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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Netzflügler.
Druck von außen, wie wir sahen, die Wunde verschlimmern, und endlich weiß nicht ein Jeder
im Voraus, wie widerstandsfähig sein Körper gegen dergleichen Verwundungen ist. Darum werden
für die Bewohner jener Gegenden durch die Erfahrung gelehrte Vorsichtsmaßregeln unerläßlich.
Den im Einbohren begriffenen Floh zu verfolgen, wird nicht angerathen, weil er sich mit seinen
Mundtheilen in seinem Eiser, ein gutes Plätzchen zu erlangen, weiter arbeitet und daher leicht
zerreißt und nur stückweise herausgebracht wird, was die Wunde verschlimmern würde. Vielmehr
läßt man ihn erst sich festsetzen und hebt ihn dann, wenn er schon im Anschwellen begriffen ist,
vorsichtig aus der Wunde, hütet sich aber wohl, den jetzt dünnrandigen, angeschwellten Hinterleib
zu zerreißen, da unter allen Umständen ein von ihm zurückbleibender Theil der wunden Stelle
Nachtheile bringen würde; daß hierbei ausschlüpfende Larven von so bösem Einflusse sein könnten,
wie von manchen Seiten behauptet wird, hat die angeführte Entwickelungsweise zur Genüge wider-
legt. Wenn wir übrigens von solchen Geschichten hören, wollen wir ganz ruhig sein und in
Demuth die Quälereien hinnehmen, zu denen unser Floh uns verdammt; sie sind lästig, unter
Umständen aber gewiß heilsam und nie gefahrbringend.



Fünfte Ordnung.
Die Netz- oder Gitterflügler
(Neuroptera).

Linne vereinigte bei Begründung dieser Ordnung alle diejenigen Kerfe, deren Flügel der
Benennung gemäß von einem mehr oder weniger vollständig gegitterten Adernetze durchzogen
werden und deren Körperbeschaffenheit in den wesentlichen übrigen Punkten, besonders in der
Bildung der Mundtheile und dem loseren Zusammenhange des vordersten mit den beiden folgenden
Brustringen übereinstimmt. Jn Folge davon wurden Kerse mit außerordentlich zierlichem Maschen-
netze, wie die Wasserjungfern und einige Verwandte, deren Verwandlung die drei Hauptstufen
einer vollkommenen nicht erkennen läßt zu andern gestellt, welche eine vollkommene Metamorphose
bestehen. Man fühlte diesen Uebelstand und erklärte die ganze Ordnung wegen der Verschieden-
artigkeit ihrer Bestandtheile für eine Uebergangsgruppe. Doch lassen sich, besonders auch im Ein-
klange mit der inneren Organisation, die Netzflügler mit unvollkommener Verwandlung aus-
scheiden und zu der folgenden Ordnung ziehen, wie dies hier nach Erichson's Vorgange geschehen
und wodurch der Vortheil erlangt worden ist, daß nun diese wie die folgende Ordnung eine schärfere
Unterscheidung zuläßt, als bisher unter vorwaltender Berücksichtigung der Flügelbildung möglich
war. Ohne den alten Namen aufzugeben werden hier also mit der angegebenen Beschränkung unter
den Netzflüglern alle diejenigen Jnsekten begriffen, welche eine vollkommene Verwand-
lung bestehen, beißende Mundtheile, eine freie Vorderbrust und gleichartige,
häutige Vorder- und Hinterflügel haben.

Abgesehen von der nicht eben sehr in die Augen fallenden freien Vorderbrust stimmen die
Merkmale dem Wortlante nach mit denen der Hautflügler überein und doch wird man nicht
leicht die Glieder beider Ordnungen mit einander verwechseln können. Die Gitterflügler, sämmtlich
langgestreckte Jnsekten, sind zarter, weicher Natur und keine einzige Art wird von so fester Chitin-
masse bedeckt, wie die Hautflügler bis zum kleinsten Jndividuum herab. Hiermit im Zusammen-
hange steht auch die Entwickelung der Mundtheile, welche ihrem Baue nach mit Recht zu den

Die Netzflügler.
Druck von außen, wie wir ſahen, die Wunde verſchlimmern, und endlich weiß nicht ein Jeder
im Voraus, wie widerſtandsfähig ſein Körper gegen dergleichen Verwundungen iſt. Darum werden
für die Bewohner jener Gegenden durch die Erfahrung gelehrte Vorſichtsmaßregeln unerläßlich.
Den im Einbohren begriffenen Floh zu verfolgen, wird nicht angerathen, weil er ſich mit ſeinen
Mundtheilen in ſeinem Eiſer, ein gutes Plätzchen zu erlangen, weiter arbeitet und daher leicht
zerreißt und nur ſtückweiſe herausgebracht wird, was die Wunde verſchlimmern würde. Vielmehr
läßt man ihn erſt ſich feſtſetzen und hebt ihn dann, wenn er ſchon im Anſchwellen begriffen iſt,
vorſichtig aus der Wunde, hütet ſich aber wohl, den jetzt dünnrandigen, angeſchwellten Hinterleib
zu zerreißen, da unter allen Umſtänden ein von ihm zurückbleibender Theil der wunden Stelle
Nachtheile bringen würde; daß hierbei ausſchlüpfende Larven von ſo böſem Einfluſſe ſein könnten,
wie von manchen Seiten behauptet wird, hat die angeführte Entwickelungsweiſe zur Genüge wider-
legt. Wenn wir übrigens von ſolchen Geſchichten hören, wollen wir ganz ruhig ſein und in
Demuth die Quälereien hinnehmen, zu denen unſer Floh uns verdammt; ſie ſind läſtig, unter
Umſtänden aber gewiß heilſam und nie gefahrbringend.



Fünfte Ordnung.
Die Netz- oder Gitterflügler
(Neuroptera).

Linné vereinigte bei Begründung dieſer Ordnung alle diejenigen Kerfe, deren Flügel der
Benennung gemäß von einem mehr oder weniger vollſtändig gegitterten Adernetze durchzogen
werden und deren Körperbeſchaffenheit in den weſentlichen übrigen Punkten, beſonders in der
Bildung der Mundtheile und dem loſeren Zuſammenhange des vorderſten mit den beiden folgenden
Bruſtringen übereinſtimmt. Jn Folge davon wurden Kerſe mit außerordentlich zierlichem Maſchen-
netze, wie die Waſſerjungfern und einige Verwandte, deren Verwandlung die drei Hauptſtufen
einer vollkommenen nicht erkennen läßt zu andern geſtellt, welche eine vollkommene Metamorphoſe
beſtehen. Man fühlte dieſen Uebelſtand und erklärte die ganze Ordnung wegen der Verſchieden-
artigkeit ihrer Beſtandtheile für eine Uebergangsgruppe. Doch laſſen ſich, beſonders auch im Ein-
klange mit der inneren Organiſation, die Netzflügler mit unvollkommener Verwandlung aus-
ſcheiden und zu der folgenden Ordnung ziehen, wie dies hier nach Erichſon’s Vorgange geſchehen
und wodurch der Vortheil erlangt worden iſt, daß nun dieſe wie die folgende Ordnung eine ſchärfere
Unterſcheidung zuläßt, als bisher unter vorwaltender Berückſichtigung der Flügelbildung möglich
war. Ohne den alten Namen aufzugeben werden hier alſo mit der angegebenen Beſchränkung unter
den Netzflüglern alle diejenigen Jnſekten begriffen, welche eine vollkommene Verwand-
lung beſtehen, beißende Mundtheile, eine freie Vorderbruſt und gleichartige,
häutige Vorder- und Hinterflügel haben.

Abgeſehen von der nicht eben ſehr in die Augen fallenden freien Vorderbruſt ſtimmen die
Merkmale dem Wortlante nach mit denen der Hautflügler überein und doch wird man nicht
leicht die Glieder beider Ordnungen mit einander verwechſeln können. Die Gitterflügler, ſämmtlich
langgeſtreckte Jnſekten, ſind zarter, weicher Natur und keine einzige Art wird von ſo feſter Chitin-
maſſe bedeckt, wie die Hautflügler bis zum kleinſten Jndividuum herab. Hiermit im Zuſammen-
hange ſteht auch die Entwickelung der Mundtheile, welche ihrem Baue nach mit Recht zu den

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[421/0447] Die Netzflügler. Druck von außen, wie wir ſahen, die Wunde verſchlimmern, und endlich weiß nicht ein Jeder im Voraus, wie widerſtandsfähig ſein Körper gegen dergleichen Verwundungen iſt. Darum werden für die Bewohner jener Gegenden durch die Erfahrung gelehrte Vorſichtsmaßregeln unerläßlich. Den im Einbohren begriffenen Floh zu verfolgen, wird nicht angerathen, weil er ſich mit ſeinen Mundtheilen in ſeinem Eiſer, ein gutes Plätzchen zu erlangen, weiter arbeitet und daher leicht zerreißt und nur ſtückweiſe herausgebracht wird, was die Wunde verſchlimmern würde. Vielmehr läßt man ihn erſt ſich feſtſetzen und hebt ihn dann, wenn er ſchon im Anſchwellen begriffen iſt, vorſichtig aus der Wunde, hütet ſich aber wohl, den jetzt dünnrandigen, angeſchwellten Hinterleib zu zerreißen, da unter allen Umſtänden ein von ihm zurückbleibender Theil der wunden Stelle Nachtheile bringen würde; daß hierbei ausſchlüpfende Larven von ſo böſem Einfluſſe ſein könnten, wie von manchen Seiten behauptet wird, hat die angeführte Entwickelungsweiſe zur Genüge wider- legt. Wenn wir übrigens von ſolchen Geſchichten hören, wollen wir ganz ruhig ſein und in Demuth die Quälereien hinnehmen, zu denen unſer Floh uns verdammt; ſie ſind läſtig, unter Umſtänden aber gewiß heilſam und nie gefahrbringend. Fünfte Ordnung. Die Netz- oder Gitterflügler (Neuroptera). Linné vereinigte bei Begründung dieſer Ordnung alle diejenigen Kerfe, deren Flügel der Benennung gemäß von einem mehr oder weniger vollſtändig gegitterten Adernetze durchzogen werden und deren Körperbeſchaffenheit in den weſentlichen übrigen Punkten, beſonders in der Bildung der Mundtheile und dem loſeren Zuſammenhange des vorderſten mit den beiden folgenden Bruſtringen übereinſtimmt. Jn Folge davon wurden Kerſe mit außerordentlich zierlichem Maſchen- netze, wie die Waſſerjungfern und einige Verwandte, deren Verwandlung die drei Hauptſtufen einer vollkommenen nicht erkennen läßt zu andern geſtellt, welche eine vollkommene Metamorphoſe beſtehen. Man fühlte dieſen Uebelſtand und erklärte die ganze Ordnung wegen der Verſchieden- artigkeit ihrer Beſtandtheile für eine Uebergangsgruppe. Doch laſſen ſich, beſonders auch im Ein- klange mit der inneren Organiſation, die Netzflügler mit unvollkommener Verwandlung aus- ſcheiden und zu der folgenden Ordnung ziehen, wie dies hier nach Erichſon’s Vorgange geſchehen und wodurch der Vortheil erlangt worden iſt, daß nun dieſe wie die folgende Ordnung eine ſchärfere Unterſcheidung zuläßt, als bisher unter vorwaltender Berückſichtigung der Flügelbildung möglich war. Ohne den alten Namen aufzugeben werden hier alſo mit der angegebenen Beſchränkung unter den Netzflüglern alle diejenigen Jnſekten begriffen, welche eine vollkommene Verwand- lung beſtehen, beißende Mundtheile, eine freie Vorderbruſt und gleichartige, häutige Vorder- und Hinterflügel haben. Abgeſehen von der nicht eben ſehr in die Augen fallenden freien Vorderbruſt ſtimmen die Merkmale dem Wortlante nach mit denen der Hautflügler überein und doch wird man nicht leicht die Glieder beider Ordnungen mit einander verwechſeln können. Die Gitterflügler, ſämmtlich langgeſtreckte Jnſekten, ſind zarter, weicher Natur und keine einzige Art wird von ſo feſter Chitin- maſſe bedeckt, wie die Hautflügler bis zum kleinſten Jndividuum herab. Hiermit im Zuſammen- hange ſteht auch die Entwickelung der Mundtheile, welche ihrem Baue nach mit Recht zu den

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/447>, abgerufen am 24.11.2024.