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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Stachelflosser. Panzerwangen. Fittiggroppen.

An die Groppen erinnern die Drachenköpfe (Scorpaena), nur daß sie noch häßlicher sind
und einen seitlich zusammengedrückten Kopf und Leib, blos eine Rückenflosse, Gaumenzähne und
sieben Kiemenhautstrahlen haben.

Die Seekröte (Scorpaena porcas), ein im mittelländischen und atlantischen Meere nicht
seltener Fisch, erreicht eine Länge von 8 bis 10 Zoll und ist auf braunem, nach dem Bauche zu rosen-
röthlich gefärbten Grunde mit zahlreichen Marmelflecken gezeichnet. Jn der Rückenflosse zählt man
11 harte und 9 weiche, in der Brustflosse 9, in der Bauchflosse 1 und 5, in der Afterflosse 3 und 5,
in der Schwanzflosse 11 Strahlen.

[Abbildung] Die Seekröte (Scorpaena porcas). 1/2 der nat. Größe.

Jn der Lebensweise scheinen die Drachenköpfe den Stachelgroppen am Meisten zu ähneln. Wie
diese lauern sie zwischen Steinen und Klippen auf vorüberziehende Fische, stürzen sich aus ihrem
Hinterhalte plötzlich hervor, und verschlingen sie, nebenbei aber auch Kruster und Würmer aller Art.
Jhre Bewassnung mag sie vor vielen Raubfischen schützen, -- fürchtet sie deshalb doch der Mensch,
wenn auch gegenwärtig nicht in demselben Grade wie früher. Die Alten hielten sie für entschieden
giftig, und noch zu Geßner's Zeiten war solche Meinung gang und gäbe. "Diese Fisch werden
ohne gefahr nicht gefangen; dann jhrer stich oder verletzung ist gifftig, welches Artzney ist Wermut
auß wein getruncken. Jtem essig und schwefel aufgeschmiert, weiter drey lorbone geknütschet in wein
getruncken, item bleyweiß darauff gerieben, darzu salbinen getruncken: aber das ist auch jres fleisch
ein Artzney darauffgelegt: item junger knaben Harn damit begossen." Nach Plinius legte man
als Gegenmittel die Leber des Fisches auf die Wunde. Geßner versichert, daß auch die Galle der
Drachenköpfe vorzüglich sei, ja "den preiß in der Artzney für all andern Fischgallen" habe; "dann
sie ist gewaltig wider die dünckle, finstere, felle vnd flecken der Augen: vertreibt die wertzen, erfült
die kallköpff oder abgeflossen haar: in baumwollen gefassen gebraucht, bringt den weibern jr zeit";
selbst das Fleisch, welches man noch gegenwärtig in Jtalien regelmäßig auf die Märkte bringt, für
schmackhaft hält, seiner Zähigkeit wegen aber oft verschmäht, "genossen oder zu äschen gebrent, dieselbig
in wein eyngenommen, oder jre stein gepülfert vnd getruncken, ist ein erfahren stück dem grien vnd
andern Bresten der blatern vnd nieren".



Die Stachelfloſſer. Panzerwangen. Fittiggroppen.

An die Groppen erinnern die Drachenköpfe (Scorpaena), nur daß ſie noch häßlicher ſind
und einen ſeitlich zuſammengedrückten Kopf und Leib, blos eine Rückenfloſſe, Gaumenzähne und
ſieben Kiemenhautſtrahlen haben.

Die Seekröte (Scorpaena porcas), ein im mittelländiſchen und atlantiſchen Meere nicht
ſeltener Fiſch, erreicht eine Länge von 8 bis 10 Zoll und iſt auf braunem, nach dem Bauche zu roſen-
röthlich gefärbten Grunde mit zahlreichen Marmelflecken gezeichnet. Jn der Rückenfloſſe zählt man
11 harte und 9 weiche, in der Bruſtfloſſe 9, in der Bauchfloſſe 1 und 5, in der Afterfloſſe 3 und 5,
in der Schwanzfloſſe 11 Strahlen.

[Abbildung] Die Seekröte (Scorpaena porcas). ½ der nat. Größe.

Jn der Lebensweiſe ſcheinen die Drachenköpfe den Stachelgroppen am Meiſten zu ähneln. Wie
dieſe lauern ſie zwiſchen Steinen und Klippen auf vorüberziehende Fiſche, ſtürzen ſich aus ihrem
Hinterhalte plötzlich hervor, und verſchlingen ſie, nebenbei aber auch Kruſter und Würmer aller Art.
Jhre Bewaſſnung mag ſie vor vielen Raubfiſchen ſchützen, — fürchtet ſie deshalb doch der Menſch,
wenn auch gegenwärtig nicht in demſelben Grade wie früher. Die Alten hielten ſie für entſchieden
giftig, und noch zu Geßner’s Zeiten war ſolche Meinung gang und gäbe. „Dieſe Fiſch werden
ohne gefahr nicht gefangen; dann jhrer ſtich oder verletzung iſt gifftig, welches Artzney iſt Wermut
auß wein getruncken. Jtem eſſig und ſchwefel aufgeſchmiert, weiter drey lorbone geknütſchet in wein
getruncken, item bleyweiß darauff gerieben, darzu ſalbinen getruncken: aber das iſt auch jres fleiſch
ein Artzney darauffgelegt: item junger knaben Harn damit begoſſen.“ Nach Plinius legte man
als Gegenmittel die Leber des Fiſches auf die Wunde. Geßner verſichert, daß auch die Galle der
Drachenköpfe vorzüglich ſei, ja „den preiß in der Artzney für all andern Fiſchgallen“ habe; „dann
ſie iſt gewaltig wider die dünckle, finſtere, felle vnd flecken der Augen: vertreibt die wertzen, erfült
die kallköpff oder abgefloſſen haar: in baumwollen gefaſſen gebraucht, bringt den weibern jr zeit“;
ſelbſt das Fleiſch, welches man noch gegenwärtig in Jtalien regelmäßig auf die Märkte bringt, für
ſchmackhaft hält, ſeiner Zähigkeit wegen aber oft verſchmäht, „genoſſen oder zu äſchen gebrent, dieſelbig
in wein eyngenommen, oder jre ſtein gepülfert vnd getruncken, iſt ein erfahren ſtück dem grien vnd
andern Breſten der blatern vnd nieren“.



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[500/0532] Die Stachelfloſſer. Panzerwangen. Fittiggroppen. An die Groppen erinnern die Drachenköpfe (Scorpaena), nur daß ſie noch häßlicher ſind und einen ſeitlich zuſammengedrückten Kopf und Leib, blos eine Rückenfloſſe, Gaumenzähne und ſieben Kiemenhautſtrahlen haben. Die Seekröte (Scorpaena porcas), ein im mittelländiſchen und atlantiſchen Meere nicht ſeltener Fiſch, erreicht eine Länge von 8 bis 10 Zoll und iſt auf braunem, nach dem Bauche zu roſen- röthlich gefärbten Grunde mit zahlreichen Marmelflecken gezeichnet. Jn der Rückenfloſſe zählt man 11 harte und 9 weiche, in der Bruſtfloſſe 9, in der Bauchfloſſe 1 und 5, in der Afterfloſſe 3 und 5, in der Schwanzfloſſe 11 Strahlen. [Abbildung Die Seekröte (Scorpaena porcas). ½ der nat. Größe.] Jn der Lebensweiſe ſcheinen die Drachenköpfe den Stachelgroppen am Meiſten zu ähneln. Wie dieſe lauern ſie zwiſchen Steinen und Klippen auf vorüberziehende Fiſche, ſtürzen ſich aus ihrem Hinterhalte plötzlich hervor, und verſchlingen ſie, nebenbei aber auch Kruſter und Würmer aller Art. Jhre Bewaſſnung mag ſie vor vielen Raubfiſchen ſchützen, — fürchtet ſie deshalb doch der Menſch, wenn auch gegenwärtig nicht in demſelben Grade wie früher. Die Alten hielten ſie für entſchieden giftig, und noch zu Geßner’s Zeiten war ſolche Meinung gang und gäbe. „Dieſe Fiſch werden ohne gefahr nicht gefangen; dann jhrer ſtich oder verletzung iſt gifftig, welches Artzney iſt Wermut auß wein getruncken. Jtem eſſig und ſchwefel aufgeſchmiert, weiter drey lorbone geknütſchet in wein getruncken, item bleyweiß darauff gerieben, darzu ſalbinen getruncken: aber das iſt auch jres fleiſch ein Artzney darauffgelegt: item junger knaben Harn damit begoſſen.“ Nach Plinius legte man als Gegenmittel die Leber des Fiſches auf die Wunde. Geßner verſichert, daß auch die Galle der Drachenköpfe vorzüglich ſei, ja „den preiß in der Artzney für all andern Fiſchgallen“ habe; „dann ſie iſt gewaltig wider die dünckle, finſtere, felle vnd flecken der Augen: vertreibt die wertzen, erfült die kallköpff oder abgefloſſen haar: in baumwollen gefaſſen gebraucht, bringt den weibern jr zeit“; ſelbſt das Fleiſch, welches man noch gegenwärtig in Jtalien regelmäßig auf die Märkte bringt, für ſchmackhaft hält, ſeiner Zähigkeit wegen aber oft verſchmäht, „genoſſen oder zu äſchen gebrent, dieſelbig in wein eyngenommen, oder jre ſtein gepülfert vnd getruncken, iſt ein erfahren ſtück dem grien vnd andern Breſten der blatern vnd nieren“.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/532>, abgerufen am 15.06.2024.