setzt. Meist im Juni, oder erst im Juli kriechen die Raupen der zweiten Generation aus; nehmen wir einen späteren Termin, den 14. Juli, an, so erfolgt den 19. die erste, am 28. die zweite, den 8. August die dritte und am 14. die vierte Häutung. Diese Daten sind ermittelt, sollen aber nur die ungefähren Zwischenräume angeben, da Differenzen von einigen Tagen, nach meinen Erfahrungen sogar von acht, stets vorkommen. Die Raupen sind grünlichgelb gefärbt und haben außer den sechs Reihen fleischiger Zapfen schwarze Pünktchen, zwei auf jedem Ringe zwischen den drei oberen Zapfenlinien, drei um das schwarz besäumte Luftloch zwischen den äußersten Reihen und außerdem noch zwei übereinander auf jeder Fußwurzel. Nach der letzten Häutung bekommen sie einen weißen, häufiger noch einen außerordentlich zarten blauen Auflug. Die Raupen wurden mehr oder weniger erfolgreich auch mit Weberkarde gefüttert. Jm Herbst 1864, als die frühen Nachtfröste eintraten, welche beide erst genannten Futterpflanzen zu Grunde richteten, gerieth ich
[Abbildung]
Der Ailanthusspinner (Saturnia Cynthia) mit Raupe und Puppe.
in die größte Verlegenheit, indem ich viele hundert Raupen mühsam bis zur überstandenen dritten Häutung, viele bis zur vierten gebracht hatte. Die letzteren ließen sich theilweise durch die Blätter des Essigbaumes (Rhus cotinus), welche mit denen des Götterbaumes einige Aehnlichkeit haben und weniger stark vom Froste gelitten hatten -- täuschen; sie fraßen dieselben, und ich erhielt einige dreißig, allerdings dürftige Cocous. Dieselben wurden über Winter in einem kalten Zimmer auf- bewahrt, und vom 12. Mai des nächsten Jahres an erschienen einige Schmetterlinge, welche eben nicht zu den größten gehörten. Wird durch erniedrigte Temperatur das Ausschlüpfen nicht ver- zögert, so dauert die Puppenruhe nur wenige Tage über drei Wochen. Die Eier brauchen unge- fähr vierzehn Tage, bis die Räupchen daraus hervorbrechen, wenn man sie nicht absichtlich durch möglichst niedrige Temperatur daran hindert. Ueber den schönen Spinner sei nur bemerkt, daß die Grundfarbe in einem lebhaften, sammetartigen Rehbraun besteht, die Binden weiß, die Hinter- ränder der mondförmigen Glasfenster gelblich und die Augen vorn nach außen schwarz sind. Die
Die Schmetterlinge. Spinner.
ſetzt. Meiſt im Juni, oder erſt im Juli kriechen die Raupen der zweiten Generation aus; nehmen wir einen ſpäteren Termin, den 14. Juli, an, ſo erfolgt den 19. die erſte, am 28. die zweite, den 8. Auguſt die dritte und am 14. die vierte Häutung. Dieſe Daten ſind ermittelt, ſollen aber nur die ungefähren Zwiſchenräume angeben, da Differenzen von einigen Tagen, nach meinen Erfahrungen ſogar von acht, ſtets vorkommen. Die Raupen ſind grünlichgelb gefärbt und haben außer den ſechs Reihen fleiſchiger Zapfen ſchwarze Pünktchen, zwei auf jedem Ringe zwiſchen den drei oberen Zapfenlinien, drei um das ſchwarz beſäumte Luftloch zwiſchen den äußerſten Reihen und außerdem noch zwei übereinander auf jeder Fußwurzel. Nach der letzten Häutung bekommen ſie einen weißen, häufiger noch einen außerordentlich zarten blauen Auflug. Die Raupen wurden mehr oder weniger erfolgreich auch mit Weberkarde gefüttert. Jm Herbſt 1864, als die frühen Nachtfröſte eintraten, welche beide erſt genannten Futterpflanzen zu Grunde richteten, gerieth ich
[Abbildung]
Der Ailanthusſpinner (Saturnia Cynthia) mit Raupe und Puppe.
in die größte Verlegenheit, indem ich viele hundert Raupen mühſam bis zur überſtandenen dritten Häutung, viele bis zur vierten gebracht hatte. Die letzteren ließen ſich theilweiſe durch die Blätter des Eſſigbaumes (Rhus cotinus), welche mit denen des Götterbaumes einige Aehnlichkeit haben und weniger ſtark vom Froſte gelitten hatten — täuſchen; ſie fraßen dieſelben, und ich erhielt einige dreißig, allerdings dürftige Cocous. Dieſelben wurden über Winter in einem kalten Zimmer auf- bewahrt, und vom 12. Mai des nächſten Jahres an erſchienen einige Schmetterlinge, welche eben nicht zu den größten gehörten. Wird durch erniedrigte Temperatur das Ausſchlüpfen nicht ver- zögert, ſo dauert die Puppenruhe nur wenige Tage über drei Wochen. Die Eier brauchen unge- fähr vierzehn Tage, bis die Räupchen daraus hervorbrechen, wenn man ſie nicht abſichtlich durch möglichſt niedrige Temperatur daran hindert. Ueber den ſchönen Spinner ſei nur bemerkt, daß die Grundfarbe in einem lebhaften, ſammetartigen Rehbraun beſteht, die Binden weiß, die Hinter- ränder der mondförmigen Glasfenſter gelblich und die Augen vorn nach außen ſchwarz ſind. Die
<TEI><text><body><floatingText><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0350"n="326"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Die Schmetterlinge. Spinner.</hi></fw><lb/>ſetzt. Meiſt im Juni, oder erſt im Juli kriechen die Raupen der zweiten Generation aus; nehmen<lb/>
wir einen ſpäteren Termin, den 14. Juli, an, ſo erfolgt den 19. die erſte, am 28. die zweite, den<lb/>
8. Auguſt die dritte und am 14. die vierte Häutung. Dieſe Daten ſind ermittelt, ſollen aber nur<lb/>
die ungefähren Zwiſchenräume angeben, da Differenzen von einigen Tagen, nach meinen Erfahrungen<lb/>ſogar von acht, ſtets vorkommen. Die Raupen ſind grünlichgelb gefärbt und haben außer den<lb/>ſechs Reihen fleiſchiger Zapfen ſchwarze Pünktchen, zwei auf jedem Ringe zwiſchen den drei<lb/>
oberen Zapfenlinien, drei um das ſchwarz beſäumte Luftloch zwiſchen den äußerſten Reihen und<lb/>
außerdem noch zwei übereinander auf jeder Fußwurzel. Nach der letzten Häutung bekommen ſie<lb/>
einen weißen, häufiger noch einen außerordentlich zarten blauen Auflug. Die Raupen wurden<lb/>
mehr oder weniger erfolgreich auch mit Weberkarde gefüttert. Jm Herbſt 1864, als die frühen<lb/>
Nachtfröſte eintraten, welche beide erſt genannten Futterpflanzen zu Grunde richteten, gerieth ich<lb/><figure><head><hirendition="#c"><hirendition="#g">Der Ailanthusſpinner</hi> (<hirendition="#aq">Saturnia Cynthia</hi>) mit Raupe und Puppe.</hi></head></figure><lb/>
in die größte Verlegenheit, indem ich viele hundert Raupen mühſam bis zur überſtandenen dritten<lb/>
Häutung, viele bis zur vierten gebracht hatte. Die letzteren ließen ſich theilweiſe durch die Blätter<lb/>
des Eſſigbaumes (<hirendition="#aq">Rhus cotinus</hi>), welche mit denen des Götterbaumes einige Aehnlichkeit haben<lb/>
und weniger ſtark vom Froſte gelitten hatten — täuſchen; ſie fraßen dieſelben, und ich erhielt einige<lb/>
dreißig, allerdings dürftige Cocous. Dieſelben wurden über Winter in einem kalten Zimmer auf-<lb/>
bewahrt, und vom 12. Mai des nächſten Jahres an erſchienen einige Schmetterlinge, welche eben<lb/>
nicht zu den größten gehörten. Wird durch erniedrigte Temperatur das Ausſchlüpfen nicht ver-<lb/>
zögert, ſo dauert die Puppenruhe nur wenige Tage über drei Wochen. Die Eier brauchen unge-<lb/>
fähr vierzehn Tage, bis die Räupchen daraus hervorbrechen, wenn man ſie nicht abſichtlich durch<lb/>
möglichſt niedrige Temperatur daran hindert. Ueber den ſchönen Spinner ſei nur bemerkt, daß<lb/>
die Grundfarbe in einem lebhaften, ſammetartigen Rehbraun beſteht, die Binden weiß, die Hinter-<lb/>
ränder der mondförmigen Glasfenſter gelblich und die Augen vorn nach außen ſchwarz ſind. Die<lb/></p></div></div></body></floatingText></body></text></TEI>
[326/0350]
Die Schmetterlinge. Spinner.
ſetzt. Meiſt im Juni, oder erſt im Juli kriechen die Raupen der zweiten Generation aus; nehmen
wir einen ſpäteren Termin, den 14. Juli, an, ſo erfolgt den 19. die erſte, am 28. die zweite, den
8. Auguſt die dritte und am 14. die vierte Häutung. Dieſe Daten ſind ermittelt, ſollen aber nur
die ungefähren Zwiſchenräume angeben, da Differenzen von einigen Tagen, nach meinen Erfahrungen
ſogar von acht, ſtets vorkommen. Die Raupen ſind grünlichgelb gefärbt und haben außer den
ſechs Reihen fleiſchiger Zapfen ſchwarze Pünktchen, zwei auf jedem Ringe zwiſchen den drei
oberen Zapfenlinien, drei um das ſchwarz beſäumte Luftloch zwiſchen den äußerſten Reihen und
außerdem noch zwei übereinander auf jeder Fußwurzel. Nach der letzten Häutung bekommen ſie
einen weißen, häufiger noch einen außerordentlich zarten blauen Auflug. Die Raupen wurden
mehr oder weniger erfolgreich auch mit Weberkarde gefüttert. Jm Herbſt 1864, als die frühen
Nachtfröſte eintraten, welche beide erſt genannten Futterpflanzen zu Grunde richteten, gerieth ich
[Abbildung Der Ailanthusſpinner (Saturnia Cynthia) mit Raupe und Puppe.]
in die größte Verlegenheit, indem ich viele hundert Raupen mühſam bis zur überſtandenen dritten
Häutung, viele bis zur vierten gebracht hatte. Die letzteren ließen ſich theilweiſe durch die Blätter
des Eſſigbaumes (Rhus cotinus), welche mit denen des Götterbaumes einige Aehnlichkeit haben
und weniger ſtark vom Froſte gelitten hatten — täuſchen; ſie fraßen dieſelben, und ich erhielt einige
dreißig, allerdings dürftige Cocous. Dieſelben wurden über Winter in einem kalten Zimmer auf-
bewahrt, und vom 12. Mai des nächſten Jahres an erſchienen einige Schmetterlinge, welche eben
nicht zu den größten gehörten. Wird durch erniedrigte Temperatur das Ausſchlüpfen nicht ver-
zögert, ſo dauert die Puppenruhe nur wenige Tage über drei Wochen. Die Eier brauchen unge-
fähr vierzehn Tage, bis die Räupchen daraus hervorbrechen, wenn man ſie nicht abſichtlich durch
möglichſt niedrige Temperatur daran hindert. Ueber den ſchönen Spinner ſei nur bemerkt, daß
die Grundfarbe in einem lebhaften, ſammetartigen Rehbraun beſteht, die Binden weiß, die Hinter-
ränder der mondförmigen Glasfenſter gelblich und die Augen vorn nach außen ſchwarz ſind. Die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/350>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.