Eine durch sehr eigenthümlichen Stockbau ausgezeichnete Familiengruppe der Achtstrahler ist diejenige der Rindenkorallen,Corticatae. Bei ihnen besteht der Stock aus einer harten, bald hornartigen, bald kalkigen Axe und einer weicheren, im trockenen Zustande zerreiblichen Rindenschichte, aus welcher die
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[Spaltenumbruch]Orgelkoralle (Tubipora). a Nat. Größe. [Spaltenumbruch]Seefeder (Penatula spinosa). a 1/4 nat. Größe. b etwas vergrößerter Kelch.
blumenartigen Vorderenden der Einzelthiere hervorragen. Das Ganze kommt dadurch zu Stande, daß das Fußblatt der Polypen sehr reichlich die sich fest ver- bindenden harten Bestandtheile des Skeletes absondert, während in den Seitentheilen und der seitlichen Zwischensubstanz nur einzelne, nicht mit einander verschmelzende Kalkkörnchen ab- gelagert werden. Gerade bei diesen Rindenkorallen bliebe aber das allseitige Wachsthum der Are, ihre fortwährende Dicken- zunahme an Stellen, welche ganz außer dem Bereiche der Jndi- viduen liegen -- man betrachte nur den Stiel des Federpo- lypen -- diese Dinge, sage ich, blieben unverständlich, wenn wir uns nicht an die vielverzweigten, den Stock durchziehenden Röhren mit Bildungs- und Nahrungssaft erinnerten, der von allen Mitgliedern des Stockes geliefert wird.
Die Familie der Seefedern, die wir in der typischen Sippe Seefeder (Pennatula) abbilden, besteht, wie der Name besagt, aus federförmigen Stöcken, deren freier Stiel nicht anwächst, sondern lose im Schlamm oder Sande steckt. Die Polypenindividuen sind meist auf den zwei Zeilen der Seitenäste einreihig geordnet, und das Ganze gewährt einen sehr eleganten Anblick. Pennatula ist eine bisher mit etwa 4 Arten vorzugsweise in den europäischen Meeren gefundene Gattung, von der sich eine durch ausnehmende Schlankheit ausgezeichnete Untersippe, Virgularia, in den nordischen Meeren abgezweigt hat. Um so auffallender war die Auffindung einer solchen specifisch nordischen Form in der Nähe von Fiume im Quarnero (Virgularia multiflora), und mit Recht machte der Entdecker, Lorenz, darauf aufmerksam, daß in dieser tiefsten Stelle des quarnerischen Meeres noch ein zweites Thier von nordischer Heimath, der Krebs Nephrops norvegicus (vergl. Seite 644) vorkäme. Die Vermuthung ist gerechtfertigt, daß beide Thiere, denen ich einen Schwamm angereiht habe, aus jener fernen Vergangenheit zurückgelassene Posten sind, wo in Folge der großen europäischen Vergletscherung die nordische Thierwelt beträchtlich nach dem Süden vorzurücken genöthigt war.
Bei dem Worte "Korallen" werden die meisten Leser an keine andere, als an die Koralle gedacht haben, welche als Edelkoralle (Corallium rubrum) in der That die edelste von allen ist und deren rothe Axe, der schönsten Politur fähig, zu kostbarem Schmucke sich verarbeiten läßt. Sie war schon den alten Culturvölkern des Mittelmeeres -- denn nur in ihm lebt sie -- ein gesuchtes Kleinod, von dessen Natur man jedoch eine sehr sonderbare Vorstellung hatte. Jm
Orgelkoralle. Seefeder. Edelkoralle.
Eine durch ſehr eigenthümlichen Stockbau ausgezeichnete Familiengruppe der Achtſtrahler iſt diejenige der Rindenkorallen,Corticatae. Bei ihnen beſteht der Stock aus einer harten, bald hornartigen, bald kalkigen Axe und einer weicheren, im trockenen Zuſtande zerreiblichen Rindenſchichte, aus welcher die
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[Spaltenumbruch]Orgelkoralle (Tubipora). a Nat. Größe. [Spaltenumbruch]Seefeder (Penatula spinosa). a ¼ nat. Größe. b etwas vergrößerter Kelch.
blumenartigen Vorderenden der Einzelthiere hervorragen. Das Ganze kommt dadurch zu Stande, daß das Fußblatt der Polypen ſehr reichlich die ſich feſt ver- bindenden harten Beſtandtheile des Skeletes abſondert, während in den Seitentheilen und der ſeitlichen Zwiſchenſubſtanz nur einzelne, nicht mit einander verſchmelzende Kalkkörnchen ab- gelagert werden. Gerade bei dieſen Rindenkorallen bliebe aber das allſeitige Wachsthum der Are, ihre fortwährende Dicken- zunahme an Stellen, welche ganz außer dem Bereiche der Jndi- viduen liegen — man betrachte nur den Stiel des Federpo- lypen — dieſe Dinge, ſage ich, blieben unverſtändlich, wenn wir uns nicht an die vielverzweigten, den Stock durchziehenden Röhren mit Bildungs- und Nahrungsſaft erinnerten, der von allen Mitgliedern des Stockes geliefert wird.
Die Familie der Seefedern, die wir in der typiſchen Sippe Seefeder (Pennatula) abbilden, beſteht, wie der Name beſagt, aus federförmigen Stöcken, deren freier Stiel nicht anwächſt, ſondern loſe im Schlamm oder Sande ſteckt. Die Polypenindividuen ſind meiſt auf den zwei Zeilen der Seitenäſte einreihig geordnet, und das Ganze gewährt einen ſehr eleganten Anblick. Pennatula iſt eine bisher mit etwa 4 Arten vorzugsweiſe in den europäiſchen Meeren gefundene Gattung, von der ſich eine durch ausnehmende Schlankheit ausgezeichnete Unterſippe, Virgularia, in den nordiſchen Meeren abgezweigt hat. Um ſo auffallender war die Auffindung einer ſolchen ſpecifiſch nordiſchen Form in der Nähe von Fiume im Quarnero (Virgularia multiflora), und mit Recht machte der Entdecker, Lorenz, darauf aufmerkſam, daß in dieſer tiefſten Stelle des quarneriſchen Meeres noch ein zweites Thier von nordiſcher Heimath, der Krebs Nephrops norvegicus (vergl. Seite 644) vorkäme. Die Vermuthung iſt gerechtfertigt, daß beide Thiere, denen ich einen Schwamm angereiht habe, aus jener fernen Vergangenheit zurückgelaſſene Poſten ſind, wo in Folge der großen europäiſchen Vergletſcherung die nordiſche Thierwelt beträchtlich nach dem Süden vorzurücken genöthigt war.
Bei dem Worte „Korallen“ werden die meiſten Leſer an keine andere, als an die Koralle gedacht haben, welche als Edelkoralle (Corallium rubrum) in der That die edelſte von allen iſt und deren rothe Axe, der ſchönſten Politur fähig, zu koſtbarem Schmucke ſich verarbeiten läßt. Sie war ſchon den alten Culturvölkern des Mittelmeeres — denn nur in ihm lebt ſie — ein geſuchtes Kleinod, von deſſen Natur man jedoch eine ſehr ſonderbare Vorſtellung hatte. Jm
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Orgelkoralle. Seefeder. Edelkoralle.
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bald hornartigen, bald kalkigen Axe und einer weicheren, im trockenen Zuſtande zerreiblichen
Rindenſchichte, aus welcher die
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Orgelkoralle (Tubipora).
a Nat. Größe.
Seefeder (Penatula spinosa).
a ¼ nat. Größe. b etwas vergrößerter Kelch.]
blumenartigen Vorderenden der
Einzelthiere hervorragen. Das
Ganze kommt dadurch zu Stande,
daß das Fußblatt der Polypen
ſehr reichlich die ſich feſt ver-
bindenden harten Beſtandtheile
des Skeletes abſondert, während
in den Seitentheilen und der
ſeitlichen Zwiſchenſubſtanz nur
einzelne, nicht mit einander
verſchmelzende Kalkkörnchen ab-
gelagert werden. Gerade bei
dieſen Rindenkorallen bliebe aber
das allſeitige Wachsthum der
Are, ihre fortwährende Dicken-
zunahme an Stellen, welche ganz
außer dem Bereiche der Jndi-
viduen liegen — man betrachte
nur den Stiel des Federpo-
lypen — dieſe Dinge, ſage ich,
blieben unverſtändlich, wenn
wir uns nicht an die vielverzweigten, den Stock durchziehenden Röhren mit Bildungs- und
Nahrungsſaft erinnerten, der von allen Mitgliedern des Stockes geliefert wird.
Die Familie der Seefedern, die wir in der typiſchen Sippe Seefeder (Pennatula) abbilden,
beſteht, wie der Name beſagt, aus federförmigen Stöcken, deren freier Stiel nicht anwächſt, ſondern
loſe im Schlamm oder Sande ſteckt. Die Polypenindividuen ſind meiſt auf den zwei Zeilen der
Seitenäſte einreihig geordnet, und das Ganze gewährt einen ſehr eleganten Anblick. Pennatula
iſt eine bisher mit etwa 4 Arten vorzugsweiſe in den europäiſchen Meeren gefundene Gattung,
von der ſich eine durch ausnehmende Schlankheit ausgezeichnete Unterſippe, Virgularia, in den
nordiſchen Meeren abgezweigt hat. Um ſo auffallender war die Auffindung einer ſolchen ſpecifiſch
nordiſchen Form in der Nähe von Fiume im Quarnero (Virgularia multiflora), und mit Recht
machte der Entdecker, Lorenz, darauf aufmerkſam, daß in dieſer tiefſten Stelle des quarneriſchen
Meeres noch ein zweites Thier von nordiſcher Heimath, der Krebs Nephrops norvegicus (vergl.
Seite 644) vorkäme. Die Vermuthung iſt gerechtfertigt, daß beide Thiere, denen ich einen
Schwamm angereiht habe, aus jener fernen Vergangenheit zurückgelaſſene Poſten ſind, wo in
Folge der großen europäiſchen Vergletſcherung die nordiſche Thierwelt beträchtlich nach dem Süden
vorzurücken genöthigt war.
Bei dem Worte „Korallen“ werden die meiſten Leſer an keine andere, als an die Koralle
gedacht haben, welche als Edelkoralle (Corallium rubrum) in der That die edelſte von allen
iſt und deren rothe Axe, der ſchönſten Politur fähig, zu koſtbarem Schmucke ſich verarbeiten läßt.
Sie war ſchon den alten Culturvölkern des Mittelmeeres — denn nur in ihm lebt ſie — ein
geſuchtes Kleinod, von deſſen Natur man jedoch eine ſehr ſonderbare Vorſtellung hatte. Jm
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 1003. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/1057>, abgerufen am 23.11.2024.
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