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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Stachelflosser. Spitzhechte. Panzerwangen. Seehähne.

Entsprechend der gestreckten Gestalt und dem furchtbaren Gebiß ist der Pfeilhecht ein furchtbarer
Räuber, welcher mit reißender Schnelligkeit die Wellen durchzieht, aber fast nur geradlinig fort-
schwimmt, weshalb schon die Alten ihn mit einem Pfeile verglichen. Sein derbes Fleisch wird
gegessen, nicht aber auch geschätzt.

Jn dem Meere um die Antillen wird der Pfeilhecht vertreten durch die Barracuda der Spanier
(Sphyraena Barracuda), einen riesigen Sippschaftsverwandten, welcher bis 10 Fuß an Länge
erreichen soll. Dieser Fisch wird, falls die Angaben dortiger Schriftsteller richtig sind, nicht minder
gefürchtet als der Hai, weil er seine Raubsucht sogar an Menschen bethätigt, frech in die Häfen ein-
dringt, badende Menschen ergreift und auffrißt; Dutertre behauptet sogar, daß er gefährlicher sei
als der Hai, da Lärm ihn nicht abschreckt, sondern herbeilockt.

Das Fleisch soll dem unseres Hechtes einigermaßen ähneln, aber zu Zeiten giftig sein. Hierin
stimmen verschiedene Schriftsteller vollständig überein. Rochefort erzählt, daß man sich, bevor
man davon äße, stets überzeuge, ob der Fisch vergiftet worden sei oder nicht. Zu diesem Zwecke
untersuche man die Zähne und die Galle, erstere bezüglich ihrer Weiße, letztere hinsichtlich ihrer Bitter-
keit. Worin die Ursache der Verderbniß des Fleisches begründet ist, weiß man nicht, glaubt jedoch
allgemein, daß der Fisch zu Zeiten von den Früchten des Manzanillobaumes frißt und dadurch jene
Eigenschaft erhält: -- eine Annahme, welche schon durch das Eine in Frage gestellt wird,
daß stark gesalzenes Fleisch nicht mehr schadet. "Viele Personen", sagt Cuvier, die Angaben
eines gewissen Plee benutzend, "fürchten sich, von diesem Fische zu essen, weil es Thatsache ist, daß
der Genuß seines Fleisches oft Krankheiten erzeugt, welche zuweilen sogar tödtlich werden. Diese
Eigenschaft hängt ab von dem Zustande des einzelnen Stückes und scheint sich nach der Jahreszeit
zu richten. Nach Versicherung aller Sachkundigen gibt es aber ein untrügliches Kennzeichen der
Giftigkeit des Thieres; wenn man nämlich einen Pfeilhecht aufschneidet, so fließt, falls sein Fleisch
giftig wirkt, ein weißes, eiteriges Wasser heraus. Del Norte machte mit solchem Fleische Versuche
an Hunden, welche die Richtigkeit jener Behauptung bestätigten. Die Anzeichen der Vergiftung
bestehen in allgemeinem Zittern, Ekel, Erbrechen und heftigen Schmerzen in den Gelenken der Arme
und Hände. Wenn der Tod nicht eintritt, was glücklicherweise nur selten der Fall, so entstehen oft
sehr sonderbare Zufälle: die Gliederschmerzen werden stärker, die Nägel der Hände und Füße fallen
ab, die Haare aus. Solche Erscheinungen wiederholen sich oft viele Jahre nach einander. Von dem
Genuß eingesalzener Fische dieser Art hat man nie üble Zufälle bemerkt, weshalb denn auch manche
Leute die Barracuda vor der Zubereitung stets erst salzen lassen."

Wieviel Wahres an diesen Mittheilungen ist, vermag ich nicht zu bestimmen, wiederhole jedoch,
daß eine derartige Behauptung keineswegs vereinzelt dasteht.



Panzerwangen (Cataphracti) nennt man Fische, bei denen die Knochen des unteren Augen-
randringes nach abwärts verbreitert, mit dem Vordeckel fest verbunden und wie die Deckelstücke und
der Kopf mehr oder weniger, d. h. sehr verschiedenartig bedornt sind. Der Gesichtsausdruck der
Panzerwangen erhält durch die vielfachen Rauhigkeiten, welche, falls sie zu Dornen sich entwickelt
haben, als tüchtige Wassen dienen, etwas höchst Eigenthümliches, wozu noch außerdem die mehr
oder minder auffallende Bildung der Flossen und ebenso der Schuppen kommt.

Mit Ausnahme der Glieder einer einzigen Sippe leben alle Panzerwangen im Meere und zwar
in sehr verschiedener Tiefe desselben, die einen regelmäßig auf dem Grunde, die anderen regelmäßig
in höheren Wasserschichten, über welche sie sich zuweilen "fliegend" erheben.

Jnnerhalb der Familie pflegt man die Seehähne (Trigla) obenan zu stellen, kleine, höchstens
mittelgroße, vierschrötige Fische mit außerordentlich großem, fast vierseitigen, pyramidalen, in

Die Stachelfloſſer. Spitzhechte. Panzerwangen. Seehähne.

Entſprechend der geſtreckten Geſtalt und dem furchtbaren Gebiß iſt der Pfeilhecht ein furchtbarer
Räuber, welcher mit reißender Schnelligkeit die Wellen durchzieht, aber faſt nur geradlinig fort-
ſchwimmt, weshalb ſchon die Alten ihn mit einem Pfeile verglichen. Sein derbes Fleiſch wird
gegeſſen, nicht aber auch geſchätzt.

Jn dem Meere um die Antillen wird der Pfeilhecht vertreten durch die Barracuda der Spanier
(Sphyraena Barracuda), einen rieſigen Sippſchaftsverwandten, welcher bis 10 Fuß an Länge
erreichen ſoll. Dieſer Fiſch wird, falls die Angaben dortiger Schriftſteller richtig ſind, nicht minder
gefürchtet als der Hai, weil er ſeine Raubſucht ſogar an Menſchen bethätigt, frech in die Häfen ein-
dringt, badende Menſchen ergreift und auffrißt; Dutertre behauptet ſogar, daß er gefährlicher ſei
als der Hai, da Lärm ihn nicht abſchreckt, ſondern herbeilockt.

Das Fleiſch ſoll dem unſeres Hechtes einigermaßen ähneln, aber zu Zeiten giftig ſein. Hierin
ſtimmen verſchiedene Schriftſteller vollſtändig überein. Rochefort erzählt, daß man ſich, bevor
man davon äße, ſtets überzeuge, ob der Fiſch vergiftet worden ſei oder nicht. Zu dieſem Zwecke
unterſuche man die Zähne und die Galle, erſtere bezüglich ihrer Weiße, letztere hinſichtlich ihrer Bitter-
keit. Worin die Urſache der Verderbniß des Fleiſches begründet iſt, weiß man nicht, glaubt jedoch
allgemein, daß der Fiſch zu Zeiten von den Früchten des Manzanillobaumes frißt und dadurch jene
Eigenſchaft erhält: — eine Annahme, welche ſchon durch das Eine in Frage geſtellt wird,
daß ſtark geſalzenes Fleiſch nicht mehr ſchadet. „Viele Perſonen“, ſagt Cuvier, die Angaben
eines gewiſſen Plee benutzend, „fürchten ſich, von dieſem Fiſche zu eſſen, weil es Thatſache iſt, daß
der Genuß ſeines Fleiſches oft Krankheiten erzeugt, welche zuweilen ſogar tödtlich werden. Dieſe
Eigenſchaft hängt ab von dem Zuſtande des einzelnen Stückes und ſcheint ſich nach der Jahreszeit
zu richten. Nach Verſicherung aller Sachkundigen gibt es aber ein untrügliches Kennzeichen der
Giftigkeit des Thieres; wenn man nämlich einen Pfeilhecht aufſchneidet, ſo fließt, falls ſein Fleiſch
giftig wirkt, ein weißes, eiteriges Waſſer heraus. Del Norte machte mit ſolchem Fleiſche Verſuche
an Hunden, welche die Richtigkeit jener Behauptung beſtätigten. Die Anzeichen der Vergiftung
beſtehen in allgemeinem Zittern, Ekel, Erbrechen und heftigen Schmerzen in den Gelenken der Arme
und Hände. Wenn der Tod nicht eintritt, was glücklicherweiſe nur ſelten der Fall, ſo entſtehen oft
ſehr ſonderbare Zufälle: die Gliederſchmerzen werden ſtärker, die Nägel der Hände und Füße fallen
ab, die Haare aus. Solche Erſcheinungen wiederholen ſich oft viele Jahre nach einander. Von dem
Genuß eingeſalzener Fiſche dieſer Art hat man nie üble Zufälle bemerkt, weshalb denn auch manche
Leute die Barracuda vor der Zubereitung ſtets erſt ſalzen laſſen.“

Wieviel Wahres an dieſen Mittheilungen iſt, vermag ich nicht zu beſtimmen, wiederhole jedoch,
daß eine derartige Behauptung keineswegs vereinzelt daſteht.



Panzerwangen (Cataphracti) nennt man Fiſche, bei denen die Knochen des unteren Augen-
randringes nach abwärts verbreitert, mit dem Vordeckel feſt verbunden und wie die Deckelſtücke und
der Kopf mehr oder weniger, d. h. ſehr verſchiedenartig bedornt ſind. Der Geſichtsausdruck der
Panzerwangen erhält durch die vielfachen Rauhigkeiten, welche, falls ſie zu Dornen ſich entwickelt
haben, als tüchtige Waſſen dienen, etwas höchſt Eigenthümliches, wozu noch außerdem die mehr
oder minder auffallende Bildung der Floſſen und ebenſo der Schuppen kommt.

Mit Ausnahme der Glieder einer einzigen Sippe leben alle Panzerwangen im Meere und zwar
in ſehr verſchiedener Tiefe deſſelben, die einen regelmäßig auf dem Grunde, die anderen regelmäßig
in höheren Waſſerſchichten, über welche ſie ſich zuweilen „fliegend“ erheben.

Jnnerhalb der Familie pflegt man die Seehähne (Trigla) obenan zu ſtellen, kleine, höchſtens
mittelgroße, vierſchrötige Fiſche mit außerordentlich großem, faſt vierſeitigen, pyramidalen, in

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[490/0520] Die Stachelfloſſer. Spitzhechte. Panzerwangen. Seehähne. Entſprechend der geſtreckten Geſtalt und dem furchtbaren Gebiß iſt der Pfeilhecht ein furchtbarer Räuber, welcher mit reißender Schnelligkeit die Wellen durchzieht, aber faſt nur geradlinig fort- ſchwimmt, weshalb ſchon die Alten ihn mit einem Pfeile verglichen. Sein derbes Fleiſch wird gegeſſen, nicht aber auch geſchätzt. Jn dem Meere um die Antillen wird der Pfeilhecht vertreten durch die Barracuda der Spanier (Sphyraena Barracuda), einen rieſigen Sippſchaftsverwandten, welcher bis 10 Fuß an Länge erreichen ſoll. Dieſer Fiſch wird, falls die Angaben dortiger Schriftſteller richtig ſind, nicht minder gefürchtet als der Hai, weil er ſeine Raubſucht ſogar an Menſchen bethätigt, frech in die Häfen ein- dringt, badende Menſchen ergreift und auffrißt; Dutertre behauptet ſogar, daß er gefährlicher ſei als der Hai, da Lärm ihn nicht abſchreckt, ſondern herbeilockt. Das Fleiſch ſoll dem unſeres Hechtes einigermaßen ähneln, aber zu Zeiten giftig ſein. Hierin ſtimmen verſchiedene Schriftſteller vollſtändig überein. Rochefort erzählt, daß man ſich, bevor man davon äße, ſtets überzeuge, ob der Fiſch vergiftet worden ſei oder nicht. Zu dieſem Zwecke unterſuche man die Zähne und die Galle, erſtere bezüglich ihrer Weiße, letztere hinſichtlich ihrer Bitter- keit. Worin die Urſache der Verderbniß des Fleiſches begründet iſt, weiß man nicht, glaubt jedoch allgemein, daß der Fiſch zu Zeiten von den Früchten des Manzanillobaumes frißt und dadurch jene Eigenſchaft erhält: — eine Annahme, welche ſchon durch das Eine in Frage geſtellt wird, daß ſtark geſalzenes Fleiſch nicht mehr ſchadet. „Viele Perſonen“, ſagt Cuvier, die Angaben eines gewiſſen Plee benutzend, „fürchten ſich, von dieſem Fiſche zu eſſen, weil es Thatſache iſt, daß der Genuß ſeines Fleiſches oft Krankheiten erzeugt, welche zuweilen ſogar tödtlich werden. Dieſe Eigenſchaft hängt ab von dem Zuſtande des einzelnen Stückes und ſcheint ſich nach der Jahreszeit zu richten. Nach Verſicherung aller Sachkundigen gibt es aber ein untrügliches Kennzeichen der Giftigkeit des Thieres; wenn man nämlich einen Pfeilhecht aufſchneidet, ſo fließt, falls ſein Fleiſch giftig wirkt, ein weißes, eiteriges Waſſer heraus. Del Norte machte mit ſolchem Fleiſche Verſuche an Hunden, welche die Richtigkeit jener Behauptung beſtätigten. Die Anzeichen der Vergiftung beſtehen in allgemeinem Zittern, Ekel, Erbrechen und heftigen Schmerzen in den Gelenken der Arme und Hände. Wenn der Tod nicht eintritt, was glücklicherweiſe nur ſelten der Fall, ſo entſtehen oft ſehr ſonderbare Zufälle: die Gliederſchmerzen werden ſtärker, die Nägel der Hände und Füße fallen ab, die Haare aus. Solche Erſcheinungen wiederholen ſich oft viele Jahre nach einander. Von dem Genuß eingeſalzener Fiſche dieſer Art hat man nie üble Zufälle bemerkt, weshalb denn auch manche Leute die Barracuda vor der Zubereitung ſtets erſt ſalzen laſſen.“ Wieviel Wahres an dieſen Mittheilungen iſt, vermag ich nicht zu beſtimmen, wiederhole jedoch, daß eine derartige Behauptung keineswegs vereinzelt daſteht. Panzerwangen (Cataphracti) nennt man Fiſche, bei denen die Knochen des unteren Augen- randringes nach abwärts verbreitert, mit dem Vordeckel feſt verbunden und wie die Deckelſtücke und der Kopf mehr oder weniger, d. h. ſehr verſchiedenartig bedornt ſind. Der Geſichtsausdruck der Panzerwangen erhält durch die vielfachen Rauhigkeiten, welche, falls ſie zu Dornen ſich entwickelt haben, als tüchtige Waſſen dienen, etwas höchſt Eigenthümliches, wozu noch außerdem die mehr oder minder auffallende Bildung der Floſſen und ebenſo der Schuppen kommt. Mit Ausnahme der Glieder einer einzigen Sippe leben alle Panzerwangen im Meere und zwar in ſehr verſchiedener Tiefe deſſelben, die einen regelmäßig auf dem Grunde, die anderen regelmäßig in höheren Waſſerſchichten, über welche ſie ſich zuweilen „fliegend“ erheben. Jnnerhalb der Familie pflegt man die Seehähne (Trigla) obenan zu ſtellen, kleine, höchſtens mittelgroße, vierſchrötige Fiſche mit außerordentlich großem, faſt vierſeitigen, pyramidalen, in

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/520>, abgerufen am 23.12.2024.