tief aus, und die Oberlippe klappt sich so weit zurück, daß sie gewissermaßen den Gaumen der Mundhöhle bildet, gleichzeitig bleiben die Kinnbacken kurz genug, um sich beim Schlusse eben nur mit ihren Spitzen zu berühren. Jn Folge dieser eigenthümlichen Bildung erscheint der geschlossene Mund als eine kreisförmige Oeffnung. Jm dritten Falle endlich, dem abweichendsten, sind die Kinnbacken nicht nur sehr kurz, so daß sie sich gegenseitig gar nicht berühren können, sondern sie stehen auch wie vertauscht: mit der gewölbten Seite einander zugekehrt, mit der ausgehöhlten nach außen. Die mit ihren Zangen so übel berathenen Braconiden heißen Exodonten (Außenzähnige).
Bogenförmig nach unten gerichtete Fühler, ein deutlich gestielter Hinterleib, dessen zweites und drittes Glied nicht mit einander verwachsen, kennzeichnen die kleinen, höchstens 11/2 Linie langen Aphidier, welche alle in Blattläusen leben und daher am besten durch Zucht zu erlangen sind. Die angestochene Blattlaus sitzt mit gespreizten Beinen, metallisch glänzend und, wie wassersüchtig, mit kugelig angeschwollenem Hinterleibe todt zwischen den Gesunden ihrer Kolonie, wenn der sie bewohnende Schmarotzer seine Larvenreife erlangt hat. Bemerkt man ein Loch im Körper, nicht größer als ein Nadelstich, so weiß man, daß der Aphidier bereits das Weite suchte. Einen wahrhaft panischen Schrecken verursacht das Erscheinen eines solchen Wespchens unter den so ruhigen, harmlos weidenden Blattläusen. Sie kennen ihren Feind, ihre Hilflosigkeit und wissen auch, daß sie sich durch den eingestochenen Schnabel und die Krallen der beiden Vorderbeine an ihrem Platze fest behaupten können, darum lassen sie mit den vier übrigen Beinen los, richten den Hinterleib empor oder lassen ihn herab, sofern sie auf der Rückseite eines Blattes sitzen, strampeln gewaltig mit jenen und wackeln mit diesem, um den Feind abzuwehren, oder wenigstens seinem Stoße aus- zuweichen. Dieser läßt sich nicht beirren, nimmt Stellung, spreizt die Beine und im Nu fährt er mit seinem beweglichen Hinterleibe dazwischen durch nach vorn und -- der Stich sitzt im Leibe des Schlachtopfers. Jn gleicher oder ähnlicher Weise kommt ein zweites, drittes an die Reihe. -- Die artenreiche Gattung Aphidius verräth der lanzettförmige Hinterleib, welcher beim Weibchen keine hornigen Anhänge hat wie Trioxys, die nächst verwandte, sodann die mit der obern Mittelzelle verschmolzene Unterrandzelle und die mit dem Mal aufhörende Randader.
Entschieden das gemeinste Geschlecht in der Familie und das reichste an Arten, welche sich mit großer Mühe unterscheiden lassen, auch nichts Anziehendes in ihrer Körperform aufzuweisen haben, heißt Microgaster, auf deutsch "Kleinbauch". Erkennen läßt es sich an dem unansehnlichen, sitzenden oder kaum gestielten Hinterleibe, den plumpen, nur aus achtzehn Gliedern zusammen- gesetzten Fühlern und der vom Flügelmale an verwischten, undeutlichen Randader, auch hat der Mittelrücken keine scharfen Seitenfurchen. Höchst charakteristisch für die Gattung wird die Bildung der Cubitalzellen, deren meist zwei, aber auch drei vorhanden sind. Die erste, unregelmäßig sechs- oder siebeneckig, liegt am ziemlich großen Flügelmale, die zweite ist geschlossen, dreieckig oder bildet, wie in den meisten Fällen, blos einen spitzen Winkel, indem der nach außen hin schließende Nerv fehlt. Diese Zelle, geschlossen oder nicht, hängt immer wie ein Steigbügel an einem Stielchen, welches, fast einen rechten Winkel mit der Nandader bildend, vom Male länger oder kürzer herabsteigt. Zu Ende dieses Stielchens bemerkt man entweder eine scharfe Ecke, oder den Anfang desjenigen Nerven, welcher die erste Randzelle von der dritten Unterrandzelle trennt. Der Hinterleib ist stets kürzer als der vordere Körpertheil, am Bauche meist nach der Spitze hin zusammengedrückt, und beim Weibchen klafft diese oft stark, wenn es den kurz vortretenden Bohrer gebraucht. Die ziemlich großen Netzangen sind oft deutlich behaart und die Punktaugen auf dem Scheitel sichtbar. Die Männchen haben einen kleineren, weniger zusammengedrückten Hinterleib, etwas längere Fühler und bei manchen Arten dunklere Flecken oder Streifen an den Beinen, durch welche sie sich von den Weibchen unterscheiden.
Die Arten leben, mit Ausnahme zweier, welche aus Spinneneiern und Blattläusen erzogen wurden, in Schmetterlingsraupen, den haarigen mehr als den nackten. Sie selbst werden aber im
Die Hautflügler. Braconiden.
tief aus, und die Oberlippe klappt ſich ſo weit zurück, daß ſie gewiſſermaßen den Gaumen der Mundhöhle bildet, gleichzeitig bleiben die Kinnbacken kurz genug, um ſich beim Schluſſe eben nur mit ihren Spitzen zu berühren. Jn Folge dieſer eigenthümlichen Bildung erſcheint der geſchloſſene Mund als eine kreisförmige Oeffnung. Jm dritten Falle endlich, dem abweichendſten, ſind die Kinnbacken nicht nur ſehr kurz, ſo daß ſie ſich gegenſeitig gar nicht berühren können, ſondern ſie ſtehen auch wie vertauſcht: mit der gewölbten Seite einander zugekehrt, mit der ausgehöhlten nach außen. Die mit ihren Zangen ſo übel berathenen Braconiden heißen Exodonten (Außenzähnige).
Bogenförmig nach unten gerichtete Fühler, ein deutlich geſtielter Hinterleib, deſſen zweites und drittes Glied nicht mit einander verwachſen, kennzeichnen die kleinen, höchſtens 1½ Linie langen Aphidier, welche alle in Blattläuſen leben und daher am beſten durch Zucht zu erlangen ſind. Die angeſtochene Blattlaus ſitzt mit geſpreizten Beinen, metalliſch glänzend und, wie waſſerſüchtig, mit kugelig angeſchwollenem Hinterleibe todt zwiſchen den Geſunden ihrer Kolonie, wenn der ſie bewohnende Schmarotzer ſeine Larvenreife erlangt hat. Bemerkt man ein Loch im Körper, nicht größer als ein Nadelſtich, ſo weiß man, daß der Aphidier bereits das Weite ſuchte. Einen wahrhaft paniſchen Schrecken verurſacht das Erſcheinen eines ſolchen Wespchens unter den ſo ruhigen, harmlos weidenden Blattläuſen. Sie kennen ihren Feind, ihre Hilfloſigkeit und wiſſen auch, daß ſie ſich durch den eingeſtochenen Schnabel und die Krallen der beiden Vorderbeine an ihrem Platze feſt behaupten können, darum laſſen ſie mit den vier übrigen Beinen los, richten den Hinterleib empor oder laſſen ihn herab, ſofern ſie auf der Rückſeite eines Blattes ſitzen, ſtrampeln gewaltig mit jenen und wackeln mit dieſem, um den Feind abzuwehren, oder wenigſtens ſeinem Stoße aus- zuweichen. Dieſer läßt ſich nicht beirren, nimmt Stellung, ſpreizt die Beine und im Nu fährt er mit ſeinem beweglichen Hinterleibe dazwiſchen durch nach vorn und — der Stich ſitzt im Leibe des Schlachtopfers. Jn gleicher oder ähnlicher Weiſe kommt ein zweites, drittes an die Reihe. — Die artenreiche Gattung Aphidius verräth der lanzettförmige Hinterleib, welcher beim Weibchen keine hornigen Anhänge hat wie Trioxys, die nächſt verwandte, ſodann die mit der obern Mittelzelle verſchmolzene Unterrandzelle und die mit dem Mal aufhörende Randader.
Entſchieden das gemeinſte Geſchlecht in der Familie und das reichſte an Arten, welche ſich mit großer Mühe unterſcheiden laſſen, auch nichts Anziehendes in ihrer Körperform aufzuweiſen haben, heißt Microgaster, auf deutſch „Kleinbauch“. Erkennen läßt es ſich an dem unanſehnlichen, ſitzenden oder kaum geſtielten Hinterleibe, den plumpen, nur aus achtzehn Gliedern zuſammen- geſetzten Fühlern und der vom Flügelmale an verwiſchten, undeutlichen Randader, auch hat der Mittelrücken keine ſcharfen Seitenfurchen. Höchſt charakteriſtiſch für die Gattung wird die Bildung der Cubitalzellen, deren meiſt zwei, aber auch drei vorhanden ſind. Die erſte, unregelmäßig ſechs- oder ſiebeneckig, liegt am ziemlich großen Flügelmale, die zweite iſt geſchloſſen, dreieckig oder bildet, wie in den meiſten Fällen, blos einen ſpitzen Winkel, indem der nach außen hin ſchließende Nerv fehlt. Dieſe Zelle, geſchloſſen oder nicht, hängt immer wie ein Steigbügel an einem Stielchen, welches, faſt einen rechten Winkel mit der Nandader bildend, vom Male länger oder kürzer herabſteigt. Zu Ende dieſes Stielchens bemerkt man entweder eine ſcharfe Ecke, oder den Anfang desjenigen Nerven, welcher die erſte Randzelle von der dritten Unterrandzelle trennt. Der Hinterleib iſt ſtets kürzer als der vordere Körpertheil, am Bauche meiſt nach der Spitze hin zuſammengedrückt, und beim Weibchen klafft dieſe oft ſtark, wenn es den kurz vortretenden Bohrer gebraucht. Die ziemlich großen Netzangen ſind oft deutlich behaart und die Punktaugen auf dem Scheitel ſichtbar. Die Männchen haben einen kleineren, weniger zuſammengedrückten Hinterleib, etwas längere Fühler und bei manchen Arten dunklere Flecken oder Streifen an den Beinen, durch welche ſie ſich von den Weibchen unterſcheiden.
Die Arten leben, mit Ausnahme zweier, welche aus Spinneneiern und Blattläuſen erzogen wurden, in Schmetterlingsraupen, den haarigen mehr als den nackten. Sie ſelbſt werden aber im
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[256/0278]
Die Hautflügler. Braconiden.
tief aus, und die Oberlippe klappt ſich ſo weit zurück, daß ſie gewiſſermaßen den Gaumen der
Mundhöhle bildet, gleichzeitig bleiben die Kinnbacken kurz genug, um ſich beim Schluſſe eben nur
mit ihren Spitzen zu berühren. Jn Folge dieſer eigenthümlichen Bildung erſcheint der geſchloſſene
Mund als eine kreisförmige Oeffnung. Jm dritten Falle endlich, dem abweichendſten, ſind die
Kinnbacken nicht nur ſehr kurz, ſo daß ſie ſich gegenſeitig gar nicht berühren können, ſondern ſie
ſtehen auch wie vertauſcht: mit der gewölbten Seite einander zugekehrt, mit der ausgehöhlten nach
außen. Die mit ihren Zangen ſo übel berathenen Braconiden heißen Exodonten (Außenzähnige).
Bogenförmig nach unten gerichtete Fühler, ein deutlich geſtielter Hinterleib, deſſen zweites
und drittes Glied nicht mit einander verwachſen, kennzeichnen die kleinen, höchſtens 1½ Linie
langen Aphidier, welche alle in Blattläuſen leben und daher am beſten durch Zucht zu erlangen
ſind. Die angeſtochene Blattlaus ſitzt mit geſpreizten Beinen, metalliſch glänzend und, wie
waſſerſüchtig, mit kugelig angeſchwollenem Hinterleibe todt zwiſchen den Geſunden ihrer Kolonie,
wenn der ſie bewohnende Schmarotzer ſeine Larvenreife erlangt hat. Bemerkt man ein Loch im
Körper, nicht größer als ein Nadelſtich, ſo weiß man, daß der Aphidier bereits das Weite ſuchte.
Einen wahrhaft paniſchen Schrecken verurſacht das Erſcheinen eines ſolchen Wespchens unter den
ſo ruhigen, harmlos weidenden Blattläuſen. Sie kennen ihren Feind, ihre Hilfloſigkeit und wiſſen
auch, daß ſie ſich durch den eingeſtochenen Schnabel und die Krallen der beiden Vorderbeine an ihrem
Platze feſt behaupten können, darum laſſen ſie mit den vier übrigen Beinen los, richten den Hinterleib
empor oder laſſen ihn herab, ſofern ſie auf der Rückſeite eines Blattes ſitzen, ſtrampeln gewaltig
mit jenen und wackeln mit dieſem, um den Feind abzuwehren, oder wenigſtens ſeinem Stoße aus-
zuweichen. Dieſer läßt ſich nicht beirren, nimmt Stellung, ſpreizt die Beine und im Nu fährt
er mit ſeinem beweglichen Hinterleibe dazwiſchen durch nach vorn und — der Stich ſitzt im Leibe
des Schlachtopfers. Jn gleicher oder ähnlicher Weiſe kommt ein zweites, drittes an die Reihe. —
Die artenreiche Gattung Aphidius verräth der lanzettförmige Hinterleib, welcher beim Weibchen
keine hornigen Anhänge hat wie Trioxys, die nächſt verwandte, ſodann die mit der obern Mittelzelle
verſchmolzene Unterrandzelle und die mit dem Mal aufhörende Randader.
Entſchieden das gemeinſte Geſchlecht in der Familie und das reichſte an Arten, welche ſich
mit großer Mühe unterſcheiden laſſen, auch nichts Anziehendes in ihrer Körperform aufzuweiſen
haben, heißt Microgaster, auf deutſch „Kleinbauch“. Erkennen läßt es ſich an dem unanſehnlichen,
ſitzenden oder kaum geſtielten Hinterleibe, den plumpen, nur aus achtzehn Gliedern zuſammen-
geſetzten Fühlern und der vom Flügelmale an verwiſchten, undeutlichen Randader, auch hat der
Mittelrücken keine ſcharfen Seitenfurchen. Höchſt charakteriſtiſch für die Gattung wird die Bildung
der Cubitalzellen, deren meiſt zwei, aber auch drei vorhanden ſind. Die erſte, unregelmäßig
ſechs- oder ſiebeneckig, liegt am ziemlich großen Flügelmale, die zweite iſt geſchloſſen, dreieckig
oder bildet, wie in den meiſten Fällen, blos einen ſpitzen Winkel, indem der nach außen hin
ſchließende Nerv fehlt. Dieſe Zelle, geſchloſſen oder nicht, hängt immer wie ein Steigbügel an
einem Stielchen, welches, faſt einen rechten Winkel mit der Nandader bildend, vom Male länger
oder kürzer herabſteigt. Zu Ende dieſes Stielchens bemerkt man entweder eine ſcharfe Ecke, oder
den Anfang desjenigen Nerven, welcher die erſte Randzelle von der dritten Unterrandzelle trennt.
Der Hinterleib iſt ſtets kürzer als der vordere Körpertheil, am Bauche meiſt nach der Spitze hin
zuſammengedrückt, und beim Weibchen klafft dieſe oft ſtark, wenn es den kurz vortretenden Bohrer
gebraucht. Die ziemlich großen Netzangen ſind oft deutlich behaart und die Punktaugen auf dem
Scheitel ſichtbar. Die Männchen haben einen kleineren, weniger zuſammengedrückten Hinterleib,
etwas längere Fühler und bei manchen Arten dunklere Flecken oder Streifen an den Beinen, durch
welche ſie ſich von den Weibchen unterſcheiden.
Die Arten leben, mit Ausnahme zweier, welche aus Spinneneiern und Blattläuſen erzogen
wurden, in Schmetterlingsraupen, den haarigen mehr als den nackten. Sie ſelbſt werden aber im
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/278>, abgerufen am 23.11.2024.
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