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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Schlangen. Grubenottern. Lochottern.
furchtbaren Zähnen einer beinahe 5 Fuß langen Schararaka höchst nahe gekommen und konnte nur
in dem verworrenen Dickicht nicht geschwind genug entfliehen. Glücklicherweise für ihn fiel mein
erster Blick auf das drohend sich erhebende Thier, welches den Rachen weit geöffnet, die Giftzähne
vorwärts gerichtet hatte und eben auf den kaum zwei Schritte weit entfernten Jäger losspringen
wollte, aber auch in demselben Augenblicke von meinem Schusse todt zu Boden gestreckt wurde. Der
Jndianer war so sehr von dem Schrecken gelähmt, daß er sich erst nach einiger Zeit wieder erholen
konnte, und Dies gab mir einen Beweis, wie sehr der durch die unerwartete Nähe eines so gefährlichen
[Abbildung] Die Labaria (Bothrops atrox).
Thieres verursachte Schrecken auf kleinere Thiere wirken müsse, daß man also keine anziehende oder
betäubende Kraft bei den Giftschlangen anzunehmen brauche. Die in das Kanoe gelegte todte
Schlange erregte bei unserer Rückkehr unter den versammelten Jndiauern allgemeinen Abscheu, und
sie begriffen nicht, wozu ich dieses Thier in die Hand nahm, genau untersuchte, beschrieb und ausmaß....
Gute, starke Stiefel und sehr weite Beinkleider sind dem Jäger in heißen Ländern besonders anzu-
rathen, da sie vor der Gefahr, von giftigen Schlangen gebissen zu werden, ziemlich schützen."

Der Biß junger Schlangen dieser Art hat übrigens bei Weitem die Wirkung nicht, wie der
erwachsener, welcher in der Regel den Tod herbeiführt oder doch langes Siechthum zur Folge hat.
"Ein früherer Begleiter meines Bruders", erzählt Schomburgk, "welcher von einer Labaria am
Fuße gebissen worden, war noch unmittelbar vor unserer Ankunft in der Ansiedlung, also nach sieben

Die Schlangen. Grubenottern. Lochottern.
furchtbaren Zähnen einer beinahe 5 Fuß langen Schararaka höchſt nahe gekommen und konnte nur
in dem verworrenen Dickicht nicht geſchwind genug entfliehen. Glücklicherweiſe für ihn fiel mein
erſter Blick auf das drohend ſich erhebende Thier, welches den Rachen weit geöffnet, die Giftzähne
vorwärts gerichtet hatte und eben auf den kaum zwei Schritte weit entfernten Jäger losſpringen
wollte, aber auch in demſelben Augenblicke von meinem Schuſſe todt zu Boden geſtreckt wurde. Der
Jndianer war ſo ſehr von dem Schrecken gelähmt, daß er ſich erſt nach einiger Zeit wieder erholen
konnte, und Dies gab mir einen Beweis, wie ſehr der durch die unerwartete Nähe eines ſo gefährlichen
[Abbildung] Die Labaria (Bothrops atrox).
Thieres verurſachte Schrecken auf kleinere Thiere wirken müſſe, daß man alſo keine anziehende oder
betäubende Kraft bei den Giftſchlangen anzunehmen brauche. Die in das Kanoe gelegte todte
Schlange erregte bei unſerer Rückkehr unter den verſammelten Jndiauern allgemeinen Abſcheu, und
ſie begriffen nicht, wozu ich dieſes Thier in die Hand nahm, genau unterſuchte, beſchrieb und ausmaß....
Gute, ſtarke Stiefel und ſehr weite Beinkleider ſind dem Jäger in heißen Ländern beſonders anzu-
rathen, da ſie vor der Gefahr, von giftigen Schlangen gebiſſen zu werden, ziemlich ſchützen.“

Der Biß junger Schlangen dieſer Art hat übrigens bei Weitem die Wirkung nicht, wie der
erwachſener, welcher in der Regel den Tod herbeiführt oder doch langes Siechthum zur Folge hat.
„Ein früherer Begleiter meines Bruders“, erzählt Schomburgk, „welcher von einer Labaria am
Fuße gebiſſen worden, war noch unmittelbar vor unſerer Ankunft in der Anſiedlung, alſo nach ſieben

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[348/0374] Die Schlangen. Grubenottern. Lochottern. furchtbaren Zähnen einer beinahe 5 Fuß langen Schararaka höchſt nahe gekommen und konnte nur in dem verworrenen Dickicht nicht geſchwind genug entfliehen. Glücklicherweiſe für ihn fiel mein erſter Blick auf das drohend ſich erhebende Thier, welches den Rachen weit geöffnet, die Giftzähne vorwärts gerichtet hatte und eben auf den kaum zwei Schritte weit entfernten Jäger losſpringen wollte, aber auch in demſelben Augenblicke von meinem Schuſſe todt zu Boden geſtreckt wurde. Der Jndianer war ſo ſehr von dem Schrecken gelähmt, daß er ſich erſt nach einiger Zeit wieder erholen konnte, und Dies gab mir einen Beweis, wie ſehr der durch die unerwartete Nähe eines ſo gefährlichen [Abbildung Die Labaria (Bothrops atrox).] Thieres verurſachte Schrecken auf kleinere Thiere wirken müſſe, daß man alſo keine anziehende oder betäubende Kraft bei den Giftſchlangen anzunehmen brauche. Die in das Kanoe gelegte todte Schlange erregte bei unſerer Rückkehr unter den verſammelten Jndiauern allgemeinen Abſcheu, und ſie begriffen nicht, wozu ich dieſes Thier in die Hand nahm, genau unterſuchte, beſchrieb und ausmaß.... Gute, ſtarke Stiefel und ſehr weite Beinkleider ſind dem Jäger in heißen Ländern beſonders anzu- rathen, da ſie vor der Gefahr, von giftigen Schlangen gebiſſen zu werden, ziemlich ſchützen.“ Der Biß junger Schlangen dieſer Art hat übrigens bei Weitem die Wirkung nicht, wie der erwachſener, welcher in der Regel den Tod herbeiführt oder doch langes Siechthum zur Folge hat. „Ein früherer Begleiter meines Bruders“, erzählt Schomburgk, „welcher von einer Labaria am Fuße gebiſſen worden, war noch unmittelbar vor unſerer Ankunft in der Anſiedlung, alſo nach ſieben

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/374>, abgerufen am 22.05.2024.