den Bau, und es gewährt einen beinahe gespenstischen Anblick, wenn man im Halbdunkel die weißliche, in ihren Umrissen beständig wechselnde Wolke dieser Thiere zwischen den verworrenen Zweigen eines umgestürzten Kameeldornbaumes umhertanzen sieht. Uebrigens sind sie sehr schwache Fliegen und verlassen sich auch nicht gern auf die langen, lose angehefteten Schwingen. Trifft man ein geflügeltes Männchen außerhalb des Baues und sucht es zu erhaschen, so ist es augen- fällig bemüht, sich durch lebhaftes Drehen und Wenden des Körpers die lästigen Zugaben abzu- brechen, um ungehinderter fliehen zu können."
Diese Angaben mögen als Beweise dafür genügen, daß verschiedenen Arten auch in dieser Hinsicht verschiedene Gewohnheiten eigen sind. Nur wenige Jndividuen entrinnen bei ihren wilden Hochzeitsreigen den unzähligen Feinden, den Ameisen, Spinnen, Eidechsen, Kröten, Fleder- mäusen, Ziegenmelkern, welche alle gierig über sie herfallen. Diese wenigen werden König und Königin einer neuen Kolonie und wen der Zufall begünstigt, der kann die hohen Herrschaften nebst wenigen Arbeitern in den ersten Anfängen ihres künftigen Nestes antreffen. Daß das Männchen fortlebt, also auch ein "König" das Nest bewohnt, gehört zu den bisher noch nicht aufgeklärten Erscheinungen im Termitenstaate und läßt eine wiederholte Befruchtung vermuthen.
Die Arbeiter und Soldaten und vielleicht auch ihre erwachsneren Larven sind es, welche sich rührig in Beschaffung von Nahrung für diejenigen, die sich dieselbe nicht selbst suchen können, umher- treiben, welche die Eier in die verschiedenen Räumlichkeiten des Nestes tragen, Schäden ausbessern, den Schwärmenden einen Ausgang aus dem Neste bahnen und dergleichen mehr. Sie verlassen bei ihren Arbeiten dasselbe, kommen aber meist nicht an das Tageslicht, sondern überwölben den Weg, den sie zurücklegen und banen am Neste hauptsächlich auch nur des Nachts. Jn Betreff des letzteren kommen wohl die größten Verschiedenheiten unter den Termiten vor. Eine beträcht- liche Anzahl der tropischen errichtet die seit lange bekannten, zu gewisser Berühmtheit gelangten Bauten. Auf die in Afrika sehr verbreiteten kriegerischen Termiten(T. bellicosus) beziehen sich zahlreiche Mittheilungen, von denen diejenigen Smeathman's und Savage's von hervor- ragendem Werthe sind. Die Bauten bestehen hiernach in außen unebenen, mit vielen Hervor- ragungen versehenen Hügeln, welche sich am besten mit einem Henschober vergleichen lassen und besonders zahlreich auf ebenem Lande vorkommen, wenn dieses zum Anbau gelichtet und das gefällte Holz dem Verderben Preis gegeben wurde. Von heftigen Regengüssen, oder in der Nähe der Städte von den darauf spielenden Kindern beschädigte Hügel sind von den Thieren verlassen, haben sie dagegen aufwärts strebende Thürmchen und Spitzen, mit welchen ein solcher Bau ursprünglich seinen Anfang nimmt, so befinden sie sich noch im Wachsthume. Ein Thürmchen entsteht neben dem andern und die Zwischenräume werden ausgefüllt. Jn jedem derselben ist eine Höhle, welche als Weg in das Jnnere des Hügels führt, oder in andern das Ende eines Weges bildet, der eine freie Verbindung im Baue unterhält. Hat der Hügel die Form eines Heuschobers, so hat er seine volle Ausbildung und mit ihr eine senkrechte Höhe von 12 bis 16 Fuß erreicht, bei einem Umfange von 50 bis 60 Fuß an seinem Grunde, oder 30 bis 40 in 2/3 seiner Höhe. Das Material besteht vorzüglich aus Thon, der je nach Beschaffenheit des Bodens eine verschiedene Färbung annimmt und durch den Speichel der Thiere angeknetet wurde; Sand eignet sich begreiflicherweise zu dergleichen Bauten nicht, weil er kein hinreichend dauerhaftes Material liefert. Die Festigkeit jener Thonbauten ist nach dem übereinstimmenden Urtheile zahlreicher Beobachter so bedeutend, daß sie mehr Menschen oder Vieh tragen könnten als darauf Platz haben. Drei Männer brauchten 21/2 Stunde Zeit, bis sie einen solchen Hügel vollständig öffneten. Durch ihre Härte werden die letzteren vor Zerstörung durch die dort überaus heftigen Regengüsse und häufig auf sie stürzenden Bäume geschützt. Entfernt man Gras und Gestrüpp rings um den Fuß, so sieht man verschiedene bedeckte Wege oder Thonröhren zu benachbarten Baumstumpfen und Klötzen führen. Mitunter haben sie 12 Zoll im Durchmesser, werden allmälig kleiner und verzweigen sich an den Enden. Jst ihre Verbindung mit dem Hügel unterbrochen, so erblickt man viele Höhlungen als
Allgemeines. Neſter.
den Bau, und es gewährt einen beinahe geſpenſtiſchen Anblick, wenn man im Halbdunkel die weißliche, in ihren Umriſſen beſtändig wechſelnde Wolke dieſer Thiere zwiſchen den verworrenen Zweigen eines umgeſtürzten Kameeldornbaumes umhertanzen ſieht. Uebrigens ſind ſie ſehr ſchwache Fliegen und verlaſſen ſich auch nicht gern auf die langen, loſe angehefteten Schwingen. Trifft man ein geflügeltes Männchen außerhalb des Baues und ſucht es zu erhaſchen, ſo iſt es augen- fällig bemüht, ſich durch lebhaftes Drehen und Wenden des Körpers die läſtigen Zugaben abzu- brechen, um ungehinderter fliehen zu können.“
Dieſe Angaben mögen als Beweiſe dafür genügen, daß verſchiedenen Arten auch in dieſer Hinſicht verſchiedene Gewohnheiten eigen ſind. Nur wenige Jndividuen entrinnen bei ihren wilden Hochzeitsreigen den unzähligen Feinden, den Ameiſen, Spinnen, Eidechſen, Kröten, Fleder- mäuſen, Ziegenmelkern, welche alle gierig über ſie herfallen. Dieſe wenigen werden König und Königin einer neuen Kolonie und wen der Zufall begünſtigt, der kann die hohen Herrſchaften nebſt wenigen Arbeitern in den erſten Anfängen ihres künftigen Neſtes antreffen. Daß das Männchen fortlebt, alſo auch ein „König“ das Neſt bewohnt, gehört zu den bisher noch nicht aufgeklärten Erſcheinungen im Termitenſtaate und läßt eine wiederholte Befruchtung vermuthen.
Die Arbeiter und Soldaten und vielleicht auch ihre erwachſneren Larven ſind es, welche ſich rührig in Beſchaffung von Nahrung für diejenigen, die ſich dieſelbe nicht ſelbſt ſuchen können, umher- treiben, welche die Eier in die verſchiedenen Räumlichkeiten des Neſtes tragen, Schäden ausbeſſern, den Schwärmenden einen Ausgang aus dem Neſte bahnen und dergleichen mehr. Sie verlaſſen bei ihren Arbeiten daſſelbe, kommen aber meiſt nicht an das Tageslicht, ſondern überwölben den Weg, den ſie zurücklegen und banen am Neſte hauptſächlich auch nur des Nachts. Jn Betreff des letzteren kommen wohl die größten Verſchiedenheiten unter den Termiten vor. Eine beträcht- liche Anzahl der tropiſchen errichtet die ſeit lange bekannten, zu gewiſſer Berühmtheit gelangten Bauten. Auf die in Afrika ſehr verbreiteten kriegeriſchen Termiten(T. bellicosus) beziehen ſich zahlreiche Mittheilungen, von denen diejenigen Smeathman’s und Savage’s von hervor- ragendem Werthe ſind. Die Bauten beſtehen hiernach in außen unebenen, mit vielen Hervor- ragungen verſehenen Hügeln, welche ſich am beſten mit einem Henſchober vergleichen laſſen und beſonders zahlreich auf ebenem Lande vorkommen, wenn dieſes zum Anbau gelichtet und das gefällte Holz dem Verderben Preis gegeben wurde. Von heftigen Regengüſſen, oder in der Nähe der Städte von den darauf ſpielenden Kindern beſchädigte Hügel ſind von den Thieren verlaſſen, haben ſie dagegen aufwärts ſtrebende Thürmchen und Spitzen, mit welchen ein ſolcher Bau urſprünglich ſeinen Anfang nimmt, ſo befinden ſie ſich noch im Wachsthume. Ein Thürmchen entſteht neben dem andern und die Zwiſchenräume werden ausgefüllt. Jn jedem derſelben iſt eine Höhle, welche als Weg in das Jnnere des Hügels führt, oder in andern das Ende eines Weges bildet, der eine freie Verbindung im Baue unterhält. Hat der Hügel die Form eines Heuſchobers, ſo hat er ſeine volle Ausbildung und mit ihr eine ſenkrechte Höhe von 12 bis 16 Fuß erreicht, bei einem Umfange von 50 bis 60 Fuß an ſeinem Grunde, oder 30 bis 40 in ⅔ ſeiner Höhe. Das Material beſteht vorzüglich aus Thon, der je nach Beſchaffenheit des Bodens eine verſchiedene Färbung annimmt und durch den Speichel der Thiere angeknetet wurde; Sand eignet ſich begreiflicherweiſe zu dergleichen Bauten nicht, weil er kein hinreichend dauerhaftes Material liefert. Die Feſtigkeit jener Thonbauten iſt nach dem übereinſtimmenden Urtheile zahlreicher Beobachter ſo bedeutend, daß ſie mehr Menſchen oder Vieh tragen könnten als darauf Platz haben. Drei Männer brauchten 2½ Stunde Zeit, bis ſie einen ſolchen Hügel vollſtändig öffneten. Durch ihre Härte werden die letzteren vor Zerſtörung durch die dort überaus heftigen Regengüſſe und häufig auf ſie ſtürzenden Bäume geſchützt. Entfernt man Gras und Geſtrüpp rings um den Fuß, ſo ſieht man verſchiedene bedeckte Wege oder Thonröhren zu benachbarten Baumſtumpfen und Klötzen führen. Mitunter haben ſie 12 Zoll im Durchmeſſer, werden allmälig kleiner und verzweigen ſich an den Enden. Jſt ihre Verbindung mit dem Hügel unterbrochen, ſo erblickt man viele Höhlungen als
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[457/0487]
Allgemeines. Neſter.
den Bau, und es gewährt einen beinahe geſpenſtiſchen Anblick, wenn man im Halbdunkel die
weißliche, in ihren Umriſſen beſtändig wechſelnde Wolke dieſer Thiere zwiſchen den verworrenen
Zweigen eines umgeſtürzten Kameeldornbaumes umhertanzen ſieht. Uebrigens ſind ſie ſehr ſchwache
Fliegen und verlaſſen ſich auch nicht gern auf die langen, loſe angehefteten Schwingen. Trifft
man ein geflügeltes Männchen außerhalb des Baues und ſucht es zu erhaſchen, ſo iſt es augen-
fällig bemüht, ſich durch lebhaftes Drehen und Wenden des Körpers die läſtigen Zugaben abzu-
brechen, um ungehinderter fliehen zu können.“
Dieſe Angaben mögen als Beweiſe dafür genügen, daß verſchiedenen Arten auch in
dieſer Hinſicht verſchiedene Gewohnheiten eigen ſind. Nur wenige Jndividuen entrinnen bei ihren
wilden Hochzeitsreigen den unzähligen Feinden, den Ameiſen, Spinnen, Eidechſen, Kröten, Fleder-
mäuſen, Ziegenmelkern, welche alle gierig über ſie herfallen. Dieſe wenigen werden König und
Königin einer neuen Kolonie und wen der Zufall begünſtigt, der kann die hohen Herrſchaften
nebſt wenigen Arbeitern in den erſten Anfängen ihres künftigen Neſtes antreffen. Daß das
Männchen fortlebt, alſo auch ein „König“ das Neſt bewohnt, gehört zu den bisher noch nicht
aufgeklärten Erſcheinungen im Termitenſtaate und läßt eine wiederholte Befruchtung vermuthen.
Die Arbeiter und Soldaten und vielleicht auch ihre erwachſneren Larven ſind es, welche ſich rührig
in Beſchaffung von Nahrung für diejenigen, die ſich dieſelbe nicht ſelbſt ſuchen können, umher-
treiben, welche die Eier in die verſchiedenen Räumlichkeiten des Neſtes tragen, Schäden ausbeſſern,
den Schwärmenden einen Ausgang aus dem Neſte bahnen und dergleichen mehr. Sie verlaſſen
bei ihren Arbeiten daſſelbe, kommen aber meiſt nicht an das Tageslicht, ſondern überwölben
den Weg, den ſie zurücklegen und banen am Neſte hauptſächlich auch nur des Nachts. Jn Betreff
des letzteren kommen wohl die größten Verſchiedenheiten unter den Termiten vor. Eine beträcht-
liche Anzahl der tropiſchen errichtet die ſeit lange bekannten, zu gewiſſer Berühmtheit gelangten
Bauten. Auf die in Afrika ſehr verbreiteten kriegeriſchen Termiten (T. bellicosus) beziehen
ſich zahlreiche Mittheilungen, von denen diejenigen Smeathman’s und Savage’s von hervor-
ragendem Werthe ſind. Die Bauten beſtehen hiernach in außen unebenen, mit vielen Hervor-
ragungen verſehenen Hügeln, welche ſich am beſten mit einem Henſchober vergleichen laſſen und
beſonders zahlreich auf ebenem Lande vorkommen, wenn dieſes zum Anbau gelichtet und das gefällte
Holz dem Verderben Preis gegeben wurde. Von heftigen Regengüſſen, oder in der Nähe der
Städte von den darauf ſpielenden Kindern beſchädigte Hügel ſind von den Thieren verlaſſen,
haben ſie dagegen aufwärts ſtrebende Thürmchen und Spitzen, mit welchen ein ſolcher Bau
urſprünglich ſeinen Anfang nimmt, ſo befinden ſie ſich noch im Wachsthume. Ein Thürmchen
entſteht neben dem andern und die Zwiſchenräume werden ausgefüllt. Jn jedem derſelben iſt
eine Höhle, welche als Weg in das Jnnere des Hügels führt, oder in andern das Ende eines
Weges bildet, der eine freie Verbindung im Baue unterhält. Hat der Hügel die Form eines
Heuſchobers, ſo hat er ſeine volle Ausbildung und mit ihr eine ſenkrechte Höhe von 12 bis 16 Fuß
erreicht, bei einem Umfange von 50 bis 60 Fuß an ſeinem Grunde, oder 30 bis 40 in ⅔ ſeiner
Höhe. Das Material beſteht vorzüglich aus Thon, der je nach Beſchaffenheit des Bodens eine
verſchiedene Färbung annimmt und durch den Speichel der Thiere angeknetet wurde; Sand eignet
ſich begreiflicherweiſe zu dergleichen Bauten nicht, weil er kein hinreichend dauerhaftes Material
liefert. Die Feſtigkeit jener Thonbauten iſt nach dem übereinſtimmenden Urtheile zahlreicher
Beobachter ſo bedeutend, daß ſie mehr Menſchen oder Vieh tragen könnten als darauf Platz haben.
Drei Männer brauchten 2½ Stunde Zeit, bis ſie einen ſolchen Hügel vollſtändig öffneten. Durch
ihre Härte werden die letzteren vor Zerſtörung durch die dort überaus heftigen Regengüſſe und häufig
auf ſie ſtürzenden Bäume geſchützt. Entfernt man Gras und Geſtrüpp rings um den Fuß, ſo ſieht
man verſchiedene bedeckte Wege oder Thonröhren zu benachbarten Baumſtumpfen und Klötzen führen.
Mitunter haben ſie 12 Zoll im Durchmeſſer, werden allmälig kleiner und verzweigen ſich an den
Enden. Jſt ihre Verbindung mit dem Hügel unterbrochen, ſo erblickt man viele Höhlungen als
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/487>, abgerufen am 24.11.2024.
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