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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Weichflosser. Schellfische. Merlane. Meerhechte.
mehtertheil vergraben hat müssen, damit die Fischer deß häßlichen Gestancks der erfauleten Fischen
entlediget würden." Auch er nährt sich hauptsächlich von Krustern verschiedener Art, wie seine
größeren Verwandten, denen er häufig zur Beute dienen muß. Nach Bloch sollen die Fischer der
Ostsee sein Erscheinen an den Küsten mit Freuden begrüßen, weil sie ihn als den Vorläufer und
Führer der Dorsche und anderer werthvoller Fische betrachten. Sein Fleisch wird ungeachtet des
guten Geschmackes wenig geschätzt und gewöhnlich nur zum Köder für andere Fische benutzt. Die
Fortpflanzung fällt in den April und Mai.



Merlane (Merlangus) nennt man Schellfische ohne Bärtel am Kinn, welche mit den Weichfischen
in allem Uebrigen übereinstimmen.

Der geschätzteste Vertreter dieser Sippe ist der Wittling (Merlangus vulgaris), ein Fisch von
12 bis 16 Zoll Länge, dessen Gewicht nur in seltenen Fällen bis zu 4 bis 6 Pfund ansteigt, und
blaßröthlichbrauner, ins Aschgraue spielender Färbung, welche auf den Seiten und dem Bauche in
Silberweiß übergeht, ausgezeichnet noch durch dunkle Flecken an der Wurzel der Brustflossen. Die
erste Rückenflosse spannen 13, die zweite 19, die dritte 18, die Brustflosse 10, die Bauchflosse 6, die
erste Rückenflosse 31, die zweite 20, die Schwanzflosse 30 Strahlen.

Jn den westeuropäischen Meeren ist der Wittling nirgends selten; in der Nord- und Ostsee
tritt er minder häufig auf, wie er überhaupt an Geselligkeit weit hinter seinen bisher beschriebenen
Familienverwandten zurücksteht. Nach Norden hin scheinen die Orkaden sein Verbreitungsgebiet zu
begrenzen; nach Süden hin kommt er bis an die Küste Portugals vor. Jn den großbritannischen
Gewässern trifft man ihn zuweilen in beträchtlicher Anzahl, obschon verhältnißmäßig einzeln.
Während der Fortpflanzungszeit, welche in die Monate Januar und Februar fällt, vereinigt auch er
sich zu zahlreicheren Schaaren und nähert sich dann bis auf eine halbe Seemeile der Küste. Seine
Nahrung besteht aus Krustern, Würmern und kleinen Fischen bis zur Größe des Pilchard;
letzterem zu Gefallen verläßt er selbst seine Lieblingsplätze, sandige Gründe. Der Fang geschieht
ebenfalls hauptsächlich mit der Leine, seltener mit Netzen, und gilt für sehr einträglich, weil das aus-
gezeichnete, an Güte das jedes anderen Schellfisches übertreffende, höchst schmackhafte und leicht
verdauliche Fleisch mit Recht hoch geschätzt wird. Bei reichlichem Fange trocknet man auch Witt-
linge; hierdurch verliert das Fleisch aber in noch höherem Grade als das des Kabeljau an Geschmack
und findet dann höchstens noch in den Schiffern, wenn auch nicht Liebhaber, so doch Esser.

Eine zweite Art der Sippe, ihrer dunklen Farbe wegen der Köhler (Merlangus carbonarius)
genannt, gehört mehr den nördlichen Meeren an, obwohl er auch noch in der Nordsee, der Ostsee und
dem atlantischen Meere gefunden wird. Um Jsland, Grönland und Finnland ist er nicht selten, bei
Spitzbergen, wenn auch nicht der einzige, so doch einer der hervorragendsten und häufigsten Fische.
Jn westlicher Richtung verbreitet er sich bis an die Küsten der Vereinigten Staaten. Zu seinem
Aufenthaltsorte wählt er sich, laut Couch, am Liebsten felsigen Grund in nicht allzu großer Tiefe,
und hier insbesondere Klippen, welche von den Wogen umtobt werden; denn er pflegt sich wie manche
Raubfische an einer geschützten Stelle aufzustellen, den Strom genau zu beobachten und auf jeden
versprechenden Gegenstand, gleichviel ob derselbe lebend oder todt, hervorzuschießen. Thomson fand
in dem Magen des Köhlers hauptsächlich Kruster, gelegentlich auch Muschelthiere, während der
Laichzeit kleinerer Fische, insbesondere der Heringe, fast ausschließlich diese. Seine Fortpflanzung
fällt in das Frühjahr; ausgeschlüpfte Junge sieht man im Mai und Juni.

Das Fleisch des Köhlers steht an Güte hinter dem anderer Schellfische weit zurück,
namentlich das der alten Fische wird sehr wenig geschätzt, deshalb auch regelmäßig gedörrt oder

Die Weichfloſſer. Schellfiſche. Merlane. Meerhechte.
mehtertheil vergraben hat müſſen, damit die Fiſcher deß häßlichen Geſtancks der erfauleten Fiſchen
entlediget würden.“ Auch er nährt ſich hauptſächlich von Kruſtern verſchiedener Art, wie ſeine
größeren Verwandten, denen er häufig zur Beute dienen muß. Nach Bloch ſollen die Fiſcher der
Oſtſee ſein Erſcheinen an den Küſten mit Freuden begrüßen, weil ſie ihn als den Vorläufer und
Führer der Dorſche und anderer werthvoller Fiſche betrachten. Sein Fleiſch wird ungeachtet des
guten Geſchmackes wenig geſchätzt und gewöhnlich nur zum Köder für andere Fiſche benutzt. Die
Fortpflanzung fällt in den April und Mai.



Merlane (Merlangus) nennt man Schellfiſche ohne Bärtel am Kinn, welche mit den Weichfiſchen
in allem Uebrigen übereinſtimmen.

Der geſchätzteſte Vertreter dieſer Sippe iſt der Wittling (Merlangus vulgaris), ein Fiſch von
12 bis 16 Zoll Länge, deſſen Gewicht nur in ſeltenen Fällen bis zu 4 bis 6 Pfund anſteigt, und
blaßröthlichbrauner, ins Aſchgraue ſpielender Färbung, welche auf den Seiten und dem Bauche in
Silberweiß übergeht, ausgezeichnet noch durch dunkle Flecken an der Wurzel der Bruſtfloſſen. Die
erſte Rückenfloſſe ſpannen 13, die zweite 19, die dritte 18, die Bruſtfloſſe 10, die Bauchfloſſe 6, die
erſte Rückenfloſſe 31, die zweite 20, die Schwanzfloſſe 30 Strahlen.

Jn den weſteuropäiſchen Meeren iſt der Wittling nirgends ſelten; in der Nord- und Oſtſee
tritt er minder häufig auf, wie er überhaupt an Geſelligkeit weit hinter ſeinen bisher beſchriebenen
Familienverwandten zurückſteht. Nach Norden hin ſcheinen die Orkaden ſein Verbreitungsgebiet zu
begrenzen; nach Süden hin kommt er bis an die Küſte Portugals vor. Jn den großbritanniſchen
Gewäſſern trifft man ihn zuweilen in beträchtlicher Anzahl, obſchon verhältnißmäßig einzeln.
Während der Fortpflanzungszeit, welche in die Monate Januar und Februar fällt, vereinigt auch er
ſich zu zahlreicheren Schaaren und nähert ſich dann bis auf eine halbe Seemeile der Küſte. Seine
Nahrung beſteht aus Kruſtern, Würmern und kleinen Fiſchen bis zur Größe des Pilchard;
letzterem zu Gefallen verläßt er ſelbſt ſeine Lieblingsplätze, ſandige Gründe. Der Fang geſchieht
ebenfalls hauptſächlich mit der Leine, ſeltener mit Netzen, und gilt für ſehr einträglich, weil das aus-
gezeichnete, an Güte das jedes anderen Schellfiſches übertreffende, höchſt ſchmackhafte und leicht
verdauliche Fleiſch mit Recht hoch geſchätzt wird. Bei reichlichem Fange trocknet man auch Witt-
linge; hierdurch verliert das Fleiſch aber in noch höherem Grade als das des Kabeljau an Geſchmack
und findet dann höchſtens noch in den Schiffern, wenn auch nicht Liebhaber, ſo doch Eſſer.

Eine zweite Art der Sippe, ihrer dunklen Farbe wegen der Köhler (Merlangus carbonarius)
genannt, gehört mehr den nördlichen Meeren an, obwohl er auch noch in der Nordſee, der Oſtſee und
dem atlantiſchen Meere gefunden wird. Um Jsland, Grönland und Finnland iſt er nicht ſelten, bei
Spitzbergen, wenn auch nicht der einzige, ſo doch einer der hervorragendſten und häufigſten Fiſche.
Jn weſtlicher Richtung verbreitet er ſich bis an die Küſten der Vereinigten Staaten. Zu ſeinem
Aufenthaltsorte wählt er ſich, laut Couch, am Liebſten felſigen Grund in nicht allzu großer Tiefe,
und hier insbeſondere Klippen, welche von den Wogen umtobt werden; denn er pflegt ſich wie manche
Raubfiſche an einer geſchützten Stelle aufzuſtellen, den Strom genau zu beobachten und auf jeden
verſprechenden Gegenſtand, gleichviel ob derſelbe lebend oder todt, hervorzuſchießen. Thomſon fand
in dem Magen des Köhlers hauptſächlich Kruſter, gelegentlich auch Muſchelthiere, während der
Laichzeit kleinerer Fiſche, insbeſondere der Heringe, faſt ausſchließlich dieſe. Seine Fortpflanzung
fällt in das Frühjahr; ausgeſchlüpfte Junge ſieht man im Mai und Juni.

Das Fleiſch des Köhlers ſteht an Güte hinter dem anderer Schellfiſche weit zurück,
namentlich das der alten Fiſche wird ſehr wenig geſchätzt, deshalb auch regelmäßig gedörrt oder

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[600/0636] Die Weichfloſſer. Schellfiſche. Merlane. Meerhechte. mehtertheil vergraben hat müſſen, damit die Fiſcher deß häßlichen Geſtancks der erfauleten Fiſchen entlediget würden.“ Auch er nährt ſich hauptſächlich von Kruſtern verſchiedener Art, wie ſeine größeren Verwandten, denen er häufig zur Beute dienen muß. Nach Bloch ſollen die Fiſcher der Oſtſee ſein Erſcheinen an den Küſten mit Freuden begrüßen, weil ſie ihn als den Vorläufer und Führer der Dorſche und anderer werthvoller Fiſche betrachten. Sein Fleiſch wird ungeachtet des guten Geſchmackes wenig geſchätzt und gewöhnlich nur zum Köder für andere Fiſche benutzt. Die Fortpflanzung fällt in den April und Mai. Merlane (Merlangus) nennt man Schellfiſche ohne Bärtel am Kinn, welche mit den Weichfiſchen in allem Uebrigen übereinſtimmen. Der geſchätzteſte Vertreter dieſer Sippe iſt der Wittling (Merlangus vulgaris), ein Fiſch von 12 bis 16 Zoll Länge, deſſen Gewicht nur in ſeltenen Fällen bis zu 4 bis 6 Pfund anſteigt, und blaßröthlichbrauner, ins Aſchgraue ſpielender Färbung, welche auf den Seiten und dem Bauche in Silberweiß übergeht, ausgezeichnet noch durch dunkle Flecken an der Wurzel der Bruſtfloſſen. Die erſte Rückenfloſſe ſpannen 13, die zweite 19, die dritte 18, die Bruſtfloſſe 10, die Bauchfloſſe 6, die erſte Rückenfloſſe 31, die zweite 20, die Schwanzfloſſe 30 Strahlen. Jn den weſteuropäiſchen Meeren iſt der Wittling nirgends ſelten; in der Nord- und Oſtſee tritt er minder häufig auf, wie er überhaupt an Geſelligkeit weit hinter ſeinen bisher beſchriebenen Familienverwandten zurückſteht. Nach Norden hin ſcheinen die Orkaden ſein Verbreitungsgebiet zu begrenzen; nach Süden hin kommt er bis an die Küſte Portugals vor. Jn den großbritanniſchen Gewäſſern trifft man ihn zuweilen in beträchtlicher Anzahl, obſchon verhältnißmäßig einzeln. Während der Fortpflanzungszeit, welche in die Monate Januar und Februar fällt, vereinigt auch er ſich zu zahlreicheren Schaaren und nähert ſich dann bis auf eine halbe Seemeile der Küſte. Seine Nahrung beſteht aus Kruſtern, Würmern und kleinen Fiſchen bis zur Größe des Pilchard; letzterem zu Gefallen verläßt er ſelbſt ſeine Lieblingsplätze, ſandige Gründe. Der Fang geſchieht ebenfalls hauptſächlich mit der Leine, ſeltener mit Netzen, und gilt für ſehr einträglich, weil das aus- gezeichnete, an Güte das jedes anderen Schellfiſches übertreffende, höchſt ſchmackhafte und leicht verdauliche Fleiſch mit Recht hoch geſchätzt wird. Bei reichlichem Fange trocknet man auch Witt- linge; hierdurch verliert das Fleiſch aber in noch höherem Grade als das des Kabeljau an Geſchmack und findet dann höchſtens noch in den Schiffern, wenn auch nicht Liebhaber, ſo doch Eſſer. Eine zweite Art der Sippe, ihrer dunklen Farbe wegen der Köhler (Merlangus carbonarius) genannt, gehört mehr den nördlichen Meeren an, obwohl er auch noch in der Nordſee, der Oſtſee und dem atlantiſchen Meere gefunden wird. Um Jsland, Grönland und Finnland iſt er nicht ſelten, bei Spitzbergen, wenn auch nicht der einzige, ſo doch einer der hervorragendſten und häufigſten Fiſche. Jn weſtlicher Richtung verbreitet er ſich bis an die Küſten der Vereinigten Staaten. Zu ſeinem Aufenthaltsorte wählt er ſich, laut Couch, am Liebſten felſigen Grund in nicht allzu großer Tiefe, und hier insbeſondere Klippen, welche von den Wogen umtobt werden; denn er pflegt ſich wie manche Raubfiſche an einer geſchützten Stelle aufzuſtellen, den Strom genau zu beobachten und auf jeden verſprechenden Gegenſtand, gleichviel ob derſelbe lebend oder todt, hervorzuſchießen. Thomſon fand in dem Magen des Köhlers hauptſächlich Kruſter, gelegentlich auch Muſchelthiere, während der Laichzeit kleinerer Fiſche, insbeſondere der Heringe, faſt ausſchließlich dieſe. Seine Fortpflanzung fällt in das Frühjahr; ausgeſchlüpfte Junge ſieht man im Mai und Juni. Das Fleiſch des Köhlers ſteht an Güte hinter dem anderer Schellfiſche weit zurück, namentlich das der alten Fiſche wird ſehr wenig geſchätzt, deshalb auch regelmäßig gedörrt oder

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/636>, abgerufen am 29.06.2024.