älter, mehrten sich nicht, und man achtete ihrer kaum, höchstens die Dorfjugend um der süßen Früchte willen. Jn neueren und neuesten Zeiten ward der Gegenstand wieder angeregt, von den Regierungen, in Preußen wenigstens, begünstigt, man setzte Prämien aus auf eine gewisse Quan- tität erzielter Cocons u. s. w. und es scheint, als wollte der Jndustriezweig einen neuen, gedeih- lichen Aufschwung nehmen, welcher dadurch begünstigt wird, daß man nicht mehr Maulbeerbäume, sondern Maulbeerhecken anpflauzt.
Der Kiefernspinner (Gastropacha pini) gehört überall, wo Kiefern wachsen, nicht zu den Seltenheiten, ja seine wahrhaft schöne Raupe zu den vom Forstmaune gefürchtetsten. Sie findet sich halb erwachsen oder noch kleiner im Winterlager unter Moos und zwar im Bereiche des Schirmes sechzig- bis achtzigjähriger Bestände. Jn einer Höhlung, uhrfederartig zusammengerollt, liegt sie hier feucht, wird auch steif, wenn der Frost die Erde durchdringt. Weicht der Frost, so bekommt sie wieder Geschmeidigkeit und bäumt je nach der Witterung früher oder später, bestimmt dann, wenn im Reviere das Barometer auf + 8° R. steht, wieder auf. Jst sie aber gegen Ende April oben in den Nadeln augelangt, so kommt sie meist nicht wieder herunter, es sei denn kurz vor der Verwandlung. Jn Braun und Weißgrau bestehen ihre beiden Hauptfarben, welche in ver- schiedenen Schattirungen und Anordnungen mit einander wechseln und stellenweise filzige Behaarung mit dem herrlichsten Perlmutterglauze tragen. Die Einschnitte des zweiten und dritten Ringes bilden sogenannte Spiegel, je einen stahlblauen Sammetfleck, welcher erst dann recht sichtbar wird, sobald die Raupe die Stellung in unserer Abbildung annimmt; hierzu kann man sie leicht veranlassen, wenn man sie berührt oder irgendwie reizt, dann schlägt sie überdies mit dem Vorder- körper nach den Seiten hin und her. Zur Verpuppung spinnt sie einen Cocon, nicht immer zwischen den abgefressenen Nadeln, sondern auch unten am Stamme zwischen Rindenschuppen. Häufig kommt sie aber auch gar nicht dazu, sondern bietet den traurigen Anblick von Figur h. Hunderte von Schlupfwespenlärvchen schmarotzten in ihrem Leibe und kamen zuletzt daraus hervor, um sich auf der allein von ihr noch übrigen Haut in schneeweiße Püppchen zu verwandeln. Namentlich die kranken Raupen scheinen in ihrer Angst von den Bäumen herabzusteigen; denn ich habe in Revieren, wo sie nur einzeln vorkamen, dergleichen gespickte Bälge in auffälligen Mengen bis in Mannshöhe und tiefer an den Stämmen kleben sehen. Die gesunde Puppe im Cocon hat das Aussehen von Figur d und braucht etwa drei Wochen zu ihrer Entwickelung, so daß mithin um die Mitte des Juli der Schmetterling erscheint. Er zeigt sich in der Färbung ebenso veränderlich, wie die Raupe, hat indeß für gewöhnlich das Aussehen, welches uns hier vorgeführt ist, Grau und Braun in ver- schiedenen Mischungen kommen auch ihm zu. Ein weißes Mondfleckchen auf dem Vorderflügel und eine unregelmäßige schmälere oder breitere rothbraune Querbinde dahinter machen ihn leicht kenutlich. Das größere Weibchen ist sehr träger Natur, aber auch das Männchen fliegt nicht leicht bei Tage. Daß die Schmetterlinge bisweilen weitere Züge unternehmen müssen, lehrte mich vor Zeiten der sonderbare Umstand, daß ich eine Gesellschaft von ungefähr acht Stück beiderlei Geschlechts an einer Glocke auf dem Kirchthurme sitzend antraf, in einer Gegend, in welcher stundenweit keine Kiefern wuchsen. Auch Ratzeburg gedenkt einzelner Fälle, welche auf solche Wanderungen hinweisen. Das befruchtete Weibchen legt alsbald nach der Paarung, welche meist den Abend an seinem Geburtstage erfolgt, hundert bis zweihundert Eier an den Stamm (f), an die Nadeln oder auch an einen Zweig in größeren oder kleineren Partien bei einander. Dieselben sind lauchgrün, kurz vor dem Ausschlüpfen im August grau. Daß auch sie unter den Schmarotzern ihre Liebhaber finden, haben wir bereits früher erfahren und in einem Teleas den einen davon kennen gelernt, welcher bis zu zwölf Stück aus einem Eie erzogen wurde; der Encyrtus embryo- phagusHartig's ist ein zweiter, welcher zu vier bis sechs aus einem Eie hervorspaziert, der Chrysolampus solitarius, welcher einzeln darin haust, ein dritter. Jst den Eiern kein Unglück widerfahren, das Räupchen glücklich entbunden, so begibt es sich sofort nach den Nadeln, beschabt
Die Schmetterlinge. Spinner.
älter, mehrten ſich nicht, und man achtete ihrer kaum, höchſtens die Dorfjugend um der ſüßen Früchte willen. Jn neueren und neueſten Zeiten ward der Gegenſtand wieder angeregt, von den Regierungen, in Preußen wenigſtens, begünſtigt, man ſetzte Prämien aus auf eine gewiſſe Quan- tität erzielter Cocons u. ſ. w. und es ſcheint, als wollte der Jnduſtriezweig einen neuen, gedeih- lichen Aufſchwung nehmen, welcher dadurch begünſtigt wird, daß man nicht mehr Maulbeerbäume, ſondern Maulbeerhecken anpflauzt.
Der Kiefernſpinner (Gastropacha pini) gehört überall, wo Kiefern wachſen, nicht zu den Seltenheiten, ja ſeine wahrhaft ſchöne Raupe zu den vom Forſtmaune gefürchtetſten. Sie findet ſich halb erwachſen oder noch kleiner im Winterlager unter Moos und zwar im Bereiche des Schirmes ſechzig- bis achtzigjähriger Beſtände. Jn einer Höhlung, uhrfederartig zuſammengerollt, liegt ſie hier feucht, wird auch ſteif, wenn der Froſt die Erde durchdringt. Weicht der Froſt, ſo bekommt ſie wieder Geſchmeidigkeit und bäumt je nach der Witterung früher oder ſpäter, beſtimmt dann, wenn im Reviere das Barometer auf + 8° R. ſteht, wieder auf. Jſt ſie aber gegen Ende April oben in den Nadeln augelangt, ſo kommt ſie meiſt nicht wieder herunter, es ſei denn kurz vor der Verwandlung. Jn Braun und Weißgrau beſtehen ihre beiden Hauptfarben, welche in ver- ſchiedenen Schattirungen und Anordnungen mit einander wechſeln und ſtellenweiſe filzige Behaarung mit dem herrlichſten Perlmutterglauze tragen. Die Einſchnitte des zweiten und dritten Ringes bilden ſogenannte Spiegel, je einen ſtahlblauen Sammetfleck, welcher erſt dann recht ſichtbar wird, ſobald die Raupe die Stellung in unſerer Abbildung annimmt; hierzu kann man ſie leicht veranlaſſen, wenn man ſie berührt oder irgendwie reizt, dann ſchlägt ſie überdies mit dem Vorder- körper nach den Seiten hin und her. Zur Verpuppung ſpinnt ſie einen Cocon, nicht immer zwiſchen den abgefreſſenen Nadeln, ſondern auch unten am Stamme zwiſchen Rindenſchuppen. Häufig kommt ſie aber auch gar nicht dazu, ſondern bietet den traurigen Anblick von Figur h. Hunderte von Schlupfwespenlärvchen ſchmarotzten in ihrem Leibe und kamen zuletzt daraus hervor, um ſich auf der allein von ihr noch übrigen Haut in ſchneeweiße Püppchen zu verwandeln. Namentlich die kranken Raupen ſcheinen in ihrer Angſt von den Bäumen herabzuſteigen; denn ich habe in Revieren, wo ſie nur einzeln vorkamen, dergleichen geſpickte Bälge in auffälligen Mengen bis in Mannshöhe und tiefer an den Stämmen kleben ſehen. Die geſunde Puppe im Cocon hat das Ausſehen von Figur d und braucht etwa drei Wochen zu ihrer Entwickelung, ſo daß mithin um die Mitte des Juli der Schmetterling erſcheint. Er zeigt ſich in der Färbung ebenſo veränderlich, wie die Raupe, hat indeß für gewöhnlich das Ausſehen, welches uns hier vorgeführt iſt, Grau und Braun in ver- ſchiedenen Miſchungen kommen auch ihm zu. Ein weißes Mondfleckchen auf dem Vorderflügel und eine unregelmäßige ſchmälere oder breitere rothbraune Querbinde dahinter machen ihn leicht kenutlich. Das größere Weibchen iſt ſehr träger Natur, aber auch das Männchen fliegt nicht leicht bei Tage. Daß die Schmetterlinge bisweilen weitere Züge unternehmen müſſen, lehrte mich vor Zeiten der ſonderbare Umſtand, daß ich eine Geſellſchaft von ungefähr acht Stück beiderlei Geſchlechts an einer Glocke auf dem Kirchthurme ſitzend antraf, in einer Gegend, in welcher ſtundenweit keine Kiefern wuchſen. Auch Ratzeburg gedenkt einzelner Fälle, welche auf ſolche Wanderungen hinweiſen. Das befruchtete Weibchen legt alsbald nach der Paarung, welche meiſt den Abend an ſeinem Geburtstage erfolgt, hundert bis zweihundert Eier an den Stamm (f), an die Nadeln oder auch an einen Zweig in größeren oder kleineren Partien bei einander. Dieſelben ſind lauchgrün, kurz vor dem Ausſchlüpfen im Auguſt grau. Daß auch ſie unter den Schmarotzern ihre Liebhaber finden, haben wir bereits früher erfahren und in einem Teleas den einen davon kennen gelernt, welcher bis zu zwölf Stück aus einem Eie erzogen wurde; der Encyrtus embryo- phagusHartig’s iſt ein zweiter, welcher zu vier bis ſechs aus einem Eie hervorſpaziert, der Chrysolampus solitarius, welcher einzeln darin hauſt, ein dritter. Jſt den Eiern kein Unglück widerfahren, das Räupchen glücklich entbunden, ſo begibt es ſich ſofort nach den Nadeln, beſchabt
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Die Schmetterlinge. Spinner.
älter, mehrten ſich nicht, und man achtete ihrer kaum, höchſtens die Dorfjugend um der ſüßen
Früchte willen. Jn neueren und neueſten Zeiten ward der Gegenſtand wieder angeregt, von den
Regierungen, in Preußen wenigſtens, begünſtigt, man ſetzte Prämien aus auf eine gewiſſe Quan-
tität erzielter Cocons u. ſ. w. und es ſcheint, als wollte der Jnduſtriezweig einen neuen, gedeih-
lichen Aufſchwung nehmen, welcher dadurch begünſtigt wird, daß man nicht mehr Maulbeerbäume,
ſondern Maulbeerhecken anpflauzt.
Der Kiefernſpinner (Gastropacha pini) gehört überall, wo Kiefern wachſen, nicht zu den
Seltenheiten, ja ſeine wahrhaft ſchöne Raupe zu den vom Forſtmaune gefürchtetſten. Sie findet
ſich halb erwachſen oder noch kleiner im Winterlager unter Moos und zwar im Bereiche des
Schirmes ſechzig- bis achtzigjähriger Beſtände. Jn einer Höhlung, uhrfederartig zuſammengerollt,
liegt ſie hier feucht, wird auch ſteif, wenn der Froſt die Erde durchdringt. Weicht der Froſt, ſo
bekommt ſie wieder Geſchmeidigkeit und bäumt je nach der Witterung früher oder ſpäter, beſtimmt
dann, wenn im Reviere das Barometer auf + 8° R. ſteht, wieder auf. Jſt ſie aber gegen Ende
April oben in den Nadeln augelangt, ſo kommt ſie meiſt nicht wieder herunter, es ſei denn kurz
vor der Verwandlung. Jn Braun und Weißgrau beſtehen ihre beiden Hauptfarben, welche in ver-
ſchiedenen Schattirungen und Anordnungen mit einander wechſeln und ſtellenweiſe filzige Behaarung
mit dem herrlichſten Perlmutterglauze tragen. Die Einſchnitte des zweiten und dritten Ringes
bilden ſogenannte Spiegel, je einen ſtahlblauen Sammetfleck, welcher erſt dann recht ſichtbar
wird, ſobald die Raupe die Stellung in unſerer Abbildung annimmt; hierzu kann man ſie leicht
veranlaſſen, wenn man ſie berührt oder irgendwie reizt, dann ſchlägt ſie überdies mit dem Vorder-
körper nach den Seiten hin und her. Zur Verpuppung ſpinnt ſie einen Cocon, nicht immer zwiſchen
den abgefreſſenen Nadeln, ſondern auch unten am Stamme zwiſchen Rindenſchuppen. Häufig
kommt ſie aber auch gar nicht dazu, ſondern bietet den traurigen Anblick von Figur h. Hunderte
von Schlupfwespenlärvchen ſchmarotzten in ihrem Leibe und kamen zuletzt daraus hervor, um ſich auf
der allein von ihr noch übrigen Haut in ſchneeweiße Püppchen zu verwandeln. Namentlich die
kranken Raupen ſcheinen in ihrer Angſt von den Bäumen herabzuſteigen; denn ich habe in Revieren,
wo ſie nur einzeln vorkamen, dergleichen geſpickte Bälge in auffälligen Mengen bis in Mannshöhe
und tiefer an den Stämmen kleben ſehen. Die geſunde Puppe im Cocon hat das Ausſehen von
Figur d und braucht etwa drei Wochen zu ihrer Entwickelung, ſo daß mithin um die Mitte des
Juli der Schmetterling erſcheint. Er zeigt ſich in der Färbung ebenſo veränderlich, wie die Raupe,
hat indeß für gewöhnlich das Ausſehen, welches uns hier vorgeführt iſt, Grau und Braun in ver-
ſchiedenen Miſchungen kommen auch ihm zu. Ein weißes Mondfleckchen auf dem Vorderflügel
und eine unregelmäßige ſchmälere oder breitere rothbraune Querbinde dahinter machen ihn leicht
kenutlich. Das größere Weibchen iſt ſehr träger Natur, aber auch das Männchen fliegt nicht
leicht bei Tage. Daß die Schmetterlinge bisweilen weitere Züge unternehmen müſſen, lehrte mich
vor Zeiten der ſonderbare Umſtand, daß ich eine Geſellſchaft von ungefähr acht Stück beiderlei
Geſchlechts an einer Glocke auf dem Kirchthurme ſitzend antraf, in einer Gegend, in welcher
ſtundenweit keine Kiefern wuchſen. Auch Ratzeburg gedenkt einzelner Fälle, welche auf ſolche
Wanderungen hinweiſen. Das befruchtete Weibchen legt alsbald nach der Paarung, welche meiſt
den Abend an ſeinem Geburtstage erfolgt, hundert bis zweihundert Eier an den Stamm (f), an
die Nadeln oder auch an einen Zweig in größeren oder kleineren Partien bei einander. Dieſelben
ſind lauchgrün, kurz vor dem Ausſchlüpfen im Auguſt grau. Daß auch ſie unter den Schmarotzern
ihre Liebhaber finden, haben wir bereits früher erfahren und in einem Teleas den einen davon
kennen gelernt, welcher bis zu zwölf Stück aus einem Eie erzogen wurde; der Encyrtus embryo-
phagus Hartig’s iſt ein zweiter, welcher zu vier bis ſechs aus einem Eie hervorſpaziert, der
Chrysolampus solitarius, welcher einzeln darin hauſt, ein dritter. Jſt den Eiern kein Unglück
widerfahren, das Räupchen glücklich entbunden, ſo begibt es ſich ſofort nach den Nadeln, beſchabt
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/352>, abgerufen am 23.11.2024.
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