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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Gehörnte Dornzirpe. Netzadrige Knotenzirpe. Schlangenzirpe. Stirnzirpe.
und Hinterrücken, sondern auch Flügel und Hinterleib vollkommen unsichtbar machen. Die kurzen
Mittelhüften stehen nahe beisammen und die hintersten sind in die Quere gezogen. Die Buckel-
zirpen springen, aber zirpen nicht, gleich den vorigen, und breiten sich fast ausschließlich über das
mirtägige Amerika aus.

Die durch weiße Seidenbehaarung mattschwarze gehörnte Dornzirpe (Centrotus cornutus
Bild S. 517) gehört dem einzigen Geschlechte an, welches in allen Erdtheilen vorkommt, und findet
sich während des Herbstes nirgends selten in Deutschland, am liebsten auf Haselgebüsch. Sie sendet
ihr an den Schultern zu je einem kurzen Horn auslaufendes Halsschild in einem gleichfalls horn-
artigen Fortsatze wellenförmig über den Rücken bis zur Hinterleibsspitze, derartig, daß es über die
innern Flügelränder hinläuft und, von der Seite gesehen, zwei Durchsichten gestattet. Die Flügel
sind alle vier getrübt und dünnhäutig. Die langen, dreiseitigen, am Rande gezähnten Schienen hat
diese Art vor denen andrer Länder voraus, die Gattung aber erkennt man an der hier vergegen-
wärtigten Form; bemerkt sei nur noch, daß die Fortsetzung des Halsschildes zwar über das Rücken-
schildchen hinweggeht, dieses aber ebenso wenig bedeckt, wie die Wurzel der Flügeldecken. Die
buntgefärbten Larven tragen kurze Stacheln auf der Rückseite des Körpers.

Bei den Knotenzirpen (Heteronotus), einer nur südamerikanischen Gattung, läuft
das Halsschild in seiner hinteren Verlängerung als verschieden geformter, hohler Cylinder oder
als Blase über den Rücken hin, bedeckt dessen Schild vollkommen und bringt die wunderlichsten
Formen hervor, von denen eine auf unserem Gruppenbilde in der mittelsten der drei obersten
Figuren vorgeführt ist. Die netzadrige Knotenzirpe (H. reticulatus), welche man daselbst
erblickt, schwillt an ihrem netzartig punktirten Halsschildgebilde in der Mitte und am Ende
knotig an und läuft hier in drei Dornenspitzen aus. Vorn wird es durch fünf weiße Längsstriemen
gezeichnet, deren drei mittlere sich bis zum Kopfe erstrecken und daselbst vereinigen. Die einzelnen
Knoten führen einen in der Mitte unterbrochenen Querstrich und die drei Dornen Spitzen von weißer
Färbung. Die bis auf den braunrothen Vorderrand durchsichtigen, am Jnnenwinkel aus-
geschnittenen
und von gegabelten Adern durchzogenen Flügeldecken verbergen den schmuzig roth-
braunen Hinterleib. Bei andern Arten gestaltet sich die wunderbare Rückenverzierung wieder anders.

Wie eine Schlange, welche sich in den Schwanz beißen will, nähert sich das vordere dem
hinteren Ende des breitgedrückten Halsschildes bei der matt schwarzen Hypsauchenia balista,
welche ich die Schlangenzirpe nennen möchte. Sie ist die oberste in unserm Gruppenbilde und
lebt in Columbien; eine sehr ähnliche Art, welche in Brasilien heimisch ist, unterscheidet sich durch
einen Doppelknoten, welcher sich mitten auf der wagrechten Stelle des Halsschildes nach dessen
vorderer Spitze hin aufthürmt. Man kann alle diese sonderbaren Auswüchse eben nur für Ver-
zierungen erklären, welche in ähnlicher Weise bei den Blätterhörnern unter den Käfern bereits
früher zur Sprache kamen, hier aber als Gebilde der kühnsten Phantasie alles Maaß überschreiten.

Die südamerikanischen Helmzirpen (Membracis), an hundert der Artenzahl nach, erheben
ihr Halsschild meist hoch nach oben zu fast schneidiger Kante und erscheinen daher von den Seiten
her ungemein platt gedrückt; weiße, gelbe oder rothe Bänder durchziehen jenes auf die verschie-
denste Weise; überdies sind bei ihnen die Vorderschienen elliptisch erweitert und die hintersten mit
starken Dornen bewehrt. Wir sehen auf unserem Gruppenbilde, oben rechts, auf der Knospe der
Passionsblume ruhend, die hohe Helmzirpe (M. elevata), deren matt schwarze helmartige Er-
hebung vorn und hart an der Spitze weiß gezeichnet ist. Bei andern Arten findet vorn keine ein-
fache Abrundung statt, sondern ein zahnartiger Vorsprung. Man könnte die M. cruenta, welche
ganz außen links unter der offenen Blüthe sitzt, die Phrygische Mütze nennen; auch hier ist
der Verlauf der rothen Zeichnungen aus der Abbildung ersichtlich.

Die beiden kleinen Stiere unter dem obersten Dreiblatt der Buckelzirpen gehören ein und
derselben Art an, welche unter dem Namen der Stierzirpe (Hemiptycha punctata) passiren
mag und die größte der ganzen Familie sein dürfte; sie ist braun gefärbt und verdeckt mit dem

Gehörnte Dornzirpe. Netzadrige Knotenzirpe. Schlangenzirpe. Stirnzirpe.
und Hinterrücken, ſondern auch Flügel und Hinterleib vollkommen unſichtbar machen. Die kurzen
Mittelhüften ſtehen nahe beiſammen und die hinterſten ſind in die Quere gezogen. Die Buckel-
zirpen ſpringen, aber zirpen nicht, gleich den vorigen, und breiten ſich faſt ausſchließlich über das
mirtägige Amerika aus.

Die durch weiße Seidenbehaarung mattſchwarze gehörnte Dornzirpe (Centrotus cornutus
Bild S. 517) gehört dem einzigen Geſchlechte an, welches in allen Erdtheilen vorkommt, und findet
ſich während des Herbſtes nirgends ſelten in Deutſchland, am liebſten auf Haſelgebüſch. Sie ſendet
ihr an den Schultern zu je einem kurzen Horn auslaufendes Halsſchild in einem gleichfalls horn-
artigen Fortſatze wellenförmig über den Rücken bis zur Hinterleibsſpitze, derartig, daß es über die
innern Flügelränder hinläuft und, von der Seite geſehen, zwei Durchſichten geſtattet. Die Flügel
ſind alle vier getrübt und dünnhäutig. Die langen, dreiſeitigen, am Rande gezähnten Schienen hat
dieſe Art vor denen andrer Länder voraus, die Gattung aber erkennt man an der hier vergegen-
wärtigten Form; bemerkt ſei nur noch, daß die Fortſetzung des Halsſchildes zwar über das Rücken-
ſchildchen hinweggeht, dieſes aber ebenſo wenig bedeckt, wie die Wurzel der Flügeldecken. Die
buntgefärbten Larven tragen kurze Stacheln auf der Rückſeite des Körpers.

Bei den Knotenzirpen (Heteronotus), einer nur ſüdamerikaniſchen Gattung, läuft
das Halsſchild in ſeiner hinteren Verlängerung als verſchieden geformter, hohler Cylinder oder
als Blaſe über den Rücken hin, bedeckt deſſen Schild vollkommen und bringt die wunderlichſten
Formen hervor, von denen eine auf unſerem Gruppenbilde in der mittelſten der drei oberſten
Figuren vorgeführt iſt. Die netzadrige Knotenzirpe (H. reticulatus), welche man daſelbſt
erblickt, ſchwillt an ihrem netzartig punktirten Halsſchildgebilde in der Mitte und am Ende
knotig an und läuft hier in drei Dornenſpitzen aus. Vorn wird es durch fünf weiße Längsſtriemen
gezeichnet, deren drei mittlere ſich bis zum Kopfe erſtrecken und daſelbſt vereinigen. Die einzelnen
Knoten führen einen in der Mitte unterbrochenen Querſtrich und die drei Dornen Spitzen von weißer
Färbung. Die bis auf den braunrothen Vorderrand durchſichtigen, am Jnnenwinkel aus-
geſchnittenen
und von gegabelten Adern durchzogenen Flügeldecken verbergen den ſchmuzig roth-
braunen Hinterleib. Bei andern Arten geſtaltet ſich die wunderbare Rückenverzierung wieder anders.

Wie eine Schlange, welche ſich in den Schwanz beißen will, nähert ſich das vordere dem
hinteren Ende des breitgedrückten Halsſchildes bei der matt ſchwarzen Hypsauchenia balista,
welche ich die Schlangenzirpe nennen möchte. Sie iſt die oberſte in unſerm Gruppenbilde und
lebt in Columbien; eine ſehr ähnliche Art, welche in Braſilien heimiſch iſt, unterſcheidet ſich durch
einen Doppelknoten, welcher ſich mitten auf der wagrechten Stelle des Halsſchildes nach deſſen
vorderer Spitze hin aufthürmt. Man kann alle dieſe ſonderbaren Auswüchſe eben nur für Ver-
zierungen erklären, welche in ähnlicher Weiſe bei den Blätterhörnern unter den Käfern bereits
früher zur Sprache kamen, hier aber als Gebilde der kühnſten Phantaſie alles Maaß überſchreiten.

Die ſüdamerikaniſchen Helmzirpen (Membracis), an hundert der Artenzahl nach, erheben
ihr Halsſchild meiſt hoch nach oben zu faſt ſchneidiger Kante und erſcheinen daher von den Seiten
her ungemein platt gedrückt; weiße, gelbe oder rothe Bänder durchziehen jenes auf die verſchie-
denſte Weiſe; überdies ſind bei ihnen die Vorderſchienen elliptiſch erweitert und die hinterſten mit
ſtarken Dornen bewehrt. Wir ſehen auf unſerem Gruppenbilde, oben rechts, auf der Knospe der
Paſſionsblume ruhend, die hohe Helmzirpe (M. elevata), deren matt ſchwarze helmartige Er-
hebung vorn und hart an der Spitze weiß gezeichnet iſt. Bei andern Arten findet vorn keine ein-
fache Abrundung ſtatt, ſondern ein zahnartiger Vorſprung. Man könnte die M. cruenta, welche
ganz außen links unter der offenen Blüthe ſitzt, die Phrygiſche Mütze nennen; auch hier iſt
der Verlauf der rothen Zeichnungen aus der Abbildung erſichtlich.

Die beiden kleinen Stiere unter dem oberſten Dreiblatt der Buckelzirpen gehören ein und
derſelben Art an, welche unter dem Namen der Stierzirpe (Hemiptycha punctata) paſſiren
mag und die größte der ganzen Familie ſein dürfte; ſie iſt braun gefärbt und verdeckt mit dem

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[519/0553] Gehörnte Dornzirpe. Netzadrige Knotenzirpe. Schlangenzirpe. Stirnzirpe. und Hinterrücken, ſondern auch Flügel und Hinterleib vollkommen unſichtbar machen. Die kurzen Mittelhüften ſtehen nahe beiſammen und die hinterſten ſind in die Quere gezogen. Die Buckel- zirpen ſpringen, aber zirpen nicht, gleich den vorigen, und breiten ſich faſt ausſchließlich über das mirtägige Amerika aus. Die durch weiße Seidenbehaarung mattſchwarze gehörnte Dornzirpe (Centrotus cornutus Bild S. 517) gehört dem einzigen Geſchlechte an, welches in allen Erdtheilen vorkommt, und findet ſich während des Herbſtes nirgends ſelten in Deutſchland, am liebſten auf Haſelgebüſch. Sie ſendet ihr an den Schultern zu je einem kurzen Horn auslaufendes Halsſchild in einem gleichfalls horn- artigen Fortſatze wellenförmig über den Rücken bis zur Hinterleibsſpitze, derartig, daß es über die innern Flügelränder hinläuft und, von der Seite geſehen, zwei Durchſichten geſtattet. Die Flügel ſind alle vier getrübt und dünnhäutig. Die langen, dreiſeitigen, am Rande gezähnten Schienen hat dieſe Art vor denen andrer Länder voraus, die Gattung aber erkennt man an der hier vergegen- wärtigten Form; bemerkt ſei nur noch, daß die Fortſetzung des Halsſchildes zwar über das Rücken- ſchildchen hinweggeht, dieſes aber ebenſo wenig bedeckt, wie die Wurzel der Flügeldecken. Die buntgefärbten Larven tragen kurze Stacheln auf der Rückſeite des Körpers. Bei den Knotenzirpen (Heteronotus), einer nur ſüdamerikaniſchen Gattung, läuft das Halsſchild in ſeiner hinteren Verlängerung als verſchieden geformter, hohler Cylinder oder als Blaſe über den Rücken hin, bedeckt deſſen Schild vollkommen und bringt die wunderlichſten Formen hervor, von denen eine auf unſerem Gruppenbilde in der mittelſten der drei oberſten Figuren vorgeführt iſt. Die netzadrige Knotenzirpe (H. reticulatus), welche man daſelbſt erblickt, ſchwillt an ihrem netzartig punktirten Halsſchildgebilde in der Mitte und am Ende knotig an und läuft hier in drei Dornenſpitzen aus. Vorn wird es durch fünf weiße Längsſtriemen gezeichnet, deren drei mittlere ſich bis zum Kopfe erſtrecken und daſelbſt vereinigen. Die einzelnen Knoten führen einen in der Mitte unterbrochenen Querſtrich und die drei Dornen Spitzen von weißer Färbung. Die bis auf den braunrothen Vorderrand durchſichtigen, am Jnnenwinkel aus- geſchnittenen und von gegabelten Adern durchzogenen Flügeldecken verbergen den ſchmuzig roth- braunen Hinterleib. Bei andern Arten geſtaltet ſich die wunderbare Rückenverzierung wieder anders. Wie eine Schlange, welche ſich in den Schwanz beißen will, nähert ſich das vordere dem hinteren Ende des breitgedrückten Halsſchildes bei der matt ſchwarzen Hypsauchenia balista, welche ich die Schlangenzirpe nennen möchte. Sie iſt die oberſte in unſerm Gruppenbilde und lebt in Columbien; eine ſehr ähnliche Art, welche in Braſilien heimiſch iſt, unterſcheidet ſich durch einen Doppelknoten, welcher ſich mitten auf der wagrechten Stelle des Halsſchildes nach deſſen vorderer Spitze hin aufthürmt. Man kann alle dieſe ſonderbaren Auswüchſe eben nur für Ver- zierungen erklären, welche in ähnlicher Weiſe bei den Blätterhörnern unter den Käfern bereits früher zur Sprache kamen, hier aber als Gebilde der kühnſten Phantaſie alles Maaß überſchreiten. Die ſüdamerikaniſchen Helmzirpen (Membracis), an hundert der Artenzahl nach, erheben ihr Halsſchild meiſt hoch nach oben zu faſt ſchneidiger Kante und erſcheinen daher von den Seiten her ungemein platt gedrückt; weiße, gelbe oder rothe Bänder durchziehen jenes auf die verſchie- denſte Weiſe; überdies ſind bei ihnen die Vorderſchienen elliptiſch erweitert und die hinterſten mit ſtarken Dornen bewehrt. Wir ſehen auf unſerem Gruppenbilde, oben rechts, auf der Knospe der Paſſionsblume ruhend, die hohe Helmzirpe (M. elevata), deren matt ſchwarze helmartige Er- hebung vorn und hart an der Spitze weiß gezeichnet iſt. Bei andern Arten findet vorn keine ein- fache Abrundung ſtatt, ſondern ein zahnartiger Vorſprung. Man könnte die M. cruenta, welche ganz außen links unter der offenen Blüthe ſitzt, die Phrygiſche Mütze nennen; auch hier iſt der Verlauf der rothen Zeichnungen aus der Abbildung erſichtlich. Die beiden kleinen Stiere unter dem oberſten Dreiblatt der Buckelzirpen gehören ein und derſelben Art an, welche unter dem Namen der Stierzirpe (Hemiptycha punctata) paſſiren mag und die größte der ganzen Familie ſein dürfte; ſie iſt braun gefärbt und verdeckt mit dem

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/553>, abgerufen am 24.11.2024.