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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Stachelflosser. Brassen. Goldbrassen. Sackbrassen.

Brassen (Spari) nennt man eine zahlreiche Familie von Seefischen, welche mit den vorstehend
beschriebenen noch große Aehnlichkeit, jedoch weder Gruben im Schädel, noch Spitzen oder Stacheln
im vorderen und hintern Kiemendeckel, noch Zähne in dem Gaumenknochen zeigen, eine einzige
Rückenflosse, zugespitzte Brust- und Bauchflosse, und eine mond- oder gabelförmige Schwanzflosse
haben, ihren Oberkiefer zum Theil unter dem freien Rande des unteren Augenknochens verbergen
können, am Kopfe wie am Leibe große Schuppen tragen und meist in prachtvoller Färbung prangen.
Die Anzahl der Kiemenstrahlen beträgt gewöhnlich 6, zuweilen 5, selten 7. Die Kiefer werden
bewehrt, entweder mit Bürsten- oder mit scharfen, spitzen Kegel- und Fangzähnen oder mit stumpfen,
runden Pflasterzähnen, die einzelner Arten auch mit breiten Schneidezähnen, welche denen des
Menschen ähneln.

Die Brassen verbreiten sich fast über alle Meere, und manche Arten treten hier oder da in sehr
großer Anzahl auf. Sie nähren sich hauptsächlich von Krustenthieren oder Meerpflanzen; einige
stellen wohl auch kleinen Fischen nach. Das Fleisch mehrerer Arten wird hochgeschätzt, das anderer
gering geachtet; demungeachtet spielen auch diese Brassen eine nicht unwichtige Rolle in der Fischerei.
Die im Mittelmeere lebenden Arten waren größtentheils schon den Alten bekannt; ihre Lebens-
geschichte aber wurde mit allerlei sonderbaren Fabeln ausgeschmückt. Oppian sagt: "Sie bewohnen
mit Tangen bedeckte Felsen und sind träge, kämpfen aber doch während der Laichzeit heftig mit
einander, die Milchner um die Roggener, und treiben sich so gewaltsam gegen die Klippen und in die
Reusen der Fischer. Jhre Liebe nimmt sie auch so in Anspruch, daß sie sich von den Tauchern
mit Händen fangen lassen. Zum Laichen kommen sie zweimal an die Küste, im Frühlinge und im
Herbste; außerdem halten sie sich in größerer Tiefe auf, meist im Gefolge der Meerbarben, weil sie
Das verzehren, was jene beim Wühlen im Schlamme locker gemacht und übrig gelassen haben.
Eine ganz besondere Liebe hegen sie auch zu den Ziegen, kommen, wenn sie dieselben meckern oder die
Hirten singen hören, truppweise herbei, springen lustig an den Strand, schmeicheln und lecken das
Vieh und jammern, wenn die Ziegen zum Stalle getrieben werden. Deshalb hüllen sich die Hirten
in Ziegenfelle und machen am Ufer allerlei Sätze, um die Bethörten zu fangen." Vergeblich bemüht
man sich, zu ergründen, ob zu irgend einer dieser Geschichten ein Grund vorliegt, da die neueren
Beobachter durchaus nichts Aehnliches mitzutheilen wissen.



Bei den Geisbrassen (Sargus) sind die Vorderzähne breit zusammengedrückt, den menschlichen
Schneidezähnen vergleichbar, bei den Goldbrassen (Chrysophrys) nicht schneidend, sondern kegel-
förmig, in jeder Kinnlade zu vier bis sechs gestellt, während die hinteren Zähne, welche man Backen-
zähne nennen könnte, wenigstens drei Reihen bilden und eine abgerundete Spitze haben. Die Anzahl
der Kiemenstrahlen beträgt 6.

Vertreter dieser Sippe ist der Goldkopf oder die gemeine Goldbrasse, die Orada
der Jtaliener (Chrysophrys aurata), ein Fisch von 12 bis 15 Zoll, ausnahmsweise auch bis 2 Fuß
Länge und 10 bis 16 Pfund Gewicht, prachtvoller Färbung, und zierlicher Zeichnung. Ein ins
Grünliche schimmerndes Silbergrau, welches auf dem Rücken dunkelt und auf der Bauchseite ins
Silberglänzende übergeht, bildet die Grundfärbung; ein länglicher, runder, senkrecht stehender
Goldflecken schmückt den Kiemendeckel, eine goldgelbe Binde die Stirngegend zwischen den Augen;
achtzehn bis zwanzig Längsbänder von gleicher Färbung zieren die Seiten; die Rückenflosse ist
bläulich, oben, in der Nähe der Stachelspitzen braun längs gestreift, die Afterflosse bläulich, die
Schwanzflosse schwarz; Brust- und Bauchflossen sehen veilchenfarben aus. Jn der Rückenflosse zählt
man 11 stachelige und 13 weiche, in jeder Brustflosse 20, in der Bauchflosse 1 und 5, in der After-
flosse 3 und 11, in der Schwanzflosse 17 Strahlen.

Die Stachelfloſſer. Braſſen. Goldbraſſen. Sackbraſſen.

Braſſen (Spari) nennt man eine zahlreiche Familie von Seefiſchen, welche mit den vorſtehend
beſchriebenen noch große Aehnlichkeit, jedoch weder Gruben im Schädel, noch Spitzen oder Stacheln
im vorderen und hintern Kiemendeckel, noch Zähne in dem Gaumenknochen zeigen, eine einzige
Rückenfloſſe, zugeſpitzte Bruſt- und Bauchfloſſe, und eine mond- oder gabelförmige Schwanzfloſſe
haben, ihren Oberkiefer zum Theil unter dem freien Rande des unteren Augenknochens verbergen
können, am Kopfe wie am Leibe große Schuppen tragen und meiſt in prachtvoller Färbung prangen.
Die Anzahl der Kiemenſtrahlen beträgt gewöhnlich 6, zuweilen 5, ſelten 7. Die Kiefer werden
bewehrt, entweder mit Bürſten- oder mit ſcharfen, ſpitzen Kegel- und Fangzähnen oder mit ſtumpfen,
runden Pflaſterzähnen, die einzelner Arten auch mit breiten Schneidezähnen, welche denen des
Menſchen ähneln.

Die Braſſen verbreiten ſich faſt über alle Meere, und manche Arten treten hier oder da in ſehr
großer Anzahl auf. Sie nähren ſich hauptſächlich von Kruſtenthieren oder Meerpflanzen; einige
ſtellen wohl auch kleinen Fiſchen nach. Das Fleiſch mehrerer Arten wird hochgeſchätzt, das anderer
gering geachtet; demungeachtet ſpielen auch dieſe Braſſen eine nicht unwichtige Rolle in der Fiſcherei.
Die im Mittelmeere lebenden Arten waren größtentheils ſchon den Alten bekannt; ihre Lebens-
geſchichte aber wurde mit allerlei ſonderbaren Fabeln ausgeſchmückt. Oppian ſagt: „Sie bewohnen
mit Tangen bedeckte Felſen und ſind träge, kämpfen aber doch während der Laichzeit heftig mit
einander, die Milchner um die Roggener, und treiben ſich ſo gewaltſam gegen die Klippen und in die
Reuſen der Fiſcher. Jhre Liebe nimmt ſie auch ſo in Anſpruch, daß ſie ſich von den Tauchern
mit Händen fangen laſſen. Zum Laichen kommen ſie zweimal an die Küſte, im Frühlinge und im
Herbſte; außerdem halten ſie ſich in größerer Tiefe auf, meiſt im Gefolge der Meerbarben, weil ſie
Das verzehren, was jene beim Wühlen im Schlamme locker gemacht und übrig gelaſſen haben.
Eine ganz beſondere Liebe hegen ſie auch zu den Ziegen, kommen, wenn ſie dieſelben meckern oder die
Hirten ſingen hören, truppweiſe herbei, ſpringen luſtig an den Strand, ſchmeicheln und lecken das
Vieh und jammern, wenn die Ziegen zum Stalle getrieben werden. Deshalb hüllen ſich die Hirten
in Ziegenfelle und machen am Ufer allerlei Sätze, um die Bethörten zu fangen.“ Vergeblich bemüht
man ſich, zu ergründen, ob zu irgend einer dieſer Geſchichten ein Grund vorliegt, da die neueren
Beobachter durchaus nichts Aehnliches mitzutheilen wiſſen.



Bei den Geisbraſſen (Sargus) ſind die Vorderzähne breit zuſammengedrückt, den menſchlichen
Schneidezähnen vergleichbar, bei den Goldbraſſen (Chrysophrys) nicht ſchneidend, ſondern kegel-
förmig, in jeder Kinnlade zu vier bis ſechs geſtellt, während die hinteren Zähne, welche man Backen-
zähne nennen könnte, wenigſtens drei Reihen bilden und eine abgerundete Spitze haben. Die Anzahl
der Kiemenſtrahlen beträgt 6.

Vertreter dieſer Sippe iſt der Goldkopf oder die gemeine Goldbraſſe, die Orada
der Jtaliener (Chrysophrys aurata), ein Fiſch von 12 bis 15 Zoll, ausnahmsweiſe auch bis 2 Fuß
Länge und 10 bis 16 Pfund Gewicht, prachtvoller Färbung, und zierlicher Zeichnung. Ein ins
Grünliche ſchimmerndes Silbergrau, welches auf dem Rücken dunkelt und auf der Bauchſeite ins
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Goldflecken ſchmückt den Kiemendeckel, eine goldgelbe Binde die Stirngegend zwiſchen den Augen;
achtzehn bis zwanzig Längsbänder von gleicher Färbung zieren die Seiten; die Rückenfloſſe iſt
bläulich, oben, in der Nähe der Stachelſpitzen braun längs geſtreift, die Afterfloſſe bläulich, die
Schwanzfloſſe ſchwarz; Bruſt- und Bauchfloſſen ſehen veilchenfarben aus. Jn der Rückenfloſſe zählt
man 11 ſtachelige und 13 weiche, in jeder Bruſtfloſſe 20, in der Bauchfloſſe 1 und 5, in der After-
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[510/0542] Die Stachelfloſſer. Braſſen. Goldbraſſen. Sackbraſſen. Braſſen (Spari) nennt man eine zahlreiche Familie von Seefiſchen, welche mit den vorſtehend beſchriebenen noch große Aehnlichkeit, jedoch weder Gruben im Schädel, noch Spitzen oder Stacheln im vorderen und hintern Kiemendeckel, noch Zähne in dem Gaumenknochen zeigen, eine einzige Rückenfloſſe, zugeſpitzte Bruſt- und Bauchfloſſe, und eine mond- oder gabelförmige Schwanzfloſſe haben, ihren Oberkiefer zum Theil unter dem freien Rande des unteren Augenknochens verbergen können, am Kopfe wie am Leibe große Schuppen tragen und meiſt in prachtvoller Färbung prangen. Die Anzahl der Kiemenſtrahlen beträgt gewöhnlich 6, zuweilen 5, ſelten 7. Die Kiefer werden bewehrt, entweder mit Bürſten- oder mit ſcharfen, ſpitzen Kegel- und Fangzähnen oder mit ſtumpfen, runden Pflaſterzähnen, die einzelner Arten auch mit breiten Schneidezähnen, welche denen des Menſchen ähneln. Die Braſſen verbreiten ſich faſt über alle Meere, und manche Arten treten hier oder da in ſehr großer Anzahl auf. Sie nähren ſich hauptſächlich von Kruſtenthieren oder Meerpflanzen; einige ſtellen wohl auch kleinen Fiſchen nach. Das Fleiſch mehrerer Arten wird hochgeſchätzt, das anderer gering geachtet; demungeachtet ſpielen auch dieſe Braſſen eine nicht unwichtige Rolle in der Fiſcherei. Die im Mittelmeere lebenden Arten waren größtentheils ſchon den Alten bekannt; ihre Lebens- geſchichte aber wurde mit allerlei ſonderbaren Fabeln ausgeſchmückt. Oppian ſagt: „Sie bewohnen mit Tangen bedeckte Felſen und ſind träge, kämpfen aber doch während der Laichzeit heftig mit einander, die Milchner um die Roggener, und treiben ſich ſo gewaltſam gegen die Klippen und in die Reuſen der Fiſcher. Jhre Liebe nimmt ſie auch ſo in Anſpruch, daß ſie ſich von den Tauchern mit Händen fangen laſſen. Zum Laichen kommen ſie zweimal an die Küſte, im Frühlinge und im Herbſte; außerdem halten ſie ſich in größerer Tiefe auf, meiſt im Gefolge der Meerbarben, weil ſie Das verzehren, was jene beim Wühlen im Schlamme locker gemacht und übrig gelaſſen haben. Eine ganz beſondere Liebe hegen ſie auch zu den Ziegen, kommen, wenn ſie dieſelben meckern oder die Hirten ſingen hören, truppweiſe herbei, ſpringen luſtig an den Strand, ſchmeicheln und lecken das Vieh und jammern, wenn die Ziegen zum Stalle getrieben werden. Deshalb hüllen ſich die Hirten in Ziegenfelle und machen am Ufer allerlei Sätze, um die Bethörten zu fangen.“ Vergeblich bemüht man ſich, zu ergründen, ob zu irgend einer dieſer Geſchichten ein Grund vorliegt, da die neueren Beobachter durchaus nichts Aehnliches mitzutheilen wiſſen. Bei den Geisbraſſen (Sargus) ſind die Vorderzähne breit zuſammengedrückt, den menſchlichen Schneidezähnen vergleichbar, bei den Goldbraſſen (Chrysophrys) nicht ſchneidend, ſondern kegel- förmig, in jeder Kinnlade zu vier bis ſechs geſtellt, während die hinteren Zähne, welche man Backen- zähne nennen könnte, wenigſtens drei Reihen bilden und eine abgerundete Spitze haben. Die Anzahl der Kiemenſtrahlen beträgt 6. Vertreter dieſer Sippe iſt der Goldkopf oder die gemeine Goldbraſſe, die Orada der Jtaliener (Chrysophrys aurata), ein Fiſch von 12 bis 15 Zoll, ausnahmsweiſe auch bis 2 Fuß Länge und 10 bis 16 Pfund Gewicht, prachtvoller Färbung, und zierlicher Zeichnung. Ein ins Grünliche ſchimmerndes Silbergrau, welches auf dem Rücken dunkelt und auf der Bauchſeite ins Silberglänzende übergeht, bildet die Grundfärbung; ein länglicher, runder, ſenkrecht ſtehender Goldflecken ſchmückt den Kiemendeckel, eine goldgelbe Binde die Stirngegend zwiſchen den Augen; achtzehn bis zwanzig Längsbänder von gleicher Färbung zieren die Seiten; die Rückenfloſſe iſt bläulich, oben, in der Nähe der Stachelſpitzen braun längs geſtreift, die Afterfloſſe bläulich, die Schwanzfloſſe ſchwarz; Bruſt- und Bauchfloſſen ſehen veilchenfarben aus. Jn der Rückenfloſſe zählt man 11 ſtachelige und 13 weiche, in jeder Bruſtfloſſe 20, in der Bauchfloſſe 1 und 5, in der After- floſſe 3 und 11, in der Schwanzfloſſe 17 Strahlen.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/542>, abgerufen am 15.06.2024.