Gleich andern Jnsekten, welche ausnahms- und unbegreiflicher Weise manchmal in ungezählten Mengen erscheinen und durch ihre Schwärme die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich lenken, haben auch die zarten Blattläuse dann und wann die Luft wolkenartig erfüllt, so Aphis bursaria am 7. Oktober 1846 in Schweden. Zwischen Brügge und Gent erschienen am 28. September (1834) Wolken von Blattläusen und ließen sich in Gent Tags darauf schaarenweise, von Morgens sieben Uhr bis zum Abend, in solchen Massen sehen, daß das Tageslicht verfinstert wurde; am fünften Oktober war die ganze Straße von dort bis Antwerpen schwarz von ihnen. Um dieselbe Zeit zogen sie nach Emkloo zu und nöthigten die Menschen zum Schutz Brillen aufzusetzen und Taschen- tücher vor Mund und Nase zu halten. Am 9. Oktober befand sich Prof. Mooren bei Alast mitten in einem Schwarme der Pfirsichblattlaus (A. persicae), von welcher drei Tage später zahlreiche Schwärme, welche vom Winde nach allen Richtungen hingetragen wurden, auch Brüssel passirten. Zwischen dem 17. und 21. Juni (1847) schwärmte in verschiedenen Gegenden Eng- lands die Bohnenblattlaus(A. fabae). Diese Beispiele mögen als Belege für diese höchst merkwürdige, nicht weiter zu erklärende Erscheinung dienen.
Unter Berücksichtigung der Lebensweise und Abhängigkeit der Blattläuse von der Pflanzenwelt darf es nicht Wunder nehmen, daß ihre Artenzahl nach Norden hin ab-, je weiter nach Süden hin, immer mehr zunimmt, daß ferner ihre Menge und Manchfaltigkeit in der Nähe menschlicher Wohnungen, in Gärten und üppigen Fluren, wo ihnen durch Kultur und Fülle der verschiedensten Pflanzen passende Weideplätze geboten werden, bedeutender ist, als in öden und wilden Gegenden, daß endlich geschützte Thäler und dem Windzuge wenig preisgegebene Länderstrecken ihnen ange- nehmer sind, als zugige und rauhe Höhen in gleichen oder noch mittägigeren Lagen. Die kraut- artigen Gewächse ernähren nach Verhältniß ihrer Menge beiweitem weniger Blattläuse, als die holzigen, und nicht nur an den oberirdischen Theilen derselben, sondern auch an den Wurzeln unter der Erde kommen Arten vor, die auf mehrere Gattungen vertheilten Wurzel- oder Erdläuse.
Häufig sieht man auf den verschiedensten Baumarten die Blätter, besonders die jungen, runzelig-wellig gerollt, an der Unterseite löffelartig ausgehöhlt. An der Linde bewirkt dies die Lindenblattlaus(Aphis tiliae), am Schneeball die Schneeballblattlaus(A. viburni), an Aepfel- und Birnbäumen, wie am Schwarzdorn die Apfelblattlaus (A. mali des Fabricins), wiederum an Aepfelbäumen und Ebereschen die Ebereschenblattlaus(A. sorbi), an Kirschen die Kirschblattlaus(A. cerasi) und an andern Bäumen thun dies andere Arten, welche meist ihren Namen davon erhalten haben. Alle diese und noch zahlreichere andere, welche keine wesent- lichen Veränderungen äußerlich an den Futterpflanzen hervorbringen, gehören derselben Gattung Aphis an, von welcher man in Europa allein gegen 350 Arten kennt. Jch versuche es hier nicht, nur eine derselben näher zu beschreiben, verweise vielmehr einen Jeden, dem das Bild dieser Wesen nicht gegenwärtig sein sollte, auf die grüne Rosenblattlaus(A. rosae), die "Nessen", welche der erste beste Rosenstock besser zur Anschauung bringen kann, als der gelungenste Holzschnitt.
Die Rinden- oder Tannenläuse(Chermes) zeichnen sich durch sehr kurze, fünfgliedrige Fühler, den Mangel der Saftröhren und nur drei Zweigadern der Vorderflügel, eine meist ver- loschene in den Hinterflügeln aus. Sie bewohnen vorzugsweise Nadelbäume und erzeugen recht artige Gallen. Zu ihnen gehören die gemeine Tannenlaus(Ch. abietis), welche Natzeburg in zwei Arten trennen zu müssen glaubte, die grüne(Ch. viridis) und die rothe(Ch. coecineus), deren erstere weniger roth gefärbt ist, weniger wollige Eier legt und etwas andere Gallen erzeugt, als die zweite. Dem sei nun, wie ihm wolle, in der Entwickelung stimmen beide mit einander überein und diese interessirt uns hier vor Allem. Jm flügellosen Zustande, so groß wie ein Sandkörnchen, überwintert die Rindenlaus unter dem Schutze eines weißlichen Wollkleides an der Wurzel der
Die Schnabelkerfe. Blattläuſe.
Gleich andern Jnſekten, welche ausnahms- und unbegreiflicher Weiſe manchmal in ungezählten Mengen erſcheinen und durch ihre Schwärme die allgemeine Aufmerkſamkeit auf ſich lenken, haben auch die zarten Blattläuſe dann und wann die Luft wolkenartig erfüllt, ſo Aphis bursaria am 7. Oktober 1846 in Schweden. Zwiſchen Brügge und Gent erſchienen am 28. September (1834) Wolken von Blattläuſen und ließen ſich in Gent Tags darauf ſchaarenweiſe, von Morgens ſieben Uhr bis zum Abend, in ſolchen Maſſen ſehen, daß das Tageslicht verfinſtert wurde; am fünften Oktober war die ganze Straße von dort bis Antwerpen ſchwarz von ihnen. Um dieſelbe Zeit zogen ſie nach Emkloo zu und nöthigten die Menſchen zum Schutz Brillen aufzuſetzen und Taſchen- tücher vor Mund und Naſe zu halten. Am 9. Oktober befand ſich Prof. Mooren bei Alaſt mitten in einem Schwarme der Pfirſichblattlaus (A. persicae), von welcher drei Tage ſpäter zahlreiche Schwärme, welche vom Winde nach allen Richtungen hingetragen wurden, auch Brüſſel paſſirten. Zwiſchen dem 17. und 21. Juni (1847) ſchwärmte in verſchiedenen Gegenden Eng- lands die Bohnenblattlaus(A. fabae). Dieſe Beiſpiele mögen als Belege für dieſe höchſt merkwürdige, nicht weiter zu erklärende Erſcheinung dienen.
Unter Berückſichtigung der Lebensweiſe und Abhängigkeit der Blattläuſe von der Pflanzenwelt darf es nicht Wunder nehmen, daß ihre Artenzahl nach Norden hin ab-, je weiter nach Süden hin, immer mehr zunimmt, daß ferner ihre Menge und Manchfaltigkeit in der Nähe menſchlicher Wohnungen, in Gärten und üppigen Fluren, wo ihnen durch Kultur und Fülle der verſchiedenſten Pflanzen paſſende Weideplätze geboten werden, bedeutender iſt, als in öden und wilden Gegenden, daß endlich geſchützte Thäler und dem Windzuge wenig preisgegebene Länderſtrecken ihnen ange- nehmer ſind, als zugige und rauhe Höhen in gleichen oder noch mittägigeren Lagen. Die kraut- artigen Gewächſe ernähren nach Verhältniß ihrer Menge beiweitem weniger Blattläuſe, als die holzigen, und nicht nur an den oberirdiſchen Theilen derſelben, ſondern auch an den Wurzeln unter der Erde kommen Arten vor, die auf mehrere Gattungen vertheilten Wurzel- oder Erdläuſe.
Häufig ſieht man auf den verſchiedenſten Baumarten die Blätter, beſonders die jungen, runzelig-wellig gerollt, an der Unterſeite löffelartig ausgehöhlt. An der Linde bewirkt dies die Lindenblattlaus(Aphis tiliae), am Schneeball die Schneeballblattlaus(A. viburni), an Aepfel- und Birnbäumen, wie am Schwarzdorn die Apfelblattlaus (A. mali des Fabricins), wiederum an Aepfelbäumen und Ebereſchen die Ebereſchenblattlaus(A. sorbi), an Kirſchen die Kirſchblattlaus(A. cerasi) und an andern Bäumen thun dies andere Arten, welche meiſt ihren Namen davon erhalten haben. Alle dieſe und noch zahlreichere andere, welche keine weſent- lichen Veränderungen äußerlich an den Futterpflanzen hervorbringen, gehören derſelben Gattung Aphis an, von welcher man in Europa allein gegen 350 Arten kennt. Jch verſuche es hier nicht, nur eine derſelben näher zu beſchreiben, verweiſe vielmehr einen Jeden, dem das Bild dieſer Weſen nicht gegenwärtig ſein ſollte, auf die grüne Roſenblattlaus(A. rosae), die „Neſſen“, welche der erſte beſte Roſenſtock beſſer zur Anſchauung bringen kann, als der gelungenſte Holzſchnitt.
Die Rinden- oder Tannenläuſe(Chermes) zeichnen ſich durch ſehr kurze, fünfgliedrige Fühler, den Mangel der Saftröhren und nur drei Zweigadern der Vorderflügel, eine meiſt ver- loſchene in den Hinterflügeln aus. Sie bewohnen vorzugsweiſe Nadelbäume und erzeugen recht artige Gallen. Zu ihnen gehören die gemeine Tannenlaus(Ch. abietis), welche Natzeburg in zwei Arten trennen zu müſſen glaubte, die grüne(Ch. viridis) und die rothe(Ch. coecineus), deren erſtere weniger roth gefärbt iſt, weniger wollige Eier legt und etwas andere Gallen erzeugt, als die zweite. Dem ſei nun, wie ihm wolle, in der Entwickelung ſtimmen beide mit einander überein und dieſe intereſſirt uns hier vor Allem. Jm flügelloſen Zuſtande, ſo groß wie ein Sandkörnchen, überwintert die Rindenlaus unter dem Schutze eines weißlichen Wollkleides an der Wurzel der
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Die Schnabelkerfe. Blattläuſe.
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Mengen erſcheinen und durch ihre Schwärme die allgemeine Aufmerkſamkeit auf ſich lenken, haben
auch die zarten Blattläuſe dann und wann die Luft wolkenartig erfüllt, ſo Aphis bursaria am
7. Oktober 1846 in Schweden. Zwiſchen Brügge und Gent erſchienen am 28. September (1834)
Wolken von Blattläuſen und ließen ſich in Gent Tags darauf ſchaarenweiſe, von Morgens ſieben
Uhr bis zum Abend, in ſolchen Maſſen ſehen, daß das Tageslicht verfinſtert wurde; am fünften
Oktober war die ganze Straße von dort bis Antwerpen ſchwarz von ihnen. Um dieſelbe Zeit
zogen ſie nach Emkloo zu und nöthigten die Menſchen zum Schutz Brillen aufzuſetzen und Taſchen-
tücher vor Mund und Naſe zu halten. Am 9. Oktober befand ſich Prof. Mooren bei Alaſt
mitten in einem Schwarme der Pfirſichblattlaus (A. persicae), von welcher drei Tage ſpäter
zahlreiche Schwärme, welche vom Winde nach allen Richtungen hingetragen wurden, auch Brüſſel
paſſirten. Zwiſchen dem 17. und 21. Juni (1847) ſchwärmte in verſchiedenen Gegenden Eng-
lands die Bohnenblattlaus (A. fabae). Dieſe Beiſpiele mögen als Belege für dieſe höchſt
merkwürdige, nicht weiter zu erklärende Erſcheinung dienen.
Unter Berückſichtigung der Lebensweiſe und Abhängigkeit der Blattläuſe von der Pflanzenwelt
darf es nicht Wunder nehmen, daß ihre Artenzahl nach Norden hin ab-, je weiter nach Süden
hin, immer mehr zunimmt, daß ferner ihre Menge und Manchfaltigkeit in der Nähe menſchlicher
Wohnungen, in Gärten und üppigen Fluren, wo ihnen durch Kultur und Fülle der verſchiedenſten
Pflanzen paſſende Weideplätze geboten werden, bedeutender iſt, als in öden und wilden Gegenden,
daß endlich geſchützte Thäler und dem Windzuge wenig preisgegebene Länderſtrecken ihnen ange-
nehmer ſind, als zugige und rauhe Höhen in gleichen oder noch mittägigeren Lagen. Die kraut-
artigen Gewächſe ernähren nach Verhältniß ihrer Menge beiweitem weniger Blattläuſe, als die
holzigen, und nicht nur an den oberirdiſchen Theilen derſelben, ſondern auch an den Wurzeln
unter der Erde kommen Arten vor, die auf mehrere Gattungen vertheilten Wurzel- oder
Erdläuſe.
Häufig ſieht man auf den verſchiedenſten Baumarten die Blätter, beſonders die jungen,
runzelig-wellig gerollt, an der Unterſeite löffelartig ausgehöhlt. An der Linde bewirkt dies die
Lindenblattlaus (Aphis tiliae), am Schneeball die Schneeballblattlaus (A. viburni), an
Aepfel- und Birnbäumen, wie am Schwarzdorn die Apfelblattlaus (A. mali des Fabricins),
wiederum an Aepfelbäumen und Ebereſchen die Ebereſchenblattlaus (A. sorbi), an Kirſchen
die Kirſchblattlaus (A. cerasi) und an andern Bäumen thun dies andere Arten, welche meiſt
ihren Namen davon erhalten haben. Alle dieſe und noch zahlreichere andere, welche keine weſent-
lichen Veränderungen äußerlich an den Futterpflanzen hervorbringen, gehören derſelben Gattung
Aphis an, von welcher man in Europa allein gegen 350 Arten kennt. Jch verſuche es hier
nicht, nur eine derſelben näher zu beſchreiben, verweiſe vielmehr einen Jeden, dem das Bild
dieſer Weſen nicht gegenwärtig ſein ſollte, auf die grüne Roſenblattlaus (A. rosae), die
„Neſſen“, welche der erſte beſte Roſenſtock beſſer zur Anſchauung bringen kann, als der gelungenſte
Holzſchnitt.
Die Rinden- oder Tannenläuſe (Chermes) zeichnen ſich durch ſehr kurze, fünfgliedrige
Fühler, den Mangel der Saftröhren und nur drei Zweigadern der Vorderflügel, eine meiſt ver-
loſchene in den Hinterflügeln aus. Sie bewohnen vorzugsweiſe Nadelbäume und erzeugen recht
artige Gallen. Zu ihnen gehören die gemeine Tannenlaus (Ch. abietis), welche Natzeburg in
zwei Arten trennen zu müſſen glaubte, die grüne (Ch. viridis) und die rothe (Ch. coecineus), deren
erſtere weniger roth gefärbt iſt, weniger wollige Eier legt und etwas andere Gallen erzeugt, als die
zweite. Dem ſei nun, wie ihm wolle, in der Entwickelung ſtimmen beide mit einander überein
und dieſe intereſſirt uns hier vor Allem. Jm flügelloſen Zuſtande, ſo groß wie ein Sandkörnchen,
überwintert die Rindenlaus unter dem Schutze eines weißlichen Wollkleides an der Wurzel der
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/544>, abgerufen am 24.11.2024.
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