einige Arten im mittelländiſchen und im britiſchen Meere entdeckt. Jhr Wohnort iſt die
hohe See, auf welcher ſie langſam umherſchwimmt. Am Hintertheile ihres Fußes nun iſt ein
großer blaſiger Anhang, von Fabius Columna ganz paſſend spuma cartilaginea — knorpeliger
Schaum — genannt, indem die Bläschen ſo durchſichtig, wie die des Schaumes ſind, während
ihre Hülle knorpelig oder häutig iſt. An dieſen Luftblaſen hängend ſchwebt Janthina leicht auf
dem Waſſer, ohne jedoch aufs Gerathewohl jeder Strömung deſſelben oder jedem Lüftchen, das
über ſeinen Weg haucht, preisgegeben zu ſein, da ihre Richtung durch eine kleine Floſſe zu
beiden Seiten des Fußes und etwas über deſſen Rande gelenkt werden kann. Nur wenn des
Sturmes Athem heftig weht, überläßt ſich die Schnecke ſeiner Gewalt und leidet Schiff-
bruch an ungaſtlichem Geſtade.“ Es war feſtgeſtellt, daß das Thier ohne den Blaſen-
apparat an der Oberfläche nicht verweilen könne, daß derſelbe bloß mechaniſch an den Fuß
angeheftet ſei und beim Zurückziehen des Thieres nur zum kleinſten Theil in der Schale mit
Platz finde; auch hatte ein engliſcher Naturforſcher, Coates, ziemlich genau die Art und Weiſe
angegeben, wie das Floß gebildet und ausgebeſſert werde, bis Lacaze-Duthiers während
eines Aufenthaltes an der afrikaniſchen Küſte bei Lacalle Gelegenheit fand zu den genaueſten
Unterſuchungen. Wir laſſen ihn ſelbſt reden.

„Starke Nordweſt-Stürme hatten eine große Menge der Schaumapparate der Janthinen auf
das ſandige Ufer der Bai von Bouliff bei Lacalle geworfen, und ich fand dabei auch eine gute
Anzahl noch lebender Thiere. Es lag mir daran, ſie zu beobachten, und indem ich ſie in
Aquarien ſetzte und ihnen reines und friſches Waſſer gab, konnte ich ſehen, wie ſie ihr vom
Sturm und dem Aufſchlagen auf das Geſtade beſchädigtes Floß ausbeſſerten. Anfangs war ich
erſtaunt, zu bemerken, wie alle Janthinen, welche die Luftblaſen gänzlich verloren hatten, auf
dem Grunde des Waſſers blieben, obwohl ſie vollſtändig munter waren; wie einige der
lebhafteſten mit Anſtrengung vermittelſt des Fußes an den Wänden der Glasbehälter in die
Höhe krochen, die Oberfläche erreichten, dort ſich rückwärts beugten, aber faſt nie dazu kommen
konnten, ihr Floß wieder herzuſtellen, und wie ſie endlich unbeholfen wieder zu Boden ſanken.
Nie ſah ich ſie nach Art ſo vieler Schnecken durch Ausdehnung und Zuſammenziehung ihres
Fußes ſchwimmen. Möglicher Weiſe iſt es auf offenem Meere anders, aber Alles ſcheint
anzuzeigen, daß Schale und Thier ſchwerer wiegen, als daß ſie ohne Ballen zu ſchwimmen
vermöchten. Zu bemerken iſt auch, daß die Thiere am Grunde des Waſſers ſehr ſchnell ſterben.“

„Die vergeblichen Anſtrengungen, welche die Thiere machten, um an die Oberfläche zu
gelangen oder ihr Floß *) wieder herzuſtellen, veranlaßten mich, ſie in eine ſolche Lage zu bringen,
welche ſie zu ſuchen ſchienen. Gleich meinen Vorgängern hatte ich erkannt, daß zwiſchen dem Floß
und dem Körper kein organiſcher Zuſammenhang beſtehe, daß es einfach am Fuße befeſtigt ſei
und daß folglich die eingeſchloſſene Luft nicht aus dem Körper abgeſchieden ſein könne, ſondern
mechaniſch in die Bläschen eingeſchloſſen ſein müſſe. Man hatte alſo nach dem Mittel oder
Mechanismus zu ſuchen, wodurch das Thier die Luft in die einzelnen Blaſen zu bringen im
Stande iſt. Sieht man genau auf das vordere, dem Kopfe zunächſt liegende Ende des Floſſes,
ſo kann man ganz gut die Bläschen zählen und Umfang, Geſtalt und Lage derſelben erkennen.
Man kann daher die Vorgänge beobachten, wenn das Thier an der Herſtellung und Vergrößerung
des Floſſes arbeitet.“

„Der Fuß iſt ſehr deutlich in zwei verſchiedene Abſchnitte getheilt. Der hintere, größere, an
welchem das Floß ſich anheftet, iſt flach; der vordere (p) iſt vorn abgerundet und bildet durch
den Umſchlag der Ränder nach unten einen ſeine Form jeden Augenblick ändernden Kanal.

*) Jm franzöſiſchen Original ſteht „ludion“, wohl ſo viel als „Schwimmgürtel“.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <floatingText>
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <div n="3">
                <p><pb facs="#f0873" n="825"/><fw place="top" type="header">Cerithium. Litiopa. Janthina.</fw><lb/>
Zwecke des Ortswech&#x017F;els be&#x017F;itzt unter allen Bauchfüßern unzweifelhaft die Sippe <hi rendition="#aq">Janthina.</hi> Man<lb/>
hatte &#x017F;ie anfangs für einen aus&#x017F;chließlichen Bewohner der tropi&#x017F;chen Meere gehalten, jedoch &#x017F;päter<lb/>
auch einige Arten im mittelländi&#x017F;chen und im briti&#x017F;chen Meere entdeckt. Jhr Wohnort i&#x017F;t die<lb/>
hohe See, auf welcher &#x017F;ie lang&#x017F;am umher&#x017F;chwimmt. Am Hintertheile ihres Fußes nun i&#x017F;t ein<lb/>
großer bla&#x017F;iger Anhang, von <hi rendition="#g">Fabius Columna</hi> ganz pa&#x017F;&#x017F;end <hi rendition="#aq">spuma cartilaginea</hi> &#x2014; knorpeliger<lb/>
Schaum &#x2014; genannt, indem die Bläschen &#x017F;o durch&#x017F;ichtig, wie die des Schaumes &#x017F;ind, während<lb/>
ihre Hülle knorpelig oder häutig i&#x017F;t. An die&#x017F;en Luftbla&#x017F;en hängend &#x017F;chwebt <hi rendition="#aq">Janthina</hi> leicht auf<lb/>
dem Wa&#x017F;&#x017F;er, ohne jedoch aufs Gerathewohl jeder Strömung de&#x017F;&#x017F;elben oder jedem Lüftchen, das<lb/>
über &#x017F;einen Weg haucht, preisgegeben zu &#x017F;ein, da ihre Richtung durch eine kleine Flo&#x017F;&#x017F;e zu<lb/>
beiden Seiten des Fußes und etwas über de&#x017F;&#x017F;en Rande gelenkt werden kann. Nur wenn des<lb/>
Sturmes Athem heftig weht, überläßt &#x017F;ich die Schnecke &#x017F;einer Gewalt und leidet Schiff-<lb/>
bruch an unga&#x017F;tlichem Ge&#x017F;tade.&#x201C; Es war fe&#x017F;tge&#x017F;tellt, daß das Thier ohne den Bla&#x017F;en-<lb/>
apparat an der Oberfläche nicht verweilen könne, daß der&#x017F;elbe bloß mechani&#x017F;ch an den Fuß<lb/>
angeheftet &#x017F;ei und beim Zurückziehen des Thieres nur zum klein&#x017F;ten Theil in der Schale mit<lb/>
Platz finde; auch hatte ein engli&#x017F;cher Naturfor&#x017F;cher, <hi rendition="#g">Coates,</hi> ziemlich genau die Art und Wei&#x017F;e<lb/>
angegeben, wie das Floß gebildet und ausgebe&#x017F;&#x017F;ert werde, bis <hi rendition="#g">Lacaze-Duthiers</hi> während<lb/>
eines Aufenthaltes an der afrikani&#x017F;chen Kü&#x017F;te bei Lacalle Gelegenheit fand zu den genaue&#x017F;ten<lb/>
Unter&#x017F;uchungen. Wir la&#x017F;&#x017F;en ihn &#x017F;elb&#x017F;t reden.</p><lb/>
                <p>&#x201E;Starke Nordwe&#x017F;t-Stürme hatten eine große Menge der Schaumapparate der Janthinen auf<lb/>
das &#x017F;andige Ufer der Bai von Bouliff bei Lacalle geworfen, und ich fand dabei auch eine gute<lb/>
Anzahl noch lebender Thiere. Es lag mir daran, &#x017F;ie zu beobachten, und indem ich &#x017F;ie in<lb/>
Aquarien &#x017F;etzte und ihnen reines und fri&#x017F;ches Wa&#x017F;&#x017F;er gab, konnte ich &#x017F;ehen, wie &#x017F;ie ihr vom<lb/>
Sturm und dem Auf&#x017F;chlagen auf das Ge&#x017F;tade be&#x017F;chädigtes Floß ausbe&#x017F;&#x017F;erten. Anfangs war ich<lb/>
er&#x017F;taunt, zu bemerken, wie alle Janthinen, welche die Luftbla&#x017F;en gänzlich verloren hatten, auf<lb/>
dem Grunde des Wa&#x017F;&#x017F;ers blieben, obwohl &#x017F;ie voll&#x017F;tändig munter waren; wie einige der<lb/>
lebhafte&#x017F;ten mit An&#x017F;trengung vermittel&#x017F;t des Fußes an den Wänden der Glasbehälter in die<lb/>
Höhe krochen, die Oberfläche erreichten, dort &#x017F;ich rückwärts beugten, aber fa&#x017F;t nie dazu kommen<lb/>
konnten, ihr Floß wieder herzu&#x017F;tellen, und wie &#x017F;ie endlich unbeholfen wieder zu Boden &#x017F;anken.<lb/>
Nie &#x017F;ah ich &#x017F;ie nach Art &#x017F;o vieler Schnecken durch Ausdehnung und Zu&#x017F;ammenziehung ihres<lb/>
Fußes &#x017F;chwimmen. Möglicher Wei&#x017F;e i&#x017F;t es auf offenem Meere anders, aber Alles &#x017F;cheint<lb/>
anzuzeigen, daß Schale und Thier &#x017F;chwerer wiegen, als daß &#x017F;ie ohne Ballen zu &#x017F;chwimmen<lb/>
vermöchten. Zu bemerken i&#x017F;t auch, daß die Thiere am Grunde des Wa&#x017F;&#x017F;ers &#x017F;ehr &#x017F;chnell &#x017F;terben.&#x201C;</p><lb/>
                <p>&#x201E;Die vergeblichen An&#x017F;trengungen, welche die Thiere machten, um an die Oberfläche zu<lb/>
gelangen oder ihr Floß <note place="foot" n="*)">Jm franzö&#x017F;i&#x017F;chen Original &#x017F;teht <hi rendition="#aq">&#x201E;ludion&#x201C;,</hi> wohl &#x017F;o viel als &#x201E;Schwimmgürtel&#x201C;.</note> wieder herzu&#x017F;tellen, veranlaßten mich, &#x017F;ie in eine &#x017F;olche Lage zu bringen,<lb/>
welche &#x017F;ie zu &#x017F;uchen &#x017F;chienen. Gleich meinen Vorgängern hatte ich erkannt, daß zwi&#x017F;chen dem Floß<lb/>
und dem Körper kein organi&#x017F;cher Zu&#x017F;ammenhang be&#x017F;tehe, daß es einfach am Fuße befe&#x017F;tigt &#x017F;ei<lb/>
und daß folglich die einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Luft nicht aus dem Körper abge&#x017F;chieden &#x017F;ein könne, &#x017F;ondern<lb/>
mechani&#x017F;ch in die Bläschen einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ein mü&#x017F;&#x017F;e. Man hatte al&#x017F;o nach dem Mittel oder<lb/>
Mechanismus zu &#x017F;uchen, wodurch das Thier die Luft in die einzelnen Bla&#x017F;en zu bringen im<lb/>
Stande i&#x017F;t. Sieht man genau auf das vordere, dem Kopfe zunäch&#x017F;t liegende Ende des Flo&#x017F;&#x017F;es,<lb/>
&#x017F;o kann man ganz gut die Bläschen zählen und Umfang, Ge&#x017F;talt und Lage der&#x017F;elben erkennen.<lb/>
Man kann daher die Vorgänge beobachten, wenn das Thier an der Her&#x017F;tellung und Vergrößerung<lb/>
des Flo&#x017F;&#x017F;es arbeitet.&#x201C;</p><lb/>
                <p>&#x201E;Der Fuß i&#x017F;t &#x017F;ehr deutlich in zwei ver&#x017F;chiedene Ab&#x017F;chnitte getheilt. Der hintere, größere, an<lb/>
welchem das Floß &#x017F;ich anheftet, i&#x017F;t flach; der vordere (<hi rendition="#aq">p</hi>) i&#x017F;t vorn abgerundet und bildet durch<lb/>
den Um&#x017F;chlag der Ränder nach unten einen &#x017F;eine Form jeden Augenblick ändernden Kanal.<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </body>
      </floatingText>
    </body>
  </text>
</TEI>
[825/0873] Cerithium. Litiopa. Janthina. Zwecke des Ortswechſels beſitzt unter allen Bauchfüßern unzweifelhaft die Sippe Janthina. Man hatte ſie anfangs für einen ausſchließlichen Bewohner der tropiſchen Meere gehalten, jedoch ſpäter auch einige Arten im mittelländiſchen und im britiſchen Meere entdeckt. Jhr Wohnort iſt die hohe See, auf welcher ſie langſam umherſchwimmt. Am Hintertheile ihres Fußes nun iſt ein großer blaſiger Anhang, von Fabius Columna ganz paſſend spuma cartilaginea — knorpeliger Schaum — genannt, indem die Bläschen ſo durchſichtig, wie die des Schaumes ſind, während ihre Hülle knorpelig oder häutig iſt. An dieſen Luftblaſen hängend ſchwebt Janthina leicht auf dem Waſſer, ohne jedoch aufs Gerathewohl jeder Strömung deſſelben oder jedem Lüftchen, das über ſeinen Weg haucht, preisgegeben zu ſein, da ihre Richtung durch eine kleine Floſſe zu beiden Seiten des Fußes und etwas über deſſen Rande gelenkt werden kann. Nur wenn des Sturmes Athem heftig weht, überläßt ſich die Schnecke ſeiner Gewalt und leidet Schiff- bruch an ungaſtlichem Geſtade.“ Es war feſtgeſtellt, daß das Thier ohne den Blaſen- apparat an der Oberfläche nicht verweilen könne, daß derſelbe bloß mechaniſch an den Fuß angeheftet ſei und beim Zurückziehen des Thieres nur zum kleinſten Theil in der Schale mit Platz finde; auch hatte ein engliſcher Naturforſcher, Coates, ziemlich genau die Art und Weiſe angegeben, wie das Floß gebildet und ausgebeſſert werde, bis Lacaze-Duthiers während eines Aufenthaltes an der afrikaniſchen Küſte bei Lacalle Gelegenheit fand zu den genaueſten Unterſuchungen. Wir laſſen ihn ſelbſt reden. „Starke Nordweſt-Stürme hatten eine große Menge der Schaumapparate der Janthinen auf das ſandige Ufer der Bai von Bouliff bei Lacalle geworfen, und ich fand dabei auch eine gute Anzahl noch lebender Thiere. Es lag mir daran, ſie zu beobachten, und indem ich ſie in Aquarien ſetzte und ihnen reines und friſches Waſſer gab, konnte ich ſehen, wie ſie ihr vom Sturm und dem Aufſchlagen auf das Geſtade beſchädigtes Floß ausbeſſerten. Anfangs war ich erſtaunt, zu bemerken, wie alle Janthinen, welche die Luftblaſen gänzlich verloren hatten, auf dem Grunde des Waſſers blieben, obwohl ſie vollſtändig munter waren; wie einige der lebhafteſten mit Anſtrengung vermittelſt des Fußes an den Wänden der Glasbehälter in die Höhe krochen, die Oberfläche erreichten, dort ſich rückwärts beugten, aber faſt nie dazu kommen konnten, ihr Floß wieder herzuſtellen, und wie ſie endlich unbeholfen wieder zu Boden ſanken. Nie ſah ich ſie nach Art ſo vieler Schnecken durch Ausdehnung und Zuſammenziehung ihres Fußes ſchwimmen. Möglicher Weiſe iſt es auf offenem Meere anders, aber Alles ſcheint anzuzeigen, daß Schale und Thier ſchwerer wiegen, als daß ſie ohne Ballen zu ſchwimmen vermöchten. Zu bemerken iſt auch, daß die Thiere am Grunde des Waſſers ſehr ſchnell ſterben.“ „Die vergeblichen Anſtrengungen, welche die Thiere machten, um an die Oberfläche zu gelangen oder ihr Floß *) wieder herzuſtellen, veranlaßten mich, ſie in eine ſolche Lage zu bringen, welche ſie zu ſuchen ſchienen. Gleich meinen Vorgängern hatte ich erkannt, daß zwiſchen dem Floß und dem Körper kein organiſcher Zuſammenhang beſtehe, daß es einfach am Fuße befeſtigt ſei und daß folglich die eingeſchloſſene Luft nicht aus dem Körper abgeſchieden ſein könne, ſondern mechaniſch in die Bläschen eingeſchloſſen ſein müſſe. Man hatte alſo nach dem Mittel oder Mechanismus zu ſuchen, wodurch das Thier die Luft in die einzelnen Blaſen zu bringen im Stande iſt. Sieht man genau auf das vordere, dem Kopfe zunächſt liegende Ende des Floſſes, ſo kann man ganz gut die Bläschen zählen und Umfang, Geſtalt und Lage derſelben erkennen. Man kann daher die Vorgänge beobachten, wenn das Thier an der Herſtellung und Vergrößerung des Floſſes arbeitet.“ „Der Fuß iſt ſehr deutlich in zwei verſchiedene Abſchnitte getheilt. Der hintere, größere, an welchem das Floß ſich anheftet, iſt flach; der vordere (p) iſt vorn abgerundet und bildet durch den Umſchlag der Ränder nach unten einen ſeine Form jeden Augenblick ändernden Kanal. *) Jm franzöſiſchen Original ſteht „ludion“, wohl ſo viel als „Schwimmgürtel“.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/873
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 825. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/873>, abgerufen am 11.06.2024.