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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Käfer. Aaskäfer.
Knochen von allen vertilgt werden. Jst die Beerdigung vorüber, so erfolgt die Paarung, und das
Weibchen verschwindet nun wieder in der Erde, wo es unter Umständen fünf bis sechs Tage
unsichtbar bleibt. Kommt es dann wieder hervor, so pflegt es kaum mehr kenntlich zu sein, weil
es über und über von kleinen, achtbeinigen, röthlichgelben Milben (Gammarus coleopterorum)
bewohnt wird. Es hat sein Geschick erfüllt, auf ihm nimmt nun ein anderes Geschöpf Platz und
erfreut sich in seiner Weise der Annehmlichkeiten des kurzen Daseins. Wollen wir aber selbst
sehen, wie unser beweglicher Käfer mit seinen orangenen Binden und der goldigen Halskrause zu
Stande kam, so wird es Zeit, eine unsaubere Arbeit vorzunehmen und den Maulwurf, den er
mühsam versenkte, wieder zu Tage zu fördern, in ein Glas mit der nöthigen Erde und zwar so zu
bringen, daß er zum Theil an die Wand des Gefäßes zu liegen kommt, um gesehen werden zu
können; denn nach weniger als vierzehn Tagen kriechen die Larven aus den Eiern. Die weitere
Beobachtung derselben, wie sie sich unter schlangenartigen Windungen ihres Körpers im Kothe
wälzen und an den damit amalgamirten Erdklümpchen, wie die Hunde an einem Knochen, herum-
zausen, bietet zu wenig des Aesthetischen, um eine weitere Ausführung zu gestatten. Jn kurzer
Zeit und nach mehrmaligen Häutungen haben sie ihre vollkommene Größe erreicht, in der wir
eine darstellten. Jhre Grundfarbe ist schmuzigweiß, die sechs schwachen, einklauigen Beine, der
Kopf mit viergliederigen Fühlern und den mäßigen Kinnbacken sind gelblichbraun, ebenso die
kronenförmigen Rückenschilder, welche an den Vorderrändern der Glieder aufsitzen und beim Fort-
kriechen mit ihren Spitzen zum Stützen und Anstemmen dienen. Vom Kopfe sei nur noch bemerkt,
daß hier eine Oberlippe vorhanden ist und die sechs Nebenaugen jederseits dadurch in zwei Gruppen
zerfallen, daß sich die beiden unteren weiter von den übrigen entfernen. Zur Verpuppung geht
die Larve etwas tiefer in die Erde, höhlt und leimt dieselbe aus und wird zu einer anfangs
weißen, nachher gelben und weiter und weiter dunkelnden Puppe, je näher sie der Entwickelung
zum vollkommenen Jnsekt entgegenreist, die, wie bei der Larve, schnell von Statten geht, so daß
in einem Jahre zwei und unter günstigen Umständen drei Generationen möglich sind. Der aus-
gekrochene Käfer kommt bald aus der Erde hervor, nur die weit vorgerückte Jahreszeit hält ihn
in seinem Neste zurück.

Jn gleicher Weise gestaltet sich das Leben der anderen, meist auch rothbebänderten Arten;
ganz schwarz und nur ausnahmsweise mit einem rothen Flecke an der Spitze der Flügeldecken
gezeichnet sind der bis einen Zoll messende Necrophorus humator mit gelbem Fühlerknopfe, und
der größte europäische N. germanicus mit schwarzen Fühlern und röthlichem Seitenrande der
Deckschilde. Er wird bis sechzehn Linien lang.

Die Grundform der Familie, welche davon auch den Namen empfing, bildet die Gattung der
Aaskäfer (Silpha). Die schlankeren, elfgliederigen Fühler verdicken sich allmälig nach vorn zu
einer drei- bis fünfgliederigen Keule, ein horniger Haken bewehrt die Jnnenlade des Unterkiefers,
dessen Taster, wie vorher, länger als die der Lippe sind; die hinten gerundeten Flügeldecken
erreichen die Hinterleibsspitze, es sei denn, daß diese sich lang ausdehnt, wozu besonders die Weibchen
befähigt sind, und die queren Hinterhüften stoßen zusammen.

Die sechzig bekannten Arten sind beinahe alle ganz schwarz, von zwei in der Färbung besonders
abweichenden Europäern zeichnet sich die S. thoracica durch ein hochrothes Halsschild, die S. qua-
dripunctata
durch grünlichgelbe Flügeldecken mit vier schwarzen Punkten und durch eben so lichte
Seitenränder des Prothorax aus. Letztere lebt nicht selten auf höherem Eichengebüsch, wo sie ent-
schieden anderen Jnsekten nachgeht, wie Calosoma inquisitor und die vorher erwähnten großen
Staphylinen. Zu den gemeinsten Arten gehört der schwarzglänzende Aaskäfer (S. atrata),
dessen Larven bisweilen die jungen Runkelrübenpflänzchen auf einzelnen Feldern vollständig ver-
nichtet haben. Er findet sich den ganzen Sommer hindurch auf Aeckern, Wegen, unter Steinen,
Erdschollen, am liebsten freilich unter einer Thierleiche, ist elliptisch im Umrisse, oben mäßig
gewölbt und durchaus glänzend schwarz, der senkrecht nach unten gerichtete Kopf wird, wie

Die Käfer. Aaskäfer.
Knochen von allen vertilgt werden. Jſt die Beerdigung vorüber, ſo erfolgt die Paarung, und das
Weibchen verſchwindet nun wieder in der Erde, wo es unter Umſtänden fünf bis ſechs Tage
unſichtbar bleibt. Kommt es dann wieder hervor, ſo pflegt es kaum mehr kenntlich zu ſein, weil
es über und über von kleinen, achtbeinigen, röthlichgelben Milben (Gammarus coleopterorum)
bewohnt wird. Es hat ſein Geſchick erfüllt, auf ihm nimmt nun ein anderes Geſchöpf Platz und
erfreut ſich in ſeiner Weiſe der Annehmlichkeiten des kurzen Daſeins. Wollen wir aber ſelbſt
ſehen, wie unſer beweglicher Käfer mit ſeinen orangenen Binden und der goldigen Halskrauſe zu
Stande kam, ſo wird es Zeit, eine unſaubere Arbeit vorzunehmen und den Maulwurf, den er
mühſam verſenkte, wieder zu Tage zu fördern, in ein Glas mit der nöthigen Erde und zwar ſo zu
bringen, daß er zum Theil an die Wand des Gefäßes zu liegen kommt, um geſehen werden zu
können; denn nach weniger als vierzehn Tagen kriechen die Larven aus den Eiern. Die weitere
Beobachtung derſelben, wie ſie ſich unter ſchlangenartigen Windungen ihres Körpers im Kothe
wälzen und an den damit amalgamirten Erdklümpchen, wie die Hunde an einem Knochen, herum-
zauſen, bietet zu wenig des Aeſthetiſchen, um eine weitere Ausführung zu geſtatten. Jn kurzer
Zeit und nach mehrmaligen Häutungen haben ſie ihre vollkommene Größe erreicht, in der wir
eine darſtellten. Jhre Grundfarbe iſt ſchmuzigweiß, die ſechs ſchwachen, einklauigen Beine, der
Kopf mit viergliederigen Fühlern und den mäßigen Kinnbacken ſind gelblichbraun, ebenſo die
kronenförmigen Rückenſchilder, welche an den Vorderrändern der Glieder aufſitzen und beim Fort-
kriechen mit ihren Spitzen zum Stützen und Anſtemmen dienen. Vom Kopfe ſei nur noch bemerkt,
daß hier eine Oberlippe vorhanden iſt und die ſechs Nebenaugen jederſeits dadurch in zwei Gruppen
zerfallen, daß ſich die beiden unteren weiter von den übrigen entfernen. Zur Verpuppung geht
die Larve etwas tiefer in die Erde, höhlt und leimt dieſelbe aus und wird zu einer anfangs
weißen, nachher gelben und weiter und weiter dunkelnden Puppe, je näher ſie der Entwickelung
zum vollkommenen Jnſekt entgegenreiſt, die, wie bei der Larve, ſchnell von Statten geht, ſo daß
in einem Jahre zwei und unter günſtigen Umſtänden drei Generationen möglich ſind. Der aus-
gekrochene Käfer kommt bald aus der Erde hervor, nur die weit vorgerückte Jahreszeit hält ihn
in ſeinem Neſte zurück.

Jn gleicher Weiſe geſtaltet ſich das Leben der anderen, meiſt auch rothbebänderten Arten;
ganz ſchwarz und nur ausnahmsweiſe mit einem rothen Flecke an der Spitze der Flügeldecken
gezeichnet ſind der bis einen Zoll meſſende Necrophorus humator mit gelbem Fühlerknopfe, und
der größte europäiſche N. germanicus mit ſchwarzen Fühlern und röthlichem Seitenrande der
Deckſchilde. Er wird bis ſechzehn Linien lang.

Die Grundform der Familie, welche davon auch den Namen empfing, bildet die Gattung der
Aaskäfer (Silpha). Die ſchlankeren, elfgliederigen Fühler verdicken ſich allmälig nach vorn zu
einer drei- bis fünfgliederigen Keule, ein horniger Haken bewehrt die Jnnenlade des Unterkiefers,
deſſen Taſter, wie vorher, länger als die der Lippe ſind; die hinten gerundeten Flügeldecken
erreichen die Hinterleibsſpitze, es ſei denn, daß dieſe ſich lang ausdehnt, wozu beſonders die Weibchen
befähigt ſind, und die queren Hinterhüften ſtoßen zuſammen.

Die ſechzig bekannten Arten ſind beinahe alle ganz ſchwarz, von zwei in der Färbung beſonders
abweichenden Europäern zeichnet ſich die S. thoracica durch ein hochrothes Halsſchild, die S. qua-
dripunctata
durch grünlichgelbe Flügeldecken mit vier ſchwarzen Punkten und durch eben ſo lichte
Seitenränder des Prothorax aus. Letztere lebt nicht ſelten auf höherem Eichengebüſch, wo ſie ent-
ſchieden anderen Jnſekten nachgeht, wie Calosoma inquisitor und die vorher erwähnten großen
Staphylinen. Zu den gemeinſten Arten gehört der ſchwarzglänzende Aaskäfer (S. atrata),
deſſen Larven bisweilen die jungen Runkelrübenpflänzchen auf einzelnen Feldern vollſtändig ver-
nichtet haben. Er findet ſich den ganzen Sommer hindurch auf Aeckern, Wegen, unter Steinen,
Erdſchollen, am liebſten freilich unter einer Thierleiche, iſt elliptiſch im Umriſſe, oben mäßig
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[58/0072] Die Käfer. Aaskäfer. Knochen von allen vertilgt werden. Jſt die Beerdigung vorüber, ſo erfolgt die Paarung, und das Weibchen verſchwindet nun wieder in der Erde, wo es unter Umſtänden fünf bis ſechs Tage unſichtbar bleibt. Kommt es dann wieder hervor, ſo pflegt es kaum mehr kenntlich zu ſein, weil es über und über von kleinen, achtbeinigen, röthlichgelben Milben (Gammarus coleopterorum) bewohnt wird. Es hat ſein Geſchick erfüllt, auf ihm nimmt nun ein anderes Geſchöpf Platz und erfreut ſich in ſeiner Weiſe der Annehmlichkeiten des kurzen Daſeins. Wollen wir aber ſelbſt ſehen, wie unſer beweglicher Käfer mit ſeinen orangenen Binden und der goldigen Halskrauſe zu Stande kam, ſo wird es Zeit, eine unſaubere Arbeit vorzunehmen und den Maulwurf, den er mühſam verſenkte, wieder zu Tage zu fördern, in ein Glas mit der nöthigen Erde und zwar ſo zu bringen, daß er zum Theil an die Wand des Gefäßes zu liegen kommt, um geſehen werden zu können; denn nach weniger als vierzehn Tagen kriechen die Larven aus den Eiern. Die weitere Beobachtung derſelben, wie ſie ſich unter ſchlangenartigen Windungen ihres Körpers im Kothe wälzen und an den damit amalgamirten Erdklümpchen, wie die Hunde an einem Knochen, herum- zauſen, bietet zu wenig des Aeſthetiſchen, um eine weitere Ausführung zu geſtatten. Jn kurzer Zeit und nach mehrmaligen Häutungen haben ſie ihre vollkommene Größe erreicht, in der wir eine darſtellten. Jhre Grundfarbe iſt ſchmuzigweiß, die ſechs ſchwachen, einklauigen Beine, der Kopf mit viergliederigen Fühlern und den mäßigen Kinnbacken ſind gelblichbraun, ebenſo die kronenförmigen Rückenſchilder, welche an den Vorderrändern der Glieder aufſitzen und beim Fort- kriechen mit ihren Spitzen zum Stützen und Anſtemmen dienen. Vom Kopfe ſei nur noch bemerkt, daß hier eine Oberlippe vorhanden iſt und die ſechs Nebenaugen jederſeits dadurch in zwei Gruppen zerfallen, daß ſich die beiden unteren weiter von den übrigen entfernen. Zur Verpuppung geht die Larve etwas tiefer in die Erde, höhlt und leimt dieſelbe aus und wird zu einer anfangs weißen, nachher gelben und weiter und weiter dunkelnden Puppe, je näher ſie der Entwickelung zum vollkommenen Jnſekt entgegenreiſt, die, wie bei der Larve, ſchnell von Statten geht, ſo daß in einem Jahre zwei und unter günſtigen Umſtänden drei Generationen möglich ſind. Der aus- gekrochene Käfer kommt bald aus der Erde hervor, nur die weit vorgerückte Jahreszeit hält ihn in ſeinem Neſte zurück. Jn gleicher Weiſe geſtaltet ſich das Leben der anderen, meiſt auch rothbebänderten Arten; ganz ſchwarz und nur ausnahmsweiſe mit einem rothen Flecke an der Spitze der Flügeldecken gezeichnet ſind der bis einen Zoll meſſende Necrophorus humator mit gelbem Fühlerknopfe, und der größte europäiſche N. germanicus mit ſchwarzen Fühlern und röthlichem Seitenrande der Deckſchilde. Er wird bis ſechzehn Linien lang. Die Grundform der Familie, welche davon auch den Namen empfing, bildet die Gattung der Aaskäfer (Silpha). Die ſchlankeren, elfgliederigen Fühler verdicken ſich allmälig nach vorn zu einer drei- bis fünfgliederigen Keule, ein horniger Haken bewehrt die Jnnenlade des Unterkiefers, deſſen Taſter, wie vorher, länger als die der Lippe ſind; die hinten gerundeten Flügeldecken erreichen die Hinterleibsſpitze, es ſei denn, daß dieſe ſich lang ausdehnt, wozu beſonders die Weibchen befähigt ſind, und die queren Hinterhüften ſtoßen zuſammen. Die ſechzig bekannten Arten ſind beinahe alle ganz ſchwarz, von zwei in der Färbung beſonders abweichenden Europäern zeichnet ſich die S. thoracica durch ein hochrothes Halsſchild, die S. qua- dripunctata durch grünlichgelbe Flügeldecken mit vier ſchwarzen Punkten und durch eben ſo lichte Seitenränder des Prothorax aus. Letztere lebt nicht ſelten auf höherem Eichengebüſch, wo ſie ent- ſchieden anderen Jnſekten nachgeht, wie Calosoma inquisitor und die vorher erwähnten großen Staphylinen. Zu den gemeinſten Arten gehört der ſchwarzglänzende Aaskäfer (S. atrata), deſſen Larven bisweilen die jungen Runkelrübenpflänzchen auf einzelnen Feldern vollſtändig ver- nichtet haben. Er findet ſich den ganzen Sommer hindurch auf Aeckern, Wegen, unter Steinen, Erdſchollen, am liebſten freilich unter einer Thierleiche, iſt elliptiſch im Umriſſe, oben mäßig gewölbt und durchaus glänzend ſchwarz, der ſenkrecht nach unten gerichtete Kopf wird, wie

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/72>, abgerufen am 23.11.2024.