kleines, spannelanges und einer Eidechse ähnliches Ungeziefer sei, davon es sonst hin und wieder mehr gibt." Später im Jahre 1786 erfahren wir durch Steinberg, daß bei der im Jahre 1751 statt- gefundenen Ueberschwemmung der Fischer Sicherl im Unzflusse einmal fünf unbekannte Fische gefangen habe, welche eine Spanne lang und schneeweiß waren, aber vier Füße hatten. Nach Steinberg wurde Scopoli durch die Landleute von Sittich in Krain auf den Olm aufmerksam gemacht, und durch ihn erhielt der naturkundige Domherr von Gurk, Siegmund von Hochenwarth ein Stück, welches Laurenti in Wien der gelehrten Welt zur Kenntniß brachte und Proteus anguineus benannte. Wahrscheinlich aus derselben Quelle erhielt auch Schreibers das Stück, welches er im Jahre 1800 ausführlicher beschrieb. Seit dieser Zeit ist die Aufmerksamkeit aller Naturforscher auf jede neue Entdeckung bezüglich dieses wunderbaren Thieres äußerst gespannt. Man hat jetzt gegen dreißig verschiedene Fundstellen kennen gelernt und, nach Annahme des Grafen von Hochenwarth, weit über viertausend Olme, theils lebend, theils in Weingeist in nahe und weite Ferne abgesendet, sie überall auf das Sorgfältigste untersucht, sie aber trotzdem noch keines- wegs kennen gelernt. Denn noch immer wissen wir Nichts über die Fortpflanzung des Olmes, auch trotz der von dem Museum zu Wien ausgesetzten Belohnung von fünfundzwanzig Gulden für Den, welcher das erste trächtige Weibchen einsendet.
Der Olm(Proteus anguineus oder Hypochthon Laurentii), Vertreter einer eigenen Sippe und unzweifelhaft eines der merkwürdigsten aller Thiere, ähnelt dem Aalmolche hinsichtlich seines langen Leibes und der kleinen von einanderstehenden Beine, deren Vorderfüße drei und deren Hinterfüße zwei krallenlose Zehen tragen, unterscheidet sich von ihm aber durch seine Hechtschnauze und durch die Kleinheit der Augen, welche gänzlich unter der Kopfhaut verborgen liegen, äußerlich auch durchaus unsichtbar sind. "Die Mundspalte", sagt Wagler, "ist ziemlich klein, die Lippe des Oberkiefers dick; sie überdeckt in ihrem ganzen Umfange den Rand des Unterkiefers; die Nasenlöcher sind zwei längliche, mit dem Rande der Oberlippe gleichlaufende Spalten. Auf jeder Seite des Halses stehen drei kurze dreiästige Kiemenbüschel. Der Schwanz ist im Verhältniß zur Länge des Rumpfes kurz und von einer Fettflosse umzogen.
"Das Geripp gleicht dem des Salamanders, wenn man hiervon den Kopf, die Gestalt und größere Anzahl der Wirbel, die geringere Anzahl von Rippenanhängen und die wie beim Aalmolche aus einem einzigen Stücke bestehende Hand- und Fußwurzel ausnimmt. Der Kopf ist sehr sonderbar und eigenthümlich gebaut. Eine seiner vorzüglichsten Eigenheiten besteht in dem gänzlichsten Mangel der Oberkieferbeine und in der dadurch verursachten Erweiterung und Verlängerung des Zwischen- kieferbeines, welches fast den Oberkieferrand bildet, sowie darin, daß die Gaumenbeine fehlen und die Nasenlöcher auf ihrer Unter- und Außenseite keine knöchernen Umgebungen haben und zwischen Lippen- und Pflugscharbein in den Mund dringen. Sowohl auf dem Rande des Zwischenkiefer- beines als des Unterkiefers stehen zahlreiche gleichartige, kegelförmige, etwas zurückgeneigte Zähnchen und auf dem äußeren Rande der beiden Pflugscharbeine eine andere einfache Längsreihe von Zähnen.... An das hintere Ende der Pflugscharbeine befestigt sich ein schmales Flügelbein, schmiegt sich mit seinem hinteren Ende dem hinteren Rande des Trommelbeines an, läßt aber auf der Grundfläche des Schädels einen kleinen Raum frei. Die ganze Oberseite des Kopfes wird aus dem schildförmigen, platten Keilbein gebildet. Das Trommelbein besteht aus einem ziemlich langen, an beiden Enden etwas verdickten, gegen den Unterkiefer schräg herabsteigenden Knochen; das eiförmige Fenster liegt ganz im Felsenbeine. Der Unterkiefer ist dem der Salamander ähnlich.
"Der Magen des Olmes ist eine blose Erweiterung des Darmschlauches, welcher sich in fast gerader Richtung von einem Ende des Bauches zum anderen erstreckt, die Speiseröhre innen gefaltet. Ein eigentlicher Kehlkopf fehlt, und statt desselben ist nur eine häutige, durch eine kleine Ritze in den Schlund geöffnete, halbmondförmige Höhle vorhanden, welche sich rückwärts in zwei langen Gängen fortzieht, die ihrerseits in die dünnen, innerlich sehr gefäßarmen Lungenblasen endigen."
Die Schwanzlurche. Kiemenfiſchlinge.
kleines, ſpannelanges und einer Eidechſe ähnliches Ungeziefer ſei, davon es ſonſt hin und wieder mehr gibt.“ Später im Jahre 1786 erfahren wir durch Steinberg, daß bei der im Jahre 1751 ſtatt- gefundenen Ueberſchwemmung der Fiſcher Sicherl im Unzfluſſe einmal fünf unbekannte Fiſche gefangen habe, welche eine Spanne lang und ſchneeweiß waren, aber vier Füße hatten. Nach Steinberg wurde Scopoli durch die Landleute von Sittich in Krain auf den Olm aufmerkſam gemacht, und durch ihn erhielt der naturkundige Domherr von Gurk, Siegmund von Hochenwarth ein Stück, welches Laurenti in Wien der gelehrten Welt zur Kenntniß brachte und Proteus anguineus benannte. Wahrſcheinlich aus derſelben Quelle erhielt auch Schreibers das Stück, welches er im Jahre 1800 ausführlicher beſchrieb. Seit dieſer Zeit iſt die Aufmerkſamkeit aller Naturforſcher auf jede neue Entdeckung bezüglich dieſes wunderbaren Thieres äußerſt geſpannt. Man hat jetzt gegen dreißig verſchiedene Fundſtellen kennen gelernt und, nach Annahme des Grafen von Hochenwarth, weit über viertauſend Olme, theils lebend, theils in Weingeiſt in nahe und weite Ferne abgeſendet, ſie überall auf das Sorgfältigſte unterſucht, ſie aber trotzdem noch keines- wegs kennen gelernt. Denn noch immer wiſſen wir Nichts über die Fortpflanzung des Olmes, auch trotz der von dem Muſeum zu Wien ausgeſetzten Belohnung von fünfundzwanzig Gulden für Den, welcher das erſte trächtige Weibchen einſendet.
Der Olm(Proteus anguineus oder Hypochthon Laurentii), Vertreter einer eigenen Sippe und unzweifelhaft eines der merkwürdigſten aller Thiere, ähnelt dem Aalmolche hinſichtlich ſeines langen Leibes und der kleinen von einanderſtehenden Beine, deren Vorderfüße drei und deren Hinterfüße zwei krallenloſe Zehen tragen, unterſcheidet ſich von ihm aber durch ſeine Hechtſchnauze und durch die Kleinheit der Augen, welche gänzlich unter der Kopfhaut verborgen liegen, äußerlich auch durchaus unſichtbar ſind. „Die Mundſpalte“, ſagt Wagler, „iſt ziemlich klein, die Lippe des Oberkiefers dick; ſie überdeckt in ihrem ganzen Umfange den Rand des Unterkiefers; die Naſenlöcher ſind zwei längliche, mit dem Rande der Oberlippe gleichlaufende Spalten. Auf jeder Seite des Halſes ſtehen drei kurze dreiäſtige Kiemenbüſchel. Der Schwanz iſt im Verhältniß zur Länge des Rumpfes kurz und von einer Fettfloſſe umzogen.
„Das Geripp gleicht dem des Salamanders, wenn man hiervon den Kopf, die Geſtalt und größere Anzahl der Wirbel, die geringere Anzahl von Rippenanhängen und die wie beim Aalmolche aus einem einzigen Stücke beſtehende Hand- und Fußwurzel ausnimmt. Der Kopf iſt ſehr ſonderbar und eigenthümlich gebaut. Eine ſeiner vorzüglichſten Eigenheiten beſteht in dem gänzlichſten Mangel der Oberkieferbeine und in der dadurch verurſachten Erweiterung und Verlängerung des Zwiſchen- kieferbeines, welches faſt den Oberkieferrand bildet, ſowie darin, daß die Gaumenbeine fehlen und die Naſenlöcher auf ihrer Unter- und Außenſeite keine knöchernen Umgebungen haben und zwiſchen Lippen- und Pflugſcharbein in den Mund dringen. Sowohl auf dem Rande des Zwiſchenkiefer- beines als des Unterkiefers ſtehen zahlreiche gleichartige, kegelförmige, etwas zurückgeneigte Zähnchen und auf dem äußeren Rande der beiden Pflugſcharbeine eine andere einfache Längsreihe von Zähnen.... An das hintere Ende der Pflugſcharbeine befeſtigt ſich ein ſchmales Flügelbein, ſchmiegt ſich mit ſeinem hinteren Ende dem hinteren Rande des Trommelbeines an, läßt aber auf der Grundfläche des Schädels einen kleinen Raum frei. Die ganze Oberſeite des Kopfes wird aus dem ſchildförmigen, platten Keilbein gebildet. Das Trommelbein beſteht aus einem ziemlich langen, an beiden Enden etwas verdickten, gegen den Unterkiefer ſchräg herabſteigenden Knochen; das eiförmige Fenſter liegt ganz im Felſenbeine. Der Unterkiefer iſt dem der Salamander ähnlich.
„Der Magen des Olmes iſt eine bloſe Erweiterung des Darmſchlauches, welcher ſich in faſt gerader Richtung von einem Ende des Bauches zum anderen erſtreckt, die Speiſeröhre innen gefaltet. Ein eigentlicher Kehlkopf fehlt, und ſtatt deſſelben iſt nur eine häutige, durch eine kleine Ritze in den Schlund geöffnete, halbmondförmige Höhle vorhanden, welche ſich rückwärts in zwei langen Gängen fortzieht, die ihrerſeits in die dünnen, innerlich ſehr gefäßarmen Lungenblaſen endigen.“
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Die Schwanzlurche. Kiemenfiſchlinge.
kleines, ſpannelanges und einer Eidechſe ähnliches Ungeziefer ſei, davon es ſonſt hin und wieder mehr
gibt.“ Später im Jahre 1786 erfahren wir durch Steinberg, daß bei der im Jahre 1751 ſtatt-
gefundenen Ueberſchwemmung der Fiſcher Sicherl im Unzfluſſe einmal fünf unbekannte Fiſche
gefangen habe, welche eine Spanne lang und ſchneeweiß waren, aber vier Füße hatten. Nach
Steinberg wurde Scopoli durch die Landleute von Sittich in Krain auf den Olm aufmerkſam
gemacht, und durch ihn erhielt der naturkundige Domherr von Gurk, Siegmund von
Hochenwarth ein Stück, welches Laurenti in Wien der gelehrten Welt zur Kenntniß brachte und
Proteus anguineus benannte. Wahrſcheinlich aus derſelben Quelle erhielt auch Schreibers das
Stück, welches er im Jahre 1800 ausführlicher beſchrieb. Seit dieſer Zeit iſt die Aufmerkſamkeit
aller Naturforſcher auf jede neue Entdeckung bezüglich dieſes wunderbaren Thieres äußerſt geſpannt.
Man hat jetzt gegen dreißig verſchiedene Fundſtellen kennen gelernt und, nach Annahme des Grafen
von Hochenwarth, weit über viertauſend Olme, theils lebend, theils in Weingeiſt in nahe und
weite Ferne abgeſendet, ſie überall auf das Sorgfältigſte unterſucht, ſie aber trotzdem noch keines-
wegs kennen gelernt. Denn noch immer wiſſen wir Nichts über die Fortpflanzung des Olmes, auch
trotz der von dem Muſeum zu Wien ausgeſetzten Belohnung von fünfundzwanzig Gulden für Den,
welcher das erſte trächtige Weibchen einſendet.
Der Olm (Proteus anguineus oder Hypochthon Laurentii), Vertreter einer eigenen Sippe und
unzweifelhaft eines der merkwürdigſten aller Thiere, ähnelt dem Aalmolche hinſichtlich ſeines langen
Leibes und der kleinen von einanderſtehenden Beine, deren Vorderfüße drei und deren Hinterfüße
zwei krallenloſe Zehen tragen, unterſcheidet ſich von ihm aber durch ſeine Hechtſchnauze und durch die
Kleinheit der Augen, welche gänzlich unter der Kopfhaut verborgen liegen, äußerlich auch durchaus
unſichtbar ſind. „Die Mundſpalte“, ſagt Wagler, „iſt ziemlich klein, die Lippe des Oberkiefers
dick; ſie überdeckt in ihrem ganzen Umfange den Rand des Unterkiefers; die Naſenlöcher ſind zwei
längliche, mit dem Rande der Oberlippe gleichlaufende Spalten. Auf jeder Seite des Halſes ſtehen
drei kurze dreiäſtige Kiemenbüſchel. Der Schwanz iſt im Verhältniß zur Länge des Rumpfes kurz
und von einer Fettfloſſe umzogen.
„Das Geripp gleicht dem des Salamanders, wenn man hiervon den Kopf, die Geſtalt und
größere Anzahl der Wirbel, die geringere Anzahl von Rippenanhängen und die wie beim Aalmolche
aus einem einzigen Stücke beſtehende Hand- und Fußwurzel ausnimmt. Der Kopf iſt ſehr ſonderbar
und eigenthümlich gebaut. Eine ſeiner vorzüglichſten Eigenheiten beſteht in dem gänzlichſten Mangel
der Oberkieferbeine und in der dadurch verurſachten Erweiterung und Verlängerung des Zwiſchen-
kieferbeines, welches faſt den Oberkieferrand bildet, ſowie darin, daß die Gaumenbeine fehlen und
die Naſenlöcher auf ihrer Unter- und Außenſeite keine knöchernen Umgebungen haben und zwiſchen
Lippen- und Pflugſcharbein in den Mund dringen. Sowohl auf dem Rande des Zwiſchenkiefer-
beines als des Unterkiefers ſtehen zahlreiche gleichartige, kegelförmige, etwas zurückgeneigte Zähnchen
und auf dem äußeren Rande der beiden Pflugſcharbeine eine andere einfache Längsreihe von
Zähnen.... An das hintere Ende der Pflugſcharbeine befeſtigt ſich ein ſchmales Flügelbein,
ſchmiegt ſich mit ſeinem hinteren Ende dem hinteren Rande des Trommelbeines an, läßt aber auf
der Grundfläche des Schädels einen kleinen Raum frei. Die ganze Oberſeite des Kopfes wird aus
dem ſchildförmigen, platten Keilbein gebildet. Das Trommelbein beſteht aus einem ziemlich langen,
an beiden Enden etwas verdickten, gegen den Unterkiefer ſchräg herabſteigenden Knochen; das
eiförmige Fenſter liegt ganz im Felſenbeine. Der Unterkiefer iſt dem der Salamander ähnlich.
„Der Magen des Olmes iſt eine bloſe Erweiterung des Darmſchlauches, welcher ſich in faſt
gerader Richtung von einem Ende des Bauches zum anderen erſtreckt, die Speiſeröhre innen gefaltet.
Ein eigentlicher Kehlkopf fehlt, und ſtatt deſſelben iſt nur eine häutige, durch eine kleine Ritze in den
Schlund geöffnete, halbmondförmige Höhle vorhanden, welche ſich rückwärts in zwei langen Gängen
fortzieht, die ihrerſeits in die dünnen, innerlich ſehr gefäßarmen Lungenblaſen endigen.“
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/466>, abgerufen am 16.07.2024.
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