langen Palpen und an der Unterseite der Schenkel. Das hier abgebildete Steinbrech-Widderchen (Z. filipendulae) hat sechs gleichgroße, karminrothe Fleckchen auf den blaugrünen Vorderflügeln, das mittlere Paar genähert und wenig schräg; es kommen auch Stücke mit kasseebraunen Zeichnungen und Hinterflügeln als Seltenheiten vor (Z. chrysanthemi). Die Raupe sehen wir auf einem Blatte von Wegerich, welchen sie neben verschiedenen anderen niederen Pflanzen, wie Löwenzahn, Mäuseöhrchen u. a. frißt. Sie ist, wie die meisten dieser Raupen, lichtgelb, reihenweise schwarz gefleckt, etwas weichhaarig und zieht ihr kleines Köpfchen gern in den ersten Körperring zurück. Ziemlich erwachsen überlebt sie den Winter. Nachdem sie sich im nächsten Frühlinge noch einige Wochen ernährt hat, kriecht sie an einem Stengel in die Höhe und fängt an, ein Gespinust zu fertigen, welches nach seiner Vollendung starkem, gut geleimtem Papier ähnlich ist und sich in der Weise dem Stengel anschmiegt, wie wir an demjenigen linker Hand ersehen. Oben bleibt es lockerer, und wenn der Schmetterling im Juni zum Leben erwacht, so nimmt er beim Aus- kriechen die Puppe halb mit heraus.
Das Weißfleck, den Ringelschwärmer (die Siebenbrüder, Syntomis Phegea), sehen wir gleichfalls auf unserem Bilde und finden den blauschwarzen, weißgefleckten, am Hinterleibe gelb geringelten Schmetterling in der Körpertracht einem Blutströpfchen sehr ähnlich und doch in
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Das Weißfleck (Syntomis Phegea). Das Steinbrech-Widderchen (Zyguena filipendulae) in zwei Exemplaren nebst Raupe und Puppe. Der braune Bär (Aretia caja) nebst Raupe.
einigen Punkten wesentlich verschieden. Zunächst fehlen die Punktaugen, sodann verdicken sich die schlanken Fühler nicht nach vorn. Jn jedem Flügel steht nur eine Jnnenrandsrippe und an den kleinen Tastern eine borstige Behaarung. Wo dieses hübsche Thier einmal vorkommt, ist es sehr gemein und zeigt dieselbe Lebensweise, wie die Widderchen, nur daß es beim Saugen auf Blüthen die Flügel ein wenig gehoben trägt. Die gleichfalls überwinternde Raupe ernährt sich von Baumflechten, ist bürstenartig mit graubraunen Haaren dicht bedeckt und verwebt, wenn sie reif ist, diese zu einem lockern Gespinnst für die braune, beiderseits stumpfe Puppe, welche nur wenige Wochen ruht.
Wenn wir eine Reihe licht gefärbter, schwarz punktirter Schmetterlinge, eine noch größere in sehr lebhaften Farben prahlender als Bären bezeichnet finden, so muß uns das Wunder nehmen, weil wir an ihnen schlechterdings keine Aehnlichkeit mit dem plumpen, brummigen Bären wahrnehmen können. Kennen wir aber ihre Raupen, so finden wir die Vezeichnung eher gerechtfertigt, weil sie mit langen, meist dunklen Haaren dicht und zottig bewachsen sind, wie ein Bär. Sie
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Steinbrech-Widderchen. Ringelſchwärmer.
langen Palpen und an der Unterſeite der Schenkel. Das hier abgebildete Steinbrech-Widderchen (Z. filipendulae) hat ſechs gleichgroße, karminrothe Fleckchen auf den blaugrünen Vorderflügeln, das mittlere Paar genähert und wenig ſchräg; es kommen auch Stücke mit kaſſeebraunen Zeichnungen und Hinterflügeln als Seltenheiten vor (Z. chrysanthemi). Die Raupe ſehen wir auf einem Blatte von Wegerich, welchen ſie neben verſchiedenen anderen niederen Pflanzen, wie Löwenzahn, Mäuſeöhrchen u. a. frißt. Sie iſt, wie die meiſten dieſer Raupen, lichtgelb, reihenweiſe ſchwarz gefleckt, etwas weichhaarig und zieht ihr kleines Köpfchen gern in den erſten Körperring zurück. Ziemlich erwachſen überlebt ſie den Winter. Nachdem ſie ſich im nächſten Frühlinge noch einige Wochen ernährt hat, kriecht ſie an einem Stengel in die Höhe und fängt an, ein Geſpinuſt zu fertigen, welches nach ſeiner Vollendung ſtarkem, gut geleimtem Papier ähnlich iſt und ſich in der Weiſe dem Stengel anſchmiegt, wie wir an demjenigen linker Hand erſehen. Oben bleibt es lockerer, und wenn der Schmetterling im Juni zum Leben erwacht, ſo nimmt er beim Aus- kriechen die Puppe halb mit heraus.
Das Weißfleck, den Ringelſchwärmer (die Siebenbrüder, Syntomis Phegea), ſehen wir gleichfalls auf unſerem Bilde und finden den blauſchwarzen, weißgefleckten, am Hinterleibe gelb geringelten Schmetterling in der Körpertracht einem Blutströpfchen ſehr ähnlich und doch in
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Das Weißfleck (Syntomis Phegea). Das Steinbrech-Widderchen (Zyguena filipendulae) in zwei Exemplaren nebſt Raupe und Puppe. Der braune Bär (Aretia caja) nebſt Raupe.
einigen Punkten weſentlich verſchieden. Zunächſt fehlen die Punktaugen, ſodann verdicken ſich die ſchlanken Fühler nicht nach vorn. Jn jedem Flügel ſteht nur eine Jnnenrandsrippe und an den kleinen Taſtern eine borſtige Behaarung. Wo dieſes hübſche Thier einmal vorkommt, iſt es ſehr gemein und zeigt dieſelbe Lebensweiſe, wie die Widderchen, nur daß es beim Saugen auf Blüthen die Flügel ein wenig gehoben trägt. Die gleichfalls überwinternde Raupe ernährt ſich von Baumflechten, iſt bürſtenartig mit graubraunen Haaren dicht bedeckt und verwebt, wenn ſie reif iſt, dieſe zu einem lockern Geſpinnſt für die braune, beiderſeits ſtumpfe Puppe, welche nur wenige Wochen ruht.
Wenn wir eine Reihe licht gefärbter, ſchwarz punktirter Schmetterlinge, eine noch größere in ſehr lebhaften Farben prahlender als Bären bezeichnet finden, ſo muß uns das Wunder nehmen, weil wir an ihnen ſchlechterdings keine Aehnlichkeit mit dem plumpen, brummigen Bären wahrnehmen können. Kennen wir aber ihre Raupen, ſo finden wir die Vezeichnung eher gerechtfertigt, weil ſie mit langen, meiſt dunklen Haaren dicht und zottig bewachſen ſind, wie ein Bär. Sie
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Steinbrech-Widderchen. Ringelſchwärmer.
langen Palpen und an der Unterſeite der Schenkel. Das hier abgebildete Steinbrech-Widderchen
(Z. filipendulae) hat ſechs gleichgroße, karminrothe Fleckchen auf den blaugrünen Vorderflügeln,
das mittlere Paar genähert und wenig ſchräg; es kommen auch Stücke mit kaſſeebraunen Zeichnungen
und Hinterflügeln als Seltenheiten vor (Z. chrysanthemi). Die Raupe ſehen wir auf einem
Blatte von Wegerich, welchen ſie neben verſchiedenen anderen niederen Pflanzen, wie Löwenzahn,
Mäuſeöhrchen u. a. frißt. Sie iſt, wie die meiſten dieſer Raupen, lichtgelb, reihenweiſe ſchwarz
gefleckt, etwas weichhaarig und zieht ihr kleines Köpfchen gern in den erſten Körperring zurück.
Ziemlich erwachſen überlebt ſie den Winter. Nachdem ſie ſich im nächſten Frühlinge noch einige
Wochen ernährt hat, kriecht ſie an einem Stengel in die Höhe und fängt an, ein Geſpinuſt zu
fertigen, welches nach ſeiner Vollendung ſtarkem, gut geleimtem Papier ähnlich iſt und ſich in der
Weiſe dem Stengel anſchmiegt, wie wir an demjenigen linker Hand erſehen. Oben bleibt es
lockerer, und wenn der Schmetterling im Juni zum Leben erwacht, ſo nimmt er beim Aus-
kriechen die Puppe halb mit heraus.
Das Weißfleck, den Ringelſchwärmer (die Siebenbrüder, Syntomis Phegea), ſehen
wir gleichfalls auf unſerem Bilde und finden den blauſchwarzen, weißgefleckten, am Hinterleibe
gelb geringelten Schmetterling in der Körpertracht einem Blutströpfchen ſehr ähnlich und doch in
[Abbildung Das Weißfleck (Syntomis Phegea). Das Steinbrech-Widderchen (Zyguena filipendulae) in zwei Exemplaren nebſt
Raupe und Puppe. Der braune Bär (Aretia caja) nebſt Raupe.]
einigen Punkten weſentlich verſchieden. Zunächſt fehlen die Punktaugen, ſodann verdicken ſich die
ſchlanken Fühler nicht nach vorn. Jn jedem Flügel ſteht nur eine Jnnenrandsrippe und an den
kleinen Taſtern eine borſtige Behaarung. Wo dieſes hübſche Thier einmal vorkommt, iſt es
ſehr gemein und zeigt dieſelbe Lebensweiſe, wie die Widderchen, nur daß es beim Saugen auf
Blüthen die Flügel ein wenig gehoben trägt. Die gleichfalls überwinternde Raupe ernährt ſich
von Baumflechten, iſt bürſtenartig mit graubraunen Haaren dicht bedeckt und verwebt, wenn ſie
reif iſt, dieſe zu einem lockern Geſpinnſt für die braune, beiderſeits ſtumpfe Puppe, welche nur
wenige Wochen ruht.
Wenn wir eine Reihe licht gefärbter, ſchwarz punktirter Schmetterlinge, eine noch größere in ſehr
lebhaften Farben prahlender als Bären bezeichnet finden, ſo muß uns das Wunder nehmen, weil
wir an ihnen ſchlechterdings keine Aehnlichkeit mit dem plumpen, brummigen Bären wahrnehmen
können. Kennen wir aber ihre Raupen, ſo finden wir die Vezeichnung eher gerechtfertigt, weil
ſie mit langen, meiſt dunklen Haaren dicht und zottig bewachſen ſind, wie ein Bär. Sie
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/347>, abgerufen am 24.11.2024.
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