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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Froschlurche. Kröten. Landkröten.
Arten. Der ganze Leib ist mit dicken Warzen bedeckt, welche hinter dem Ohre eine große Drüse frei
lassen, die Färbung, ein düsteres Rothgrau oder Rothbraun, welches bisweilen ins Oelgrüne, bisweilen
ins Schwarze fällt und durch dunkle, undeutliche Flecke gezeichnet wird, geht auf der Unterseite in
lichtes Hellgrau über, welches beim Weibchen dunklere Flecken zeigt. Die Augen haben eine
glänzendorangenrothe Regenbogenhaut.

Mit Ausnahme der nördlichsten Länder fehlt die Kröte keinem Theile Europas, und ebenso
verbreitet sie sich über Mittelasien und Japan. Jhre Wohnsitze sind so verschieden, daß man sie
als ein allgemein verbreitetes Thier bezeichnen muß. Sie findet sich in Wäldern, Gebüschen und
Hecken, auf Feldern, Wiesen und in Gärten, in Kellern, Höhlen, Grotten, altem Mauerwerk, in
Steinhausen, unter Baumstämmen, einzelnen flachen Steinen, kurz überall, wo sich ihr ein Schlupf-
winkel bietet oder sie sich einen solchen herstellen kann; denn sie versteht es recht gut, sich da, wo es
ihr an Versteckplätzen mangelt, mehr oder weniger tiefe Höhlen ins Erdreich zu graben, in welchen
sie dann ebenso regelmäßig verkehrt, wie der Fuchs in seinem Baue. Wo irgend möglich, erwählt
sie feuchte, schattige Orte ist deshalb auch sehr häufig unter Pflanzen, deren breite Blätter den
Boden nicht blos überschatten, sondern förmlich bedecken. Eine besondere Vorliebe zeigt sie für stark
riechende Kräuter, so beispielsweise für Salbei und für Schierling, welchem sie wahrscheinlich auch theil-
weise den auf ihr lastenden üblen Ruf verdankt. Als echtes Nachtthier hält sie sich übertages stets
verborgen, es sei denn, daß ein warmer Regen das Erdreich angefeuchtet habe und das denselben
herbeiführende Gewölk noch die ihr lästige Sonne verhülle. Unter solchen Umständen versucht sie
wohl auch ausnahmsweise einmal bei Tage ihrer Jagd obzuliegen, während sie diese sonst erst
geraume Zeit nach Sonnenuntergang beginnt. Unbehilflich in ihren Bewegungen, kaum geschickt,
Sprünge von Fußweite auszuführen, täppisch und schwerfällig, wie sie ist, vermeidet sie alle weiteren
Streifzüge, sucht dafür aber das von ihr beherrschte kleine Gebiet um so sorgsamer ab und wird des-
halb, und weil ihre Gefräßigkeit einen bedeutenden Nahrungsverbrauch bedingt, der Oertlichkeit, auf
welcher sie sich angesiedelt hat, zum wahren Segen. Eine Folge ihrer Ungeschicklichkeit ist, daß sie
oft in Keller, Brunnen, Schächte und Grotten hinabstürzt, aus denen es für sie dann kein Entrinnen
mehr gibt, und in denen sie sich mit der geringen Beute begnügen muß, welche ebenso wie sie zufällig
in die Tiefe fällt. Trotzdem gelingt es ihr auch hier, oft merkwürdig lange Zeit nicht blos ihr
Leben zu fristen, sondern sich förmlich zu mästen. So fand Erber in Dalmatien bei seinen Besuchen
tiefer Grotten sehr große Erdkröten in einer Tiefe von neunzig Klaftern und mehr und zwar stets
wohlgenährt, was, wie er sagt, mit der ungeheueren Gefräßigkeit, welche diese Thiere in der
Gefangenschaft entwickeln, durchaus nicht übereinstimmen will, da ja doch in den wenigsten Grotten
Kerbthiere regelmäßig vorkommen. Jhre Beute besteht, nach Fothergill, in kleinen Würmern,
Wespen, Bienen, Spinnen, Käfern, überhaupt in allen Arten von Kerbthieren, mit Ausnahme der
Schmetterlinge, welche sie wahrscheinlich deshalb nicht gern nimmt, weil der Flügelstaub derselben
sich an ihrer schleimigen Zunge festklebt, und ihr das Schlucken erschwert. Ungeachtet ihrer Gefräßig-
keit, welche man einen fortwährenden Heißhunger nennen möchte, verschmäht sie es hartnäckig, todte
Thiere zu genießen. Man wollte versuchen, ob nicht der Hunger sie zwingen werde, von folchem
Eigensinne abzulassen und verschloß eine kräftige Kröte in einem Gartentopfe, in welchen man eine
ziemliche Anzahl frisch getödteter Bienen gelegt hatte; nach sechs oder sieben Tagen waren jedoch
noch alle Bienen vorhanden, während andererseits lebende Kerbthiere dieser Art sofort ergriffen,
und, wie es scheint, ohne jeglichen Schaden verspeist werden, obschon, nach Bell's Beobachtungen,
der Räuber durch Zuckungen und anderweitige Bewegungen es sehr wohl merken läßt, wenn er einen
Stich in Schlund oder Magen erhalten hat.

Die Art und Weise, in welcher die Kröte ihren Raub erwirbt, kann man leicht beobachten, da
sie auch bei Tage keine Beute an sich vorübergehen läßt, vielmehr nach Allem, was in ihren Bereich
kommt, gierig hascht, ihr lecker scheinende Kerbthiere sogar auf kleine Entfernungen verfolgt. Jhre
weit vorstehenden und höchst beweglichen Augen nehmen da, wo das sie blendende, grelle Sonnenlicht

Die Froſchlurche. Kröten. Landkröten.
Arten. Der ganze Leib iſt mit dicken Warzen bedeckt, welche hinter dem Ohre eine große Drüſe frei
laſſen, die Färbung, ein düſteres Rothgrau oder Rothbraun, welches bisweilen ins Oelgrüne, bisweilen
ins Schwarze fällt und durch dunkle, undeutliche Flecke gezeichnet wird, geht auf der Unterſeite in
lichtes Hellgrau über, welches beim Weibchen dunklere Flecken zeigt. Die Augen haben eine
glänzendorangenrothe Regenbogenhaut.

Mit Ausnahme der nördlichſten Länder fehlt die Kröte keinem Theile Europas, und ebenſo
verbreitet ſie ſich über Mittelaſien und Japan. Jhre Wohnſitze ſind ſo verſchieden, daß man ſie
als ein allgemein verbreitetes Thier bezeichnen muß. Sie findet ſich in Wäldern, Gebüſchen und
Hecken, auf Feldern, Wieſen und in Gärten, in Kellern, Höhlen, Grotten, altem Mauerwerk, in
Steinhauſen, unter Baumſtämmen, einzelnen flachen Steinen, kurz überall, wo ſich ihr ein Schlupf-
winkel bietet oder ſie ſich einen ſolchen herſtellen kann; denn ſie verſteht es recht gut, ſich da, wo es
ihr an Verſteckplätzen mangelt, mehr oder weniger tiefe Höhlen ins Erdreich zu graben, in welchen
ſie dann ebenſo regelmäßig verkehrt, wie der Fuchs in ſeinem Baue. Wo irgend möglich, erwählt
ſie feuchte, ſchattige Orte iſt deshalb auch ſehr häufig unter Pflanzen, deren breite Blätter den
Boden nicht blos überſchatten, ſondern förmlich bedecken. Eine beſondere Vorliebe zeigt ſie für ſtark
riechende Kräuter, ſo beiſpielsweiſe für Salbei und für Schierling, welchem ſie wahrſcheinlich auch theil-
weiſe den auf ihr laſtenden üblen Ruf verdankt. Als echtes Nachtthier hält ſie ſich übertages ſtets
verborgen, es ſei denn, daß ein warmer Regen das Erdreich angefeuchtet habe und das denſelben
herbeiführende Gewölk noch die ihr läſtige Sonne verhülle. Unter ſolchen Umſtänden verſucht ſie
wohl auch ausnahmsweiſe einmal bei Tage ihrer Jagd obzuliegen, während ſie dieſe ſonſt erſt
geraume Zeit nach Sonnenuntergang beginnt. Unbehilflich in ihren Bewegungen, kaum geſchickt,
Sprünge von Fußweite auszuführen, täppiſch und ſchwerfällig, wie ſie iſt, vermeidet ſie alle weiteren
Streifzüge, ſucht dafür aber das von ihr beherrſchte kleine Gebiet um ſo ſorgſamer ab und wird des-
halb, und weil ihre Gefräßigkeit einen bedeutenden Nahrungsverbrauch bedingt, der Oertlichkeit, auf
welcher ſie ſich angeſiedelt hat, zum wahren Segen. Eine Folge ihrer Ungeſchicklichkeit iſt, daß ſie
oft in Keller, Brunnen, Schächte und Grotten hinabſtürzt, aus denen es für ſie dann kein Entrinnen
mehr gibt, und in denen ſie ſich mit der geringen Beute begnügen muß, welche ebenſo wie ſie zufällig
in die Tiefe fällt. Trotzdem gelingt es ihr auch hier, oft merkwürdig lange Zeit nicht blos ihr
Leben zu friſten, ſondern ſich förmlich zu mäſten. So fand Erber in Dalmatien bei ſeinen Beſuchen
tiefer Grotten ſehr große Erdkröten in einer Tiefe von neunzig Klaftern und mehr und zwar ſtets
wohlgenährt, was, wie er ſagt, mit der ungeheueren Gefräßigkeit, welche dieſe Thiere in der
Gefangenſchaft entwickeln, durchaus nicht übereinſtimmen will, da ja doch in den wenigſten Grotten
Kerbthiere regelmäßig vorkommen. Jhre Beute beſteht, nach Fothergill, in kleinen Würmern,
Weſpen, Bienen, Spinnen, Käfern, überhaupt in allen Arten von Kerbthieren, mit Ausnahme der
Schmetterlinge, welche ſie wahrſcheinlich deshalb nicht gern nimmt, weil der Flügelſtaub derſelben
ſich an ihrer ſchleimigen Zunge feſtklebt, und ihr das Schlucken erſchwert. Ungeachtet ihrer Gefräßig-
keit, welche man einen fortwährenden Heißhunger nennen möchte, verſchmäht ſie es hartnäckig, todte
Thiere zu genießen. Man wollte verſuchen, ob nicht der Hunger ſie zwingen werde, von folchem
Eigenſinne abzulaſſen und verſchloß eine kräftige Kröte in einem Gartentopfe, in welchen man eine
ziemliche Anzahl friſch getödteter Bienen gelegt hatte; nach ſechs oder ſieben Tagen waren jedoch
noch alle Bienen vorhanden, während andererſeits lebende Kerbthiere dieſer Art ſofort ergriffen,
und, wie es ſcheint, ohne jeglichen Schaden verſpeiſt werden, obſchon, nach Bell’s Beobachtungen,
der Räuber durch Zuckungen und anderweitige Bewegungen es ſehr wohl merken läßt, wenn er einen
Stich in Schlund oder Magen erhalten hat.

Die Art und Weiſe, in welcher die Kröte ihren Raub erwirbt, kann man leicht beobachten, da
ſie auch bei Tage keine Beute an ſich vorübergehen läßt, vielmehr nach Allem, was in ihren Bereich
kommt, gierig haſcht, ihr lecker ſcheinende Kerbthiere ſogar auf kleine Entfernungen verfolgt. Jhre
weit vorſtehenden und höchſt beweglichen Augen nehmen da, wo das ſie blendende, grelle Sonnenlicht

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[400/0428] Die Froſchlurche. Kröten. Landkröten. Arten. Der ganze Leib iſt mit dicken Warzen bedeckt, welche hinter dem Ohre eine große Drüſe frei laſſen, die Färbung, ein düſteres Rothgrau oder Rothbraun, welches bisweilen ins Oelgrüne, bisweilen ins Schwarze fällt und durch dunkle, undeutliche Flecke gezeichnet wird, geht auf der Unterſeite in lichtes Hellgrau über, welches beim Weibchen dunklere Flecken zeigt. Die Augen haben eine glänzendorangenrothe Regenbogenhaut. Mit Ausnahme der nördlichſten Länder fehlt die Kröte keinem Theile Europas, und ebenſo verbreitet ſie ſich über Mittelaſien und Japan. Jhre Wohnſitze ſind ſo verſchieden, daß man ſie als ein allgemein verbreitetes Thier bezeichnen muß. Sie findet ſich in Wäldern, Gebüſchen und Hecken, auf Feldern, Wieſen und in Gärten, in Kellern, Höhlen, Grotten, altem Mauerwerk, in Steinhauſen, unter Baumſtämmen, einzelnen flachen Steinen, kurz überall, wo ſich ihr ein Schlupf- winkel bietet oder ſie ſich einen ſolchen herſtellen kann; denn ſie verſteht es recht gut, ſich da, wo es ihr an Verſteckplätzen mangelt, mehr oder weniger tiefe Höhlen ins Erdreich zu graben, in welchen ſie dann ebenſo regelmäßig verkehrt, wie der Fuchs in ſeinem Baue. Wo irgend möglich, erwählt ſie feuchte, ſchattige Orte iſt deshalb auch ſehr häufig unter Pflanzen, deren breite Blätter den Boden nicht blos überſchatten, ſondern förmlich bedecken. Eine beſondere Vorliebe zeigt ſie für ſtark riechende Kräuter, ſo beiſpielsweiſe für Salbei und für Schierling, welchem ſie wahrſcheinlich auch theil- weiſe den auf ihr laſtenden üblen Ruf verdankt. Als echtes Nachtthier hält ſie ſich übertages ſtets verborgen, es ſei denn, daß ein warmer Regen das Erdreich angefeuchtet habe und das denſelben herbeiführende Gewölk noch die ihr läſtige Sonne verhülle. Unter ſolchen Umſtänden verſucht ſie wohl auch ausnahmsweiſe einmal bei Tage ihrer Jagd obzuliegen, während ſie dieſe ſonſt erſt geraume Zeit nach Sonnenuntergang beginnt. Unbehilflich in ihren Bewegungen, kaum geſchickt, Sprünge von Fußweite auszuführen, täppiſch und ſchwerfällig, wie ſie iſt, vermeidet ſie alle weiteren Streifzüge, ſucht dafür aber das von ihr beherrſchte kleine Gebiet um ſo ſorgſamer ab und wird des- halb, und weil ihre Gefräßigkeit einen bedeutenden Nahrungsverbrauch bedingt, der Oertlichkeit, auf welcher ſie ſich angeſiedelt hat, zum wahren Segen. Eine Folge ihrer Ungeſchicklichkeit iſt, daß ſie oft in Keller, Brunnen, Schächte und Grotten hinabſtürzt, aus denen es für ſie dann kein Entrinnen mehr gibt, und in denen ſie ſich mit der geringen Beute begnügen muß, welche ebenſo wie ſie zufällig in die Tiefe fällt. Trotzdem gelingt es ihr auch hier, oft merkwürdig lange Zeit nicht blos ihr Leben zu friſten, ſondern ſich förmlich zu mäſten. So fand Erber in Dalmatien bei ſeinen Beſuchen tiefer Grotten ſehr große Erdkröten in einer Tiefe von neunzig Klaftern und mehr und zwar ſtets wohlgenährt, was, wie er ſagt, mit der ungeheueren Gefräßigkeit, welche dieſe Thiere in der Gefangenſchaft entwickeln, durchaus nicht übereinſtimmen will, da ja doch in den wenigſten Grotten Kerbthiere regelmäßig vorkommen. Jhre Beute beſteht, nach Fothergill, in kleinen Würmern, Weſpen, Bienen, Spinnen, Käfern, überhaupt in allen Arten von Kerbthieren, mit Ausnahme der Schmetterlinge, welche ſie wahrſcheinlich deshalb nicht gern nimmt, weil der Flügelſtaub derſelben ſich an ihrer ſchleimigen Zunge feſtklebt, und ihr das Schlucken erſchwert. Ungeachtet ihrer Gefräßig- keit, welche man einen fortwährenden Heißhunger nennen möchte, verſchmäht ſie es hartnäckig, todte Thiere zu genießen. Man wollte verſuchen, ob nicht der Hunger ſie zwingen werde, von folchem Eigenſinne abzulaſſen und verſchloß eine kräftige Kröte in einem Gartentopfe, in welchen man eine ziemliche Anzahl friſch getödteter Bienen gelegt hatte; nach ſechs oder ſieben Tagen waren jedoch noch alle Bienen vorhanden, während andererſeits lebende Kerbthiere dieſer Art ſofort ergriffen, und, wie es ſcheint, ohne jeglichen Schaden verſpeiſt werden, obſchon, nach Bell’s Beobachtungen, der Räuber durch Zuckungen und anderweitige Bewegungen es ſehr wohl merken läßt, wenn er einen Stich in Schlund oder Magen erhalten hat. Die Art und Weiſe, in welcher die Kröte ihren Raub erwirbt, kann man leicht beobachten, da ſie auch bei Tage keine Beute an ſich vorübergehen läßt, vielmehr nach Allem, was in ihren Bereich kommt, gierig haſcht, ihr lecker ſcheinende Kerbthiere ſogar auf kleine Entfernungen verfolgt. Jhre weit vorſtehenden und höchſt beweglichen Augen nehmen da, wo das ſie blendende, grelle Sonnenlicht

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/428>, abgerufen am 21.12.2024.