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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Schwalbenschwanz. Segelfalter.
in halbem Schlusse emporhaltend. Wenn er will, kann er auch in schnellem Zuge dahinsegeln und
er wäre ganz dazu angethan, weite Strecken in kürzester Zeit zurückzulegen. Der Kenner weiß es,
daß er zur genannten Zeit die zahlreichere zweite Generation vor sich hat, einzeln zeigt sich der
Schwalbenschwanz schon im Mai aus überwinterten Puppen. Das befruchtete Weibchen sucht in
der Sorge um seine Nachkommenschaft auf Wiesen, in Gärten oder an freien Waldplätzen ver-
schiedene Doldengewächse, namentlich Fenchel, Dill, Kümmel, Möhren auf, legt ein Ei, auch
einige an jede Pflanze und stirbt. Die jugendliche Raupe ist schwarz, über den Rücken hin weiß
gefleckt und mit rothen Dornen versehen; doch bald ändert sich ihr Aussehen und ist sie erst größer,
so bemerkt man sie häufig oben in den Fruchtständen ihrer Futterpflanze, den Samen nachgehend.
Sie ist jetzt eine stattliche Raupe, grün und sammetschwarz geringelt, etwas faltig, aber ohne
weitere Auszeichnung auf der Oberfläche, da die Dornen nicht mehr vorhanden sind. Wenn man
sie anfaßt, stülpt sie, den Zudringlichen zu erschrecken, zwei Fleischzapfen in Form einer Gabel
aus dem Nacken hervor, schlägt wohl auch mit dem Körper um sich. Die grünlichgelbe, gelb
gestreifte, am Rücken gekielte, auch sonst etwas rauhe Puppe hat zwei stumpfe Spitzen am Kopfe,
hält sich durch einen Faden in wagerechter oder aufgerichteter Stellung an irgend einem Zweiglein
fest und überwintert, während die der ersten Generation nach wenigen Wochen zum Schmetterlinge
wird. -- Der nächste Anverwandte des vorigen ist der Segelfalter (P. podalirius), welcher sich
mehr auf das Hügelland beschränkt; so hat man ihn z. B. in Pommern und Schleswig noch nicht
gefangen. Seine strohgelben Flügel sind streifig schwarz gezeichnet, über die vorderen, welche am
Saume und schmal an der Wurzel diese Farbe zeigen, ziehen noch zwei ganze und drei abgekürzte,
keilförmige Striemen hin, welche alle mit ihrem breiten Ende am Vorderrande hängen. Die
langgeschwänzten Hinterflügel sind am ausgezackten Saume auf schwarzem Grunde mit blauen
Monden verziert, zeigen am geraden Jnneurande ein Paar breitere schwarze Streifen, an welche
ein rother Fleck stößt, und ein Paar sehr schmale durch die Mitte. Die Raupe lebt auf Schwarzdorn,
ist gelbgrün, mit rothen Punkten, weißgelben Linien über den Rücken und weißgelben Schrägstrichen
über diesen und die Seiten verziert, hat aber keine vorstreckbare Nackengabel. Die Puppe hängt sich
ebenso auf, wie die des Schwalbenschwanzes, hat auch so ziemlich dieselbe Gestalt, aber andere
Farben: sie ist vorn braun, hinten gelb und hier mit braunen Ringen und Punkten gezeichnet.

Jn den übrigen Erdtheilen, besonders im südlichen Amerika, leben noch über dreihundert
Arten solcher Schwalbenschwänze oder Ritter, zum Theil gleich unseren heimischen, mit schwarzen
Streifen oder Flecken auf gelbem Untergrunde verziert, andere vom herrlichsten Sammetschwarz,
welches gelbe Fleckenreihen unterbrechen, oder mit lebhaft carminrothen oder weißen Flecken, welche
sich bindenartig ordnen. Viele haben einen breit spatelförmigen Schwanz am Hinterflügel, andere
mehrere kurze und spitze Zacken oder stumpfe Zähne, ja es sehlen diese Auszeichnungen auch
ganz und gar; denn sie bedingen durchaus nicht den Gattungscharakter. Es wurde schon früher,
beim Blicke auf das Leben der Gesammtheit (S. 13) darauf hingewiesen, wie gerade hier große
Verschiedenheiten nicht nur in Zeichnung und Färbung, sondern auch in der Form der Flügel bei
beiden Geschlechtern ein und derselben Art beobachtet werden. Darin aber stimmen sie alle überein,
daß aus der Mittelzelle der breit dreieckigen Vorderflügel nach innen vier Längsadern auslaufen,
an der entsprechenden Stelle des Hinterflügels aber nur eine oder gar keine, daß die Vorderbeine
ebenso vollkommen entwickelt sind, wie die übrigen und alle in einfache Klauen endigen, daß die
Fühlerkeule lang und nach oben gekrümmt und das Endglied der Taster kurz ist. Auch umgürten
die Raupen sich mit einer Schlinge, ehe sie zur Puppe werden, und sorgen dafür, daß deren
Kopf nicht nach unten hänge. Die Gesammtheit dieser Merkmale kommt der Gattung Papilio zu.
Nur durch untergeordnete Eigenschaften unterscheiden sich davon die ausländischen Gattungen
Teinopalpus, Eurycus, Sericinus und Leptocircus, von welcher letzteren der gleichfalls auf unserm
Bilde prangende L. Curius die schwanzartige Verlängerung des Hinterflügels in kaum noch zu
übertreffender Vollendung vergegenwärtigt. Der in Vergleich zu der übrigen Ritterschaft kleine

Schwalbenſchwanz. Segelfalter.
in halbem Schluſſe emporhaltend. Wenn er will, kann er auch in ſchnellem Zuge dahinſegeln und
er wäre ganz dazu angethan, weite Strecken in kürzeſter Zeit zurückzulegen. Der Kenner weiß es,
daß er zur genannten Zeit die zahlreichere zweite Generation vor ſich hat, einzeln zeigt ſich der
Schwalbenſchwanz ſchon im Mai aus überwinterten Puppen. Das befruchtete Weibchen ſucht in
der Sorge um ſeine Nachkommenſchaft auf Wieſen, in Gärten oder an freien Waldplätzen ver-
ſchiedene Doldengewächſe, namentlich Fenchel, Dill, Kümmel, Möhren auf, legt ein Ei, auch
einige an jede Pflanze und ſtirbt. Die jugendliche Raupe iſt ſchwarz, über den Rücken hin weiß
gefleckt und mit rothen Dornen verſehen; doch bald ändert ſich ihr Ausſehen und iſt ſie erſt größer,
ſo bemerkt man ſie häufig oben in den Fruchtſtänden ihrer Futterpflanze, den Samen nachgehend.
Sie iſt jetzt eine ſtattliche Raupe, grün und ſammetſchwarz geringelt, etwas faltig, aber ohne
weitere Auszeichnung auf der Oberfläche, da die Dornen nicht mehr vorhanden ſind. Wenn man
ſie anfaßt, ſtülpt ſie, den Zudringlichen zu erſchrecken, zwei Fleiſchzapfen in Form einer Gabel
aus dem Nacken hervor, ſchlägt wohl auch mit dem Körper um ſich. Die grünlichgelbe, gelb
geſtreifte, am Rücken gekielte, auch ſonſt etwas rauhe Puppe hat zwei ſtumpfe Spitzen am Kopfe,
hält ſich durch einen Faden in wagerechter oder aufgerichteter Stellung an irgend einem Zweiglein
feſt und überwintert, während die der erſten Generation nach wenigen Wochen zum Schmetterlinge
wird. — Der nächſte Anverwandte des vorigen iſt der Segelfalter (P. podalirius), welcher ſich
mehr auf das Hügelland beſchränkt; ſo hat man ihn z. B. in Pommern und Schleswig noch nicht
gefangen. Seine ſtrohgelben Flügel ſind ſtreifig ſchwarz gezeichnet, über die vorderen, welche am
Saume und ſchmal an der Wurzel dieſe Farbe zeigen, ziehen noch zwei ganze und drei abgekürzte,
keilförmige Striemen hin, welche alle mit ihrem breiten Ende am Vorderrande hängen. Die
langgeſchwänzten Hinterflügel ſind am ausgezackten Saume auf ſchwarzem Grunde mit blauen
Monden verziert, zeigen am geraden Jnneurande ein Paar breitere ſchwarze Streifen, an welche
ein rother Fleck ſtößt, und ein Paar ſehr ſchmale durch die Mitte. Die Raupe lebt auf Schwarzdorn,
iſt gelbgrün, mit rothen Punkten, weißgelben Linien über den Rücken und weißgelben Schrägſtrichen
über dieſen und die Seiten verziert, hat aber keine vorſtreckbare Nackengabel. Die Puppe hängt ſich
ebenſo auf, wie die des Schwalbenſchwanzes, hat auch ſo ziemlich dieſelbe Geſtalt, aber andere
Farben: ſie iſt vorn braun, hinten gelb und hier mit braunen Ringen und Punkten gezeichnet.

Jn den übrigen Erdtheilen, beſonders im ſüdlichen Amerika, leben noch über dreihundert
Arten ſolcher Schwalbenſchwänze oder Ritter, zum Theil gleich unſeren heimiſchen, mit ſchwarzen
Streifen oder Flecken auf gelbem Untergrunde verziert, andere vom herrlichſten Sammetſchwarz,
welches gelbe Fleckenreihen unterbrechen, oder mit lebhaft carminrothen oder weißen Flecken, welche
ſich bindenartig ordnen. Viele haben einen breit ſpatelförmigen Schwanz am Hinterflügel, andere
mehrere kurze und ſpitze Zacken oder ſtumpfe Zähne, ja es ſehlen dieſe Auszeichnungen auch
ganz und gar; denn ſie bedingen durchaus nicht den Gattungscharakter. Es wurde ſchon früher,
beim Blicke auf das Leben der Geſammtheit (S. 13) darauf hingewieſen, wie gerade hier große
Verſchiedenheiten nicht nur in Zeichnung und Färbung, ſondern auch in der Form der Flügel bei
beiden Geſchlechtern ein und derſelben Art beobachtet werden. Darin aber ſtimmen ſie alle überein,
daß aus der Mittelzelle der breit dreieckigen Vorderflügel nach innen vier Längsadern auslaufen,
an der entſprechenden Stelle des Hinterflügels aber nur eine oder gar keine, daß die Vorderbeine
ebenſo vollkommen entwickelt ſind, wie die übrigen und alle in einfache Klauen endigen, daß die
Fühlerkeule lang und nach oben gekrümmt und das Endglied der Taſter kurz iſt. Auch umgürten
die Raupen ſich mit einer Schlinge, ehe ſie zur Puppe werden, und ſorgen dafür, daß deren
Kopf nicht nach unten hänge. Die Geſammtheit dieſer Merkmale kommt der Gattung Papilio zu.
Nur durch untergeordnete Eigenſchaften unterſcheiden ſich davon die ausländiſchen Gattungen
Teinopalpus, Eurycus, Sericinus und Leptocircus, von welcher letzteren der gleichfalls auf unſerm
Bilde prangende L. Curius die ſchwanzartige Verlängerung des Hinterflügels in kaum noch zu
übertreffender Vollendung vergegenwärtigt. Der in Vergleich zu der übrigen Ritterſchaft kleine

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[297/0319] Schwalbenſchwanz. Segelfalter. in halbem Schluſſe emporhaltend. Wenn er will, kann er auch in ſchnellem Zuge dahinſegeln und er wäre ganz dazu angethan, weite Strecken in kürzeſter Zeit zurückzulegen. Der Kenner weiß es, daß er zur genannten Zeit die zahlreichere zweite Generation vor ſich hat, einzeln zeigt ſich der Schwalbenſchwanz ſchon im Mai aus überwinterten Puppen. Das befruchtete Weibchen ſucht in der Sorge um ſeine Nachkommenſchaft auf Wieſen, in Gärten oder an freien Waldplätzen ver- ſchiedene Doldengewächſe, namentlich Fenchel, Dill, Kümmel, Möhren auf, legt ein Ei, auch einige an jede Pflanze und ſtirbt. Die jugendliche Raupe iſt ſchwarz, über den Rücken hin weiß gefleckt und mit rothen Dornen verſehen; doch bald ändert ſich ihr Ausſehen und iſt ſie erſt größer, ſo bemerkt man ſie häufig oben in den Fruchtſtänden ihrer Futterpflanze, den Samen nachgehend. Sie iſt jetzt eine ſtattliche Raupe, grün und ſammetſchwarz geringelt, etwas faltig, aber ohne weitere Auszeichnung auf der Oberfläche, da die Dornen nicht mehr vorhanden ſind. Wenn man ſie anfaßt, ſtülpt ſie, den Zudringlichen zu erſchrecken, zwei Fleiſchzapfen in Form einer Gabel aus dem Nacken hervor, ſchlägt wohl auch mit dem Körper um ſich. Die grünlichgelbe, gelb geſtreifte, am Rücken gekielte, auch ſonſt etwas rauhe Puppe hat zwei ſtumpfe Spitzen am Kopfe, hält ſich durch einen Faden in wagerechter oder aufgerichteter Stellung an irgend einem Zweiglein feſt und überwintert, während die der erſten Generation nach wenigen Wochen zum Schmetterlinge wird. — Der nächſte Anverwandte des vorigen iſt der Segelfalter (P. podalirius), welcher ſich mehr auf das Hügelland beſchränkt; ſo hat man ihn z. B. in Pommern und Schleswig noch nicht gefangen. Seine ſtrohgelben Flügel ſind ſtreifig ſchwarz gezeichnet, über die vorderen, welche am Saume und ſchmal an der Wurzel dieſe Farbe zeigen, ziehen noch zwei ganze und drei abgekürzte, keilförmige Striemen hin, welche alle mit ihrem breiten Ende am Vorderrande hängen. Die langgeſchwänzten Hinterflügel ſind am ausgezackten Saume auf ſchwarzem Grunde mit blauen Monden verziert, zeigen am geraden Jnneurande ein Paar breitere ſchwarze Streifen, an welche ein rother Fleck ſtößt, und ein Paar ſehr ſchmale durch die Mitte. Die Raupe lebt auf Schwarzdorn, iſt gelbgrün, mit rothen Punkten, weißgelben Linien über den Rücken und weißgelben Schrägſtrichen über dieſen und die Seiten verziert, hat aber keine vorſtreckbare Nackengabel. Die Puppe hängt ſich ebenſo auf, wie die des Schwalbenſchwanzes, hat auch ſo ziemlich dieſelbe Geſtalt, aber andere Farben: ſie iſt vorn braun, hinten gelb und hier mit braunen Ringen und Punkten gezeichnet. Jn den übrigen Erdtheilen, beſonders im ſüdlichen Amerika, leben noch über dreihundert Arten ſolcher Schwalbenſchwänze oder Ritter, zum Theil gleich unſeren heimiſchen, mit ſchwarzen Streifen oder Flecken auf gelbem Untergrunde verziert, andere vom herrlichſten Sammetſchwarz, welches gelbe Fleckenreihen unterbrechen, oder mit lebhaft carminrothen oder weißen Flecken, welche ſich bindenartig ordnen. Viele haben einen breit ſpatelförmigen Schwanz am Hinterflügel, andere mehrere kurze und ſpitze Zacken oder ſtumpfe Zähne, ja es ſehlen dieſe Auszeichnungen auch ganz und gar; denn ſie bedingen durchaus nicht den Gattungscharakter. Es wurde ſchon früher, beim Blicke auf das Leben der Geſammtheit (S. 13) darauf hingewieſen, wie gerade hier große Verſchiedenheiten nicht nur in Zeichnung und Färbung, ſondern auch in der Form der Flügel bei beiden Geſchlechtern ein und derſelben Art beobachtet werden. Darin aber ſtimmen ſie alle überein, daß aus der Mittelzelle der breit dreieckigen Vorderflügel nach innen vier Längsadern auslaufen, an der entſprechenden Stelle des Hinterflügels aber nur eine oder gar keine, daß die Vorderbeine ebenſo vollkommen entwickelt ſind, wie die übrigen und alle in einfache Klauen endigen, daß die Fühlerkeule lang und nach oben gekrümmt und das Endglied der Taſter kurz iſt. Auch umgürten die Raupen ſich mit einer Schlinge, ehe ſie zur Puppe werden, und ſorgen dafür, daß deren Kopf nicht nach unten hänge. Die Geſammtheit dieſer Merkmale kommt der Gattung Papilio zu. Nur durch untergeordnete Eigenſchaften unterſcheiden ſich davon die ausländiſchen Gattungen Teinopalpus, Eurycus, Sericinus und Leptocircus, von welcher letzteren der gleichfalls auf unſerm Bilde prangende L. Curius die ſchwanzartige Verlängerung des Hinterflügels in kaum noch zu übertreffender Vollendung vergegenwärtigt. Der in Vergleich zu der übrigen Ritterſchaft kleine

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/319>, abgerufen am 23.11.2024.