Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Edelfische. Aalfische. Seeaale. Muraale.
ist ein ungemein gefräßiges Thier, welches nach Raubfischart auch Schwächere seines Geschlechtes
nicht verschont: aus dem Magen eines Stückes von fünfundzwanzig Pfund Gewicht nahm Yarrell
drei Schollen und einen jungen Meeraal von drei Fuß Länge. Die Kraft seiner Kinnlade ist so
bedeutend, daß Muscheln leicht zermalmt werden. Nicht selten untersucht der Räuber die Hummer-
körbe und bemächtigt sich der in ihnen gefangenen Krebse, muß seine Raublust aber oft mit Freiheit
und Leben büßen. Jm Gegensatze zum Aale kann man bei ihm die Geschlechter während der kalten
Monate sehr wohl unterscheiden. Die Laichzeit fällt in den Dezember oder Januar. Junge von
Fingerlänge sieht man an felsigen Küsten während des Sommers.

[Abbildung] Der Meeraal (Conger vulgaris). Nat. Größe bis 10 Fuß.

Obgleich das Fleisch des Meeraales nicht gerade in besonderer Achtung steht, wird sein Fang
doch eifrig betrieben, weil jenes von Aermeren als billige Nahrung gesucht wird. Früher trocknete
man an den englischen Küsten viele dieser Fische zur Ausfuhr nach Spanien und Südfrankreich, zer-
kleinerte hier oder dort das Fleisch zu einem groben Pulver und benutzte es zur Bereitung von
Suppen und ähnlichen Speisen. An den Küsten von Cornwall benutzt man zum Fange vorzugs-
weise Lang- und Handleinen, deren Angeln mit Pilchards geködert werden, während man an der
französischen Küste den Sandaal jedem anderen Köder vorzieht. Je dunkler die Nacht, um so reichlicher
die Beute. Couch versichert, daß drei Mann zuweilen bis vierzig Centner dieser Fische in einer
einzigen Nacht erbeuten. Auf den Orkneyinseln verhilft der Fischotter, welcher dort bekanntlich ins
Meer geht, den Küstenbewohnern oft zu einem Gericht Meeraale, indem er von den von ihm
gefangenen und ans Land geschleppten Fischen nur ein Wenig frißt und das Uebrige für Diejenigen

Die Edelfiſche. Aalfiſche. Seeaale. Muraale.
iſt ein ungemein gefräßiges Thier, welches nach Raubfiſchart auch Schwächere ſeines Geſchlechtes
nicht verſchont: aus dem Magen eines Stückes von fünfundzwanzig Pfund Gewicht nahm Yarrell
drei Schollen und einen jungen Meeraal von drei Fuß Länge. Die Kraft ſeiner Kinnlade iſt ſo
bedeutend, daß Muſcheln leicht zermalmt werden. Nicht ſelten unterſucht der Räuber die Hummer-
körbe und bemächtigt ſich der in ihnen gefangenen Krebſe, muß ſeine Raubluſt aber oft mit Freiheit
und Leben büßen. Jm Gegenſatze zum Aale kann man bei ihm die Geſchlechter während der kalten
Monate ſehr wohl unterſcheiden. Die Laichzeit fällt in den Dezember oder Januar. Junge von
Fingerlänge ſieht man an felſigen Küſten während des Sommers.

[Abbildung] Der Meeraal (Conger vulgaris). Nat. Größe bis 10 Fuß.

Obgleich das Fleiſch des Meeraales nicht gerade in beſonderer Achtung ſteht, wird ſein Fang
doch eifrig betrieben, weil jenes von Aermeren als billige Nahrung geſucht wird. Früher trocknete
man an den engliſchen Küſten viele dieſer Fiſche zur Ausfuhr nach Spanien und Südfrankreich, zer-
kleinerte hier oder dort das Fleiſch zu einem groben Pulver und benutzte es zur Bereitung von
Suppen und ähnlichen Speiſen. An den Küſten von Cornwall benutzt man zum Fange vorzugs-
weiſe Lang- und Handleinen, deren Angeln mit Pilchards geködert werden, während man an der
franzöſiſchen Küſte den Sandaal jedem anderen Köder vorzieht. Je dunkler die Nacht, um ſo reichlicher
die Beute. Couch verſichert, daß drei Mann zuweilen bis vierzig Centner dieſer Fiſche in einer
einzigen Nacht erbeuten. Auf den Orkneyinſeln verhilft der Fiſchotter, welcher dort bekanntlich ins
Meer geht, den Küſtenbewohnern oft zu einem Gericht Meeraale, indem er von den von ihm
gefangenen und ans Land geſchleppten Fiſchen nur ein Wenig frißt und das Uebrige für Diejenigen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0788" n="746"/><fw place="top" type="header">Die Edelfi&#x017F;che. Aalfi&#x017F;che. Seeaale. Muraale.</fw><lb/>
i&#x017F;t ein ungemein gefräßiges Thier, welches nach Raubfi&#x017F;chart auch Schwächere &#x017F;eines Ge&#x017F;chlechtes<lb/>
nicht ver&#x017F;chont: aus dem Magen eines Stückes von fünfundzwanzig Pfund Gewicht nahm <hi rendition="#g">Yarrell</hi><lb/>
drei Schollen und einen jungen Meeraal von drei Fuß Länge. Die Kraft &#x017F;einer Kinnlade i&#x017F;t &#x017F;o<lb/>
bedeutend, daß Mu&#x017F;cheln leicht zermalmt werden. Nicht &#x017F;elten unter&#x017F;ucht der Räuber die Hummer-<lb/>
körbe und bemächtigt &#x017F;ich der in ihnen gefangenen Kreb&#x017F;e, muß &#x017F;eine Raublu&#x017F;t aber oft mit Freiheit<lb/>
und Leben büßen. Jm Gegen&#x017F;atze zum Aale kann man bei ihm die Ge&#x017F;chlechter während der kalten<lb/>
Monate &#x017F;ehr wohl unter&#x017F;cheiden. Die Laichzeit fällt in den Dezember oder Januar. Junge von<lb/>
Fingerlänge &#x017F;ieht man an fel&#x017F;igen Kü&#x017F;ten während des Sommers.</p><lb/>
            <figure>
              <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Meeraal</hi> (<hi rendition="#aq">Conger vulgaris</hi>). Nat. Größe bis 10 Fuß.</hi> </head>
            </figure><lb/>
            <p>Obgleich das Flei&#x017F;ch des Meeraales nicht gerade in be&#x017F;onderer Achtung &#x017F;teht, wird &#x017F;ein Fang<lb/>
doch eifrig betrieben, weil jenes von Aermeren als billige Nahrung ge&#x017F;ucht wird. Früher trocknete<lb/>
man an den engli&#x017F;chen Kü&#x017F;ten viele die&#x017F;er Fi&#x017F;che zur Ausfuhr nach Spanien und Südfrankreich, zer-<lb/>
kleinerte hier oder dort das Flei&#x017F;ch zu einem groben Pulver und benutzte es zur Bereitung von<lb/>
Suppen und ähnlichen Spei&#x017F;en. An den Kü&#x017F;ten von Cornwall benutzt man zum Fange vorzugs-<lb/>
wei&#x017F;e Lang- und Handleinen, deren Angeln mit Pilchards geködert werden, während man an der<lb/>
franzö&#x017F;i&#x017F;chen Kü&#x017F;te den Sandaal jedem anderen Köder vorzieht. Je dunkler die Nacht, um &#x017F;o reichlicher<lb/>
die Beute. <hi rendition="#g">Couch</hi> ver&#x017F;ichert, daß drei Mann zuweilen bis vierzig Centner die&#x017F;er Fi&#x017F;che in einer<lb/>
einzigen Nacht erbeuten. Auf den Orkneyin&#x017F;eln verhilft der Fi&#x017F;chotter, welcher dort bekanntlich ins<lb/>
Meer geht, den Kü&#x017F;tenbewohnern oft zu einem Gericht Meeraale, indem er von den von ihm<lb/>
gefangenen und ans Land ge&#x017F;chleppten Fi&#x017F;chen nur ein Wenig frißt und das Uebrige für Diejenigen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[746/0788] Die Edelfiſche. Aalfiſche. Seeaale. Muraale. iſt ein ungemein gefräßiges Thier, welches nach Raubfiſchart auch Schwächere ſeines Geſchlechtes nicht verſchont: aus dem Magen eines Stückes von fünfundzwanzig Pfund Gewicht nahm Yarrell drei Schollen und einen jungen Meeraal von drei Fuß Länge. Die Kraft ſeiner Kinnlade iſt ſo bedeutend, daß Muſcheln leicht zermalmt werden. Nicht ſelten unterſucht der Räuber die Hummer- körbe und bemächtigt ſich der in ihnen gefangenen Krebſe, muß ſeine Raubluſt aber oft mit Freiheit und Leben büßen. Jm Gegenſatze zum Aale kann man bei ihm die Geſchlechter während der kalten Monate ſehr wohl unterſcheiden. Die Laichzeit fällt in den Dezember oder Januar. Junge von Fingerlänge ſieht man an felſigen Küſten während des Sommers. [Abbildung Der Meeraal (Conger vulgaris). Nat. Größe bis 10 Fuß.] Obgleich das Fleiſch des Meeraales nicht gerade in beſonderer Achtung ſteht, wird ſein Fang doch eifrig betrieben, weil jenes von Aermeren als billige Nahrung geſucht wird. Früher trocknete man an den engliſchen Küſten viele dieſer Fiſche zur Ausfuhr nach Spanien und Südfrankreich, zer- kleinerte hier oder dort das Fleiſch zu einem groben Pulver und benutzte es zur Bereitung von Suppen und ähnlichen Speiſen. An den Küſten von Cornwall benutzt man zum Fange vorzugs- weiſe Lang- und Handleinen, deren Angeln mit Pilchards geködert werden, während man an der franzöſiſchen Küſte den Sandaal jedem anderen Köder vorzieht. Je dunkler die Nacht, um ſo reichlicher die Beute. Couch verſichert, daß drei Mann zuweilen bis vierzig Centner dieſer Fiſche in einer einzigen Nacht erbeuten. Auf den Orkneyinſeln verhilft der Fiſchotter, welcher dort bekanntlich ins Meer geht, den Küſtenbewohnern oft zu einem Gericht Meeraale, indem er von den von ihm gefangenen und ans Land geſchleppten Fiſchen nur ein Wenig frißt und das Uebrige für Diejenigen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/788
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 746. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/788>, abgerufen am 16.06.2024.