des Rüssels Gänge von der Länge des Körpers, die durch ein aufgeworfenes Häufchen kenntlich sind. Jn diesen liegt er ruhig, während der Schwanz allein in das umgebende Wasser hineinragt. Alle Beobachter, welche lebende Thiere vor Augen hatten, erwähnen das Einziehen des Rüssels, wenn das Thier beunruhigt war, und ein darauf folgendes, plötzliches Wiederausstülpen im Ruhe- zustande, ganz ähnliche Vorgänge, wie man sie auch beim Spritzwurm beobachtet. An einem Priapulus, der drei Wochen lang im Aquarium sich hielt, wurde nie beobachtet, daß das Thier irgend einen besonderen Versuch machte, Futter zu sich zu nehmen. Jm Sonnenschein wurde es lebhaft, zog den Rüssel ein und stülpte ihn rasch und plötzlich aus, entfaltete den großen Schwanz- anhang und zog ihn wieder ein, bog den Körper, dehnte ihn aus und verkürzte ihn, ohne eine bestimmte Ordnung der Veränderungen. Was die Nahrung betrifft, so unterliegt es keinem Zweifel, daß Priapulus Pflanzenfresser ist; der Jnhalt des Darmes spricht dafür.
Die Rundwürmer.
Der vornehmlichste Zweck dieses Werkes, das "Leben" der Thiere zu schildern, kann bei den höheren Klassen mehr oder weniger erreicht werden, ohne daß die mit den äußeren Lebensver- hältnissen wechselnden Veränderungen der inneren Organisation berücksichtigt werden. Gleichwohl ist bei allen charakteristischen Gruppen, selbst der Säugethiere, dasjenige Maß anatomischer Einzel- heiten vorgeführt worden, welches eine Folie für die Lebensäußerungen abgeben konnte. Selbst- verständlich mußten Zähne, Bekleidung, Gehwerkzeuge, kurz alle jene unmittelbar in die Augen fallenden Eigenthümlichkeiten ganz genau beschrieben werden, nach welchen auch das Auge des naturwissenschaftlichen Laien unwillkürlich seine Unterscheidungen und Vergleiche macht.
Je weiter wir nun in die niedere Thierwelt kommen, desto mehr hört jener nicht ungerecht- fertigte Unterschied zwischen äußeren und inneren Kennzeichen, insofern sie für die Schilderung des "Lebens" nothwendig sind, auf. Wo vorwaltend das Mikroskop zur wissenschaftlichen Fest- stellung hat angewendet werden müssen, kann man fast behaupten, daß "keine Kleider, keine Falten" den Leib umgeben. Wenigstens reichen sie in keiner Weise aus für das Signalement. Wir werden bei der nunmehr zu behandelnden Klasse zu dieser Nothwendigkeit, das Jnnere aufzuschließen, um den äußeren Wechsel zu verstehen, mehr noch, als bisher gedrängt sein. Wir werden die verschlungenen und oft nicht sehr ästhetischen Pfade der Entwicklungsgeschichte wandeln müssen, da das "Leben" sehr vieler Rundwürmer in der allmäligen, körperlichen Vervollkommnung besteht, welche mit dem Wechsel des Aufenthaltsortes verknüpft ist. Wir werden sie aus dem Fleische eines Thieres, ihres Wirthes, in den Darm eines andern oder des Menschen, aus dem Wasser in den Leib eines Thieres, aus dem feuchten Boden in eine Froschlunge, aus der Leibeshöhle einer Raupe oder Heuschrecke in die Erde zu verfolgen haben. Jst die natürliche Scheu vor diesen natürlichen Dingen aber einmal überwunden, so sind gerade diese Verwandlungen und Wande- rungen der Eingeweidewürmer in hohem Grade fesselnd und lehrreich. Auch zeigt es sich, wie die Wissenschaft im Stande gewesen, durch mühsame Experimente und zeitraubende Nachforschungen fast alle jene Parasiten des menschlichen Leibes zu entlarven und ihr Herkommen aufzuklären, von denen einige zu unseren lebensgefährlichsten Feinden gehören. Jn der Schilderung dieser und der verwandten Würmer haben wir vorzugsweise an das ausgezeichnete Werk von Rudolph Leuckart "Die menschlichen Parasiten", so wie an ein ähnliches von Schneider uns anzuschließen. Das Gebiet ist von ihnen in einer Weise nach allen Richtungen ausgebaut, daß, um mich klas-
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Bonellia. Phascoloſoma. Spritzwurm. Priapulus.
des Rüſſels Gänge von der Länge des Körpers, die durch ein aufgeworfenes Häufchen kenntlich ſind. Jn dieſen liegt er ruhig, während der Schwanz allein in das umgebende Waſſer hineinragt. Alle Beobachter, welche lebende Thiere vor Augen hatten, erwähnen das Einziehen des Rüſſels, wenn das Thier beunruhigt war, und ein darauf folgendes, plötzliches Wiederausſtülpen im Ruhe- zuſtande, ganz ähnliche Vorgänge, wie man ſie auch beim Spritzwurm beobachtet. An einem Priapulus, der drei Wochen lang im Aquarium ſich hielt, wurde nie beobachtet, daß das Thier irgend einen beſonderen Verſuch machte, Futter zu ſich zu nehmen. Jm Sonnenſchein wurde es lebhaft, zog den Rüſſel ein und ſtülpte ihn raſch und plötzlich aus, entfaltete den großen Schwanz- anhang und zog ihn wieder ein, bog den Körper, dehnte ihn aus und verkürzte ihn, ohne eine beſtimmte Ordnung der Veränderungen. Was die Nahrung betrifft, ſo unterliegt es keinem Zweifel, daß Priapulus Pflanzenfreſſer iſt; der Jnhalt des Darmes ſpricht dafür.
Die Rundwürmer.
Der vornehmlichſte Zweck dieſes Werkes, das „Leben“ der Thiere zu ſchildern, kann bei den höheren Klaſſen mehr oder weniger erreicht werden, ohne daß die mit den äußeren Lebensver- hältniſſen wechſelnden Veränderungen der inneren Organiſation berückſichtigt werden. Gleichwohl iſt bei allen charakteriſtiſchen Gruppen, ſelbſt der Säugethiere, dasjenige Maß anatomiſcher Einzel- heiten vorgeführt worden, welches eine Folie für die Lebensäußerungen abgeben konnte. Selbſt- verſtändlich mußten Zähne, Bekleidung, Gehwerkzeuge, kurz alle jene unmittelbar in die Augen fallenden Eigenthümlichkeiten ganz genau beſchrieben werden, nach welchen auch das Auge des naturwiſſenſchaftlichen Laien unwillkürlich ſeine Unterſcheidungen und Vergleiche macht.
Je weiter wir nun in die niedere Thierwelt kommen, deſto mehr hört jener nicht ungerecht- fertigte Unterſchied zwiſchen äußeren und inneren Kennzeichen, inſofern ſie für die Schilderung des „Lebens“ nothwendig ſind, auf. Wo vorwaltend das Mikroſkop zur wiſſenſchaftlichen Feſt- ſtellung hat angewendet werden müſſen, kann man faſt behaupten, daß „keine Kleider, keine Falten“ den Leib umgeben. Wenigſtens reichen ſie in keiner Weiſe aus für das Signalement. Wir werden bei der nunmehr zu behandelnden Klaſſe zu dieſer Nothwendigkeit, das Jnnere aufzuſchließen, um den äußeren Wechſel zu verſtehen, mehr noch, als bisher gedrängt ſein. Wir werden die verſchlungenen und oft nicht ſehr äſthetiſchen Pfade der Entwicklungsgeſchichte wandeln müſſen, da das „Leben“ ſehr vieler Rundwürmer in der allmäligen, körperlichen Vervollkommnung beſteht, welche mit dem Wechſel des Aufenthaltsortes verknüpft iſt. Wir werden ſie aus dem Fleiſche eines Thieres, ihres Wirthes, in den Darm eines andern oder des Menſchen, aus dem Waſſer in den Leib eines Thieres, aus dem feuchten Boden in eine Froſchlunge, aus der Leibeshöhle einer Raupe oder Heuſchrecke in die Erde zu verfolgen haben. Jſt die natürliche Scheu vor dieſen natürlichen Dingen aber einmal überwunden, ſo ſind gerade dieſe Verwandlungen und Wande- rungen der Eingeweidewürmer in hohem Grade feſſelnd und lehrreich. Auch zeigt es ſich, wie die Wiſſenſchaft im Stande geweſen, durch mühſame Experimente und zeitraubende Nachforſchungen faſt alle jene Paraſiten des menſchlichen Leibes zu entlarven und ihr Herkommen aufzuklären, von denen einige zu unſeren lebensgefährlichſten Feinden gehören. Jn der Schilderung dieſer und der verwandten Würmer haben wir vorzugsweiſe an das ausgezeichnete Werk von Rudolph Leuckart „Die menſchlichen Paraſiten“, ſo wie an ein ähnliches von Schneider uns anzuſchließen. Das Gebiet iſt von ihnen in einer Weiſe nach allen Richtungen ausgebaut, daß, um mich klaſ-
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Bonellia. Phascoloſoma. Spritzwurm. Priapulus.
des Rüſſels Gänge von der Länge des Körpers, die durch ein aufgeworfenes Häufchen kenntlich
ſind. Jn dieſen liegt er ruhig, während der Schwanz allein in das umgebende Waſſer hineinragt.
Alle Beobachter, welche lebende Thiere vor Augen hatten, erwähnen das Einziehen des Rüſſels,
wenn das Thier beunruhigt war, und ein darauf folgendes, plötzliches Wiederausſtülpen im Ruhe-
zuſtande, ganz ähnliche Vorgänge, wie man ſie auch beim Spritzwurm beobachtet. An einem
Priapulus, der drei Wochen lang im Aquarium ſich hielt, wurde nie beobachtet, daß das Thier
irgend einen beſonderen Verſuch machte, Futter zu ſich zu nehmen. Jm Sonnenſchein wurde es
lebhaft, zog den Rüſſel ein und ſtülpte ihn raſch und plötzlich aus, entfaltete den großen Schwanz-
anhang und zog ihn wieder ein, bog den Körper, dehnte ihn aus und verkürzte ihn, ohne eine
beſtimmte Ordnung der Veränderungen. Was die Nahrung betrifft, ſo unterliegt es keinem Zweifel,
daß Priapulus Pflanzenfreſſer iſt; der Jnhalt des Darmes ſpricht dafür.
Die Rundwürmer.
Der vornehmlichſte Zweck dieſes Werkes, das „Leben“ der Thiere zu ſchildern, kann bei den
höheren Klaſſen mehr oder weniger erreicht werden, ohne daß die mit den äußeren Lebensver-
hältniſſen wechſelnden Veränderungen der inneren Organiſation berückſichtigt werden. Gleichwohl
iſt bei allen charakteriſtiſchen Gruppen, ſelbſt der Säugethiere, dasjenige Maß anatomiſcher Einzel-
heiten vorgeführt worden, welches eine Folie für die Lebensäußerungen abgeben konnte. Selbſt-
verſtändlich mußten Zähne, Bekleidung, Gehwerkzeuge, kurz alle jene unmittelbar in die Augen
fallenden Eigenthümlichkeiten ganz genau beſchrieben werden, nach welchen auch das Auge des
naturwiſſenſchaftlichen Laien unwillkürlich ſeine Unterſcheidungen und Vergleiche macht.
Je weiter wir nun in die niedere Thierwelt kommen, deſto mehr hört jener nicht ungerecht-
fertigte Unterſchied zwiſchen äußeren und inneren Kennzeichen, inſofern ſie für die Schilderung
des „Lebens“ nothwendig ſind, auf. Wo vorwaltend das Mikroſkop zur wiſſenſchaftlichen Feſt-
ſtellung hat angewendet werden müſſen, kann man faſt behaupten, daß „keine Kleider, keine Falten“
den Leib umgeben. Wenigſtens reichen ſie in keiner Weiſe aus für das Signalement. Wir werden
bei der nunmehr zu behandelnden Klaſſe zu dieſer Nothwendigkeit, das Jnnere aufzuſchließen,
um den äußeren Wechſel zu verſtehen, mehr noch, als bisher gedrängt ſein. Wir werden die
verſchlungenen und oft nicht ſehr äſthetiſchen Pfade der Entwicklungsgeſchichte wandeln müſſen,
da das „Leben“ ſehr vieler Rundwürmer in der allmäligen, körperlichen Vervollkommnung beſteht,
welche mit dem Wechſel des Aufenthaltsortes verknüpft iſt. Wir werden ſie aus dem Fleiſche
eines Thieres, ihres Wirthes, in den Darm eines andern oder des Menſchen, aus dem Waſſer
in den Leib eines Thieres, aus dem feuchten Boden in eine Froſchlunge, aus der Leibeshöhle
einer Raupe oder Heuſchrecke in die Erde zu verfolgen haben. Jſt die natürliche Scheu vor dieſen
natürlichen Dingen aber einmal überwunden, ſo ſind gerade dieſe Verwandlungen und Wande-
rungen der Eingeweidewürmer in hohem Grade feſſelnd und lehrreich. Auch zeigt es ſich, wie
die Wiſſenſchaft im Stande geweſen, durch mühſame Experimente und zeitraubende Nachforſchungen
faſt alle jene Paraſiten des menſchlichen Leibes zu entlarven und ihr Herkommen aufzuklären,
von denen einige zu unſeren lebensgefährlichſten Feinden gehören. Jn der Schilderung dieſer und
der verwandten Würmer haben wir vorzugsweiſe an das ausgezeichnete Werk von Rudolph
Leuckart „Die menſchlichen Paraſiten“, ſo wie an ein ähnliches von Schneider uns anzuſchließen.
Das Gebiet iſt von ihnen in einer Weiſe nach allen Richtungen ausgebaut, daß, um mich klaſ-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 707. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/751>, abgerufen am 24.11.2024.
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