und ein halb Linien ausgewachsener, wurmförmiger Strang frei am Hinterleibe herabhängt. Jch habe diese Legröhre bei größeren Stücken einundeinhalb bis zwei Zoll lang entwickelt gesehen. Dieses Organ ragt dann mit seiner Spitze oft über das Ende der Schwanzflosse hinaus und verleiht dem Fischchen während des Schwimmens ein sonderbares Ansehen; man möchte glauben, es hinge ihm ein verschluckter Regenwurm oder der eigene Darm aus dem After hervor." Von der Bedeutung dieses Organs als Legröhre überzeugte sich Siebold gelegentlich eines Besuches des Straßburger Fischmarktes, auf welchem eine außerordentliche Menge gefangener Bitterlinge zum Verkauf aus- gestellt waren. Viele der Weibchen waren eben im Begriffe, ihre gelben Eier abzulegen, und die lange Legröhre glich einer Perlenschnur, indem sie von der Wurzel bis zur Spitze mit Eiern angefüllt und von ihnen ausgedehnt war. Die Eier lagen in einfacher Reihe hinter einander, waren in Folge der Enge der Röhre der Länge nach zusammengedrückt worden, nahmen jedoch ihre Rundung sofort, nachdem sie aus der Spitze der Legröhre hervorgetreten waren, wieder an. Als bemerkenswerth hebt gedachter Forscher noch den Umstand hervor, daß die lange Legröhre sich jedesmal, nachdem sie ihre Thätigkeit verrichtet, wieder verkürzt und bis auf eine ganz kurze, anderthalb Linien lange, warzen- artige Ausstülpung zurückbleibt.
Soweit bisjetzt bekannt, erstreckt sich der Verbreitungskreis des Bitterlings über ganz Mittel- und Osteuropa und ebenso über einen Theil Asiens. Jn der Donau und ihren Zuflüssen, im Rheine, dem Gebiet der Elbe und der Weichsel ist er stellenweise häufig, ebenso in Taurien, da, wo sich Gewässer finden, wie er sie liebt. Nach Angabe der Forscher und Fischer, welche ihn in der Freiheit beobachteten, bevorzugt er reines, fließendes Wasser mit steinigtem Grunde, nach Siebold ins- besondere die sogenannten todten Arme der Flüsse und Bäche. Von der Ebene steigt er ins Hügel- land und selbst zum Mittelgebirge auf. Seine Nahrung scheint in Pflanzenstoffen zu bestehen, wenigstens fand Siebold in dem sehr langen Darmschlauche des Fischchens immer nur die Reste verschiedener Algen und Federalgen (Diatomeen). Jn Frankreich soll er, laut Valenciennes, in den Monaten Mai und August laichen; die deutschen Forscher hingegen geben übereinstimmend den April als die Zeit der Fortpflanzung an. Seine Vermehrung ist nicht stark, weil die Eier etwas über eine Linie im Durchmesser haben, also im Verhältnisse zur Größe des Fischchens als unverhältnißmäßig groß bezeichnet werden müssen. "Zur Laichzeit", sagen Heckel und Kner, "zeichnet er sich durch einen hohen Grad von Lebenszähigkeit aus. Nachdem gleichzeitig mit ihm gefangene, ebenfalls laichende andere Arten schon vor vierzehn bis sechzehn Stunden gestorben waren, tummelten sich in demselben Wassereimer die Männchen dieser Art noch munter umher und lebten selbst in starkem Branntwein noch volle drei oder vier Minuten."
Wegen des bitteren Geschmackes, welcher das Fleisch dieses Fischchens für uns fast oder wirklich ungenießbar macht, wird es wenig gefangen, eigentlich nur, um es zum Ködern der Angeln zu benutzen. Um so mehr dürfte der Bitterling als Zierfisch für Zimmeraquarien sich eignen; seine Farbenpracht und seine Lebenszähigkeit empfehlen ihn im höchsten Grade und gerade der Wechsel, welchen die Laichzeit hervorbringt, macht ihn für den Liebhaber besonders anziehend.
Eine der zahlreicheren Sippen der Karpfenfamilie umfaßt die Brachsen(Abramis). Jhr Leib ist hoch, seitlich zusammengedrückt; der schief gestellte Mund hat keine Bärteln; die Rückenflosse fällt von oben nach hinten steil ab; die Afterflosse übertrifft sie bedeutend an Länge; die Schwanz- flosse ist ungleichlappig und tief gabelförmig ausgeschnitten; die Schuppen des Vorderrückens sind wirbelständig getheilt, sozusagen gescheitelt, indem die Mittellinie hier als schuppenlose Längsfurche erscheint und jederseits nur durch kleine Schuppen eingefaßt wird; die Unterseite kantet sich von den Bauchflossen bis zur Aftergrube scharf zu und bildet gleichzeitig eine ebenfalls schuppenlose Haut-
Die Edelfiſche. Karpfen. Bitterfiſche. Brachſen.
und ein halb Linien ausgewachſener, wurmförmiger Strang frei am Hinterleibe herabhängt. Jch habe dieſe Legröhre bei größeren Stücken einundeinhalb bis zwei Zoll lang entwickelt geſehen. Dieſes Organ ragt dann mit ſeiner Spitze oft über das Ende der Schwanzfloſſe hinaus und verleiht dem Fiſchchen während des Schwimmens ein ſonderbares Anſehen; man möchte glauben, es hinge ihm ein verſchluckter Regenwurm oder der eigene Darm aus dem After hervor.“ Von der Bedeutung dieſes Organs als Legröhre überzeugte ſich Siebold gelegentlich eines Beſuches des Straßburger Fiſchmarktes, auf welchem eine außerordentliche Menge gefangener Bitterlinge zum Verkauf aus- geſtellt waren. Viele der Weibchen waren eben im Begriffe, ihre gelben Eier abzulegen, und die lange Legröhre glich einer Perlenſchnur, indem ſie von der Wurzel bis zur Spitze mit Eiern angefüllt und von ihnen ausgedehnt war. Die Eier lagen in einfacher Reihe hinter einander, waren in Folge der Enge der Röhre der Länge nach zuſammengedrückt worden, nahmen jedoch ihre Rundung ſofort, nachdem ſie aus der Spitze der Legröhre hervorgetreten waren, wieder an. Als bemerkenswerth hebt gedachter Forſcher noch den Umſtand hervor, daß die lange Legröhre ſich jedesmal, nachdem ſie ihre Thätigkeit verrichtet, wieder verkürzt und bis auf eine ganz kurze, anderthalb Linien lange, warzen- artige Ausſtülpung zurückbleibt.
Soweit bisjetzt bekannt, erſtreckt ſich der Verbreitungskreis des Bitterlings über ganz Mittel- und Oſteuropa und ebenſo über einen Theil Aſiens. Jn der Donau und ihren Zuflüſſen, im Rheine, dem Gebiet der Elbe und der Weichſel iſt er ſtellenweiſe häufig, ebenſo in Taurien, da, wo ſich Gewäſſer finden, wie er ſie liebt. Nach Angabe der Forſcher und Fiſcher, welche ihn in der Freiheit beobachteten, bevorzugt er reines, fließendes Waſſer mit ſteinigtem Grunde, nach Siebold ins- beſondere die ſogenannten todten Arme der Flüſſe und Bäche. Von der Ebene ſteigt er ins Hügel- land und ſelbſt zum Mittelgebirge auf. Seine Nahrung ſcheint in Pflanzenſtoffen zu beſtehen, wenigſtens fand Siebold in dem ſehr langen Darmſchlauche des Fiſchchens immer nur die Reſte verſchiedener Algen und Federalgen (Diatomeen). Jn Frankreich ſoll er, laut Valenciennes, in den Monaten Mai und Auguſt laichen; die deutſchen Forſcher hingegen geben übereinſtimmend den April als die Zeit der Fortpflanzung an. Seine Vermehrung iſt nicht ſtark, weil die Eier etwas über eine Linie im Durchmeſſer haben, alſo im Verhältniſſe zur Größe des Fiſchchens als unverhältnißmäßig groß bezeichnet werden müſſen. „Zur Laichzeit“, ſagen Heckel und Kner, „zeichnet er ſich durch einen hohen Grad von Lebenszähigkeit aus. Nachdem gleichzeitig mit ihm gefangene, ebenfalls laichende andere Arten ſchon vor vierzehn bis ſechzehn Stunden geſtorben waren, tummelten ſich in demſelben Waſſereimer die Männchen dieſer Art noch munter umher und lebten ſelbſt in ſtarkem Branntwein noch volle drei oder vier Minuten.“
Wegen des bitteren Geſchmackes, welcher das Fleiſch dieſes Fiſchchens für uns faſt oder wirklich ungenießbar macht, wird es wenig gefangen, eigentlich nur, um es zum Ködern der Angeln zu benutzen. Um ſo mehr dürfte der Bitterling als Zierfiſch für Zimmeraquarien ſich eignen; ſeine Farbenpracht und ſeine Lebenszähigkeit empfehlen ihn im höchſten Grade und gerade der Wechſel, welchen die Laichzeit hervorbringt, macht ihn für den Liebhaber beſonders anziehend.
Eine der zahlreicheren Sippen der Karpfenfamilie umfaßt die Brachſen(Abramis). Jhr Leib iſt hoch, ſeitlich zuſammengedrückt; der ſchief geſtellte Mund hat keine Bärteln; die Rückenfloſſe fällt von oben nach hinten ſteil ab; die Afterfloſſe übertrifft ſie bedeutend an Länge; die Schwanz- floſſe iſt ungleichlappig und tief gabelförmig ausgeſchnitten; die Schuppen des Vorderrückens ſind wirbelſtändig getheilt, ſozuſagen geſcheitelt, indem die Mittellinie hier als ſchuppenloſe Längsfurche erſcheint und jederſeits nur durch kleine Schuppen eingefaßt wird; die Unterſeite kantet ſich von den Bauchfloſſen bis zur Aftergrube ſcharf zu und bildet gleichzeitig eine ebenfalls ſchuppenloſe Haut-
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Die Edelfiſche. Karpfen. Bitterfiſche. Brachſen.
und ein halb Linien ausgewachſener, wurmförmiger Strang frei am Hinterleibe herabhängt. Jch
habe dieſe Legröhre bei größeren Stücken einundeinhalb bis zwei Zoll lang entwickelt geſehen. Dieſes
Organ ragt dann mit ſeiner Spitze oft über das Ende der Schwanzfloſſe hinaus und verleiht dem
Fiſchchen während des Schwimmens ein ſonderbares Anſehen; man möchte glauben, es hinge ihm
ein verſchluckter Regenwurm oder der eigene Darm aus dem After hervor.“ Von der Bedeutung
dieſes Organs als Legröhre überzeugte ſich Siebold gelegentlich eines Beſuches des Straßburger
Fiſchmarktes, auf welchem eine außerordentliche Menge gefangener Bitterlinge zum Verkauf aus-
geſtellt waren. Viele der Weibchen waren eben im Begriffe, ihre gelben Eier abzulegen, und die
lange Legröhre glich einer Perlenſchnur, indem ſie von der Wurzel bis zur Spitze mit Eiern angefüllt
und von ihnen ausgedehnt war. Die Eier lagen in einfacher Reihe hinter einander, waren in Folge
der Enge der Röhre der Länge nach zuſammengedrückt worden, nahmen jedoch ihre Rundung ſofort,
nachdem ſie aus der Spitze der Legröhre hervorgetreten waren, wieder an. Als bemerkenswerth hebt
gedachter Forſcher noch den Umſtand hervor, daß die lange Legröhre ſich jedesmal, nachdem ſie ihre
Thätigkeit verrichtet, wieder verkürzt und bis auf eine ganz kurze, anderthalb Linien lange, warzen-
artige Ausſtülpung zurückbleibt.
Soweit bisjetzt bekannt, erſtreckt ſich der Verbreitungskreis des Bitterlings über ganz Mittel-
und Oſteuropa und ebenſo über einen Theil Aſiens. Jn der Donau und ihren Zuflüſſen, im Rheine,
dem Gebiet der Elbe und der Weichſel iſt er ſtellenweiſe häufig, ebenſo in Taurien, da, wo ſich
Gewäſſer finden, wie er ſie liebt. Nach Angabe der Forſcher und Fiſcher, welche ihn in der Freiheit
beobachteten, bevorzugt er reines, fließendes Waſſer mit ſteinigtem Grunde, nach Siebold ins-
beſondere die ſogenannten todten Arme der Flüſſe und Bäche. Von der Ebene ſteigt er ins Hügel-
land und ſelbſt zum Mittelgebirge auf. Seine Nahrung ſcheint in Pflanzenſtoffen zu beſtehen,
wenigſtens fand Siebold in dem ſehr langen Darmſchlauche des Fiſchchens immer nur die Reſte
verſchiedener Algen und Federalgen (Diatomeen). Jn Frankreich ſoll er, laut Valenciennes, in
den Monaten Mai und Auguſt laichen; die deutſchen Forſcher hingegen geben übereinſtimmend den
April als die Zeit der Fortpflanzung an. Seine Vermehrung iſt nicht ſtark, weil die Eier etwas über
eine Linie im Durchmeſſer haben, alſo im Verhältniſſe zur Größe des Fiſchchens als unverhältnißmäßig
groß bezeichnet werden müſſen. „Zur Laichzeit“, ſagen Heckel und Kner, „zeichnet er ſich durch
einen hohen Grad von Lebenszähigkeit aus. Nachdem gleichzeitig mit ihm gefangene, ebenfalls
laichende andere Arten ſchon vor vierzehn bis ſechzehn Stunden geſtorben waren, tummelten ſich in
demſelben Waſſereimer die Männchen dieſer Art noch munter umher und lebten ſelbſt in ſtarkem
Branntwein noch volle drei oder vier Minuten.“
Wegen des bitteren Geſchmackes, welcher das Fleiſch dieſes Fiſchchens für uns faſt oder wirklich
ungenießbar macht, wird es wenig gefangen, eigentlich nur, um es zum Ködern der Angeln zu
benutzen. Um ſo mehr dürfte der Bitterling als Zierfiſch für Zimmeraquarien ſich eignen; ſeine
Farbenpracht und ſeine Lebenszähigkeit empfehlen ihn im höchſten Grade und gerade der Wechſel,
welchen die Laichzeit hervorbringt, macht ihn für den Liebhaber beſonders anziehend.
Eine der zahlreicheren Sippen der Karpfenfamilie umfaßt die Brachſen (Abramis). Jhr
Leib iſt hoch, ſeitlich zuſammengedrückt; der ſchief geſtellte Mund hat keine Bärteln; die Rückenfloſſe
fällt von oben nach hinten ſteil ab; die Afterfloſſe übertrifft ſie bedeutend an Länge; die Schwanz-
floſſe iſt ungleichlappig und tief gabelförmig ausgeſchnitten; die Schuppen des Vorderrückens ſind
wirbelſtändig getheilt, ſozuſagen geſcheitelt, indem die Mittellinie hier als ſchuppenloſe Längsfurche
erſcheint und jederſeits nur durch kleine Schuppen eingefaßt wird; die Unterſeite kantet ſich von den
Bauchfloſſen bis zur Aftergrube ſcharf zu und bildet gleichzeitig eine ebenfalls ſchuppenloſe Haut-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 660. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/698>, abgerufen am 16.07.2024.
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