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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Eichen-Gallwespen. Gemeine Gallapfelwespe.
erleiden, wie sie Ratzeburg bei einigen Schlupfwespen beobachtete. Wie überall geht die Ent-
wickelung bei verschiedenen Arten in längerer oder kürzerer Zeit vor sich, nur darin stimmen sie
alle überein, daß sie sich in ihrer Galle verpuppen, dabei meist kein Cocon spinnen und als breite
Puppen nur kurze Zeit ruhen. Einige können als Larve, andere als Jmago, aber auch
dieses in der noch nicht geöffneten Galle, überwintern. Ein rundes Loch in dieser beweist allemal,
daß der Jnsasse seine Klause verlassen hat, und oft entscheidet die Größe des Loches, ob die zu
erwartende Gallwespe oder ein Schmarotzer daraus hervorging.

Die Eichen-Gallwespen (Cynips), obschon ohne Männchen, liefern die Grundform der
größten, echten Gallwespen und lassen sich als Gattung leicht erkennen an dem mehr oder weniger
zottig behaarten Rücken des Mittelleibes, an dem fast halbkugeligen, großen Schildchen, an dem
sitzenden, runden und comprimirten Hinterleibe, dessen erstes Segment jedes der andern in
Länge übertrifft, und an den nach vorn schwach verdickten Fühlern. Die Randzelle der Vorder-

[Abbildung] Die Eichenzapfen-Gallwespe (Cynipa fecundatrix).
a
Galle. b Geschlossener Cocon. c Geöffneter Cocon, natürliche Größe. d Geöffneter Cocon, vergrößert.
Die gemeine Gallapfelwespe (Cynips folli).
e
Die Wespe, natürliche Größe, f dieselbe vergrößert. g Gallapfel. h Gespaltener Gallapfel, mit der Larvenkammer im Mittelpunkte.
flügel ist gestreckt, die zweite Unterrandzelle sehr klein und dreieckig und an dem Grunde jener
gelegen. Die Kiefertaster werden von fünf, die Lippentaster von zwei Gliedern zusammengesetzt.

Die gemeine Gallapfelwespe (Cynips folii) ist die Verfertigerin der kugelrunden, fleischigen
Galläpfel, welche so an der Unterseite der Eichenblätter angewachsen sind, daß man auf der Oberfläche
nichts davon bemerkt. Das Thierchen ist am Hinterleibe glänzend schwarz, auf dem Schildchen, an
Beinen und Kopf mehr oder weniger brannroth, hat rauhhaarige Fühler und Beine und eine kleine,
borstig bewimperte letzte Bauchschuppe. Zur Zeit, wo die Knospen aller Bäume noch schlafen -- die
Eiche grünt bekanntlich unter unseren Waldbäumen zuletzt -- kriecht das Thier träge an den noch
völlig unentwickelten Knospen umher und sticht ein und die andere an, um bei jedem Stiche ein
Ei daran zu legen. Jst seine Arbeit vollendet, so stirbt es, und wer daher den holden Mai und
das frische Grün abwartet, ehe er den Wald besucht, bekommt es im Freien nicht zu sehen. Die
von ihm getroffenen Blätter sind es, welche im Sommer und besonders im Herbst uns durch jene
rothbäckigen, etwas höckerigen Aepfel in die Augen fallen. Sie waren mit der Made in ihrem
Mittelpunkte entstanden und reifen mit ihr. Jm Herbst kann man beim Oeffuen bereits die fertige
Fliege darin finden, welche für gewöhnlich aber erst im nächsten Jahre sich herausarbeitet. Ein-
geschrumpfte, noch am Strauche hängende Galläpfel sind von Schmarotzern bewohnt, zu denen u. a.

Eichen-Gallwespen. Gemeine Gallapfelwespe.
erleiden, wie ſie Ratzeburg bei einigen Schlupfwespen beobachtete. Wie überall geht die Ent-
wickelung bei verſchiedenen Arten in längerer oder kürzerer Zeit vor ſich, nur darin ſtimmen ſie
alle überein, daß ſie ſich in ihrer Galle verpuppen, dabei meiſt kein Cocon ſpinnen und als breite
Puppen nur kurze Zeit ruhen. Einige können als Larve, andere als Jmago, aber auch
dieſes in der noch nicht geöffneten Galle, überwintern. Ein rundes Loch in dieſer beweiſt allemal,
daß der Jnſaſſe ſeine Klauſe verlaſſen hat, und oft entſcheidet die Größe des Loches, ob die zu
erwartende Gallwespe oder ein Schmarotzer daraus hervorging.

Die Eichen-Gallwespen (Cynips), obſchon ohne Männchen, liefern die Grundform der
größten, echten Gallwespen und laſſen ſich als Gattung leicht erkennen an dem mehr oder weniger
zottig behaarten Rücken des Mittelleibes, an dem faſt halbkugeligen, großen Schildchen, an dem
ſitzenden, runden und comprimirten Hinterleibe, deſſen erſtes Segment jedes der andern in
Länge übertrifft, und an den nach vorn ſchwach verdickten Fühlern. Die Randzelle der Vorder-

[Abbildung] Die Eichenzapfen-Gallwespe (Cynipa fecundatrix).
a
Galle. b Geſchloſſener Cocon. c Geöffneter Cocon, natürliche Größe. d Geöffneter Cocon, vergrößert.
Die gemeine Gallapfelwespe (Cynips folli).
e
Die Wespe, natürliche Größe, f dieſelbe vergrößert. g Gallapfel. h Geſpaltener Gallapfel, mit der Larvenkammer im Mittelpunkte.
flügel iſt geſtreckt, die zweite Unterrandzelle ſehr klein und dreieckig und an dem Grunde jener
gelegen. Die Kiefertaſter werden von fünf, die Lippentaſter von zwei Gliedern zuſammengeſetzt.

Die gemeine Gallapfelwespe (Cynips folii) iſt die Verfertigerin der kugelrunden, fleiſchigen
Galläpfel, welche ſo an der Unterſeite der Eichenblätter angewachſen ſind, daß man auf der Oberfläche
nichts davon bemerkt. Das Thierchen iſt am Hinterleibe glänzend ſchwarz, auf dem Schildchen, an
Beinen und Kopf mehr oder weniger brannroth, hat rauhhaarige Fühler und Beine und eine kleine,
borſtig bewimperte letzte Bauchſchuppe. Zur Zeit, wo die Knospen aller Bäume noch ſchlafen — die
Eiche grünt bekanntlich unter unſeren Waldbäumen zuletzt — kriecht das Thier träge an den noch
völlig unentwickelten Knospen umher und ſticht ein und die andere an, um bei jedem Stiche ein
Ei daran zu legen. Jſt ſeine Arbeit vollendet, ſo ſtirbt es, und wer daher den holden Mai und
das friſche Grün abwartet, ehe er den Wald beſucht, bekommt es im Freien nicht zu ſehen. Die
von ihm getroffenen Blätter ſind es, welche im Sommer und beſonders im Herbſt uns durch jene
rothbäckigen, etwas höckerigen Aepfel in die Augen fallen. Sie waren mit der Made in ihrem
Mittelpunkte entſtanden und reifen mit ihr. Jm Herbſt kann man beim Oeffuen bereits die fertige
Fliege darin finden, welche für gewöhnlich aber erſt im nächſten Jahre ſich herausarbeitet. Ein-
geſchrumpfte, noch am Strauche hängende Galläpfel ſind von Schmarotzern bewohnt, zu denen u. a.

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[245/0267] Eichen-Gallwespen. Gemeine Gallapfelwespe. erleiden, wie ſie Ratzeburg bei einigen Schlupfwespen beobachtete. Wie überall geht die Ent- wickelung bei verſchiedenen Arten in längerer oder kürzerer Zeit vor ſich, nur darin ſtimmen ſie alle überein, daß ſie ſich in ihrer Galle verpuppen, dabei meiſt kein Cocon ſpinnen und als breite Puppen nur kurze Zeit ruhen. Einige können als Larve, andere als Jmago, aber auch dieſes in der noch nicht geöffneten Galle, überwintern. Ein rundes Loch in dieſer beweiſt allemal, daß der Jnſaſſe ſeine Klauſe verlaſſen hat, und oft entſcheidet die Größe des Loches, ob die zu erwartende Gallwespe oder ein Schmarotzer daraus hervorging. Die Eichen-Gallwespen (Cynips), obſchon ohne Männchen, liefern die Grundform der größten, echten Gallwespen und laſſen ſich als Gattung leicht erkennen an dem mehr oder weniger zottig behaarten Rücken des Mittelleibes, an dem faſt halbkugeligen, großen Schildchen, an dem ſitzenden, runden und comprimirten Hinterleibe, deſſen erſtes Segment jedes der andern in Länge übertrifft, und an den nach vorn ſchwach verdickten Fühlern. Die Randzelle der Vorder- [Abbildung Die Eichenzapfen-Gallwespe (Cynipa fecundatrix). a Galle. b Geſchloſſener Cocon. c Geöffneter Cocon, natürliche Größe. d Geöffneter Cocon, vergrößert. Die gemeine Gallapfelwespe (Cynips folli). e Die Wespe, natürliche Größe, f dieſelbe vergrößert. g Gallapfel. h Geſpaltener Gallapfel, mit der Larvenkammer im Mittelpunkte.] flügel iſt geſtreckt, die zweite Unterrandzelle ſehr klein und dreieckig und an dem Grunde jener gelegen. Die Kiefertaſter werden von fünf, die Lippentaſter von zwei Gliedern zuſammengeſetzt. Die gemeine Gallapfelwespe (Cynips folii) iſt die Verfertigerin der kugelrunden, fleiſchigen Galläpfel, welche ſo an der Unterſeite der Eichenblätter angewachſen ſind, daß man auf der Oberfläche nichts davon bemerkt. Das Thierchen iſt am Hinterleibe glänzend ſchwarz, auf dem Schildchen, an Beinen und Kopf mehr oder weniger brannroth, hat rauhhaarige Fühler und Beine und eine kleine, borſtig bewimperte letzte Bauchſchuppe. Zur Zeit, wo die Knospen aller Bäume noch ſchlafen — die Eiche grünt bekanntlich unter unſeren Waldbäumen zuletzt — kriecht das Thier träge an den noch völlig unentwickelten Knospen umher und ſticht ein und die andere an, um bei jedem Stiche ein Ei daran zu legen. Jſt ſeine Arbeit vollendet, ſo ſtirbt es, und wer daher den holden Mai und das friſche Grün abwartet, ehe er den Wald beſucht, bekommt es im Freien nicht zu ſehen. Die von ihm getroffenen Blätter ſind es, welche im Sommer und beſonders im Herbſt uns durch jene rothbäckigen, etwas höckerigen Aepfel in die Augen fallen. Sie waren mit der Made in ihrem Mittelpunkte entſtanden und reifen mit ihr. Jm Herbſt kann man beim Oeffuen bereits die fertige Fliege darin finden, welche für gewöhnlich aber erſt im nächſten Jahre ſich herausarbeitet. Ein- geſchrumpfte, noch am Strauche hängende Galläpfel ſind von Schmarotzern bewohnt, zu denen u. a.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/267>, abgerufen am 23.11.2024.