Fischlinge, welche noch in späteren Jahren Kiemen tragen, sind gewissermaßen anzusehen als im Jugendzustande verharrende Schwanzlurche.
Es dürfte schwer sein, ein Mitglied dieser Ordnung zu nennen, welches dem Menschen merk- lichen Schaden zufügt. Einige der größeren Arten nähren sich von Fischen; sie aber wohnen in Gegenden, wo ihr Nahrungsverbrauch gewiß nicht angerechnet werden darf. Eher noch als schädliche darf man sie als nützliche Thiere bezeichnen, da sie eine Menge von lästigen oder den Pflanzen schadenbringenden Thieren verzehren. Daß die Absonderung ihrer Drüsen Niemandem Unheil zufügen kann, obgleich von Altersher hierüber das Tollste gefabelt worden ist, werden wir später sehen.
Unter den Feinden, welche den Molchen nachstellen, werden ihnen wohl nur einzelne Schlangen und Fische gefährlich; Säugethiere und Vögel nehmen blos Wassermolche auf und verschmähen dagegen die Erdmolche ihres Drüsensaftes halber, während die Schlangen sich durch denselben nicht behindern lassen. Der ungebildete Mensch hegt noch heutigentages einen entsetzlichen Abscheu vor den Salamandern und deren Verwandten, hat aber glücklicherweise keine Gelegenheit, seinen Gefühlen durch die That, welche fast ebensoviel als Vernichtung der Thiere sein würde, Nachdruck zu geben; der Aufgeklärte und Gebildete verlacht Jenen und stellt den Molchen nur deshalb eifrig nach, weil sie sich vortrefflich zur Besetzung der solchen Thieren dienenden Käfige eignen, nämlich jahrelang in der Gefangenschaft aushalten.
"Der Salamander, ein Thier von Eidechsengestalt und sternartig gezeichnet, läßt sich nur bei starkem Regen sehen und kommt bei trockenem Wetter nie zum Vorschein. Er ist so kalt, daß er wie Eis durch bloße Berührung Feuer auslöscht. Der Schleim, welcher ihm wie Milch aus dem Munde läuft, frißt die Haare am ganzen menschlichen Körper weg; die befeuchtete Stelle verliert die Farbe und wird zum Male. Unter allen giftigen Thieren sind die Salamander die boshaftesten. Andere verletzen nur einzelne Menschen und tödten nicht mehrere zugleich -- ganz abgesehen davon, daß die Giftthiere, welche einen Menschen verwundet haben, umkommen und von der Erde nicht wieder auf- genommen werden -- der Salamander hingegen kann ganze Völker vernichten, wenn sie sich nicht vorsehen. Wenn er auf einen Baum kriecht, vergiftet er alle Früchte, und wer davon genießt, stirbt vor Frost; ja, wenn von einem Holze, welches er nur mit dem Fuße berührt hat, Brod gebacken wird, so ist auch dieses vergiftet, und fällt er in einen Brunnen, so ist es das Wasser nicht minder. Doch wird dieses so giftige Geschöpf von einigen anderen Thieren gefressen, so z. B. von den Schweinen, und es ist wahrscheinlich, daß sein Gift vorzüglich durch solche Thiere gedämpft wird, denen er zur Nahrung dient. Wäre gegründet, was die Magier vorgeben, daß sie gewisse Theile des Salamanders als Mittel wider Feuersbrünste vorschlagen, weil es das einzige Thier, welches das Feuer auslöscht, so würde Rom längst einen solchen Versuch gemacht haben. Sertius sagt, daß der Genuß eines Salamanders, welchem man die Eingeweide ausnimmt, Fuß und Kopf abschneidet und in Honig aufbewahrt, erregend wirkt, leugnet aber, daß er das Feuer lösche."
So ungefähr spricht sich Plinius aus, und von seiner Zeit an bis zu unseren Tagen hat es der Gläubigen an der Wahrheit dieser Mittheilungen viele, der Ungläubigen nur wenige gegeben. Der Salamander war und ist noch jetzt verschrieen als ein entsetzliches, fürchterliches Thier. Nach den römischen Gesetzen wurde Derjenige, welcher einem Anderen irgend einen Theil des Salamanders eingab, als ein Giftmischer erklärt und des Todes schuldig befunden! Und noch zu Ende des vorigen Jahrhunderts versuchte eine Frau ihren Gatten vermittels eines Salamanders, dessen Fleisch sie der Speise beigemengt hatte, zu vergiften, zum Glück des Mannes, welcher nach genossener Speise keine andere Wirkung als die der Sättigung verspürte. FranzI. wählte einen Salamander in Flammen mit der Unterschrift: "nutrio et extinguo" zu seinem Wahlspruche. Die Goldmacher verbrannten das arme Geschöpf unter lächerlichen Faren und meinten, das von ihnen begehrte Metall dadurch
Die Schwanzlurche. Salamander.
Fiſchlinge, welche noch in ſpäteren Jahren Kiemen tragen, ſind gewiſſermaßen anzuſehen als im Jugendzuſtande verharrende Schwanzlurche.
Es dürfte ſchwer ſein, ein Mitglied dieſer Ordnung zu nennen, welches dem Menſchen merk- lichen Schaden zufügt. Einige der größeren Arten nähren ſich von Fiſchen; ſie aber wohnen in Gegenden, wo ihr Nahrungsverbrauch gewiß nicht angerechnet werden darf. Eher noch als ſchädliche darf man ſie als nützliche Thiere bezeichnen, da ſie eine Menge von läſtigen oder den Pflanzen ſchadenbringenden Thieren verzehren. Daß die Abſonderung ihrer Drüſen Niemandem Unheil zufügen kann, obgleich von Altersher hierüber das Tollſte gefabelt worden iſt, werden wir ſpäter ſehen.
Unter den Feinden, welche den Molchen nachſtellen, werden ihnen wohl nur einzelne Schlangen und Fiſche gefährlich; Säugethiere und Vögel nehmen blos Waſſermolche auf und verſchmähen dagegen die Erdmolche ihres Drüſenſaftes halber, während die Schlangen ſich durch denſelben nicht behindern laſſen. Der ungebildete Menſch hegt noch heutigentages einen entſetzlichen Abſcheu vor den Salamandern und deren Verwandten, hat aber glücklicherweiſe keine Gelegenheit, ſeinen Gefühlen durch die That, welche faſt ebenſoviel als Vernichtung der Thiere ſein würde, Nachdruck zu geben; der Aufgeklärte und Gebildete verlacht Jenen und ſtellt den Molchen nur deshalb eifrig nach, weil ſie ſich vortrefflich zur Beſetzung der ſolchen Thieren dienenden Käfige eignen, nämlich jahrelang in der Gefangenſchaft aushalten.
„Der Salamander, ein Thier von Eidechſengeſtalt und ſternartig gezeichnet, läßt ſich nur bei ſtarkem Regen ſehen und kommt bei trockenem Wetter nie zum Vorſchein. Er iſt ſo kalt, daß er wie Eis durch bloße Berührung Feuer auslöſcht. Der Schleim, welcher ihm wie Milch aus dem Munde läuft, frißt die Haare am ganzen menſchlichen Körper weg; die befeuchtete Stelle verliert die Farbe und wird zum Male. Unter allen giftigen Thieren ſind die Salamander die boshafteſten. Andere verletzen nur einzelne Menſchen und tödten nicht mehrere zugleich — ganz abgeſehen davon, daß die Giftthiere, welche einen Menſchen verwundet haben, umkommen und von der Erde nicht wieder auf- genommen werden — der Salamander hingegen kann ganze Völker vernichten, wenn ſie ſich nicht vorſehen. Wenn er auf einen Baum kriecht, vergiftet er alle Früchte, und wer davon genießt, ſtirbt vor Froſt; ja, wenn von einem Holze, welches er nur mit dem Fuße berührt hat, Brod gebacken wird, ſo iſt auch dieſes vergiftet, und fällt er in einen Brunnen, ſo iſt es das Waſſer nicht minder. Doch wird dieſes ſo giftige Geſchöpf von einigen anderen Thieren gefreſſen, ſo z. B. von den Schweinen, und es iſt wahrſcheinlich, daß ſein Gift vorzüglich durch ſolche Thiere gedämpft wird, denen er zur Nahrung dient. Wäre gegründet, was die Magier vorgeben, daß ſie gewiſſe Theile des Salamanders als Mittel wider Feuersbrünſte vorſchlagen, weil es das einzige Thier, welches das Feuer auslöſcht, ſo würde Rom längſt einen ſolchen Verſuch gemacht haben. Sertius ſagt, daß der Genuß eines Salamanders, welchem man die Eingeweide ausnimmt, Fuß und Kopf abſchneidet und in Honig aufbewahrt, erregend wirkt, leugnet aber, daß er das Feuer löſche.“
So ungefähr ſpricht ſich Plinius aus, und von ſeiner Zeit an bis zu unſeren Tagen hat es der Gläubigen an der Wahrheit dieſer Mittheilungen viele, der Ungläubigen nur wenige gegeben. Der Salamander war und iſt noch jetzt verſchrieen als ein entſetzliches, fürchterliches Thier. Nach den römiſchen Geſetzen wurde Derjenige, welcher einem Anderen irgend einen Theil des Salamanders eingab, als ein Giftmiſcher erklärt und des Todes ſchuldig befunden! Und noch zu Ende des vorigen Jahrhunderts verſuchte eine Frau ihren Gatten vermittels eines Salamanders, deſſen Fleiſch ſie der Speiſe beigemengt hatte, zu vergiften, zum Glück des Mannes, welcher nach genoſſener Speiſe keine andere Wirkung als die der Sättigung verſpürte. FranzI. wählte einen Salamander in Flammen mit der Unterſchrift: „nutrio et extinguo“ zu ſeinem Wahlſpruche. Die Goldmacher verbrannten das arme Geſchöpf unter lächerlichen Faren und meinten, das von ihnen begehrte Metall dadurch
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Die Schwanzlurche. Salamander.
Fiſchlinge, welche noch in ſpäteren Jahren Kiemen tragen, ſind gewiſſermaßen anzuſehen als im
Jugendzuſtande verharrende Schwanzlurche.
Es dürfte ſchwer ſein, ein Mitglied dieſer Ordnung zu nennen, welches dem Menſchen merk-
lichen Schaden zufügt. Einige der größeren Arten nähren ſich von Fiſchen; ſie aber wohnen in
Gegenden, wo ihr Nahrungsverbrauch gewiß nicht angerechnet werden darf. Eher noch als ſchädliche
darf man ſie als nützliche Thiere bezeichnen, da ſie eine Menge von läſtigen oder den Pflanzen
ſchadenbringenden Thieren verzehren. Daß die Abſonderung ihrer Drüſen Niemandem Unheil zufügen
kann, obgleich von Altersher hierüber das Tollſte gefabelt worden iſt, werden wir ſpäter ſehen.
Unter den Feinden, welche den Molchen nachſtellen, werden ihnen wohl nur einzelne Schlangen
und Fiſche gefährlich; Säugethiere und Vögel nehmen blos Waſſermolche auf und verſchmähen
dagegen die Erdmolche ihres Drüſenſaftes halber, während die Schlangen ſich durch denſelben nicht
behindern laſſen. Der ungebildete Menſch hegt noch heutigentages einen entſetzlichen Abſcheu vor
den Salamandern und deren Verwandten, hat aber glücklicherweiſe keine Gelegenheit, ſeinen Gefühlen
durch die That, welche faſt ebenſoviel als Vernichtung der Thiere ſein würde, Nachdruck zu geben;
der Aufgeklärte und Gebildete verlacht Jenen und ſtellt den Molchen nur deshalb eifrig nach, weil
ſie ſich vortrefflich zur Beſetzung der ſolchen Thieren dienenden Käfige eignen, nämlich jahrelang in
der Gefangenſchaft aushalten.
„Der Salamander, ein Thier von Eidechſengeſtalt und ſternartig gezeichnet, läßt ſich nur bei
ſtarkem Regen ſehen und kommt bei trockenem Wetter nie zum Vorſchein. Er iſt ſo kalt, daß er wie
Eis durch bloße Berührung Feuer auslöſcht. Der Schleim, welcher ihm wie Milch aus dem Munde
läuft, frißt die Haare am ganzen menſchlichen Körper weg; die befeuchtete Stelle verliert die Farbe
und wird zum Male. Unter allen giftigen Thieren ſind die Salamander die boshafteſten. Andere
verletzen nur einzelne Menſchen und tödten nicht mehrere zugleich — ganz abgeſehen davon, daß die
Giftthiere, welche einen Menſchen verwundet haben, umkommen und von der Erde nicht wieder auf-
genommen werden — der Salamander hingegen kann ganze Völker vernichten, wenn ſie ſich nicht
vorſehen. Wenn er auf einen Baum kriecht, vergiftet er alle Früchte, und wer davon genießt, ſtirbt
vor Froſt; ja, wenn von einem Holze, welches er nur mit dem Fuße berührt hat, Brod gebacken
wird, ſo iſt auch dieſes vergiftet, und fällt er in einen Brunnen, ſo iſt es das Waſſer nicht minder.
Doch wird dieſes ſo giftige Geſchöpf von einigen anderen Thieren gefreſſen, ſo z. B. von den
Schweinen, und es iſt wahrſcheinlich, daß ſein Gift vorzüglich durch ſolche Thiere gedämpft wird,
denen er zur Nahrung dient. Wäre gegründet, was die Magier vorgeben, daß ſie gewiſſe Theile
des Salamanders als Mittel wider Feuersbrünſte vorſchlagen, weil es das einzige Thier, welches
das Feuer auslöſcht, ſo würde Rom längſt einen ſolchen Verſuch gemacht haben. Sertius ſagt,
daß der Genuß eines Salamanders, welchem man die Eingeweide ausnimmt, Fuß und Kopf
abſchneidet und in Honig aufbewahrt, erregend wirkt, leugnet aber, daß er das Feuer löſche.“
So ungefähr ſpricht ſich Plinius aus, und von ſeiner Zeit an bis zu unſeren Tagen hat es
der Gläubigen an der Wahrheit dieſer Mittheilungen viele, der Ungläubigen nur wenige gegeben.
Der Salamander war und iſt noch jetzt verſchrieen als ein entſetzliches, fürchterliches Thier. Nach
den römiſchen Geſetzen wurde Derjenige, welcher einem Anderen irgend einen Theil des Salamanders
eingab, als ein Giftmiſcher erklärt und des Todes ſchuldig befunden! Und noch zu Ende des vorigen
Jahrhunderts verſuchte eine Frau ihren Gatten vermittels eines Salamanders, deſſen Fleiſch ſie der
Speiſe beigemengt hatte, zu vergiften, zum Glück des Mannes, welcher nach genoſſener Speiſe keine
andere Wirkung als die der Sättigung verſpürte. Franz I. wählte einen Salamander in Flammen
mit der Unterſchrift: „nutrio et extinguo“ zu ſeinem Wahlſpruche. Die Goldmacher verbrannten
das arme Geſchöpf unter lächerlichen Faren und meinten, das von ihnen begehrte Metall dadurch
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/440>, abgerufen am 21.12.2024.
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