haben. Jm Juni erblickt der Schmetterling das Licht der Welt unter dem Namen Apfel- oder Obstwickler (Carpocapsa pomonella, -- ana). Er kommt uns vorzugsweise an den Wänden und in den Fenstern solcher Häuser zu Gesicht, worin Wintervorräthe von Aepfeln aufbewahrt werden, draußen im Freien drückt er sich bei Tage zwischen die Rindenschuppen der Bäume und wird wegen seiner ähnlichen Färbung schwer entdeckt. Die blaugrauen Oberflügel durchziehen seine, geschlängelte Querlinien von brauner Färbung und ein röthlich dunkelbrauner, rothgolden eingefaßter, wurzel- wärts tief schwarz begrenzter Spiegelfleck nimmt an der Jnnenecke einen bedeutenden Raum ein. Die röthlichbraunen Hinterflügel überzieht ein leichter Kupferglanz, und graue Fransen umsäumen sie; jene spannen bis neun Linien. Die Annahme einer doppelten Generation beruht wohl auf einem Jrrthum!
Bei weitem die größere Hälfte der noch übrigen Kleinfalter bildet mit Ausnahme einiger wenigen, später zu erwähnenden die zehnte Familie der Schaben oder Motten (Tineina). Sie wechseln in Tracht und Lebensweise so manchfach, daß eine allgemeine Charakteristik zu geben kaum möglich ist. Jhre Flügel sind im Allgemeinen schmal und zugespitzt und erlangen durch die langen Fransen erst ein Ansehen. Jn der Ruhe liegen sie dem Körper auf, bedecken ihn dachartig, wobei nicht selten die langen Fransen als zierlicher Kamm hinten die Rückenlinie weit überragen, oder sie wickeln sich förmlich, wie ein Mantel, um den Körper. Die herrlichsten Farben und zier- lichsten Zeichnungen auf deuselben würden die meisten dieser Schmetterlinge zu den schönsten der ganzen Ordnung erheben, wenn die Kleinheit derselben dem unbewaffneten Auge ihre Reize nicht zu sehr entzöge. Die Fühler pflegen borstig zu sein, kommen aber auch gekämmt vor, jene bei manchen Männchen in einer Länge, welche die Größe des ganzen Thieres um ein Vielfaches über- trifft. Nebenaugen fehlen den einen, während sie anderen zukommen. Die Lippentaster entwickeln sich in der Regel sehr stark und müssen zur Unterscheidung vielfach zu Rathe gezogen werden, wie Stirnschöpfe und sonstige Auszeichnungen am Kopfe, auch die Kiefertaster ragen bisweilen lang und mehrgliedrig hervor. Dieser Vielgestaltigkeit der Motten entsprechen auch die vierzehn- bis sechzehnfüßigen Räupchen in der Lebensweise. Die einen halten sich gesellig zusammen in einem großen Gespinnst, mit welchem sie ganze Aeste und kleine Sträucher umweben, andere wickeln Blätter und bewegen sich in ihrer vorn und hinten offenen Röhre rück- und vorwärts, immer bereit an einem Faden herabzugleiten, wenn sie sich in Gefahr wähnen. Noch andere (Coleopheren etc.) leben in einem Hörnchen, welches sie fertigten und wie die Schnecke ihr Haus mit sich herum- tragen, oder verarbeiten Tuch und andere wollene Stoffe zu einem Säckchen, wie die lästigen Kleidermotten. Sehr viele leben als Minirer zwischen der obern und untern Haut eines Blattes, fressen Gänge von den verschiedensten Formen, welche für die Arten bezeichnend werden, verpuppen sich darin (Lithocolletis) oder gehen zur Verwandlung daraus in die Erde. Diese Andeutungen müssen genügen, um einen Begriff von der Vielgestaltigkeit auf diesem Felde zu geben, welches erst in den letzten Jahrzehnten von einigen deutschen und englischen Forschern mit besonderer Vorliebe bebaut worden ist. Trotz der Früchte, welche jene Bemühungen für die Wissenschaft brachten, bleibt noch vieles zu thun übrig.
Bei der Gattung Tinea, wie sie die heutigen Schmetterlingskundigen auffassen, treten die sehr entwickelten, vier- bis siebengliedrigen Kiefertaster weit hervor, das zweite Glied der Lippentaster ist am Ende beborstet, die Rollzunge verkümmert, der Kopf mit einem großen Haarschopfe, aber keinen Nebenaugen versehen. Die Fühler erreichen nicht die Länge der Vorderflügel und die hinteren sind ungemein lang bewimpert. Wir begegnen mehreren Arten, welche sich in unseren Häusern auf diese oder jene Weise mißliebig machen. Die Kornmotte, der weiße Kornwurm (T. granella) wird als Raupe, wie der früher erwähnte schwarze Kornwurm, dem Getreide auf den Speichern schädlich. Man kann den sechs Linien spannenden Nachtschmetterling während des Juni im Freien
haben. Jm Juni erblickt der Schmetterling das Licht der Welt unter dem Namen Apfel- oder Obſtwickler (Carpocapsa pomonella, — ana). Er kommt uns vorzugsweiſe an den Wänden und in den Fenſtern ſolcher Häuſer zu Geſicht, worin Wintervorräthe von Aepfeln aufbewahrt werden, draußen im Freien drückt er ſich bei Tage zwiſchen die Rindenſchuppen der Bäume und wird wegen ſeiner ähnlichen Färbung ſchwer entdeckt. Die blaugrauen Oberflügel durchziehen ſeine, geſchlängelte Querlinien von brauner Färbung und ein röthlich dunkelbrauner, rothgolden eingefaßter, wurzel- wärts tief ſchwarz begrenzter Spiegelfleck nimmt an der Jnnenecke einen bedeutenden Raum ein. Die röthlichbraunen Hinterflügel überzieht ein leichter Kupferglanz, und graue Franſen umſäumen ſie; jene ſpannen bis neun Linien. Die Annahme einer doppelten Generation beruht wohl auf einem Jrrthum!
Bei weitem die größere Hälfte der noch übrigen Kleinfalter bildet mit Ausnahme einiger wenigen, ſpäter zu erwähnenden die zehnte Familie der Schaben oder Motten (Tineina). Sie wechſeln in Tracht und Lebensweiſe ſo manchfach, daß eine allgemeine Charakteriſtik zu geben kaum möglich iſt. Jhre Flügel ſind im Allgemeinen ſchmal und zugeſpitzt und erlangen durch die langen Franſen erſt ein Anſehen. Jn der Ruhe liegen ſie dem Körper auf, bedecken ihn dachartig, wobei nicht ſelten die langen Franſen als zierlicher Kamm hinten die Rückenlinie weit überragen, oder ſie wickeln ſich förmlich, wie ein Mantel, um den Körper. Die herrlichſten Farben und zier- lichſten Zeichnungen auf deuſelben würden die meiſten dieſer Schmetterlinge zu den ſchönſten der ganzen Ordnung erheben, wenn die Kleinheit derſelben dem unbewaffneten Auge ihre Reize nicht zu ſehr entzöge. Die Fühler pflegen borſtig zu ſein, kommen aber auch gekämmt vor, jene bei manchen Männchen in einer Länge, welche die Größe des ganzen Thieres um ein Vielfaches über- trifft. Nebenaugen fehlen den einen, während ſie anderen zukommen. Die Lippentaſter entwickeln ſich in der Regel ſehr ſtark und müſſen zur Unterſcheidung vielfach zu Rathe gezogen werden, wie Stirnſchöpfe und ſonſtige Auszeichnungen am Kopfe, auch die Kiefertaſter ragen bisweilen lang und mehrgliedrig hervor. Dieſer Vielgeſtaltigkeit der Motten entſprechen auch die vierzehn- bis ſechzehnfüßigen Räupchen in der Lebensweiſe. Die einen halten ſich geſellig zuſammen in einem großen Geſpinnſt, mit welchem ſie ganze Aeſte und kleine Sträucher umweben, andere wickeln Blätter und bewegen ſich in ihrer vorn und hinten offenen Röhre rück- und vorwärts, immer bereit an einem Faden herabzugleiten, wenn ſie ſich in Gefahr wähnen. Noch andere (Coleopheren ꝛc.) leben in einem Hörnchen, welches ſie fertigten und wie die Schnecke ihr Haus mit ſich herum- tragen, oder verarbeiten Tuch und andere wollene Stoffe zu einem Säckchen, wie die läſtigen Kleidermotten. Sehr viele leben als Minirer zwiſchen der obern und untern Haut eines Blattes, freſſen Gänge von den verſchiedenſten Formen, welche für die Arten bezeichnend werden, verpuppen ſich darin (Lithocolletis) oder gehen zur Verwandlung daraus in die Erde. Dieſe Andeutungen müſſen genügen, um einen Begriff von der Vielgeſtaltigkeit auf dieſem Felde zu geben, welches erſt in den letzten Jahrzehnten von einigen deutſchen und engliſchen Forſchern mit beſonderer Vorliebe bebaut worden iſt. Trotz der Früchte, welche jene Bemühungen für die Wiſſenſchaft brachten, bleibt noch vieles zu thun übrig.
Bei der Gattung Tinea, wie ſie die heutigen Schmetterlingskundigen auffaſſen, treten die ſehr entwickelten, vier- bis ſiebengliedrigen Kiefertaſter weit hervor, das zweite Glied der Lippentaſter iſt am Ende beborſtet, die Rollzunge verkümmert, der Kopf mit einem großen Haarſchopfe, aber keinen Nebenaugen verſehen. Die Fühler erreichen nicht die Länge der Vorderflügel und die hinteren ſind ungemein lang bewimpert. Wir begegnen mehreren Arten, welche ſich in unſeren Häuſern auf dieſe oder jene Weiſe mißliebig machen. Die Kornmotte, der weiße Kornwurm (T. granella) wird als Raupe, wie der früher erwähnte ſchwarze Kornwurm, dem Getreide auf den Speichern ſchädlich. Man kann den ſechs Linien ſpannenden Nachtſchmetterling während des Juni im Freien
<TEI><text><body><floatingText><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0393"n="369"/><fwplace="top"type="header">Mondfleckiger Erbſenwickler. Fichtenrinden-Wickler. Obſtwickler.</fw><lb/>
haben. Jm Juni erblickt der Schmetterling das Licht der Welt unter dem Namen <hirendition="#g">Apfel-</hi><lb/>
oder <hirendition="#g">Obſtwickler</hi> (<hirendition="#aq">Carpocapsa pomonella, — ana</hi>). Er kommt uns vorzugsweiſe an den Wänden<lb/>
und in den Fenſtern ſolcher Häuſer zu Geſicht, worin Wintervorräthe von Aepfeln aufbewahrt werden,<lb/>
draußen im Freien drückt er ſich bei Tage zwiſchen die Rindenſchuppen der Bäume und wird wegen<lb/>ſeiner ähnlichen Färbung ſchwer entdeckt. Die blaugrauen Oberflügel durchziehen ſeine, geſchlängelte<lb/>
Querlinien von brauner Färbung und ein röthlich dunkelbrauner, rothgolden eingefaßter, wurzel-<lb/>
wärts tief ſchwarz begrenzter Spiegelfleck nimmt an der Jnnenecke einen bedeutenden Raum ein.<lb/>
Die röthlichbraunen Hinterflügel überzieht ein leichter Kupferglanz, und graue Franſen umſäumen<lb/>ſie; jene ſpannen bis neun Linien. Die Annahme einer doppelten Generation beruht wohl auf<lb/>
einem Jrrthum!</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Bei weitem die größere Hälfte der noch übrigen Kleinfalter bildet mit Ausnahme einiger<lb/>
wenigen, ſpäter zu erwähnenden die zehnte Familie der <hirendition="#g">Schaben</hi> oder <hirendition="#g">Motten</hi> (<hirendition="#aq">Tineina</hi>). Sie<lb/>
wechſeln in Tracht und Lebensweiſe ſo manchfach, daß eine allgemeine Charakteriſtik zu geben<lb/>
kaum möglich iſt. Jhre Flügel ſind im Allgemeinen ſchmal und zugeſpitzt und erlangen durch die<lb/>
langen Franſen erſt ein Anſehen. Jn der Ruhe liegen ſie dem Körper auf, bedecken ihn dachartig,<lb/>
wobei nicht ſelten die langen Franſen als zierlicher Kamm hinten die Rückenlinie weit überragen,<lb/>
oder ſie wickeln ſich förmlich, wie ein Mantel, um den Körper. Die herrlichſten Farben und zier-<lb/>
lichſten Zeichnungen auf deuſelben würden die meiſten dieſer Schmetterlinge zu den ſchönſten der<lb/>
ganzen Ordnung erheben, wenn die Kleinheit derſelben dem unbewaffneten Auge ihre Reize nicht<lb/>
zu ſehr entzöge. Die Fühler pflegen borſtig zu ſein, kommen aber auch gekämmt vor, jene bei<lb/>
manchen Männchen in einer Länge, welche die Größe des ganzen Thieres um ein Vielfaches über-<lb/>
trifft. Nebenaugen fehlen den einen, während ſie anderen zukommen. Die Lippentaſter entwickeln<lb/>ſich in der Regel ſehr ſtark und müſſen zur Unterſcheidung vielfach zu Rathe gezogen werden, wie<lb/>
Stirnſchöpfe und ſonſtige Auszeichnungen am Kopfe, auch die Kiefertaſter ragen bisweilen lang<lb/>
und mehrgliedrig hervor. Dieſer Vielgeſtaltigkeit der Motten entſprechen auch die vierzehn- bis<lb/>ſechzehnfüßigen Räupchen in der Lebensweiſe. Die einen halten ſich geſellig zuſammen in einem<lb/>
großen Geſpinnſt, mit welchem ſie ganze Aeſte und kleine Sträucher umweben, andere wickeln<lb/>
Blätter und bewegen ſich in ihrer vorn und hinten offenen Röhre rück- und vorwärts, immer<lb/>
bereit an einem Faden herabzugleiten, wenn ſie ſich in Gefahr wähnen. Noch andere (Coleopheren ꝛc.)<lb/>
leben in einem Hörnchen, welches ſie fertigten und wie die Schnecke ihr Haus mit ſich herum-<lb/>
tragen, oder verarbeiten Tuch und andere wollene Stoffe zu einem Säckchen, wie die läſtigen<lb/>
Kleidermotten. Sehr viele leben als Minirer zwiſchen der obern und untern Haut eines Blattes,<lb/>
freſſen Gänge von den verſchiedenſten Formen, welche für die Arten bezeichnend werden, verpuppen<lb/>ſich darin (<hirendition="#aq">Lithocolletis</hi>) oder gehen zur Verwandlung daraus in die Erde. Dieſe Andeutungen<lb/>
müſſen genügen, um einen Begriff von der Vielgeſtaltigkeit auf dieſem Felde zu geben, welches<lb/>
erſt in den letzten Jahrzehnten von einigen deutſchen und engliſchen Forſchern mit beſonderer<lb/>
Vorliebe bebaut worden iſt. Trotz der Früchte, welche jene Bemühungen für die Wiſſenſchaft<lb/>
brachten, bleibt noch vieles zu thun übrig.</p><lb/><p>Bei der Gattung <hirendition="#aq">Tinea,</hi> wie ſie die heutigen Schmetterlingskundigen auffaſſen, treten die ſehr<lb/>
entwickelten, vier- bis ſiebengliedrigen Kiefertaſter weit hervor, das zweite Glied der Lippentaſter<lb/>
iſt am Ende beborſtet, die Rollzunge verkümmert, der Kopf mit einem großen Haarſchopfe, aber<lb/>
keinen Nebenaugen verſehen. Die Fühler erreichen nicht die Länge der Vorderflügel und die hinteren<lb/>ſind ungemein lang bewimpert. Wir begegnen mehreren Arten, welche ſich in unſeren Häuſern auf<lb/>
dieſe oder jene Weiſe mißliebig machen. Die <hirendition="#g">Kornmotte, der weiße Kornwurm</hi> (<hirendition="#aq">T. granella</hi>)<lb/>
wird als Raupe, wie der früher erwähnte ſchwarze Kornwurm, dem Getreide auf den Speichern<lb/>ſchädlich. Man kann den ſechs Linien ſpannenden Nachtſchmetterling während des Juni im Freien<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Taſchenberg,</hi> wirbelloſe Thiere. (<hirendition="#g">Brehm,</hi> Thierleben. <hirendition="#aq">VI.</hi>) 24</fw><lb/></p></div></div></body></floatingText></body></text></TEI>
[369/0393]
Mondfleckiger Erbſenwickler. Fichtenrinden-Wickler. Obſtwickler.
haben. Jm Juni erblickt der Schmetterling das Licht der Welt unter dem Namen Apfel-
oder Obſtwickler (Carpocapsa pomonella, — ana). Er kommt uns vorzugsweiſe an den Wänden
und in den Fenſtern ſolcher Häuſer zu Geſicht, worin Wintervorräthe von Aepfeln aufbewahrt werden,
draußen im Freien drückt er ſich bei Tage zwiſchen die Rindenſchuppen der Bäume und wird wegen
ſeiner ähnlichen Färbung ſchwer entdeckt. Die blaugrauen Oberflügel durchziehen ſeine, geſchlängelte
Querlinien von brauner Färbung und ein röthlich dunkelbrauner, rothgolden eingefaßter, wurzel-
wärts tief ſchwarz begrenzter Spiegelfleck nimmt an der Jnnenecke einen bedeutenden Raum ein.
Die röthlichbraunen Hinterflügel überzieht ein leichter Kupferglanz, und graue Franſen umſäumen
ſie; jene ſpannen bis neun Linien. Die Annahme einer doppelten Generation beruht wohl auf
einem Jrrthum!
Bei weitem die größere Hälfte der noch übrigen Kleinfalter bildet mit Ausnahme einiger
wenigen, ſpäter zu erwähnenden die zehnte Familie der Schaben oder Motten (Tineina). Sie
wechſeln in Tracht und Lebensweiſe ſo manchfach, daß eine allgemeine Charakteriſtik zu geben
kaum möglich iſt. Jhre Flügel ſind im Allgemeinen ſchmal und zugeſpitzt und erlangen durch die
langen Franſen erſt ein Anſehen. Jn der Ruhe liegen ſie dem Körper auf, bedecken ihn dachartig,
wobei nicht ſelten die langen Franſen als zierlicher Kamm hinten die Rückenlinie weit überragen,
oder ſie wickeln ſich förmlich, wie ein Mantel, um den Körper. Die herrlichſten Farben und zier-
lichſten Zeichnungen auf deuſelben würden die meiſten dieſer Schmetterlinge zu den ſchönſten der
ganzen Ordnung erheben, wenn die Kleinheit derſelben dem unbewaffneten Auge ihre Reize nicht
zu ſehr entzöge. Die Fühler pflegen borſtig zu ſein, kommen aber auch gekämmt vor, jene bei
manchen Männchen in einer Länge, welche die Größe des ganzen Thieres um ein Vielfaches über-
trifft. Nebenaugen fehlen den einen, während ſie anderen zukommen. Die Lippentaſter entwickeln
ſich in der Regel ſehr ſtark und müſſen zur Unterſcheidung vielfach zu Rathe gezogen werden, wie
Stirnſchöpfe und ſonſtige Auszeichnungen am Kopfe, auch die Kiefertaſter ragen bisweilen lang
und mehrgliedrig hervor. Dieſer Vielgeſtaltigkeit der Motten entſprechen auch die vierzehn- bis
ſechzehnfüßigen Räupchen in der Lebensweiſe. Die einen halten ſich geſellig zuſammen in einem
großen Geſpinnſt, mit welchem ſie ganze Aeſte und kleine Sträucher umweben, andere wickeln
Blätter und bewegen ſich in ihrer vorn und hinten offenen Röhre rück- und vorwärts, immer
bereit an einem Faden herabzugleiten, wenn ſie ſich in Gefahr wähnen. Noch andere (Coleopheren ꝛc.)
leben in einem Hörnchen, welches ſie fertigten und wie die Schnecke ihr Haus mit ſich herum-
tragen, oder verarbeiten Tuch und andere wollene Stoffe zu einem Säckchen, wie die läſtigen
Kleidermotten. Sehr viele leben als Minirer zwiſchen der obern und untern Haut eines Blattes,
freſſen Gänge von den verſchiedenſten Formen, welche für die Arten bezeichnend werden, verpuppen
ſich darin (Lithocolletis) oder gehen zur Verwandlung daraus in die Erde. Dieſe Andeutungen
müſſen genügen, um einen Begriff von der Vielgeſtaltigkeit auf dieſem Felde zu geben, welches
erſt in den letzten Jahrzehnten von einigen deutſchen und engliſchen Forſchern mit beſonderer
Vorliebe bebaut worden iſt. Trotz der Früchte, welche jene Bemühungen für die Wiſſenſchaft
brachten, bleibt noch vieles zu thun übrig.
Bei der Gattung Tinea, wie ſie die heutigen Schmetterlingskundigen auffaſſen, treten die ſehr
entwickelten, vier- bis ſiebengliedrigen Kiefertaſter weit hervor, das zweite Glied der Lippentaſter
iſt am Ende beborſtet, die Rollzunge verkümmert, der Kopf mit einem großen Haarſchopfe, aber
keinen Nebenaugen verſehen. Die Fühler erreichen nicht die Länge der Vorderflügel und die hinteren
ſind ungemein lang bewimpert. Wir begegnen mehreren Arten, welche ſich in unſeren Häuſern auf
dieſe oder jene Weiſe mißliebig machen. Die Kornmotte, der weiße Kornwurm (T. granella)
wird als Raupe, wie der früher erwähnte ſchwarze Kornwurm, dem Getreide auf den Speichern
ſchädlich. Man kann den ſechs Linien ſpannenden Nachtſchmetterling während des Juni im Freien
Taſchenberg, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 24
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/393>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.