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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Fadenwürmer. Spulwürmer. Oxyuriden. Filarien. Strongyloiden.
Vermuthung, daß die jungen Parasiten, noch von der Eischale umschlossen, einwanderten, spricht
sich Leuckart so aus: "Bei der großen Häufigkeit des Spulwurmes und der immensen Frucht-
[Abbildung] Der Pfriemen-
schwanz

(Oxyuris vermicularis).
Vergrößert.
barkeit seiner Weibchen (jährlich etwa 60 Millionen Eier) sind diese Eier
natürlich überall verbreitet. Wir brauchen nicht einmal auf die Aborte und
Miststätten zu verweisen, auch ebenso wenig, wie man gethan hat, die geheimen
Kommunikationen unserer Brunnen und benachbarten Kloaken oder den Dünger
auf unseren Feldern zu Hülfe zu rufen, um diese Behauptung zu motiviren.
Von zahllosen kleineren Jnfektionsherden aus werden die Eier des menschlichen
Spulwurmes durch Regen und andere Kräfte in immer weitere Kreise ver-
breitet. Da dieselben nun trotz aller Ungunst der äußeren Verhältnisse, trotz
Frost und Trockniß, Jahre lang ihre Keimkraft behalten, auch wegen ihrer
Kleinheit leicht auf diese oder jene Weise verschleppt werden, bietet Feld und
Garten, ja Haus und Hof vielfache Gelegenheit zur Uebertragung. Es ist nicht
nöthig, die Einzelnheiten weiter auszumalen. Die Früchte, die wir aufheben,
die Rübe, die wir aus der Erde ziehen, um sie roh zu genießen, ja selbst
das Wasser, das wir dem Bache entnehmen, um unseren Durst zu löschen --
das Alles und viel mehr noch wird gelegentlich den Träger eines keimfähigen
Eies abgeben. Je verbreiteter die Eier, oder was so ziemlich dasselbe besagt,
je dichter die Bevölkerung, die vom Spulwurm heimgesucht ist, je geringer die
Sorgfalt, mit der die Nahrung überwacht wird, je weniger reinlich die Um-
gebung, in der man lebt, desto häufiger wird diese Gelegenheit wiederkehren."
Doch ungeachtet der vielen Gründe, welche die Vermuthung der Ansteckung mit
dem Spulwurm direkt durch die Eier sehr plausibel machen und das Vorkommen
dieser Parasiten gerade bei Kindern, Landbewohnern, den ärmeren Klassen
und unkultivirten Völkern erklären, sprechen die weiteren Forschungen und
Experimente, welche darüber angestellt wurden, nicht zu ihren Gunsten. Viel-
mehr scheint von der Festsetzung im Menschen, gleich den meisten anderen
Parasiten, auch der Spulwurm einen Zwischenwirth aufzusuchen. Welchen?
wird die Zukunft lehren.

Nächst dem Menschen wird auch das Schwein mit dem Besuche von Ascaris
lumbricoides
beehrt, so wie in seltenen Fällen der Hunde- und Katzen-Spul-
wurm (Ascaris mystax) sich in den Menschen versteigt. Die Widerstandsfähig-
keit der Eier des Katzenbandwurmes ist eine ganz außerordentliche, indem die
Entwicklung in denselben selbst dann vor sich geht, wenn sie in Spiritus,
Terpentin oder Chromsäure als mikroskopische Präparate aufbewahrt werden.
Viel von einer Bandwurmart, Ascaris megalocephala, heimgesuchte Thiere sind
auch unsere Pferde und Rinder. Die Weibchen ihres nicht selten bis zu 1000
Stück vorhandenen Gastes erreichen eine Länge von 14 Zoll.

Ein zweiter, sehr gemeiner Parasit des Menschen, der Pfriemenschwanz,
gehört der Gattung Oxyuris an. Alle Oryuriden sind kleine, höchstens 1 bis
11/4 Zoll messende Würmer mit pfriemenförmigem Schwanze und wenig aus-
gebildeten Lippen. Die Weibchen des im Menschen wohnenden Oxyuris ver-
micularis
werden 5 Linien, die Männchen 2 Linien lang. Sie kommen
ungemein häufig bei Kindern und Erwachsenen, bei Hoch und Niedrig vor
und gehören zu den unangenehmsten und zudringlichsten Parasiten. Auch
für sie ist es so gut wie erwiesen, daß im normalen Entwicklungsgange
die Eier nach außen gelangen und durch den Mund wieder aufgenommen werden müssen.
Die Luftströmungen können sie auf die verschiedenartigsten Gegenstände führen. "Selbst

Fadenwürmer. Spulwürmer. Oxyuriden. Filarien. Strongyloiden.
Vermuthung, daß die jungen Paraſiten, noch von der Eiſchale umſchloſſen, einwanderten, ſpricht
ſich Leuckart ſo aus: „Bei der großen Häufigkeit des Spulwurmes und der immenſen Frucht-
[Abbildung] Der Pfriemen-
ſchwanz

(Oxyuris vermicularis).
Vergrößert.
barkeit ſeiner Weibchen (jährlich etwa 60 Millionen Eier) ſind dieſe Eier
natürlich überall verbreitet. Wir brauchen nicht einmal auf die Aborte und
Miſtſtätten zu verweiſen, auch ebenſo wenig, wie man gethan hat, die geheimen
Kommunikationen unſerer Brunnen und benachbarten Kloaken oder den Dünger
auf unſeren Feldern zu Hülfe zu rufen, um dieſe Behauptung zu motiviren.
Von zahlloſen kleineren Jnfektionsherden aus werden die Eier des menſchlichen
Spulwurmes durch Regen und andere Kräfte in immer weitere Kreiſe ver-
breitet. Da dieſelben nun trotz aller Ungunſt der äußeren Verhältniſſe, trotz
Froſt und Trockniß, Jahre lang ihre Keimkraft behalten, auch wegen ihrer
Kleinheit leicht auf dieſe oder jene Weiſe verſchleppt werden, bietet Feld und
Garten, ja Haus und Hof vielfache Gelegenheit zur Uebertragung. Es iſt nicht
nöthig, die Einzelnheiten weiter auszumalen. Die Früchte, die wir aufheben,
die Rübe, die wir aus der Erde ziehen, um ſie roh zu genießen, ja ſelbſt
das Waſſer, das wir dem Bache entnehmen, um unſeren Durſt zu löſchen —
das Alles und viel mehr noch wird gelegentlich den Träger eines keimfähigen
Eies abgeben. Je verbreiteter die Eier, oder was ſo ziemlich daſſelbe beſagt,
je dichter die Bevölkerung, die vom Spulwurm heimgeſucht iſt, je geringer die
Sorgfalt, mit der die Nahrung überwacht wird, je weniger reinlich die Um-
gebung, in der man lebt, deſto häufiger wird dieſe Gelegenheit wiederkehren.“
Doch ungeachtet der vielen Gründe, welche die Vermuthung der Anſteckung mit
dem Spulwurm direkt durch die Eier ſehr plauſibel machen und das Vorkommen
dieſer Paraſiten gerade bei Kindern, Landbewohnern, den ärmeren Klaſſen
und unkultivirten Völkern erklären, ſprechen die weiteren Forſchungen und
Experimente, welche darüber angeſtellt wurden, nicht zu ihren Gunſten. Viel-
mehr ſcheint von der Feſtſetzung im Menſchen, gleich den meiſten anderen
Paraſiten, auch der Spulwurm einen Zwiſchenwirth aufzuſuchen. Welchen?
wird die Zukunft lehren.

Nächſt dem Menſchen wird auch das Schwein mit dem Beſuche von Ascaris
lumbricoides
beehrt, ſo wie in ſeltenen Fällen der Hunde- und Katzen-Spul-
wurm (Ascaris mystax) ſich in den Menſchen verſteigt. Die Widerſtandsfähig-
keit der Eier des Katzenbandwurmes iſt eine ganz außerordentliche, indem die
Entwicklung in denſelben ſelbſt dann vor ſich geht, wenn ſie in Spiritus,
Terpentin oder Chromſäure als mikroſkopiſche Präparate aufbewahrt werden.
Viel von einer Bandwurmart, Ascaris megalocephala, heimgeſuchte Thiere ſind
auch unſere Pferde und Rinder. Die Weibchen ihres nicht ſelten bis zu 1000
Stück vorhandenen Gaſtes erreichen eine Länge von 14 Zoll.

Ein zweiter, ſehr gemeiner Paraſit des Menſchen, der Pfriemenſchwanz,
gehört der Gattung Oxyuris an. Alle Oryuriden ſind kleine, höchſtens 1 bis
1¼ Zoll meſſende Würmer mit pfriemenförmigem Schwanze und wenig aus-
gebildeten Lippen. Die Weibchen des im Menſchen wohnenden Oxyuris ver-
micularis
werden 5 Linien, die Männchen 2 Linien lang. Sie kommen
ungemein häufig bei Kindern und Erwachſenen, bei Hoch und Niedrig vor
und gehören zu den unangenehmſten und zudringlichſten Paraſiten. Auch
für ſie iſt es ſo gut wie erwieſen, daß im normalen Entwicklungsgange
die Eier nach außen gelangen und durch den Mund wieder aufgenommen werden müſſen.
Die Luftſtrömungen können ſie auf die verſchiedenartigſten Gegenſtände führen. „Selbſt

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[716/0760] Fadenwürmer. Spulwürmer. Oxyuriden. Filarien. Strongyloiden. Vermuthung, daß die jungen Paraſiten, noch von der Eiſchale umſchloſſen, einwanderten, ſpricht ſich Leuckart ſo aus: „Bei der großen Häufigkeit des Spulwurmes und der immenſen Frucht- [Abbildung Der Pfriemen- ſchwanz (Oxyuris vermicularis). Vergrößert.] barkeit ſeiner Weibchen (jährlich etwa 60 Millionen Eier) ſind dieſe Eier natürlich überall verbreitet. Wir brauchen nicht einmal auf die Aborte und Miſtſtätten zu verweiſen, auch ebenſo wenig, wie man gethan hat, die geheimen Kommunikationen unſerer Brunnen und benachbarten Kloaken oder den Dünger auf unſeren Feldern zu Hülfe zu rufen, um dieſe Behauptung zu motiviren. Von zahlloſen kleineren Jnfektionsherden aus werden die Eier des menſchlichen Spulwurmes durch Regen und andere Kräfte in immer weitere Kreiſe ver- breitet. Da dieſelben nun trotz aller Ungunſt der äußeren Verhältniſſe, trotz Froſt und Trockniß, Jahre lang ihre Keimkraft behalten, auch wegen ihrer Kleinheit leicht auf dieſe oder jene Weiſe verſchleppt werden, bietet Feld und Garten, ja Haus und Hof vielfache Gelegenheit zur Uebertragung. Es iſt nicht nöthig, die Einzelnheiten weiter auszumalen. Die Früchte, die wir aufheben, die Rübe, die wir aus der Erde ziehen, um ſie roh zu genießen, ja ſelbſt das Waſſer, das wir dem Bache entnehmen, um unſeren Durſt zu löſchen — das Alles und viel mehr noch wird gelegentlich den Träger eines keimfähigen Eies abgeben. Je verbreiteter die Eier, oder was ſo ziemlich daſſelbe beſagt, je dichter die Bevölkerung, die vom Spulwurm heimgeſucht iſt, je geringer die Sorgfalt, mit der die Nahrung überwacht wird, je weniger reinlich die Um- gebung, in der man lebt, deſto häufiger wird dieſe Gelegenheit wiederkehren.“ Doch ungeachtet der vielen Gründe, welche die Vermuthung der Anſteckung mit dem Spulwurm direkt durch die Eier ſehr plauſibel machen und das Vorkommen dieſer Paraſiten gerade bei Kindern, Landbewohnern, den ärmeren Klaſſen und unkultivirten Völkern erklären, ſprechen die weiteren Forſchungen und Experimente, welche darüber angeſtellt wurden, nicht zu ihren Gunſten. Viel- mehr ſcheint von der Feſtſetzung im Menſchen, gleich den meiſten anderen Paraſiten, auch der Spulwurm einen Zwiſchenwirth aufzuſuchen. Welchen? wird die Zukunft lehren. Nächſt dem Menſchen wird auch das Schwein mit dem Beſuche von Ascaris lumbricoides beehrt, ſo wie in ſeltenen Fällen der Hunde- und Katzen-Spul- wurm (Ascaris mystax) ſich in den Menſchen verſteigt. Die Widerſtandsfähig- keit der Eier des Katzenbandwurmes iſt eine ganz außerordentliche, indem die Entwicklung in denſelben ſelbſt dann vor ſich geht, wenn ſie in Spiritus, Terpentin oder Chromſäure als mikroſkopiſche Präparate aufbewahrt werden. Viel von einer Bandwurmart, Ascaris megalocephala, heimgeſuchte Thiere ſind auch unſere Pferde und Rinder. Die Weibchen ihres nicht ſelten bis zu 1000 Stück vorhandenen Gaſtes erreichen eine Länge von 14 Zoll. Ein zweiter, ſehr gemeiner Paraſit des Menſchen, der Pfriemenſchwanz, gehört der Gattung Oxyuris an. Alle Oryuriden ſind kleine, höchſtens 1 bis 1¼ Zoll meſſende Würmer mit pfriemenförmigem Schwanze und wenig aus- gebildeten Lippen. Die Weibchen des im Menſchen wohnenden Oxyuris ver- micularis werden 5 Linien, die Männchen 2 Linien lang. Sie kommen ungemein häufig bei Kindern und Erwachſenen, bei Hoch und Niedrig vor und gehören zu den unangenehmſten und zudringlichſten Paraſiten. Auch für ſie iſt es ſo gut wie erwieſen, daß im normalen Entwicklungsgange die Eier nach außen gelangen und durch den Mund wieder aufgenommen werden müſſen. Die Luftſtrömungen können ſie auf die verſchiedenartigſten Gegenſtände führen. „Selbſt

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 716. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/760>, abgerufen am 24.11.2024.