grün aussieht wie das Blatt, auf dem er sitzt, kann bald darauf die Färbung der Rinde zeigen: -- "eines dieser reizenden Geschöpfe", sagt Tennent, "welches sich auf den Fuß meiner Lampe setzte, hatte nach wenigen Minuten die Goldfarbe der Verzierungen angenommen, so daß man es kaum noch unterscheiden konnte". Wer die prachtvoll blau, roth, braun gefleckten, gepunkteten und sonstwie verzierten, in ebenso schönen, als verschiedenartigen Farben prangenden Baumfrösche gesehen hat, ist geneigt, an der Wahrheit vorstehender Worte zu zweifeln; wer aber die Farbenpracht jener Waldungen zwischen den Wendekreisen aus eigener Anschauung kennen lernte, begreift, daß auch der bunteste Baumfrosch, ebensogut wie unser Laubfrosch, Blätter findet, von deren Färbung die seinige nicht unterschieden werden kann. Seine eigene Farbenpracht ist ja immer nur ein matter Wieder- schein des Gelaubes selbst, seine bunte Färbung der beste Schutz gegen die ihm drohenden Gefahren, aus dem einfachen Grunde, weil sie ihn nur dem schärfften Auge erkenntlich werden läßt.
Wäre es möglich, schon heutzutage eine vollständige Naturgeschichte der Baumfrösche zu schreiben; hätte man alle ebenso genau beobachtet, wie unseren Laubfrosch: die dann zu entwerfende Schilderung würde im höchsten Grade anziehend sein. So übereinstimmend nämlich die Lebens weise der einzelnen Arten zu sein scheint oder wirklich ist, so zeigt doch fast jede Art etwas Absonderliches, die eine hin- sichtlich der Stimme, die andere rücksichtlich der Ernährung, die dritte bezüglich der Fortpflanzung. Schon die rein äußerliche Beschreibung dieser Thiere, die in Worte gefaßte Wiedergabe ihrer Formen und Farben, ist anziehend, weil sie uns wiederum die unendliche Manchfaltigkeit der Natur erkennen und bewundern läßt; das eigentlich Lebendige einer solchen Beschreibung aber, die Hinzufügung der Sitten und Gewohnheiten, würde, wie uns die bekannteren Arten zur Genüge beweisen, jede Dar- stellung noch in hohem Grade vervollkommnen. Dies dürfte, wie ich glaube, aus dem Nachstehenden zu erkennen sein, obgleich sich unser Augenmerk nur auf wenige Arten der reichen Familie richten kann.
Die Baumfrösche (Hylae) sind zierlich gebaute und, wie bemerkt, bei aller Buntheit blatt- farbige Frösche, von den übrigen Gliedern ihrer Ordnung dadurch unterschieden, daß das Ende ihrer Finger zu einem Polster erweitert ist, welches die Fähigkeit zum Festhaften an glatten Flächen ver- leiht. Dieses Polster schwitzt übrigens keineswegs einen klebrigen Saft aus, wie man wohl ange- nommen hat, sondern wirkt ebenso, wie bei den uns bekannten Haftzehern nach Art des Schröpfkopfes, indem der Baumfrosch beim Andrücken desselben luftleere Räume bildet. Außerdem kennzeichnen sich alle Mitglieder der Familie noch durch das Vorhandensein zahlreicher, feiner Wärzchen mit einem Schweißloche im Gipfel auf der ganzen Bauchseite, wie man annimmt, dazu dienend, die Thautropfen von den Blättern aufzusaugen und dadurch dem Leibe die ihm unbedingte Feuchtigkeit zu verschaffen. Die Hinterbeine sind bedeutend länger als die vorderen. Der Oberkiefer und gewöhnlich auch der Gaumen tragen Zähne, während der Unterkiefer zahnlos ist. Die fleischige Zunge legt sich nur vorn am Kinn an. Ohrdrüsen sind nicht vorhanden.
Unser Laubfrosch (Hyla arborea), für uns das Urbild der Familie, das kleinste Mitglied seiner gesammten Verwandtschaft in Europa, erreicht eine Leibeslänge von anderthalb Zoll und ist auf der Oberseite schön blattgrün, auf der Unterseite graulichweiß gefärbt. Ein schwarzer, oben gelb- gesäumter Streifen, welcher an der Nase anfängt und bis zum Hinterschenkel verläuft, scheidet beide Hauptfarben; der Vorder- und Hinterschenkel sind ebenfalls oben grün und gelb umrandet, unten lichtgelb. Das Männchen unterscheidet sich vom Weibchen durch die schwärzliche Kehlhaut, welche es in eine große Blasenkugel aufblähen kann. Kurz vor und nach der Häutung, welche alle vierzehn Tage stattzufinden pflegt, ändert sich die Färbung in Aschblau und bezüglich Hell- oder Blaugrün um, geht aber bald wiederum in Blattgrün über.
Laubfroſch.
grün ausſieht wie das Blatt, auf dem er ſitzt, kann bald darauf die Färbung der Rinde zeigen: — „eines dieſer reizenden Geſchöpfe“, ſagt Tennent, „welches ſich auf den Fuß meiner Lampe ſetzte, hatte nach wenigen Minuten die Goldfarbe der Verzierungen angenommen, ſo daß man es kaum noch unterſcheiden konnte“. Wer die prachtvoll blau, roth, braun gefleckten, gepunkteten und ſonſtwie verzierten, in ebenſo ſchönen, als verſchiedenartigen Farben prangenden Baumfröſche geſehen hat, iſt geneigt, an der Wahrheit vorſtehender Worte zu zweifeln; wer aber die Farbenpracht jener Waldungen zwiſchen den Wendekreiſen aus eigener Anſchauung kennen lernte, begreift, daß auch der bunteſte Baumfroſch, ebenſogut wie unſer Laubfroſch, Blätter findet, von deren Färbung die ſeinige nicht unterſchieden werden kann. Seine eigene Farbenpracht iſt ja immer nur ein matter Wieder- ſchein des Gelaubes ſelbſt, ſeine bunte Färbung der beſte Schutz gegen die ihm drohenden Gefahren, aus dem einfachen Grunde, weil ſie ihn nur dem ſchärfften Auge erkenntlich werden läßt.
Wäre es möglich, ſchon heutzutage eine vollſtändige Naturgeſchichte der Baumfröſche zu ſchreiben; hätte man alle ebenſo genau beobachtet, wie unſeren Laubfroſch: die dann zu entwerfende Schilderung würde im höchſten Grade anziehend ſein. So übereinſtimmend nämlich die Lebens weiſe der einzelnen Arten zu ſein ſcheint oder wirklich iſt, ſo zeigt doch faſt jede Art etwas Abſonderliches, die eine hin- ſichtlich der Stimme, die andere rückſichtlich der Ernährung, die dritte bezüglich der Fortpflanzung. Schon die rein äußerliche Beſchreibung dieſer Thiere, die in Worte gefaßte Wiedergabe ihrer Formen und Farben, iſt anziehend, weil ſie uns wiederum die unendliche Manchfaltigkeit der Natur erkennen und bewundern läßt; das eigentlich Lebendige einer ſolchen Beſchreibung aber, die Hinzufügung der Sitten und Gewohnheiten, würde, wie uns die bekannteren Arten zur Genüge beweiſen, jede Dar- ſtellung noch in hohem Grade vervollkommnen. Dies dürfte, wie ich glaube, aus dem Nachſtehenden zu erkennen ſein, obgleich ſich unſer Augenmerk nur auf wenige Arten der reichen Familie richten kann.
Die Baumfröſche (Hylae) ſind zierlich gebaute und, wie bemerkt, bei aller Buntheit blatt- farbige Fröſche, von den übrigen Gliedern ihrer Ordnung dadurch unterſchieden, daß das Ende ihrer Finger zu einem Polſter erweitert iſt, welches die Fähigkeit zum Feſthaften an glatten Flächen ver- leiht. Dieſes Polſter ſchwitzt übrigens keineswegs einen klebrigen Saft aus, wie man wohl ange- nommen hat, ſondern wirkt ebenſo, wie bei den uns bekannten Haftzehern nach Art des Schröpfkopfes, indem der Baumfroſch beim Andrücken deſſelben luftleere Räume bildet. Außerdem kennzeichnen ſich alle Mitglieder der Familie noch durch das Vorhandenſein zahlreicher, feiner Wärzchen mit einem Schweißloche im Gipfel auf der ganzen Bauchſeite, wie man annimmt, dazu dienend, die Thautropfen von den Blättern aufzuſaugen und dadurch dem Leibe die ihm unbedingte Feuchtigkeit zu verſchaffen. Die Hinterbeine ſind bedeutend länger als die vorderen. Der Oberkiefer und gewöhnlich auch der Gaumen tragen Zähne, während der Unterkiefer zahnlos iſt. Die fleiſchige Zunge legt ſich nur vorn am Kinn an. Ohrdrüſen ſind nicht vorhanden.
Unſer Laubfroſch (Hyla arborea), für uns das Urbild der Familie, das kleinſte Mitglied ſeiner geſammten Verwandtſchaft in Europa, erreicht eine Leibeslänge von anderthalb Zoll und iſt auf der Oberſeite ſchön blattgrün, auf der Unterſeite graulichweiß gefärbt. Ein ſchwarzer, oben gelb- geſäumter Streifen, welcher an der Naſe anfängt und bis zum Hinterſchenkel verläuft, ſcheidet beide Hauptfarben; der Vorder- und Hinterſchenkel ſind ebenfalls oben grün und gelb umrandet, unten lichtgelb. Das Männchen unterſcheidet ſich vom Weibchen durch die ſchwärzliche Kehlhaut, welche es in eine große Blaſenkugel aufblähen kann. Kurz vor und nach der Häutung, welche alle vierzehn Tage ſtattzufinden pflegt, ändert ſich die Färbung in Aſchblau und bezüglich Hell- oder Blaugrün um, geht aber bald wiederum in Blattgrün über.
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[367/0393]
Laubfroſch.
grün ausſieht wie das Blatt, auf dem er ſitzt, kann bald darauf die Färbung der Rinde zeigen: —
„eines dieſer reizenden Geſchöpfe“, ſagt Tennent, „welches ſich auf den Fuß meiner Lampe ſetzte,
hatte nach wenigen Minuten die Goldfarbe der Verzierungen angenommen, ſo daß man es kaum noch
unterſcheiden konnte“. Wer die prachtvoll blau, roth, braun gefleckten, gepunkteten und ſonſtwie
verzierten, in ebenſo ſchönen, als verſchiedenartigen Farben prangenden Baumfröſche geſehen hat, iſt
geneigt, an der Wahrheit vorſtehender Worte zu zweifeln; wer aber die Farbenpracht jener
Waldungen zwiſchen den Wendekreiſen aus eigener Anſchauung kennen lernte, begreift, daß auch der
bunteſte Baumfroſch, ebenſogut wie unſer Laubfroſch, Blätter findet, von deren Färbung die ſeinige
nicht unterſchieden werden kann. Seine eigene Farbenpracht iſt ja immer nur ein matter Wieder-
ſchein des Gelaubes ſelbſt, ſeine bunte Färbung der beſte Schutz gegen die ihm drohenden Gefahren,
aus dem einfachen Grunde, weil ſie ihn nur dem ſchärfften Auge erkenntlich werden läßt.
Wäre es möglich, ſchon heutzutage eine vollſtändige Naturgeſchichte der Baumfröſche zu ſchreiben;
hätte man alle ebenſo genau beobachtet, wie unſeren Laubfroſch: die dann zu entwerfende Schilderung
würde im höchſten Grade anziehend ſein. So übereinſtimmend nämlich die Lebens weiſe der einzelnen
Arten zu ſein ſcheint oder wirklich iſt, ſo zeigt doch faſt jede Art etwas Abſonderliches, die eine hin-
ſichtlich der Stimme, die andere rückſichtlich der Ernährung, die dritte bezüglich der Fortpflanzung.
Schon die rein äußerliche Beſchreibung dieſer Thiere, die in Worte gefaßte Wiedergabe ihrer Formen
und Farben, iſt anziehend, weil ſie uns wiederum die unendliche Manchfaltigkeit der Natur erkennen
und bewundern läßt; das eigentlich Lebendige einer ſolchen Beſchreibung aber, die Hinzufügung der
Sitten und Gewohnheiten, würde, wie uns die bekannteren Arten zur Genüge beweiſen, jede Dar-
ſtellung noch in hohem Grade vervollkommnen. Dies dürfte, wie ich glaube, aus dem Nachſtehenden
zu erkennen ſein, obgleich ſich unſer Augenmerk nur auf wenige Arten der reichen Familie richten kann.
Die Baumfröſche (Hylae) ſind zierlich gebaute und, wie bemerkt, bei aller Buntheit blatt-
farbige Fröſche, von den übrigen Gliedern ihrer Ordnung dadurch unterſchieden, daß das Ende ihrer
Finger zu einem Polſter erweitert iſt, welches die Fähigkeit zum Feſthaften an glatten Flächen ver-
leiht. Dieſes Polſter ſchwitzt übrigens keineswegs einen klebrigen Saft aus, wie man wohl ange-
nommen hat, ſondern wirkt ebenſo, wie bei den uns bekannten Haftzehern nach Art des Schröpfkopfes,
indem der Baumfroſch beim Andrücken deſſelben luftleere Räume bildet. Außerdem kennzeichnen
ſich alle Mitglieder der Familie noch durch das Vorhandenſein zahlreicher, feiner Wärzchen mit einem
Schweißloche im Gipfel auf der ganzen Bauchſeite, wie man annimmt, dazu dienend, die Thautropfen
von den Blättern aufzuſaugen und dadurch dem Leibe die ihm unbedingte Feuchtigkeit zu verſchaffen.
Die Hinterbeine ſind bedeutend länger als die vorderen. Der Oberkiefer und gewöhnlich auch der
Gaumen tragen Zähne, während der Unterkiefer zahnlos iſt. Die fleiſchige Zunge legt ſich nur
vorn am Kinn an. Ohrdrüſen ſind nicht vorhanden.
Unſer Laubfroſch (Hyla arborea), für uns das Urbild der Familie, das kleinſte Mitglied
ſeiner geſammten Verwandtſchaft in Europa, erreicht eine Leibeslänge von anderthalb Zoll und iſt
auf der Oberſeite ſchön blattgrün, auf der Unterſeite graulichweiß gefärbt. Ein ſchwarzer, oben gelb-
geſäumter Streifen, welcher an der Naſe anfängt und bis zum Hinterſchenkel verläuft, ſcheidet beide
Hauptfarben; der Vorder- und Hinterſchenkel ſind ebenfalls oben grün und gelb umrandet, unten
lichtgelb. Das Männchen unterſcheidet ſich vom Weibchen durch die ſchwärzliche Kehlhaut, welche es
in eine große Blaſenkugel aufblähen kann. Kurz vor und nach der Häutung, welche alle vierzehn
Tage ſtattzufinden pflegt, ändert ſich die Färbung in Aſchblau und bezüglich Hell- oder Blaugrün
um, geht aber bald wiederum in Blattgrün über.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/393>, abgerufen am 21.12.2024.
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