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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Käfer. Wasserkäfer. Kurzflügler.
die gleich denen der Lippe lang aus dem Mund heraushängen. Durch drei Linien Körpermaß
übertrifft der Käfer sämmtliche Verwandte, wenigstens die einheimischen, an Größe. Er kriecht
träge an Wasserpflanzen umher, verbirgt sich auch unter Steinen, wie diese, den Gattungen
Hydrochus, Epimetopus, Ochthebius und Hydraena angehörig.

Ein paar kurz ovale Thiere, von den vorigen dadurch wesentlich unterschieden, daß bei ihnen
die ersten Tarsenglieder die übrigen an Länge übertreffen, haben mit dem Wasser keine
Gemeinschaft. So lebt beispielsweise das drei Linien lange, schwarze Sphaeridium scarabaeoides
mit gelben, braungefleckten Beinen, einem kleinen gelben Flecke an der Spitze jeder Flügeldecke
und einem größeren, blutrothen vor derselben, im Miste, mit welchem Rinder und Pferde im Freien
die Stellen ihres zeitweiligen Aufenthaltes auf so lange bezeichnen, als dieser und tausend andere
Käfer jede Spur davon verwischt haben. -- Cercyon, Cyclonotum, Megasternum und Crypto-
pleurum
nennen die anderen noch hierher gehörenden Gattungen.



Mit Uebergehung einer kleinen Familie, der Pausiden, die nur seltene, durch ihre eigen-
thümlichen, dicken Fühler und andere Merkmale ausgezeichnete, fast ausschließlich exotische Arten
enthält, kommen wir zu einer der größten, der sechsten Familie, von der sich im Allgemeinen
nur sagen läßt, daß der sechs- oder siebengliederige, gestreckte Hinterleib von den sehr gekürzten,
nur die zusammengeklappten Flügel unter sich bergenden Deckschilden frei bleibt, daher eine große
Beweglichkeit an den Tag legt und von den lebhaften Thieren beim Umherkriechen häufig in einem
Bogen gekrümmt nach oben getragen wird.

Die mehr als zweitausend bis jetzt bekannten Arten der sogenannten Kurzflügler
(Staphylinidae oder Brachelytra), auf der ganzen Erdoberfläche verbreitet, unterscheiden sich durch
das eben angeführte Merkmal von anderen Käfern nicht schwer, bieten aber im Uebrigen die
größte Mannigfaltigkeit in Körpertracht, Lebensweise und Bildung einzelner, für andere Familien
sonst sehr charakteristischer Theile. Obschon der Mehrzahl unter ihnen fünfgliederige Füße zukommen,
so fehlt es doch nicht an Arten mit nur vieren oder gar nur dreien. Die meist elf-, aber auch
zehngliederigen Fühler stimmen zwar alle in der gestreckten Form überein und sind in der Regel
fadenförmig, es kommen indessen auch an der Spitze verdickte, infolge des langen Grundgliedes
gebrochen erscheinende und weitere Abänderungen aller Art in diesen bestimmten Grenzen vor.
Obschon der Körper linear, im Allgemeinen langgestreckt genannt werden muß, so finden sich doch
Formen, bei denen am rechteckigen vorderen Theile der Hinterleib wie ein cylindrischer Schwanz
ansitzt, Formen, welche von spindelförmigem Umrisse, andere, die an die langhalsigen Laufkäfer
mahnen, neben vollkommen walzigen vollkommen plattgedrückte. Eine fast zeichnungslose, düstere
oder schmuzig gelbe Färbung macht unsere meisten heimischen neben der geringen Größe zu
unscheinbaren Thieren, gewisse tropische Arten zeichnet schon mehr ein lebhafter Metallglanz aus.
Die meisten leben am Erdboden und zwar gesellig unter faulenden Stoffen, viele im Mist, an
Aas, in holzigen Schwämmen und schnell vergänglichen Pilzen, unter Baumrinde, oder an san-
digen Stellen in Gemeinschaft vieler Laufkäfer, mit denen zusammen sie dann bei plötzlichen
Ueberschwemmungen das Loos der Schiffbrüchigen theilen und in Lagen versetzt werden, die wir
bei der allgemeinen Schilderung früher andeuteten und durch ein Bild zu verauschaulichen suchten.
Gewisse Arten bewohnen Ameisenkolonien und leben ausschließlich in diesen (z. B. Lomechusa),
einige wenige finden keinen Wohlgefallen an den feuchten, Moder und Verwesung hauchenden
Aufeuthaltsorten und scheinen einen ästhetischeren Sinn zu beweisen, indem sie sich auf Blumen
umhertreiben und deren Saft lecken. Jm Sonnenschein werden die meisten sehr lebendig und

Die Käfer. Waſſerkäfer. Kurzflügler.
die gleich denen der Lippe lang aus dem Mund heraushängen. Durch drei Linien Körpermaß
übertrifft der Käfer ſämmtliche Verwandte, wenigſtens die einheimiſchen, an Größe. Er kriecht
träge an Waſſerpflanzen umher, verbirgt ſich auch unter Steinen, wie dieſe, den Gattungen
Hydrochus, Epimetopus, Ochthebius und Hydraena angehörig.

Ein paar kurz ovale Thiere, von den vorigen dadurch weſentlich unterſchieden, daß bei ihnen
die erſten Tarſenglieder die übrigen an Länge übertreffen, haben mit dem Waſſer keine
Gemeinſchaft. So lebt beiſpielsweiſe das drei Linien lange, ſchwarze Sphaeridium scarabaeoides
mit gelben, braungefleckten Beinen, einem kleinen gelben Flecke an der Spitze jeder Flügeldecke
und einem größeren, blutrothen vor derſelben, im Miſte, mit welchem Rinder und Pferde im Freien
die Stellen ihres zeitweiligen Aufenthaltes auf ſo lange bezeichnen, als dieſer und tauſend andere
Käfer jede Spur davon verwiſcht haben. — Cercyon, Cyclonotum, Megasternum und Crypto-
pleurum
nennen die anderen noch hierher gehörenden Gattungen.



Mit Uebergehung einer kleinen Familie, der Pauſiden, die nur ſeltene, durch ihre eigen-
thümlichen, dicken Fühler und andere Merkmale ausgezeichnete, faſt ausſchließlich exotiſche Arten
enthält, kommen wir zu einer der größten, der ſechſten Familie, von der ſich im Allgemeinen
nur ſagen läßt, daß der ſechs- oder ſiebengliederige, geſtreckte Hinterleib von den ſehr gekürzten,
nur die zuſammengeklappten Flügel unter ſich bergenden Deckſchilden frei bleibt, daher eine große
Beweglichkeit an den Tag legt und von den lebhaften Thieren beim Umherkriechen häufig in einem
Bogen gekrümmt nach oben getragen wird.

Die mehr als zweitauſend bis jetzt bekannten Arten der ſogenannten Kurzflügler
(Staphylinidae oder Brachelytra), auf der ganzen Erdoberfläche verbreitet, unterſcheiden ſich durch
das eben angeführte Merkmal von anderen Käfern nicht ſchwer, bieten aber im Uebrigen die
größte Mannigfaltigkeit in Körpertracht, Lebensweiſe und Bildung einzelner, für andere Familien
ſonſt ſehr charakteriſtiſcher Theile. Obſchon der Mehrzahl unter ihnen fünfgliederige Füße zukommen,
ſo fehlt es doch nicht an Arten mit nur vieren oder gar nur dreien. Die meiſt elf-, aber auch
zehngliederigen Fühler ſtimmen zwar alle in der geſtreckten Form überein und ſind in der Regel
fadenförmig, es kommen indeſſen auch an der Spitze verdickte, infolge des langen Grundgliedes
gebrochen erſcheinende und weitere Abänderungen aller Art in dieſen beſtimmten Grenzen vor.
Obſchon der Körper linear, im Allgemeinen langgeſtreckt genannt werden muß, ſo finden ſich doch
Formen, bei denen am rechteckigen vorderen Theile der Hinterleib wie ein cylindriſcher Schwanz
anſitzt, Formen, welche von ſpindelförmigem Umriſſe, andere, die an die langhalſigen Laufkäfer
mahnen, neben vollkommen walzigen vollkommen plattgedrückte. Eine faſt zeichnungsloſe, düſtere
oder ſchmuzig gelbe Färbung macht unſere meiſten heimiſchen neben der geringen Größe zu
unſcheinbaren Thieren, gewiſſe tropiſche Arten zeichnet ſchon mehr ein lebhafter Metallglanz aus.
Die meiſten leben am Erdboden und zwar geſellig unter faulenden Stoffen, viele im Miſt, an
Aas, in holzigen Schwämmen und ſchnell vergänglichen Pilzen, unter Baumrinde, oder an ſan-
digen Stellen in Gemeinſchaft vieler Laufkäfer, mit denen zuſammen ſie dann bei plötzlichen
Ueberſchwemmungen das Loos der Schiffbrüchigen theilen und in Lagen verſetzt werden, die wir
bei der allgemeinen Schilderung früher andeuteten und durch ein Bild zu verauſchaulichen ſuchten.
Gewiſſe Arten bewohnen Ameiſenkolonien und leben ausſchließlich in dieſen (z. B. Lomechusa),
einige wenige finden keinen Wohlgefallen an den feuchten, Moder und Verweſung hauchenden
Aufeuthaltsorten und ſcheinen einen äſthetiſcheren Sinn zu beweiſen, indem ſie ſich auf Blumen
umhertreiben und deren Saft lecken. Jm Sonnenſchein werden die meiſten ſehr lebendig und

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[52/0066] Die Käfer. Waſſerkäfer. Kurzflügler. die gleich denen der Lippe lang aus dem Mund heraushängen. Durch drei Linien Körpermaß übertrifft der Käfer ſämmtliche Verwandte, wenigſtens die einheimiſchen, an Größe. Er kriecht träge an Waſſerpflanzen umher, verbirgt ſich auch unter Steinen, wie dieſe, den Gattungen Hydrochus, Epimetopus, Ochthebius und Hydraena angehörig. Ein paar kurz ovale Thiere, von den vorigen dadurch weſentlich unterſchieden, daß bei ihnen die erſten Tarſenglieder die übrigen an Länge übertreffen, haben mit dem Waſſer keine Gemeinſchaft. So lebt beiſpielsweiſe das drei Linien lange, ſchwarze Sphaeridium scarabaeoides mit gelben, braungefleckten Beinen, einem kleinen gelben Flecke an der Spitze jeder Flügeldecke und einem größeren, blutrothen vor derſelben, im Miſte, mit welchem Rinder und Pferde im Freien die Stellen ihres zeitweiligen Aufenthaltes auf ſo lange bezeichnen, als dieſer und tauſend andere Käfer jede Spur davon verwiſcht haben. — Cercyon, Cyclonotum, Megasternum und Crypto- pleurum nennen die anderen noch hierher gehörenden Gattungen. Mit Uebergehung einer kleinen Familie, der Pauſiden, die nur ſeltene, durch ihre eigen- thümlichen, dicken Fühler und andere Merkmale ausgezeichnete, faſt ausſchließlich exotiſche Arten enthält, kommen wir zu einer der größten, der ſechſten Familie, von der ſich im Allgemeinen nur ſagen läßt, daß der ſechs- oder ſiebengliederige, geſtreckte Hinterleib von den ſehr gekürzten, nur die zuſammengeklappten Flügel unter ſich bergenden Deckſchilden frei bleibt, daher eine große Beweglichkeit an den Tag legt und von den lebhaften Thieren beim Umherkriechen häufig in einem Bogen gekrümmt nach oben getragen wird. Die mehr als zweitauſend bis jetzt bekannten Arten der ſogenannten Kurzflügler (Staphylinidae oder Brachelytra), auf der ganzen Erdoberfläche verbreitet, unterſcheiden ſich durch das eben angeführte Merkmal von anderen Käfern nicht ſchwer, bieten aber im Uebrigen die größte Mannigfaltigkeit in Körpertracht, Lebensweiſe und Bildung einzelner, für andere Familien ſonſt ſehr charakteriſtiſcher Theile. Obſchon der Mehrzahl unter ihnen fünfgliederige Füße zukommen, ſo fehlt es doch nicht an Arten mit nur vieren oder gar nur dreien. Die meiſt elf-, aber auch zehngliederigen Fühler ſtimmen zwar alle in der geſtreckten Form überein und ſind in der Regel fadenförmig, es kommen indeſſen auch an der Spitze verdickte, infolge des langen Grundgliedes gebrochen erſcheinende und weitere Abänderungen aller Art in dieſen beſtimmten Grenzen vor. Obſchon der Körper linear, im Allgemeinen langgeſtreckt genannt werden muß, ſo finden ſich doch Formen, bei denen am rechteckigen vorderen Theile der Hinterleib wie ein cylindriſcher Schwanz anſitzt, Formen, welche von ſpindelförmigem Umriſſe, andere, die an die langhalſigen Laufkäfer mahnen, neben vollkommen walzigen vollkommen plattgedrückte. Eine faſt zeichnungsloſe, düſtere oder ſchmuzig gelbe Färbung macht unſere meiſten heimiſchen neben der geringen Größe zu unſcheinbaren Thieren, gewiſſe tropiſche Arten zeichnet ſchon mehr ein lebhafter Metallglanz aus. Die meiſten leben am Erdboden und zwar geſellig unter faulenden Stoffen, viele im Miſt, an Aas, in holzigen Schwämmen und ſchnell vergänglichen Pilzen, unter Baumrinde, oder an ſan- digen Stellen in Gemeinſchaft vieler Laufkäfer, mit denen zuſammen ſie dann bei plötzlichen Ueberſchwemmungen das Loos der Schiffbrüchigen theilen und in Lagen verſetzt werden, die wir bei der allgemeinen Schilderung früher andeuteten und durch ein Bild zu verauſchaulichen ſuchten. Gewiſſe Arten bewohnen Ameiſenkolonien und leben ausſchließlich in dieſen (z. B. Lomechusa), einige wenige finden keinen Wohlgefallen an den feuchten, Moder und Verweſung hauchenden Aufeuthaltsorten und ſcheinen einen äſthetiſcheren Sinn zu beweiſen, indem ſie ſich auf Blumen umhertreiben und deren Saft lecken. Jm Sonnenſchein werden die meiſten ſehr lebendig und

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/66>, abgerufen am 23.11.2024.