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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Lebensweise. Abhängigkeit von klimatischen Einflüssen. Aufenthalt.
durch den Glanz der Jnnenseite der Mündung, wo die Schale stets mit den Weichtheilen in
Berührung war, von verwitterten Stücken sich unterscheiden lassen. Helix desertorum, um Cairo
und Alexandrien braun, ist in der Wüste meist einfarbig weiß. Moritz Wagner fand Helix
hieroglyphicula
in Algerien unter dem Sonnenschirm von Cactus opuntia mit fortlaufenden,
an sonnigeren Stellen stets mit unterbrochenen, stellenweis verlöschten Bändern, d'Orbigny den
Bulimus derelictus auf den Gebirgen von Cobija in Bolivia mit lebhaften Farben geschmückt,
dagegen an ihrem Fuße, wo die regenlose Gegend ihnen nur Cactusstanden und Lichenen bietet,
ganz einfarbig weiß, und ebenso seinen Bulimus sporadicus in den Pampas von Buenos Ayres
einfarbig, in Bolivia an der Gränze der Wälder mit scharf ausgeprägten schwarzen Striemen
ausgezeichnet." Aus diesen und vielen anderen Beispielen geht hervor, daß die Landschnecken
besonders geeignet sind zu zeigen, wie die Färbung direkt unter dem Einfluß des Lichtes steht.
Es finden sich aber unter ihnen auch zahlreiche Beispiele für eine andre, auch in anderen Thier-
klassen beobachtete Thatsache, nämlich die Gleichfarbigkeit des Thieres mit seiner unmittelbaren
Umgebung. Die Landschnecken sind vorherrschend erdbraun, die Vitrinen und Arion hortensis
unter den nassen modernden Blättern sind so schwarz und glänzend wie diese. Wenn unser
Gewährsmann hier den Erklärungsgrund, daß das reflektirte Licht in diesen Fällen die Wirkung
hervorgebracht, nur mit großer Zurückhaltung gelten lassen will, so geben wir ihm Recht. Eine
andre Erwägung aber, welche Häckel in einem viel angefeindeten und viel gelobten Werke aus-
führt, und welche auf alle ähnliche Erscheinungen der Thierwelt sich ausdehnt, finden wir der
höchsten Beachtung werth. Er sagt nämlich, daß man die Gleichfarbigkeit vieler Thiere mit
ihren Umgebungen auch daraus erklären könne, daß gerade die so gefärbten leichter als die durch
ihre Farbe abstechenden Jndividuen ihren Feinden entgehen müssen; es fände also fortwährend
eine Ausmärzung der bunten Varietäten, eine Zuchtwahl der mit der Umgebung übereinstimmend
gefärbten Exemplare statt und damit eine allmälige natürliche Erziehung der durch die Färbung
am meisten geschützten und bevorzugten Varietät.

Da alle Schneckengehäuse kalkig sind, dieser Kalk sich nicht im Organismus aus anderen
Elementen erzeugt, sondern als Kalk von Außen eingeführt werden muß, so folgt von selbst,
daß da, wo es absolut an Kalk fehlt, Gehäusschnecken nicht eristiren können. Diese Abhängigkeit
vom Kalk ist natürlich auch bei den Landschnecken am auffallendsten. Für die Verbreitung,
Massenhaftigkeit der Jndividuen, Festigkeit, Dicke und Dünne der Schalen, sind daher der Kalk-
boden und die Kalkgebirge von höchster Bedeutung.

Ueber die Art, wie die Landschnecken, welche wir im Vorhergehenden hauptsächlich berück-
sichtigten und mit denen wir uns auch noch ferner specieller beschäftigen wollen, ihren Aufenthalt
wählen, und wie und wo man sie zu suchen hat, lassen wir einen der Altmeister der Conchyliologie,
den sinnigen Roßmäßler sprechen. "Manche kriechen vorzugsweise an den Pflanzen umher,
an denen die Unterseite der Blätter und die Astwinkel ihre Lieblingsplätzchen sind, andre ziehen
es vor, auf und unter dem abgefallenen Laube sich aufzuhalten, noch andre führen ihr verborgenes
Leben unter der dichten Moosdecke, welche Steine und Baumstämme überzieht, einige finden sich
selbst unter großen Steinen in Gesellschaft der Regenwürmer und Tausendfüßer, wo man dann
oft nicht begreifen kann, wie ein so zartes Thier mit seinem zerbrechlichen Hause unter die Last
eines oft sehr großen Steines gelangen konnte. Ja manche Schnecken scheinen sich hier noch nicht
völlig sicher geglaubt zu haben und führen ein in der That völlig unterirdisches Leben. Doch
wir wollen diese Aufenthaltsorte der Schnecken nach einander etwas genauer kennen lernen."

"Da die Nahrung der Schnecken (d. h. der Landschnecken) fast lediglich in vegetabilischen
Substanzen besteht, so kann man schon hieraus schließen, daß sich die meisten auf Gewächsen oder
wenigstens in der Nähe derselben aufhalten. Um auch hier erst im Allgemeinen etwas anzugeben,
so führe ich Pfeiffer an, welcher sagt, die meisten Schnecken fänden sich in Buchen-, weniger in
Eichen- und Nadelholzwaldungen. Jch möchte dafür lieber sagen, daß Gegenden, die Laubholz-

Lebensweiſe. Abhängigkeit von klimatiſchen Einflüſſen. Aufenthalt.
durch den Glanz der Jnnenſeite der Mündung, wo die Schale ſtets mit den Weichtheilen in
Berührung war, von verwitterten Stücken ſich unterſcheiden laſſen. Helix desertorum, um Cairo
und Alexandrien braun, iſt in der Wüſte meiſt einfarbig weiß. Moritz Wagner fand Helix
hieroglyphicula
in Algerien unter dem Sonnenſchirm von Cactus opuntia mit fortlaufenden,
an ſonnigeren Stellen ſtets mit unterbrochenen, ſtellenweis verlöſchten Bändern, d’Orbigny den
Bulimus derelictus auf den Gebirgen von Cobija in Bolivia mit lebhaften Farben geſchmückt,
dagegen an ihrem Fuße, wo die regenloſe Gegend ihnen nur Cactusſtanden und Lichenen bietet,
ganz einfarbig weiß, und ebenſo ſeinen Bulimus sporadicus in den Pampas von Buenos Ayres
einfarbig, in Bolivia an der Gränze der Wälder mit ſcharf ausgeprägten ſchwarzen Striemen
ausgezeichnet.“ Aus dieſen und vielen anderen Beiſpielen geht hervor, daß die Landſchnecken
beſonders geeignet ſind zu zeigen, wie die Färbung direkt unter dem Einfluß des Lichtes ſteht.
Es finden ſich aber unter ihnen auch zahlreiche Beiſpiele für eine andre, auch in anderen Thier-
klaſſen beobachtete Thatſache, nämlich die Gleichfarbigkeit des Thieres mit ſeiner unmittelbaren
Umgebung. Die Landſchnecken ſind vorherrſchend erdbraun, die Vitrinen und Arion hortensis
unter den naſſen modernden Blättern ſind ſo ſchwarz und glänzend wie dieſe. Wenn unſer
Gewährsmann hier den Erklärungsgrund, daß das reflektirte Licht in dieſen Fällen die Wirkung
hervorgebracht, nur mit großer Zurückhaltung gelten laſſen will, ſo geben wir ihm Recht. Eine
andre Erwägung aber, welche Häckel in einem viel angefeindeten und viel gelobten Werke aus-
führt, und welche auf alle ähnliche Erſcheinungen der Thierwelt ſich ausdehnt, finden wir der
höchſten Beachtung werth. Er ſagt nämlich, daß man die Gleichfarbigkeit vieler Thiere mit
ihren Umgebungen auch daraus erklären könne, daß gerade die ſo gefärbten leichter als die durch
ihre Farbe abſtechenden Jndividuen ihren Feinden entgehen müſſen; es fände alſo fortwährend
eine Ausmärzung der bunten Varietäten, eine Zuchtwahl der mit der Umgebung übereinſtimmend
gefärbten Exemplare ſtatt und damit eine allmälige natürliche Erziehung der durch die Färbung
am meiſten geſchützten und bevorzugten Varietät.

Da alle Schneckengehäuſe kalkig ſind, dieſer Kalk ſich nicht im Organismus aus anderen
Elementen erzeugt, ſondern als Kalk von Außen eingeführt werden muß, ſo folgt von ſelbſt,
daß da, wo es abſolut an Kalk fehlt, Gehäusſchnecken nicht eriſtiren können. Dieſe Abhängigkeit
vom Kalk iſt natürlich auch bei den Landſchnecken am auffallendſten. Für die Verbreitung,
Maſſenhaftigkeit der Jndividuen, Feſtigkeit, Dicke und Dünne der Schalen, ſind daher der Kalk-
boden und die Kalkgebirge von höchſter Bedeutung.

Ueber die Art, wie die Landſchnecken, welche wir im Vorhergehenden hauptſächlich berück-
ſichtigten und mit denen wir uns auch noch ferner ſpecieller beſchäftigen wollen, ihren Aufenthalt
wählen, und wie und wo man ſie zu ſuchen hat, laſſen wir einen der Altmeiſter der Conchyliologie,
den ſinnigen Roßmäßler ſprechen. „Manche kriechen vorzugsweiſe an den Pflanzen umher,
an denen die Unterſeite der Blätter und die Aſtwinkel ihre Lieblingsplätzchen ſind, andre ziehen
es vor, auf und unter dem abgefallenen Laube ſich aufzuhalten, noch andre führen ihr verborgenes
Leben unter der dichten Moosdecke, welche Steine und Baumſtämme überzieht, einige finden ſich
ſelbſt unter großen Steinen in Geſellſchaft der Regenwürmer und Tauſendfüßer, wo man dann
oft nicht begreifen kann, wie ein ſo zartes Thier mit ſeinem zerbrechlichen Hauſe unter die Laſt
eines oft ſehr großen Steines gelangen konnte. Ja manche Schnecken ſcheinen ſich hier noch nicht
völlig ſicher geglaubt zu haben und führen ein in der That völlig unterirdiſches Leben. Doch
wir wollen dieſe Aufenthaltsorte der Schnecken nach einander etwas genauer kennen lernen.“

„Da die Nahrung der Schnecken (d. h. der Landſchnecken) faſt lediglich in vegetabiliſchen
Subſtanzen beſteht, ſo kann man ſchon hieraus ſchließen, daß ſich die meiſten auf Gewächſen oder
wenigſtens in der Nähe derſelben aufhalten. Um auch hier erſt im Allgemeinen etwas anzugeben,
ſo führe ich Pfeiffer an, welcher ſagt, die meiſten Schnecken fänden ſich in Buchen-, weniger in
Eichen- und Nadelholzwaldungen. Jch möchte dafür lieber ſagen, daß Gegenden, die Laubholz-

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[793/0839] Lebensweiſe. Abhängigkeit von klimatiſchen Einflüſſen. Aufenthalt. durch den Glanz der Jnnenſeite der Mündung, wo die Schale ſtets mit den Weichtheilen in Berührung war, von verwitterten Stücken ſich unterſcheiden laſſen. Helix desertorum, um Cairo und Alexandrien braun, iſt in der Wüſte meiſt einfarbig weiß. Moritz Wagner fand Helix hieroglyphicula in Algerien unter dem Sonnenſchirm von Cactus opuntia mit fortlaufenden, an ſonnigeren Stellen ſtets mit unterbrochenen, ſtellenweis verlöſchten Bändern, d’Orbigny den Bulimus derelictus auf den Gebirgen von Cobija in Bolivia mit lebhaften Farben geſchmückt, dagegen an ihrem Fuße, wo die regenloſe Gegend ihnen nur Cactusſtanden und Lichenen bietet, ganz einfarbig weiß, und ebenſo ſeinen Bulimus sporadicus in den Pampas von Buenos Ayres einfarbig, in Bolivia an der Gränze der Wälder mit ſcharf ausgeprägten ſchwarzen Striemen ausgezeichnet.“ Aus dieſen und vielen anderen Beiſpielen geht hervor, daß die Landſchnecken beſonders geeignet ſind zu zeigen, wie die Färbung direkt unter dem Einfluß des Lichtes ſteht. Es finden ſich aber unter ihnen auch zahlreiche Beiſpiele für eine andre, auch in anderen Thier- klaſſen beobachtete Thatſache, nämlich die Gleichfarbigkeit des Thieres mit ſeiner unmittelbaren Umgebung. Die Landſchnecken ſind vorherrſchend erdbraun, die Vitrinen und Arion hortensis unter den naſſen modernden Blättern ſind ſo ſchwarz und glänzend wie dieſe. Wenn unſer Gewährsmann hier den Erklärungsgrund, daß das reflektirte Licht in dieſen Fällen die Wirkung hervorgebracht, nur mit großer Zurückhaltung gelten laſſen will, ſo geben wir ihm Recht. Eine andre Erwägung aber, welche Häckel in einem viel angefeindeten und viel gelobten Werke aus- führt, und welche auf alle ähnliche Erſcheinungen der Thierwelt ſich ausdehnt, finden wir der höchſten Beachtung werth. Er ſagt nämlich, daß man die Gleichfarbigkeit vieler Thiere mit ihren Umgebungen auch daraus erklären könne, daß gerade die ſo gefärbten leichter als die durch ihre Farbe abſtechenden Jndividuen ihren Feinden entgehen müſſen; es fände alſo fortwährend eine Ausmärzung der bunten Varietäten, eine Zuchtwahl der mit der Umgebung übereinſtimmend gefärbten Exemplare ſtatt und damit eine allmälige natürliche Erziehung der durch die Färbung am meiſten geſchützten und bevorzugten Varietät. Da alle Schneckengehäuſe kalkig ſind, dieſer Kalk ſich nicht im Organismus aus anderen Elementen erzeugt, ſondern als Kalk von Außen eingeführt werden muß, ſo folgt von ſelbſt, daß da, wo es abſolut an Kalk fehlt, Gehäusſchnecken nicht eriſtiren können. Dieſe Abhängigkeit vom Kalk iſt natürlich auch bei den Landſchnecken am auffallendſten. Für die Verbreitung, Maſſenhaftigkeit der Jndividuen, Feſtigkeit, Dicke und Dünne der Schalen, ſind daher der Kalk- boden und die Kalkgebirge von höchſter Bedeutung. Ueber die Art, wie die Landſchnecken, welche wir im Vorhergehenden hauptſächlich berück- ſichtigten und mit denen wir uns auch noch ferner ſpecieller beſchäftigen wollen, ihren Aufenthalt wählen, und wie und wo man ſie zu ſuchen hat, laſſen wir einen der Altmeiſter der Conchyliologie, den ſinnigen Roßmäßler ſprechen. „Manche kriechen vorzugsweiſe an den Pflanzen umher, an denen die Unterſeite der Blätter und die Aſtwinkel ihre Lieblingsplätzchen ſind, andre ziehen es vor, auf und unter dem abgefallenen Laube ſich aufzuhalten, noch andre führen ihr verborgenes Leben unter der dichten Moosdecke, welche Steine und Baumſtämme überzieht, einige finden ſich ſelbſt unter großen Steinen in Geſellſchaft der Regenwürmer und Tauſendfüßer, wo man dann oft nicht begreifen kann, wie ein ſo zartes Thier mit ſeinem zerbrechlichen Hauſe unter die Laſt eines oft ſehr großen Steines gelangen konnte. Ja manche Schnecken ſcheinen ſich hier noch nicht völlig ſicher geglaubt zu haben und führen ein in der That völlig unterirdiſches Leben. Doch wir wollen dieſe Aufenthaltsorte der Schnecken nach einander etwas genauer kennen lernen.“ „Da die Nahrung der Schnecken (d. h. der Landſchnecken) faſt lediglich in vegetabiliſchen Subſtanzen beſteht, ſo kann man ſchon hieraus ſchließen, daß ſich die meiſten auf Gewächſen oder wenigſtens in der Nähe derſelben aufhalten. Um auch hier erſt im Allgemeinen etwas anzugeben, ſo führe ich Pfeiffer an, welcher ſagt, die meiſten Schnecken fänden ſich in Buchen-, weniger in Eichen- und Nadelholzwaldungen. Jch möchte dafür lieber ſagen, daß Gegenden, die Laubholz-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 793. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/839>, abgerufen am 11.06.2024.