Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Rothes Ordensband. Ellernspanner.
da Uebergänge nach allen Seiten hin eine scharfe Abgrenzung nicht wohl gestatten, so können auch
die Merkmale der siebenten Familie, oder der Spanner (Geometridae, Phalaenidae) hier
unmöglich in einer allgemeinen Schilderung erschöpft werden. Der dünne Leib der meisten und
die breiten Flügel, deren hintere in Färbung den vorderen gewöhnlich gleich, in Zeichnungsaulage
wenigstens nahe kommen, erinnern an die Tagschmetterlinge, von denen sie sich jedoch durch die
borstigen oder bei manchen Männchen gekämmten Fühler wesentlich unterscheiden. Den Eulen
stehen sie in mehr als einer Hinsicht schon ferner, zwar fehlt es nicht an Querbinden auf den
Flügeln, wohl aber an den Makeln, statt deren sich jene vermehren. Die dickleibigeren, die nicht
selten vorkommen, haben oft große Spinnerähnlichkeit, daher man hier eine größere Menge von Merk-
malen zu Hilfe nehmen muß, um einer Verwechselung vorzubeugen. Die Spanner stimmen der
Hauptsache nach in folgenden Merkmalen überein. Am kleinen Kopfe, der keine Nebenaugen
auf dem Scheitel verbirgt, treten die Taster nur wenig vor, die Zunge dagegen durchläuft die
verschiedensten Stufen der Vollkommenheit. Jm Vorderflügel zählt man elf oder zwölf Rippen,
darunter nur eine des Jnneurandes, das Vorkommen von nur zehn gehört zu den Seltenheiten.
Dem breiten, kurz befransten Hinterflügel kommen eine Haftborste, höchsteus zwei Jnneurands-
rippen und außerdem noch sechs oder sieben andere zu; von jenen beiden pflegt die erste in der
Mitte des Jnneurandes, die zweite in dem Jnnenwinkel zu münden. Die Vorderrandsrippe kommt
aus der Wurzel und berührt in der Regel die vordere Mittelrippe bald nach ihrem Ursprunge
auf einer kurzen Strecke, oder sie entspringt aus ihr selbst, ein Unterschied, welcher die neueren
Systematiker veranlaßte, zwei Hauptabtheilungen darauf zu gründen. Die meisten Spanner tragen
in der Ruhe ihre zarten Flügel etwas ausgebreitet, wenn auch nicht so weit, wie wir sie in
Sammlungen sehen, einige halten sie halb geschlossen hoch und einige verbergen ihren Hinterleib
dachartig damit. Viele fliegen bei Tage oder lassen sich wenigstens leicht aus Gras und Gebüsch auf-
scheuchen, in der Nachtzeit zeigen aber die meisten größere Lebendigkeit. Schärfer als im entwickelten
Zustande grenzen sie sich durch die Raupen von den übrigen Familien ab. Daß bei denselben die
Bauchfüße außer dem letzten Paare verkümmern und ihr Gang darum ein spannender ist, wurde
früher bereits erwähnt. Sie verfügen mithin nur über zehn, in seltenen Fällen über zwölf zum
Gehen taugliche Füße und klammern sich in der Ruhe gern mit den Nachschiebern an einen Zweig
an, den schlanken Leib steif ausstreckend oder auch schleifenartig krümmend, so daß die ganze Raupe
bei der vorwiegend braunen Farbe, welche vielen eigen, einem Aestchen zum Verwechseln gleicht.
Einige wenige heften sich wie Tagfalter mittelst einer Schlinge zur Verpuppung an ein Blatt, die
meisten jedoch spinnen sich mit einigen Fäden in grüne wie dürre Blätter, oder gehen in die Erde.

Man kennt gegenwärtig ca. 1800 Arten aus allen Welttheilen, deren wenigste eine mittlere
Größe überschreiten. Linne beschrieb die ihm bekannten in der Gruppe "Geometrae" unter der
Gattung Phalaena und ließ die Namen sämmtlich auf aria oder ata endigen, je nachdem er ihre
Fühler gekämmt oder einfach fadenförmig fand; die neueren Autoren haben wie überall, so auch
hier möglichst zahlreiche Gattungsnamen geschaffen.

Eine Reihe meist gelb gefärbter und größerer Arten erinnert im Flügelschnitt an die Eckflügler
unter den Tagfaltern. So beispielsweise der Ellernspanner (Eugonia alniaria). Seine röthlich
ockergelben, rostbraun ges prenkelten Flügel treten auf der vierten Rippe in einem besonders starken
Zahn hervor, durch die vorderen ziehen zwei dunklere Querbinden, indem hier die Sprenkel sich
dichter dräugen, und auf der Unterseite bemerkt man zwischen diesen einen schwarzen, weiß
gekernten Ring, welcher sehr scharf ausgeprägt sein muß, wenn er auch auf der Oberseite zur
Geltung kommen soll. Kurze Kammzähne zeichnen die männlichen vor den weiblichen Fühlern aus,
die weit vorragenden und lang behaarten Taster schließen eine weiche Zunge ein und werden von
der Stirn her von einem kegelförmigen Haarschopfe getroffen. Zwei Sporenpaare bewehren die
Hinterschienen. Der bis zwei Zoll spannende Schmetterling erscheint vom August bis Oktober,
hängt bei Tage träge und nicht aufscheuchbar an Baumzweigen und könnte mit demselben Rechte

Rothes Ordensband. Ellernſpanner.
da Uebergänge nach allen Seiten hin eine ſcharfe Abgrenzung nicht wohl geſtatten, ſo können auch
die Merkmale der ſiebenten Familie, oder der Spanner (Geometridae, Phalaenidae) hier
unmöglich in einer allgemeinen Schilderung erſchöpft werden. Der dünne Leib der meiſten und
die breiten Flügel, deren hintere in Färbung den vorderen gewöhnlich gleich, in Zeichnungsaulage
wenigſtens nahe kommen, erinnern an die Tagſchmetterlinge, von denen ſie ſich jedoch durch die
borſtigen oder bei manchen Männchen gekämmten Fühler weſentlich unterſcheiden. Den Eulen
ſtehen ſie in mehr als einer Hinſicht ſchon ferner, zwar fehlt es nicht an Querbinden auf den
Flügeln, wohl aber an den Makeln, ſtatt deren ſich jene vermehren. Die dickleibigeren, die nicht
ſelten vorkommen, haben oft große Spinnerähnlichkeit, daher man hier eine größere Menge von Merk-
malen zu Hilfe nehmen muß, um einer Verwechſelung vorzubeugen. Die Spanner ſtimmen der
Hauptſache nach in folgenden Merkmalen überein. Am kleinen Kopfe, der keine Nebenaugen
auf dem Scheitel verbirgt, treten die Taſter nur wenig vor, die Zunge dagegen durchläuft die
verſchiedenſten Stufen der Vollkommenheit. Jm Vorderflügel zählt man elf oder zwölf Rippen,
darunter nur eine des Jnneurandes, das Vorkommen von nur zehn gehört zu den Seltenheiten.
Dem breiten, kurz befranſten Hinterflügel kommen eine Haftborſte, höchſteus zwei Jnneurands-
rippen und außerdem noch ſechs oder ſieben andere zu; von jenen beiden pflegt die erſte in der
Mitte des Jnneurandes, die zweite in dem Jnnenwinkel zu münden. Die Vorderrandsrippe kommt
aus der Wurzel und berührt in der Regel die vordere Mittelrippe bald nach ihrem Urſprunge
auf einer kurzen Strecke, oder ſie entſpringt aus ihr ſelbſt, ein Unterſchied, welcher die neueren
Syſtematiker veranlaßte, zwei Hauptabtheilungen darauf zu gründen. Die meiſten Spanner tragen
in der Ruhe ihre zarten Flügel etwas ausgebreitet, wenn auch nicht ſo weit, wie wir ſie in
Sammlungen ſehen, einige halten ſie halb geſchloſſen hoch und einige verbergen ihren Hinterleib
dachartig damit. Viele fliegen bei Tage oder laſſen ſich wenigſtens leicht aus Gras und Gebüſch auf-
ſcheuchen, in der Nachtzeit zeigen aber die meiſten größere Lebendigkeit. Schärfer als im entwickelten
Zuſtande grenzen ſie ſich durch die Raupen von den übrigen Familien ab. Daß bei denſelben die
Bauchfüße außer dem letzten Paare verkümmern und ihr Gang darum ein ſpannender iſt, wurde
früher bereits erwähnt. Sie verfügen mithin nur über zehn, in ſeltenen Fällen über zwölf zum
Gehen taugliche Füße und klammern ſich in der Ruhe gern mit den Nachſchiebern an einen Zweig
an, den ſchlanken Leib ſteif ausſtreckend oder auch ſchleifenartig krümmend, ſo daß die ganze Raupe
bei der vorwiegend braunen Farbe, welche vielen eigen, einem Aeſtchen zum Verwechſeln gleicht.
Einige wenige heften ſich wie Tagfalter mittelſt einer Schlinge zur Verpuppung an ein Blatt, die
meiſten jedoch ſpinnen ſich mit einigen Fäden in grüne wie dürre Blätter, oder gehen in die Erde.

Man kennt gegenwärtig ca. 1800 Arten aus allen Welttheilen, deren wenigſte eine mittlere
Größe überſchreiten. Linné beſchrieb die ihm bekannten in der Gruppe „Geometrae“ unter der
Gattung Phalaena und ließ die Namen ſämmtlich auf aria oder ata endigen, je nachdem er ihre
Fühler gekämmt oder einfach fadenförmig fand; die neueren Autoren haben wie überall, ſo auch
hier möglichſt zahlreiche Gattungsnamen geſchaffen.

Eine Reihe meiſt gelb gefärbter und größerer Arten erinnert im Flügelſchnitt an die Eckflügler
unter den Tagfaltern. So beiſpielsweiſe der Ellernſpanner (Eugonia alniaria). Seine röthlich
ockergelben, roſtbraun geſ prenkelten Flügel treten auf der vierten Rippe in einem beſonders ſtarken
Zahn hervor, durch die vorderen ziehen zwei dunklere Querbinden, indem hier die Sprenkel ſich
dichter dräugen, und auf der Unterſeite bemerkt man zwiſchen dieſen einen ſchwarzen, weiß
gekernten Ring, welcher ſehr ſcharf ausgeprägt ſein muß, wenn er auch auf der Oberſeite zur
Geltung kommen ſoll. Kurze Kammzähne zeichnen die männlichen vor den weiblichen Fühlern aus,
die weit vorragenden und lang behaarten Taſter ſchließen eine weiche Zunge ein und werden von
der Stirn her von einem kegelförmigen Haarſchopfe getroffen. Zwei Sporenpaare bewehren die
Hinterſchienen. Der bis zwei Zoll ſpannende Schmetterling erſcheint vom Auguſt bis Oktober,
hängt bei Tage träge und nicht aufſcheuchbar an Baumzweigen und könnte mit demſelben Rechte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <floatingText>
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0381" n="357"/><fw place="top" type="header">Rothes Ordensband. Ellern&#x017F;panner.</fw><lb/>
da Uebergänge nach allen Seiten hin eine &#x017F;charfe Abgrenzung nicht wohl ge&#x017F;tatten, &#x017F;o können auch<lb/>
die Merkmale der &#x017F;iebenten Familie, oder der <hi rendition="#g">Spanner</hi> (<hi rendition="#aq">Geometridae, Phalaenidae</hi>) hier<lb/>
unmöglich in einer allgemeinen Schilderung er&#x017F;chöpft werden. Der dünne Leib der mei&#x017F;ten und<lb/>
die breiten Flügel, deren hintere in Färbung den vorderen gewöhnlich gleich, in Zeichnungsaulage<lb/>
wenig&#x017F;tens nahe kommen, erinnern an die Tag&#x017F;chmetterlinge, von denen &#x017F;ie &#x017F;ich jedoch durch die<lb/>
bor&#x017F;tigen oder bei manchen Männchen gekämmten Fühler we&#x017F;entlich unter&#x017F;cheiden. Den Eulen<lb/>
&#x017F;tehen &#x017F;ie in mehr als einer Hin&#x017F;icht &#x017F;chon ferner, zwar fehlt es nicht an Querbinden auf den<lb/>
Flügeln, wohl aber an den Makeln, &#x017F;tatt deren &#x017F;ich jene vermehren. Die dickleibigeren, die nicht<lb/>
&#x017F;elten vorkommen, haben oft große Spinnerähnlichkeit, daher man hier eine größere Menge von Merk-<lb/>
malen zu Hilfe nehmen muß, um einer Verwech&#x017F;elung vorzubeugen. Die Spanner &#x017F;timmen der<lb/>
Haupt&#x017F;ache nach in folgenden Merkmalen überein. Am kleinen Kopfe, der <hi rendition="#g">keine</hi> Nebenaugen<lb/>
auf dem Scheitel verbirgt, treten die Ta&#x017F;ter nur wenig vor, die Zunge dagegen durchläuft die<lb/>
ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Stufen der Vollkommenheit. Jm Vorderflügel zählt man elf oder zwölf Rippen,<lb/>
darunter nur <hi rendition="#g">eine</hi> des Jnneurandes, das Vorkommen von nur zehn gehört zu den Seltenheiten.<lb/>
Dem breiten, kurz befran&#x017F;ten Hinterflügel kommen eine Haftbor&#x017F;te, <hi rendition="#g">höch&#x017F;teus zwei</hi> Jnneurands-<lb/>
rippen und außerdem noch &#x017F;echs oder &#x017F;ieben andere zu; von jenen beiden pflegt die er&#x017F;te in der<lb/>
Mitte des Jnneurandes, die zweite in dem Jnnenwinkel zu münden. Die Vorderrandsrippe kommt<lb/>
aus der Wurzel und berührt in der Regel die vordere Mittelrippe bald nach ihrem Ur&#x017F;prunge<lb/>
auf einer kurzen Strecke, oder &#x017F;ie ent&#x017F;pringt aus ihr &#x017F;elb&#x017F;t, ein Unter&#x017F;chied, welcher die neueren<lb/>
Sy&#x017F;tematiker veranlaßte, zwei Hauptabtheilungen darauf zu gründen. Die mei&#x017F;ten Spanner tragen<lb/>
in der Ruhe ihre zarten Flügel etwas ausgebreitet, wenn auch nicht &#x017F;o weit, wie wir &#x017F;ie in<lb/>
Sammlungen &#x017F;ehen, einige halten &#x017F;ie halb ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en hoch und einige verbergen ihren Hinterleib<lb/>
dachartig damit. Viele fliegen bei Tage oder la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich wenig&#x017F;tens leicht aus Gras und Gebü&#x017F;ch auf-<lb/>
&#x017F;cheuchen, in der Nachtzeit zeigen aber die mei&#x017F;ten größere Lebendigkeit. Schärfer als im entwickelten<lb/>
Zu&#x017F;tande grenzen &#x017F;ie &#x017F;ich durch die Raupen von den übrigen Familien ab. Daß bei den&#x017F;elben die<lb/>
Bauchfüße außer dem letzten Paare verkümmern und ihr Gang darum ein &#x017F;pannender i&#x017F;t, wurde<lb/>
früher bereits erwähnt. Sie verfügen mithin nur über zehn, in &#x017F;eltenen Fällen über zwölf zum<lb/>
Gehen taugliche Füße und klammern &#x017F;ich in der Ruhe gern mit den Nach&#x017F;chiebern an einen Zweig<lb/>
an, den &#x017F;chlanken Leib &#x017F;teif aus&#x017F;treckend oder auch &#x017F;chleifenartig krümmend, &#x017F;o daß die ganze Raupe<lb/>
bei der vorwiegend braunen Farbe, welche vielen eigen, einem Ae&#x017F;tchen zum Verwech&#x017F;eln gleicht.<lb/>
Einige wenige heften &#x017F;ich wie Tagfalter mittel&#x017F;t einer Schlinge zur Verpuppung an ein Blatt, die<lb/>
mei&#x017F;ten jedoch &#x017F;pinnen &#x017F;ich mit einigen Fäden in grüne wie dürre Blätter, oder gehen in die Erde.</p><lb/>
              <p>Man kennt gegenwärtig ca. 1800 Arten aus allen Welttheilen, deren wenig&#x017F;te eine mittlere<lb/>
Größe über&#x017F;chreiten. <hi rendition="#g">Linn<hi rendition="#aq">é</hi></hi> be&#x017F;chrieb die ihm bekannten in der Gruppe <hi rendition="#aq">&#x201E;Geometrae&#x201C;</hi> unter der<lb/>
Gattung <hi rendition="#aq">Phalaena</hi> und ließ die Namen &#x017F;ämmtlich auf <hi rendition="#aq">aria</hi> oder <hi rendition="#aq">ata</hi> endigen, je nachdem er ihre<lb/>
Fühler gekämmt oder einfach fadenförmig fand; die neueren Autoren haben wie überall, &#x017F;o auch<lb/>
hier möglich&#x017F;t zahlreiche Gattungsnamen ge&#x017F;chaffen.</p><lb/>
              <p>Eine Reihe mei&#x017F;t gelb gefärbter und größerer Arten erinnert im Flügel&#x017F;chnitt an die Eckflügler<lb/>
unter den Tagfaltern. So bei&#x017F;pielswei&#x017F;e der <hi rendition="#g">Ellern&#x017F;panner</hi> (<hi rendition="#aq">Eugonia alniaria</hi>). Seine röthlich<lb/>
ockergelben, ro&#x017F;tbraun ge&#x017F; prenkelten Flügel treten auf der vierten Rippe in einem be&#x017F;onders &#x017F;tarken<lb/>
Zahn hervor, durch die vorderen ziehen zwei dunklere Querbinden, indem hier die Sprenkel &#x017F;ich<lb/>
dichter dräugen, und auf der Unter&#x017F;eite bemerkt man zwi&#x017F;chen die&#x017F;en einen &#x017F;chwarzen, weiß<lb/>
gekernten Ring, welcher &#x017F;ehr &#x017F;charf ausgeprägt &#x017F;ein muß, wenn er auch auf der Ober&#x017F;eite zur<lb/>
Geltung kommen &#x017F;oll. Kurze Kammzähne zeichnen die männlichen vor den weiblichen Fühlern aus,<lb/>
die weit vorragenden und lang behaarten Ta&#x017F;ter &#x017F;chließen eine weiche Zunge ein und werden von<lb/>
der Stirn her von einem kegelförmigen Haar&#x017F;chopfe getroffen. Zwei Sporenpaare bewehren die<lb/>
Hinter&#x017F;chienen. Der bis zwei Zoll &#x017F;pannende Schmetterling er&#x017F;cheint vom Augu&#x017F;t bis Oktober,<lb/>
hängt bei Tage träge und nicht auf&#x017F;cheuchbar an Baumzweigen und könnte mit dem&#x017F;elben Rechte<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </body>
      </floatingText>
    </body>
  </text>
</TEI>
[357/0381] Rothes Ordensband. Ellernſpanner. da Uebergänge nach allen Seiten hin eine ſcharfe Abgrenzung nicht wohl geſtatten, ſo können auch die Merkmale der ſiebenten Familie, oder der Spanner (Geometridae, Phalaenidae) hier unmöglich in einer allgemeinen Schilderung erſchöpft werden. Der dünne Leib der meiſten und die breiten Flügel, deren hintere in Färbung den vorderen gewöhnlich gleich, in Zeichnungsaulage wenigſtens nahe kommen, erinnern an die Tagſchmetterlinge, von denen ſie ſich jedoch durch die borſtigen oder bei manchen Männchen gekämmten Fühler weſentlich unterſcheiden. Den Eulen ſtehen ſie in mehr als einer Hinſicht ſchon ferner, zwar fehlt es nicht an Querbinden auf den Flügeln, wohl aber an den Makeln, ſtatt deren ſich jene vermehren. Die dickleibigeren, die nicht ſelten vorkommen, haben oft große Spinnerähnlichkeit, daher man hier eine größere Menge von Merk- malen zu Hilfe nehmen muß, um einer Verwechſelung vorzubeugen. Die Spanner ſtimmen der Hauptſache nach in folgenden Merkmalen überein. Am kleinen Kopfe, der keine Nebenaugen auf dem Scheitel verbirgt, treten die Taſter nur wenig vor, die Zunge dagegen durchläuft die verſchiedenſten Stufen der Vollkommenheit. Jm Vorderflügel zählt man elf oder zwölf Rippen, darunter nur eine des Jnneurandes, das Vorkommen von nur zehn gehört zu den Seltenheiten. Dem breiten, kurz befranſten Hinterflügel kommen eine Haftborſte, höchſteus zwei Jnneurands- rippen und außerdem noch ſechs oder ſieben andere zu; von jenen beiden pflegt die erſte in der Mitte des Jnneurandes, die zweite in dem Jnnenwinkel zu münden. Die Vorderrandsrippe kommt aus der Wurzel und berührt in der Regel die vordere Mittelrippe bald nach ihrem Urſprunge auf einer kurzen Strecke, oder ſie entſpringt aus ihr ſelbſt, ein Unterſchied, welcher die neueren Syſtematiker veranlaßte, zwei Hauptabtheilungen darauf zu gründen. Die meiſten Spanner tragen in der Ruhe ihre zarten Flügel etwas ausgebreitet, wenn auch nicht ſo weit, wie wir ſie in Sammlungen ſehen, einige halten ſie halb geſchloſſen hoch und einige verbergen ihren Hinterleib dachartig damit. Viele fliegen bei Tage oder laſſen ſich wenigſtens leicht aus Gras und Gebüſch auf- ſcheuchen, in der Nachtzeit zeigen aber die meiſten größere Lebendigkeit. Schärfer als im entwickelten Zuſtande grenzen ſie ſich durch die Raupen von den übrigen Familien ab. Daß bei denſelben die Bauchfüße außer dem letzten Paare verkümmern und ihr Gang darum ein ſpannender iſt, wurde früher bereits erwähnt. Sie verfügen mithin nur über zehn, in ſeltenen Fällen über zwölf zum Gehen taugliche Füße und klammern ſich in der Ruhe gern mit den Nachſchiebern an einen Zweig an, den ſchlanken Leib ſteif ausſtreckend oder auch ſchleifenartig krümmend, ſo daß die ganze Raupe bei der vorwiegend braunen Farbe, welche vielen eigen, einem Aeſtchen zum Verwechſeln gleicht. Einige wenige heften ſich wie Tagfalter mittelſt einer Schlinge zur Verpuppung an ein Blatt, die meiſten jedoch ſpinnen ſich mit einigen Fäden in grüne wie dürre Blätter, oder gehen in die Erde. Man kennt gegenwärtig ca. 1800 Arten aus allen Welttheilen, deren wenigſte eine mittlere Größe überſchreiten. Linné beſchrieb die ihm bekannten in der Gruppe „Geometrae“ unter der Gattung Phalaena und ließ die Namen ſämmtlich auf aria oder ata endigen, je nachdem er ihre Fühler gekämmt oder einfach fadenförmig fand; die neueren Autoren haben wie überall, ſo auch hier möglichſt zahlreiche Gattungsnamen geſchaffen. Eine Reihe meiſt gelb gefärbter und größerer Arten erinnert im Flügelſchnitt an die Eckflügler unter den Tagfaltern. So beiſpielsweiſe der Ellernſpanner (Eugonia alniaria). Seine röthlich ockergelben, roſtbraun geſ prenkelten Flügel treten auf der vierten Rippe in einem beſonders ſtarken Zahn hervor, durch die vorderen ziehen zwei dunklere Querbinden, indem hier die Sprenkel ſich dichter dräugen, und auf der Unterſeite bemerkt man zwiſchen dieſen einen ſchwarzen, weiß gekernten Ring, welcher ſehr ſcharf ausgeprägt ſein muß, wenn er auch auf der Oberſeite zur Geltung kommen ſoll. Kurze Kammzähne zeichnen die männlichen vor den weiblichen Fühlern aus, die weit vorragenden und lang behaarten Taſter ſchließen eine weiche Zunge ein und werden von der Stirn her von einem kegelförmigen Haarſchopfe getroffen. Zwei Sporenpaare bewehren die Hinterſchienen. Der bis zwei Zoll ſpannende Schmetterling erſcheint vom Auguſt bis Oktober, hängt bei Tage träge und nicht aufſcheuchbar an Baumzweigen und könnte mit demſelben Rechte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/381
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/381>, abgerufen am 23.11.2024.