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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Fische. Ein Blick auf das Leben der Gesammtheit.
minder enge Spalte in Verbindung steht. Gewöhnlich ist jeder der vier Kiemenbogen mit einer
Doppelreihe von Blättchen besetzt, bei vielen Knochenfischen nur drei und ein halber, bei anderen blos
drei, bei einigen zwei und ein halber, bei einzelnen sogar nur zwei, während gewisse Haie sechs oder
sieben Kiemen haben. Ausschließlich der Lungenfische besitzt kein einziges Mitglied der Klasse einen
Athemsack, welcher kohlenstoffhaltiges Blut empfängt und angesäuertes abgibt. Dagegen ist ein
besonderes sackförmiges Organ, die Schwimmblase, sehr oft vorhanden; sie enthält zwar Luft, steht
jedoch zur Athemthätigkeit in keiner Beziehung, vielmehr höchstens mit dem Gehörgange oder mit
dem Schlunde in Verbindung. Die Luft in der Schwimmblase wird ohne Zweifel von deren
Gefäßen abgeschieden, da sie aus Kohlen- oder Stickstoff besteht und nur höchst wenig Sauerstoff ent-
hält. Rondelet bemerkte zuerst, daß dieses in vieler Beziehung noch räthselhafte Werkzeug häufiger
bei Süßwasser-, als bei Meerfischen gefunden wird. Spätere Forscher beschäftigten sich namentlich
mit ihrer sehr verschiedenen Gestalt. Wahrscheinlich dient sie dazu, das Gewicht der Fische einer
bezüglichen Wasserhöhe anzupassen

Mit Ausnahme des Lanzettfischchens haben alle Fische ein von einem Herzbeutel umschlossenes
Herz mit einer ungetheilten, dünnwandigen Vorkammer und einer starkmuskeligen Kammer, welche
sich nach vorn mittels einer einzigen Oeffnung in die meist zwiebelartig angeschwollene Kiemenschlag-
ader fortsetzt. Letztere, der sogenannte Arterienstiel, zeigt zwei wesentlich verschiedene Grundformen
des Baues. Bei den Knochenfischen und Rundmäulern finden sich nämlich an der Ausmündungs-
öffnung der Kammer zwei halbmondförmige Klappen, bei den Schmelzschuppern und Quermäulern
hingegen deren eine bedeutende Anzahl. Das Blut strömt von dem Herzen durch die große Kiemen-
schlagader und vertheilt sich zu beiden Seiten in die Gefäßbogen, welche die Kiemenhohladern speisen
und auf ihnen in zahlreichen Haargefäßnetzen sich verzweigen, geht dann in die Kiemenvenen über,
deren je eine auf jedem Kiemenbogen sich sammelt und von diesen aus zu einem einzigen Haupt-
stamme, der Aorta, welche unmittelbar unter der Wirbelsäule nach hinten verläuft. Dei Schlag-
adern des Kopfes entstehen gewöhnlich schon vor der Bildung der Aorta aus der Kiemenhohlader des
ersten Bogens. Das Körperblut tritt durch eine am Schwanze einfache, nach vorn gewöhnlich gabelig
sich theilende Hohlader in das Herz zurück, nachdem vorher ein Theil desselben das sogenannte
Nierenpfortadersystem gebildet hat. Das in die Eingeweide strömende Blut sammelt sich in die
Hohladern, welche ebenfalls wieder in der Leber sich in die Haargefäßnetze des Pfortadersystems auf-
lösen und dann zur Leberhohlader zusammentreten, welche fast unmittelbar in die Vorkammer des
Herzens übergeht.

So einfach die Verdauungswerkzeuge im Ganzen sind, so manchfaltig kann ihre verschiedene
Entwicklung sein, namentlich so weit es sich um die Bezahnung handelt. Es gibt fast keinen einzigen
unter den zahlreichen Knochen der Mund- und Rachenhöhle, welcher nicht mit Zähnen besetzt sein
könnte. Einzelne Fische freilich haben gar keine Zähne, andere solche nur an einzelnen Knochen,
einzelne aber solche auf allen zahntragenden Knochen überhaupt. Gewöhnlich bemerkt man zwei
gleichlaufende Zahnbogen auf dem Gaumengewölbe, einen, welcher dem Zwischenkiefer und einen
anderen, welcher dem Gaumenbeine und dem Pflugscharbeine angehört, während Unterkiefer und
Zungenbein einen einzigen Bogen zu tragen pflegen. Weiter nach hinten zu starrt es gewöhnlich
von Zähnen, da sämmtliche Kiemenbogen und die oberen und unteren Schlundknochen deren tragen.
Die Zähne selbst lassen sich trotz ihrer außerordentlichen Manchfaltigkeit als Fang- und Mahlzähne
unterscheiden. Erstere haben gewöhnlich die Gestalt eines spitzen, nach hinten etwas umgekrümmten,
vorn mehr oder minder scharfrandigen Hakens, können aber auch durch meiselartige Zuschärfung der
Spitze, durch mehrfache Zacken und Widerhaken vervollständigt werden. Sie stehen meist in einfacher
Reihe und so, daß sie von beiden Kinnladen her übergreifen, während ihre Zwischenräume durch
viele kleinere ausgefüllt werden, drängen sich, wenn sie dünner und feiner sind, aber auch mehr
zusammen und bilden einen förmlichen Wald, erhalten sogar eine Beweglichkeit, wie sie sonst nur
den Giftschlangen eigen ist, indem sie bei Schließung des Maules in den Rachen zurückgelegt werden.

Die Fiſche. Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.
minder enge Spalte in Verbindung ſteht. Gewöhnlich iſt jeder der vier Kiemenbogen mit einer
Doppelreihe von Blättchen beſetzt, bei vielen Knochenfiſchen nur drei und ein halber, bei anderen blos
drei, bei einigen zwei und ein halber, bei einzelnen ſogar nur zwei, während gewiſſe Haie ſechs oder
ſieben Kiemen haben. Ausſchließlich der Lungenfiſche beſitzt kein einziges Mitglied der Klaſſe einen
Athemſack, welcher kohlenſtoffhaltiges Blut empfängt und angeſäuertes abgibt. Dagegen iſt ein
beſonderes ſackförmiges Organ, die Schwimmblaſe, ſehr oft vorhanden; ſie enthält zwar Luft, ſteht
jedoch zur Athemthätigkeit in keiner Beziehung, vielmehr höchſtens mit dem Gehörgange oder mit
dem Schlunde in Verbindung. Die Luft in der Schwimmblaſe wird ohne Zweifel von deren
Gefäßen abgeſchieden, da ſie aus Kohlen- oder Stickſtoff beſteht und nur höchſt wenig Sauerſtoff ent-
hält. Rondelet bemerkte zuerſt, daß dieſes in vieler Beziehung noch räthſelhafte Werkzeug häufiger
bei Süßwaſſer-, als bei Meerfiſchen gefunden wird. Spätere Forſcher beſchäftigten ſich namentlich
mit ihrer ſehr verſchiedenen Geſtalt. Wahrſcheinlich dient ſie dazu, das Gewicht der Fiſche einer
bezüglichen Waſſerhöhe anzupaſſen

Mit Ausnahme des Lanzettfiſchchens haben alle Fiſche ein von einem Herzbeutel umſchloſſenes
Herz mit einer ungetheilten, dünnwandigen Vorkammer und einer ſtarkmuskeligen Kammer, welche
ſich nach vorn mittels einer einzigen Oeffnung in die meiſt zwiebelartig angeſchwollene Kiemenſchlag-
ader fortſetzt. Letztere, der ſogenannte Arterienſtiel, zeigt zwei weſentlich verſchiedene Grundformen
des Baues. Bei den Knochenfiſchen und Rundmäulern finden ſich nämlich an der Ausmündungs-
öffnung der Kammer zwei halbmondförmige Klappen, bei den Schmelzſchuppern und Quermäulern
hingegen deren eine bedeutende Anzahl. Das Blut ſtrömt von dem Herzen durch die große Kiemen-
ſchlagader und vertheilt ſich zu beiden Seiten in die Gefäßbogen, welche die Kiemenhohladern ſpeiſen
und auf ihnen in zahlreichen Haargefäßnetzen ſich verzweigen, geht dann in die Kiemenvenen über,
deren je eine auf jedem Kiemenbogen ſich ſammelt und von dieſen aus zu einem einzigen Haupt-
ſtamme, der Aorta, welche unmittelbar unter der Wirbelſäule nach hinten verläuft. Dei Schlag-
adern des Kopfes entſtehen gewöhnlich ſchon vor der Bildung der Aorta aus der Kiemenhohlader des
erſten Bogens. Das Körperblut tritt durch eine am Schwanze einfache, nach vorn gewöhnlich gabelig
ſich theilende Hohlader in das Herz zurück, nachdem vorher ein Theil deſſelben das ſogenannte
Nierenpfortaderſyſtem gebildet hat. Das in die Eingeweide ſtrömende Blut ſammelt ſich in die
Hohladern, welche ebenfalls wieder in der Leber ſich in die Haargefäßnetze des Pfortaderſyſtems auf-
löſen und dann zur Leberhohlader zuſammentreten, welche faſt unmittelbar in die Vorkammer des
Herzens übergeht.

So einfach die Verdauungswerkzeuge im Ganzen ſind, ſo manchfaltig kann ihre verſchiedene
Entwicklung ſein, namentlich ſo weit es ſich um die Bezahnung handelt. Es gibt faſt keinen einzigen
unter den zahlreichen Knochen der Mund- und Rachenhöhle, welcher nicht mit Zähnen beſetzt ſein
könnte. Einzelne Fiſche freilich haben gar keine Zähne, andere ſolche nur an einzelnen Knochen,
einzelne aber ſolche auf allen zahntragenden Knochen überhaupt. Gewöhnlich bemerkt man zwei
gleichlaufende Zahnbogen auf dem Gaumengewölbe, einen, welcher dem Zwiſchenkiefer und einen
anderen, welcher dem Gaumenbeine und dem Pflugſcharbeine angehört, während Unterkiefer und
Zungenbein einen einzigen Bogen zu tragen pflegen. Weiter nach hinten zu ſtarrt es gewöhnlich
von Zähnen, da ſämmtliche Kiemenbogen und die oberen und unteren Schlundknochen deren tragen.
Die Zähne ſelbſt laſſen ſich trotz ihrer außerordentlichen Manchfaltigkeit als Fang- und Mahlzähne
unterſcheiden. Erſtere haben gewöhnlich die Geſtalt eines ſpitzen, nach hinten etwas umgekrümmten,
vorn mehr oder minder ſcharfrandigen Hakens, können aber auch durch meiſelartige Zuſchärfung der
Spitze, durch mehrfache Zacken und Widerhaken vervollſtändigt werden. Sie ſtehen meiſt in einfacher
Reihe und ſo, daß ſie von beiden Kinnladen her übergreifen, während ihre Zwiſchenräume durch
viele kleinere ausgefüllt werden, drängen ſich, wenn ſie dünner und feiner ſind, aber auch mehr
zuſammen und bilden einen förmlichen Wald, erhalten ſogar eine Beweglichkeit, wie ſie ſonſt nur
den Giftſchlangen eigen iſt, indem ſie bei Schließung des Maules in den Rachen zurückgelegt werden.

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[452/0482] Die Fiſche. Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit. minder enge Spalte in Verbindung ſteht. Gewöhnlich iſt jeder der vier Kiemenbogen mit einer Doppelreihe von Blättchen beſetzt, bei vielen Knochenfiſchen nur drei und ein halber, bei anderen blos drei, bei einigen zwei und ein halber, bei einzelnen ſogar nur zwei, während gewiſſe Haie ſechs oder ſieben Kiemen haben. Ausſchließlich der Lungenfiſche beſitzt kein einziges Mitglied der Klaſſe einen Athemſack, welcher kohlenſtoffhaltiges Blut empfängt und angeſäuertes abgibt. Dagegen iſt ein beſonderes ſackförmiges Organ, die Schwimmblaſe, ſehr oft vorhanden; ſie enthält zwar Luft, ſteht jedoch zur Athemthätigkeit in keiner Beziehung, vielmehr höchſtens mit dem Gehörgange oder mit dem Schlunde in Verbindung. Die Luft in der Schwimmblaſe wird ohne Zweifel von deren Gefäßen abgeſchieden, da ſie aus Kohlen- oder Stickſtoff beſteht und nur höchſt wenig Sauerſtoff ent- hält. Rondelet bemerkte zuerſt, daß dieſes in vieler Beziehung noch räthſelhafte Werkzeug häufiger bei Süßwaſſer-, als bei Meerfiſchen gefunden wird. Spätere Forſcher beſchäftigten ſich namentlich mit ihrer ſehr verſchiedenen Geſtalt. Wahrſcheinlich dient ſie dazu, das Gewicht der Fiſche einer bezüglichen Waſſerhöhe anzupaſſen Mit Ausnahme des Lanzettfiſchchens haben alle Fiſche ein von einem Herzbeutel umſchloſſenes Herz mit einer ungetheilten, dünnwandigen Vorkammer und einer ſtarkmuskeligen Kammer, welche ſich nach vorn mittels einer einzigen Oeffnung in die meiſt zwiebelartig angeſchwollene Kiemenſchlag- ader fortſetzt. Letztere, der ſogenannte Arterienſtiel, zeigt zwei weſentlich verſchiedene Grundformen des Baues. Bei den Knochenfiſchen und Rundmäulern finden ſich nämlich an der Ausmündungs- öffnung der Kammer zwei halbmondförmige Klappen, bei den Schmelzſchuppern und Quermäulern hingegen deren eine bedeutende Anzahl. Das Blut ſtrömt von dem Herzen durch die große Kiemen- ſchlagader und vertheilt ſich zu beiden Seiten in die Gefäßbogen, welche die Kiemenhohladern ſpeiſen und auf ihnen in zahlreichen Haargefäßnetzen ſich verzweigen, geht dann in die Kiemenvenen über, deren je eine auf jedem Kiemenbogen ſich ſammelt und von dieſen aus zu einem einzigen Haupt- ſtamme, der Aorta, welche unmittelbar unter der Wirbelſäule nach hinten verläuft. Dei Schlag- adern des Kopfes entſtehen gewöhnlich ſchon vor der Bildung der Aorta aus der Kiemenhohlader des erſten Bogens. Das Körperblut tritt durch eine am Schwanze einfache, nach vorn gewöhnlich gabelig ſich theilende Hohlader in das Herz zurück, nachdem vorher ein Theil deſſelben das ſogenannte Nierenpfortaderſyſtem gebildet hat. Das in die Eingeweide ſtrömende Blut ſammelt ſich in die Hohladern, welche ebenfalls wieder in der Leber ſich in die Haargefäßnetze des Pfortaderſyſtems auf- löſen und dann zur Leberhohlader zuſammentreten, welche faſt unmittelbar in die Vorkammer des Herzens übergeht. So einfach die Verdauungswerkzeuge im Ganzen ſind, ſo manchfaltig kann ihre verſchiedene Entwicklung ſein, namentlich ſo weit es ſich um die Bezahnung handelt. Es gibt faſt keinen einzigen unter den zahlreichen Knochen der Mund- und Rachenhöhle, welcher nicht mit Zähnen beſetzt ſein könnte. Einzelne Fiſche freilich haben gar keine Zähne, andere ſolche nur an einzelnen Knochen, einzelne aber ſolche auf allen zahntragenden Knochen überhaupt. Gewöhnlich bemerkt man zwei gleichlaufende Zahnbogen auf dem Gaumengewölbe, einen, welcher dem Zwiſchenkiefer und einen anderen, welcher dem Gaumenbeine und dem Pflugſcharbeine angehört, während Unterkiefer und Zungenbein einen einzigen Bogen zu tragen pflegen. Weiter nach hinten zu ſtarrt es gewöhnlich von Zähnen, da ſämmtliche Kiemenbogen und die oberen und unteren Schlundknochen deren tragen. Die Zähne ſelbſt laſſen ſich trotz ihrer außerordentlichen Manchfaltigkeit als Fang- und Mahlzähne unterſcheiden. Erſtere haben gewöhnlich die Geſtalt eines ſpitzen, nach hinten etwas umgekrümmten, vorn mehr oder minder ſcharfrandigen Hakens, können aber auch durch meiſelartige Zuſchärfung der Spitze, durch mehrfache Zacken und Widerhaken vervollſtändigt werden. Sie ſtehen meiſt in einfacher Reihe und ſo, daß ſie von beiden Kinnladen her übergreifen, während ihre Zwiſchenräume durch viele kleinere ausgefüllt werden, drängen ſich, wenn ſie dünner und feiner ſind, aber auch mehr zuſammen und bilden einen förmlichen Wald, erhalten ſogar eine Beweglichkeit, wie ſie ſonſt nur den Giftſchlangen eigen iſt, indem ſie bei Schließung des Maules in den Rachen zurückgelegt werden.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/482>, abgerufen am 05.06.2024.