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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Stachelflosser. Barsche. Zackenbarsche. Stachelbarsche.

Steinige Küsten des Mittelmeeres, welche reich an kleinen Fischen und Krebsen, namentlich
Garnelen sind und Höhlungen zum Versteck haben, bilden den bevorzugten Aufenthalt des Schrift-
barsches, welcher hier meist in großer Tiefe jahraus, jahrein gefunden, gefangen und dann auf den
Markt gebracht wird, weil sein Fleisch an Güte dem der Verwandten nicht nachsteht. Jm Uebrigen
fehlt eine genügende Kunde über die Lebensweise dieses Fisches, namentlich was die Fortpflanzung
anlangt. Auffallenderweise hat man längere Zeit geglaubt, ihn zu den Zwittern zählen zu müssen,

[Abbildung] Der Schriftbarsch (Serranus scriba). [ 1/3 ] der nat. Größe.
weil man einen weißen, drüsigen Anhang an den Eierstöcken für die Samenbehälter des Milchners
hielt und erst durch die genaueren Untersuchungen der Neueren widerlegt wurde.

Ein dem Schriftbarsch an Schönheit gleichkommender, in demselben Meere heimischer Fisch, der
Barbier (Serranus Anthias) wird von einigen Naturforschern mit jenem in derselben Gruppe
vereinigt, von anderen zu einer besonderen Gruppe (Anthias) erhoben, weil sich der dritte Stachel-
strahl der Rückenflosse weit über die anderen erhebt, die Bauchflosse sich bedeutend verlängert und
die Schwanzflosse halbmondförmig sich ausbuchtet, auch in der Beschuppung der Kinnladen Unter-
schiede sich zeigen.

Fast alle älteren Schriftsteller, Aristoteles, Plinius, Aelian, Oppian etc. sprechen
von dem Fische Anthias und erzählen sonderbare Dinge von ihm; es scheint jedoch, als ob Dies
weniger auf unseren Barbier, als auf den Tunnfisch bezogen werden müßte. "Die fisch", sagt
Geßner, "so von den alten Griechen Anthiae genennet worden, sind nicht sonderlich zu vnserer Zeit
bekannt, auß vrsach, daß sie mit keinen gewissen Zeichen sind beschrieben worden. Es werden auch
vielerley Geschlecht solcher genannten Fischen bei den Alten erzehlet, welche mehr auß Argwohn dann
auß gewisser Kundtschafft, nach der ordnung hiebey werden gesetzt. Der erste ist an seiner Farb
rötlecht: die obern Floßfedern dunkelrot, item auch die zwey Fecktle bey den Ohren, vnd die so vnden

Die Stachelfloſſer. Barſche. Zackenbarſche. Stachelbarſche.

Steinige Küſten des Mittelmeeres, welche reich an kleinen Fiſchen und Krebſen, namentlich
Garnelen ſind und Höhlungen zum Verſteck haben, bilden den bevorzugten Aufenthalt des Schrift-
barſches, welcher hier meiſt in großer Tiefe jahraus, jahrein gefunden, gefangen und dann auf den
Markt gebracht wird, weil ſein Fleiſch an Güte dem der Verwandten nicht nachſteht. Jm Uebrigen
fehlt eine genügende Kunde über die Lebensweiſe dieſes Fiſches, namentlich was die Fortpflanzung
anlangt. Auffallenderweiſe hat man längere Zeit geglaubt, ihn zu den Zwittern zählen zu müſſen,

[Abbildung] Der Schriftbarſch (Serranus scriba). [⅓] der nat. Größe.
weil man einen weißen, drüſigen Anhang an den Eierſtöcken für die Samenbehälter des Milchners
hielt und erſt durch die genaueren Unterſuchungen der Neueren widerlegt wurde.

Ein dem Schriftbarſch an Schönheit gleichkommender, in demſelben Meere heimiſcher Fiſch, der
Barbier (Serranus Anthias) wird von einigen Naturforſchern mit jenem in derſelben Gruppe
vereinigt, von anderen zu einer beſonderen Gruppe (Anthias) erhoben, weil ſich der dritte Stachel-
ſtrahl der Rückenfloſſe weit über die anderen erhebt, die Bauchfloſſe ſich bedeutend verlängert und
die Schwanzfloſſe halbmondförmig ſich ausbuchtet, auch in der Beſchuppung der Kinnladen Unter-
ſchiede ſich zeigen.

Faſt alle älteren Schriftſteller, Ariſtoteles, Plinius, Aelian, Oppian ꝛc. ſprechen
von dem Fiſche Anthias und erzählen ſonderbare Dinge von ihm; es ſcheint jedoch, als ob Dies
weniger auf unſeren Barbier, als auf den Tunnfiſch bezogen werden müßte. „Die fiſch“, ſagt
Geßner, „ſo von den alten Griechen Anthiae genennet worden, ſind nicht ſonderlich zu vnſerer Zeit
bekannt, auß vrſach, daß ſie mit keinen gewiſſen Zeichen ſind beſchrieben worden. Es werden auch
vielerley Geſchlecht ſolcher genannten Fiſchen bei den Alten erzehlet, welche mehr auß Argwohn dann
auß gewiſſer Kundtſchafft, nach der ordnung hiebey werden geſetzt. Der erſte iſt an ſeiner Farb
rötlecht: die obern Floßfedern dunkelrot, item auch die zwey Fecktle bey den Ohren, vnd die ſo vnden

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[482/0512] Die Stachelfloſſer. Barſche. Zackenbarſche. Stachelbarſche. Steinige Küſten des Mittelmeeres, welche reich an kleinen Fiſchen und Krebſen, namentlich Garnelen ſind und Höhlungen zum Verſteck haben, bilden den bevorzugten Aufenthalt des Schrift- barſches, welcher hier meiſt in großer Tiefe jahraus, jahrein gefunden, gefangen und dann auf den Markt gebracht wird, weil ſein Fleiſch an Güte dem der Verwandten nicht nachſteht. Jm Uebrigen fehlt eine genügende Kunde über die Lebensweiſe dieſes Fiſches, namentlich was die Fortpflanzung anlangt. Auffallenderweiſe hat man längere Zeit geglaubt, ihn zu den Zwittern zählen zu müſſen, [Abbildung Der Schriftbarſch (Serranus scriba). ⅓ der nat. Größe.] weil man einen weißen, drüſigen Anhang an den Eierſtöcken für die Samenbehälter des Milchners hielt und erſt durch die genaueren Unterſuchungen der Neueren widerlegt wurde. Ein dem Schriftbarſch an Schönheit gleichkommender, in demſelben Meere heimiſcher Fiſch, der Barbier (Serranus Anthias) wird von einigen Naturforſchern mit jenem in derſelben Gruppe vereinigt, von anderen zu einer beſonderen Gruppe (Anthias) erhoben, weil ſich der dritte Stachel- ſtrahl der Rückenfloſſe weit über die anderen erhebt, die Bauchfloſſe ſich bedeutend verlängert und die Schwanzfloſſe halbmondförmig ſich ausbuchtet, auch in der Beſchuppung der Kinnladen Unter- ſchiede ſich zeigen. Faſt alle älteren Schriftſteller, Ariſtoteles, Plinius, Aelian, Oppian ꝛc. ſprechen von dem Fiſche Anthias und erzählen ſonderbare Dinge von ihm; es ſcheint jedoch, als ob Dies weniger auf unſeren Barbier, als auf den Tunnfiſch bezogen werden müßte. „Die fiſch“, ſagt Geßner, „ſo von den alten Griechen Anthiae genennet worden, ſind nicht ſonderlich zu vnſerer Zeit bekannt, auß vrſach, daß ſie mit keinen gewiſſen Zeichen ſind beſchrieben worden. Es werden auch vielerley Geſchlecht ſolcher genannten Fiſchen bei den Alten erzehlet, welche mehr auß Argwohn dann auß gewiſſer Kundtſchafft, nach der ordnung hiebey werden geſetzt. Der erſte iſt an ſeiner Farb rötlecht: die obern Floßfedern dunkelrot, item auch die zwey Fecktle bey den Ohren, vnd die ſo vnden

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/512>, abgerufen am 16.06.2024.