und Körper bisweilen, aber die Fühler folgen einem andern Bildungsgesetze. Die Tagfalter haben nie Nebenaugen, keine Haftborsten an den Hinterflügeln, meist blos zwei Endsporen an den Hinter- schienen und fliegen nur bei Tage. Doch sind keineswegs alle Schmetterlinge, welche bei Tage sich lebhaft zeigen, darum Glieder dieser Familie. Sie erscheinen mit derselben Beharrlichkeit als die geputzten, liebenswürdigen Tagediebe, mit welcher ihre Raupen die unersättlichen Vertilger der Pflanzen sind. Dieselben gehen aber mit ihrem äußern Wesen zu sehr auseinander, um über sie im Allgemeinen mehr sagen zu können, als daß sie sechzehn Füße haben und kein dichtes und langes Haarkleid tragen. Alle heimischen Dornenraupen gehören hierher. Die Puppen der Tag- falter sind von lichter Farbe, ausgezeichnet durch allerlei Ecken auf dem Rücken und Endspitzen auf dem Scheitel, so daß sie, wie aus den folgenden Abbildungen zu ersehen ist, nicht selten in ihrem vorderen Rückentheile ein fratzenhaftes Gesicht zeigen. Die Raupe heftet mittelst eines Endhäkchens die Spitze ihres Hinterleibs einem feinen Polster auf, welches sie an eine Planke, einen Ast, Baumstamm etc. spinnt, krümmt sich bogenförmig, streift durch Windungen ihres Körpers die Haut ab und erscheint nun als eine mit dem Kopfe nach unten gerichtete Puppe oder stützt sich vorher durch einen Gürtel um den Leib und ruht senkrecht oder wagrecht mit der Bauchseite auf ihrer Unterlage; in seltneren Fällen findet man die Puppe auch unter Steinen, nie aber hat sie einen Cocon um sich. Abgesehen davon, daß einige Raupen in ihrer Jugend ein loses Nest fertigen, welches ihnen besonders für den Winter als Schutz dient, haben sie nicht viel zu spinnen, darum bleibt auch das dazu dienende Organ ziemlich unentwickelt.
Welchen Einfluß Licht und Wärme gerade auf die Glieder dieser Familie ausüben, ersieht man aus der geographischen Verbreitung und der Farbenpracht, welche nur solchen im vollen Maße zukommt, die unter fast immer senkrechten Sounenstrahlen heimisch sind. Jn den nörd- lichern Breiten und auf höheren Gebirgen sinden sich keine Tagfalter mehr, obschon andere Schmetter- linge, wie Eulen oder Spanner, daselbst noch leben können. Während in Deutschland nicht volle zweihundert Arten von Tagfaltern angetroffen werden, in ganz Europa, einschließlich der asiatischen Grenzländer, welche hinsichtlich der Fanna nicht gut davon zu trennen sind, kaum vierhundert, fliegen bei Para in Brasilien sechshundert Arten. Dies eine Beispiel wird genügen, um ihren vorwaltenden Reichthum in den Tropen erkennen zu lassen. Die Annahme von fünftausend Arten dürfte eher zu niedrig, als zu hoch gegriffen sein, was die Auswahl der wenigen Arten, welche hier zur Besprechung kommen können, schwierig macht.
Man kennt etwa zwanzig verschiedene Schmetterlinge, welche den Molukken, Philippinen, Neu-Guinea und den übrigen Jnseln jener Gewässer eigenthümlich und wegen ihres stattlichen Ansehens mit noch sehr vielen anderen von Linne treffend als "Ritter" bezeichnet worden sind. An der Jnnenseite der Mittelzelle entspringen auf den sehr großen, dreieckigen Vorderflügeln vier Längsrippen, an der Wurzel der Hinterflügel aber nur eine Jnnenrandsrippe, Rippe 6 und 7 sind gesondert. Die Fühler verdicken sich allmälig nach der Spitze und biegen sich hier sanft nach hinten, wie ein Paar Stäbchen von Fischbein zieren sie den nicht eben großen Kopf. Der hier abgebildete Amphrisus (Ornithoptera Amphrisus) aus Java zeigt auf der Oberseite seiner Flügel fast die- selbe Zeichnung, wie auf der untern, nur fehlen dort den schwarzbraunen Sammetflächen der Vorder- flügel die kreideweißen Striemen um die Adern, und die Hinterflügel sind lebhaft goldgelb, am Saume schwarz gezackt. Der Kopf und stark entwickelte Thorax sind schwarz, der Halskragen des letzteren im Nacken feurig carminroth, der Hinterleib oben dunkelbraun, unten gelb. -- Die mit dicken Fleischzapfen reihenweise besetzte Raupe kann aus dem Nacken zwei gabelförmige Hörner vorstrecken, welche einen unangenehmen Geruch verbreiten und dem sonst wehrlosen Thier als Schutzmittel dienen. An der Puppe fällt das Vorwalten der großen Flügelscheide, sowie die Zackenbildung auf dem Rücken des Hinterleibs und am Kopfe in die Augen. Die Art der Anheftung hat etwas Ungewöhnliches, da alle übrigen aus der nächsten Verwandtschaft aufrecht stehen. -- Bekannter als die abgebildete Art ist der Priamus (O. Priamus), welcher nach den
Amphriſus. Priamus.
und Körper bisweilen, aber die Fühler folgen einem andern Bildungsgeſetze. Die Tagfalter haben nie Nebenaugen, keine Haftborſten an den Hinterflügeln, meiſt blos zwei Endſporen an den Hinter- ſchienen und fliegen nur bei Tage. Doch ſind keineswegs alle Schmetterlinge, welche bei Tage ſich lebhaft zeigen, darum Glieder dieſer Familie. Sie erſcheinen mit derſelben Beharrlichkeit als die geputzten, liebenswürdigen Tagediebe, mit welcher ihre Raupen die unerſättlichen Vertilger der Pflanzen ſind. Dieſelben gehen aber mit ihrem äußern Weſen zu ſehr auseinander, um über ſie im Allgemeinen mehr ſagen zu können, als daß ſie ſechzehn Füße haben und kein dichtes und langes Haarkleid tragen. Alle heimiſchen Dornenraupen gehören hierher. Die Puppen der Tag- falter ſind von lichter Farbe, ausgezeichnet durch allerlei Ecken auf dem Rücken und Endſpitzen auf dem Scheitel, ſo daß ſie, wie aus den folgenden Abbildungen zu erſehen iſt, nicht ſelten in ihrem vorderen Rückentheile ein fratzenhaftes Geſicht zeigen. Die Raupe heftet mittelſt eines Endhäkchens die Spitze ihres Hinterleibs einem feinen Polſter auf, welches ſie an eine Planke, einen Aſt, Baumſtamm ꝛc. ſpinnt, krümmt ſich bogenförmig, ſtreift durch Windungen ihres Körpers die Haut ab und erſcheint nun als eine mit dem Kopfe nach unten gerichtete Puppe oder ſtützt ſich vorher durch einen Gürtel um den Leib und ruht ſenkrecht oder wagrecht mit der Bauchſeite auf ihrer Unterlage; in ſeltneren Fällen findet man die Puppe auch unter Steinen, nie aber hat ſie einen Cocon um ſich. Abgeſehen davon, daß einige Raupen in ihrer Jugend ein loſes Neſt fertigen, welches ihnen beſonders für den Winter als Schutz dient, haben ſie nicht viel zu ſpinnen, darum bleibt auch das dazu dienende Organ ziemlich unentwickelt.
Welchen Einfluß Licht und Wärme gerade auf die Glieder dieſer Familie ausüben, erſieht man aus der geographiſchen Verbreitung und der Farbenpracht, welche nur ſolchen im vollen Maße zukommt, die unter faſt immer ſenkrechten Sounenſtrahlen heimiſch ſind. Jn den nörd- lichern Breiten und auf höheren Gebirgen ſinden ſich keine Tagfalter mehr, obſchon andere Schmetter- linge, wie Eulen oder Spanner, daſelbſt noch leben können. Während in Deutſchland nicht volle zweihundert Arten von Tagfaltern angetroffen werden, in ganz Europa, einſchließlich der aſiatiſchen Grenzländer, welche hinſichtlich der Fanna nicht gut davon zu trennen ſind, kaum vierhundert, fliegen bei Pará in Braſilien ſechshundert Arten. Dies eine Beiſpiel wird genügen, um ihren vorwaltenden Reichthum in den Tropen erkennen zu laſſen. Die Annahme von fünftauſend Arten dürfte eher zu niedrig, als zu hoch gegriffen ſein, was die Auswahl der wenigen Arten, welche hier zur Beſprechung kommen können, ſchwierig macht.
Man kennt etwa zwanzig verſchiedene Schmetterlinge, welche den Molukken, Philippinen, Neu-Guinea und den übrigen Jnſeln jener Gewäſſer eigenthümlich und wegen ihres ſtattlichen Anſehens mit noch ſehr vielen anderen von Linné treffend als „Ritter“ bezeichnet worden ſind. An der Jnnenſeite der Mittelzelle entſpringen auf den ſehr großen, dreieckigen Vorderflügeln vier Längsrippen, an der Wurzel der Hinterflügel aber nur eine Jnnenrandsrippe, Rippe 6 und 7 ſind geſondert. Die Fühler verdicken ſich allmälig nach der Spitze und biegen ſich hier ſanft nach hinten, wie ein Paar Stäbchen von Fiſchbein zieren ſie den nicht eben großen Kopf. Der hier abgebildete Amphriſus (Ornithoptera Amphrisus) aus Java zeigt auf der Oberſeite ſeiner Flügel faſt die- ſelbe Zeichnung, wie auf der untern, nur fehlen dort den ſchwarzbraunen Sammetflächen der Vorder- flügel die kreideweißen Striemen um die Adern, und die Hinterflügel ſind lebhaft goldgelb, am Saume ſchwarz gezackt. Der Kopf und ſtark entwickelte Thorax ſind ſchwarz, der Halskragen des letzteren im Nacken feurig carminroth, der Hinterleib oben dunkelbraun, unten gelb. — Die mit dicken Fleiſchzapfen reihenweiſe beſetzte Raupe kann aus dem Nacken zwei gabelförmige Hörner vorſtrecken, welche einen unangenehmen Geruch verbreiten und dem ſonſt wehrloſen Thier als Schutzmittel dienen. An der Puppe fällt das Vorwalten der großen Flügelſcheide, ſowie die Zackenbildung auf dem Rücken des Hinterleibs und am Kopfe in die Augen. Die Art der Anheftung hat etwas Ungewöhnliches, da alle übrigen aus der nächſten Verwandtſchaft aufrecht ſtehen. — Bekannter als die abgebildete Art iſt der Priamus (O. Priamus), welcher nach den
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[295/0317]
Amphriſus. Priamus.
und Körper bisweilen, aber die Fühler folgen einem andern Bildungsgeſetze. Die Tagfalter haben
nie Nebenaugen, keine Haftborſten an den Hinterflügeln, meiſt blos zwei Endſporen an den Hinter-
ſchienen und fliegen nur bei Tage. Doch ſind keineswegs alle Schmetterlinge, welche bei Tage
ſich lebhaft zeigen, darum Glieder dieſer Familie. Sie erſcheinen mit derſelben Beharrlichkeit als
die geputzten, liebenswürdigen Tagediebe, mit welcher ihre Raupen die unerſättlichen Vertilger
der Pflanzen ſind. Dieſelben gehen aber mit ihrem äußern Weſen zu ſehr auseinander, um über ſie
im Allgemeinen mehr ſagen zu können, als daß ſie ſechzehn Füße haben und kein dichtes und
langes Haarkleid tragen. Alle heimiſchen Dornenraupen gehören hierher. Die Puppen der Tag-
falter ſind von lichter Farbe, ausgezeichnet durch allerlei Ecken auf dem Rücken und Endſpitzen
auf dem Scheitel, ſo daß ſie, wie aus den folgenden Abbildungen zu erſehen iſt, nicht ſelten in
ihrem vorderen Rückentheile ein fratzenhaftes Geſicht zeigen. Die Raupe heftet mittelſt eines
Endhäkchens die Spitze ihres Hinterleibs einem feinen Polſter auf, welches ſie an eine Planke,
einen Aſt, Baumſtamm ꝛc. ſpinnt, krümmt ſich bogenförmig, ſtreift durch Windungen ihres
Körpers die Haut ab und erſcheint nun als eine mit dem Kopfe nach unten gerichtete Puppe
oder ſtützt ſich vorher durch einen Gürtel um den Leib und ruht ſenkrecht oder wagrecht mit der
Bauchſeite auf ihrer Unterlage; in ſeltneren Fällen findet man die Puppe auch unter Steinen, nie
aber hat ſie einen Cocon um ſich. Abgeſehen davon, daß einige Raupen in ihrer Jugend ein loſes
Neſt fertigen, welches ihnen beſonders für den Winter als Schutz dient, haben ſie nicht viel zu
ſpinnen, darum bleibt auch das dazu dienende Organ ziemlich unentwickelt.
Welchen Einfluß Licht und Wärme gerade auf die Glieder dieſer Familie ausüben, erſieht
man aus der geographiſchen Verbreitung und der Farbenpracht, welche nur ſolchen im vollen
Maße zukommt, die unter faſt immer ſenkrechten Sounenſtrahlen heimiſch ſind. Jn den nörd-
lichern Breiten und auf höheren Gebirgen ſinden ſich keine Tagfalter mehr, obſchon andere Schmetter-
linge, wie Eulen oder Spanner, daſelbſt noch leben können. Während in Deutſchland nicht volle
zweihundert Arten von Tagfaltern angetroffen werden, in ganz Europa, einſchließlich der aſiatiſchen
Grenzländer, welche hinſichtlich der Fanna nicht gut davon zu trennen ſind, kaum vierhundert,
fliegen bei Pará in Braſilien ſechshundert Arten. Dies eine Beiſpiel wird genügen, um ihren
vorwaltenden Reichthum in den Tropen erkennen zu laſſen. Die Annahme von fünftauſend
Arten dürfte eher zu niedrig, als zu hoch gegriffen ſein, was die Auswahl der wenigen Arten,
welche hier zur Beſprechung kommen können, ſchwierig macht.
Man kennt etwa zwanzig verſchiedene Schmetterlinge, welche den Molukken, Philippinen,
Neu-Guinea und den übrigen Jnſeln jener Gewäſſer eigenthümlich und wegen ihres ſtattlichen
Anſehens mit noch ſehr vielen anderen von Linné treffend als „Ritter“ bezeichnet worden ſind.
An der Jnnenſeite der Mittelzelle entſpringen auf den ſehr großen, dreieckigen Vorderflügeln vier
Längsrippen, an der Wurzel der Hinterflügel aber nur eine Jnnenrandsrippe, Rippe 6 und 7 ſind
geſondert. Die Fühler verdicken ſich allmälig nach der Spitze und biegen ſich hier ſanft nach hinten,
wie ein Paar Stäbchen von Fiſchbein zieren ſie den nicht eben großen Kopf. Der hier abgebildete
Amphriſus (Ornithoptera Amphrisus) aus Java zeigt auf der Oberſeite ſeiner Flügel faſt die-
ſelbe Zeichnung, wie auf der untern, nur fehlen dort den ſchwarzbraunen Sammetflächen der Vorder-
flügel die kreideweißen Striemen um die Adern, und die Hinterflügel ſind lebhaft goldgelb, am
Saume ſchwarz gezackt. Der Kopf und ſtark entwickelte Thorax ſind ſchwarz, der Halskragen des
letzteren im Nacken feurig carminroth, der Hinterleib oben dunkelbraun, unten gelb. — Die mit
dicken Fleiſchzapfen reihenweiſe beſetzte Raupe kann aus dem Nacken zwei gabelförmige Hörner
vorſtrecken, welche einen unangenehmen Geruch verbreiten und dem ſonſt wehrloſen Thier als
Schutzmittel dienen. An der Puppe fällt das Vorwalten der großen Flügelſcheide, ſowie die
Zackenbildung auf dem Rücken des Hinterleibs und am Kopfe in die Augen. Die Art der
Anheftung hat etwas Ungewöhnliches, da alle übrigen aus der nächſten Verwandtſchaft aufrecht
ſtehen. — Bekannter als die abgebildete Art iſt der Priamus (O. Priamus), welcher nach den
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/317>, abgerufen am 23.11.2024.
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