Derartige Heilungen sprechen übrigens keineswegs für die geringe Wirksamkeit des Giftes dieser Schlange, da angestellte Versuche das Gegentheil beweisen. Smeathman ließ einen kräftigen Dingo (Bd. I, S. 324), dessen Zählebigkeit sprüchwörtlich, fünfundzwanzig Minuten vor zwölf Uhr Mittags von einer Schwarzotter beißen; um zwölf Uhr war das gebissene Glied vollständig gelähmt; zwanzig Minuten später lag das Thier auf der Seite: die Zunge hing ihm aus dem Maule, ein reichlicher Speichelfluß fand statt, Zittern überlief den ganzen Leib, Krämpfe traten ein, Schwäche und Bewußtlosigkeit folgten, und ein Viertel nach ein Uhr, also nach Verlauf von einer Stunde und vierzig Minuten, hatte der Dingo verendet. Als man am nächsten Morgen das Thier untersuchte, konnte man die Bißstelle nur noch an einigen Blutstropfen erkennen, welche ausgeflossen waren. Der Körper war nicht geschwollen. Anderweitige Versuche, welche angestellt wurden, ergaben Aehnliches.
Unter den natürlichen Feinden nimmt der Riesenfischer (Bd. IV, S. 172) die erste Stelle ein, wenigstens in den Augen der Jäger und Eingeborenen; auch eine große Echse soll der Schlange mit Erfolg nachstellen und viele vernichten. Merkwürdigerweise erzählt man von ihr dieselben Geschichten wie vom Mungo (Bd. I, S. 478). Man behauptet, daß sie Heilpflanzen kenne und nach einem Schlangenbisse anwende, will auch durch sie unfehlbare Mittel kennen gelernt haben. Viel erfolgreicher als alle diese Feinde wirkt das Feuer, welches alljährlich auf Weideplätzen angezündet wird, um das verdorrte Gras wegzuräumen und in fruchtbare Asche zu verwandeln: ihm fallen alljährlich Tausende von giftigen Schlangen und anderem Ungeziefer zum Opfer, und hofft man allgemein, daß mit der zunehmenden Bevölkerung und einer regelmäßigen Bearbeitung des Landes die ersteren sich rasch vermindern werden.
"Cobra de Capello" nannten die Portugiesen eine Schlange, welche sie auf Ceylon fanden, und übertrugen diesen Namen später auf Verwandte derselben, denen sie in Afrika begegneten. Der Name bedeutet "Hutschlange" und ist, wie aus dem Nachstehenden hervorgehen wird, bezeichnend; die Portugiesen hätten jedoch nicht nöthig gehabt, einen neuen Namen zu bilden, da die eine Schlange wie die andere schon seit uralten Zeiten bekannt und benannt waren, insbesondere die in Nord- und Ostafrika lebende Art schon in der altegyptischen Geschichte hohen Ruhm erlangt hatte. Die Eigen- thümlichkeit der Hutschlangen besteht darin, daß sie bei senkrechter Erhebung des vorderen Theiles ihres Leibes den Hals scheibenförmig ausbreiten können, indem sie die vorderen acht Rippen seitlich richten. Bei dieser Stellung halten sie den Kopf unabänderlich wagrecht, und es sieht dann allerdings aus, als ob sie einen großen, runden Hut tragen; jedoch gewinnt man diesen Eindruck nur, wenn man sie von hinten betrachtet, während die Rippenscheibe, von vorn gesehen, zur Vergleichung mit einem Schilde gleichsam herausfordert, und der Name Schildvipern deshalb als noch schärfer bezeichnend erachtet werden muß denn jener.
Soviel bis jetzt bekannt, gibt es sonst keine Schlangen weiter, welche eine derartige Beweglichkeit der Halsrippen besitzen; es erscheint also gerechtfertigt, wenn man für sie sogar eine besondere Familie bildet. Jhr Leib ist lang gestreckt und rundlich, in der Mitte etwas verdickt, der Hals in der Ruhe wenig vom Kopfe abgesetzt, dieser selbst klein, länglicheiförmig, ziemlich platt, im ganzen dem der Nattern sehr ähnlich, der Schwanz langkegelig und zugespitzt. Die Beschuppung besteht aus großen Schildern auf dem Kopfe, in schiefe Reihen geordneten kleinen Schuppen auf dem Halse und ebenso gestellten rautenförmigen auf der Oberseite des übrigen Leibes, während die Unterseite mit großen, einreihigen, erst am Schwanzende sich in Paare theilenden Schildern bekleidet wird. Die Mundöffnung ist verhältnißmäßig weit; das Gebiß zeigt hinter den mittellangen, gefurchten Gifthaken zwei bis drei glatte, derbe Zähne.
Wer ein einziges Mal eine Schildviper gesehen hat, wenn sie, durch den Anblick eines Gegners, insbesondere eines Menschen, erschreckt und gereizt, sich erhoben, den Vordertheil ihres Leibes etwa fußhoch emporgereckt, das Schild gebreitet hat und nun langsamer oder schneller in dieser majestätischen
Schwarzotter.
Derartige Heilungen ſprechen übrigens keineswegs für die geringe Wirkſamkeit des Giftes dieſer Schlange, da angeſtellte Verſuche das Gegentheil beweiſen. Smeathman ließ einen kräftigen Dingo (Bd. I, S. 324), deſſen Zählebigkeit ſprüchwörtlich, fünfundzwanzig Minuten vor zwölf Uhr Mittags von einer Schwarzotter beißen; um zwölf Uhr war das gebiſſene Glied vollſtändig gelähmt; zwanzig Minuten ſpäter lag das Thier auf der Seite: die Zunge hing ihm aus dem Maule, ein reichlicher Speichelfluß fand ſtatt, Zittern überlief den ganzen Leib, Krämpfe traten ein, Schwäche und Bewußtloſigkeit folgten, und ein Viertel nach ein Uhr, alſo nach Verlauf von einer Stunde und vierzig Minuten, hatte der Dingo verendet. Als man am nächſten Morgen das Thier unterſuchte, konnte man die Bißſtelle nur noch an einigen Blutstropfen erkennen, welche ausgefloſſen waren. Der Körper war nicht geſchwollen. Anderweitige Verſuche, welche angeſtellt wurden, ergaben Aehnliches.
Unter den natürlichen Feinden nimmt der Rieſenfiſcher (Bd. IV, S. 172) die erſte Stelle ein, wenigſtens in den Augen der Jäger und Eingeborenen; auch eine große Echſe ſoll der Schlange mit Erfolg nachſtellen und viele vernichten. Merkwürdigerweiſe erzählt man von ihr dieſelben Geſchichten wie vom Mungo (Bd. I, S. 478). Man behauptet, daß ſie Heilpflanzen kenne und nach einem Schlangenbiſſe anwende, will auch durch ſie unfehlbare Mittel kennen gelernt haben. Viel erfolgreicher als alle dieſe Feinde wirkt das Feuer, welches alljährlich auf Weideplätzen angezündet wird, um das verdorrte Gras wegzuräumen und in fruchtbare Aſche zu verwandeln: ihm fallen alljährlich Tauſende von giftigen Schlangen und anderem Ungeziefer zum Opfer, und hofft man allgemein, daß mit der zunehmenden Bevölkerung und einer regelmäßigen Bearbeitung des Landes die erſteren ſich raſch vermindern werden.
„Cobra de Capello“ nannten die Portugieſen eine Schlange, welche ſie auf Ceylon fanden, und übertrugen dieſen Namen ſpäter auf Verwandte derſelben, denen ſie in Afrika begegneten. Der Name bedeutet „Hutſchlange“ und iſt, wie aus dem Nachſtehenden hervorgehen wird, bezeichnend; die Portugieſen hätten jedoch nicht nöthig gehabt, einen neuen Namen zu bilden, da die eine Schlange wie die andere ſchon ſeit uralten Zeiten bekannt und benannt waren, insbeſondere die in Nord- und Oſtafrika lebende Art ſchon in der altegyptiſchen Geſchichte hohen Ruhm erlangt hatte. Die Eigen- thümlichkeit der Hutſchlangen beſteht darin, daß ſie bei ſenkrechter Erhebung des vorderen Theiles ihres Leibes den Hals ſcheibenförmig ausbreiten können, indem ſie die vorderen acht Rippen ſeitlich richten. Bei dieſer Stellung halten ſie den Kopf unabänderlich wagrecht, und es ſieht dann allerdings aus, als ob ſie einen großen, runden Hut tragen; jedoch gewinnt man dieſen Eindruck nur, wenn man ſie von hinten betrachtet, während die Rippenſcheibe, von vorn geſehen, zur Vergleichung mit einem Schilde gleichſam herausfordert, und der Name Schildvipern deshalb als noch ſchärfer bezeichnend erachtet werden muß denn jener.
Soviel bis jetzt bekannt, gibt es ſonſt keine Schlangen weiter, welche eine derartige Beweglichkeit der Halsrippen beſitzen; es erſcheint alſo gerechtfertigt, wenn man für ſie ſogar eine beſondere Familie bildet. Jhr Leib iſt lang geſtreckt und rundlich, in der Mitte etwas verdickt, der Hals in der Ruhe wenig vom Kopfe abgeſetzt, dieſer ſelbſt klein, länglicheiförmig, ziemlich platt, im ganzen dem der Nattern ſehr ähnlich, der Schwanz langkegelig und zugeſpitzt. Die Beſchuppung beſteht aus großen Schildern auf dem Kopfe, in ſchiefe Reihen geordneten kleinen Schuppen auf dem Halſe und ebenſo geſtellten rautenförmigen auf der Oberſeite des übrigen Leibes, während die Unterſeite mit großen, einreihigen, erſt am Schwanzende ſich in Paare theilenden Schildern bekleidet wird. Die Mundöffnung iſt verhältnißmäßig weit; das Gebiß zeigt hinter den mittellangen, gefurchten Gifthaken zwei bis drei glatte, derbe Zähne.
Wer ein einziges Mal eine Schildviper geſehen hat, wenn ſie, durch den Anblick eines Gegners, insbeſondere eines Menſchen, erſchreckt und gereizt, ſich erhoben, den Vordertheil ihres Leibes etwa fußhoch emporgereckt, das Schild gebreitet hat und nun langſamer oder ſchneller in dieſer majeſtätiſchen
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[263/0285]
Schwarzotter.
Derartige Heilungen ſprechen übrigens keineswegs für die geringe Wirkſamkeit des Giftes dieſer
Schlange, da angeſtellte Verſuche das Gegentheil beweiſen. Smeathman ließ einen kräftigen
Dingo (Bd. I, S. 324), deſſen Zählebigkeit ſprüchwörtlich, fünfundzwanzig Minuten vor zwölf Uhr
Mittags von einer Schwarzotter beißen; um zwölf Uhr war das gebiſſene Glied vollſtändig gelähmt;
zwanzig Minuten ſpäter lag das Thier auf der Seite: die Zunge hing ihm aus dem Maule, ein
reichlicher Speichelfluß fand ſtatt, Zittern überlief den ganzen Leib, Krämpfe traten ein, Schwäche
und Bewußtloſigkeit folgten, und ein Viertel nach ein Uhr, alſo nach Verlauf von einer Stunde und
vierzig Minuten, hatte der Dingo verendet. Als man am nächſten Morgen das Thier unterſuchte,
konnte man die Bißſtelle nur noch an einigen Blutstropfen erkennen, welche ausgefloſſen waren. Der
Körper war nicht geſchwollen. Anderweitige Verſuche, welche angeſtellt wurden, ergaben Aehnliches.
Unter den natürlichen Feinden nimmt der Rieſenfiſcher (Bd. IV, S. 172) die erſte Stelle ein,
wenigſtens in den Augen der Jäger und Eingeborenen; auch eine große Echſe ſoll der Schlange mit
Erfolg nachſtellen und viele vernichten. Merkwürdigerweiſe erzählt man von ihr dieſelben Geſchichten
wie vom Mungo (Bd. I, S. 478). Man behauptet, daß ſie Heilpflanzen kenne und nach einem
Schlangenbiſſe anwende, will auch durch ſie unfehlbare Mittel kennen gelernt haben. Viel
erfolgreicher als alle dieſe Feinde wirkt das Feuer, welches alljährlich auf Weideplätzen angezündet
wird, um das verdorrte Gras wegzuräumen und in fruchtbare Aſche zu verwandeln: ihm fallen
alljährlich Tauſende von giftigen Schlangen und anderem Ungeziefer zum Opfer, und hofft man
allgemein, daß mit der zunehmenden Bevölkerung und einer regelmäßigen Bearbeitung des Landes
die erſteren ſich raſch vermindern werden.
„Cobra de Capello“ nannten die Portugieſen eine Schlange, welche ſie auf Ceylon fanden,
und übertrugen dieſen Namen ſpäter auf Verwandte derſelben, denen ſie in Afrika begegneten. Der
Name bedeutet „Hutſchlange“ und iſt, wie aus dem Nachſtehenden hervorgehen wird, bezeichnend;
die Portugieſen hätten jedoch nicht nöthig gehabt, einen neuen Namen zu bilden, da die eine Schlange
wie die andere ſchon ſeit uralten Zeiten bekannt und benannt waren, insbeſondere die in Nord- und
Oſtafrika lebende Art ſchon in der altegyptiſchen Geſchichte hohen Ruhm erlangt hatte. Die Eigen-
thümlichkeit der Hutſchlangen beſteht darin, daß ſie bei ſenkrechter Erhebung des vorderen Theiles
ihres Leibes den Hals ſcheibenförmig ausbreiten können, indem ſie die vorderen acht Rippen ſeitlich
richten. Bei dieſer Stellung halten ſie den Kopf unabänderlich wagrecht, und es ſieht dann allerdings
aus, als ob ſie einen großen, runden Hut tragen; jedoch gewinnt man dieſen Eindruck nur, wenn
man ſie von hinten betrachtet, während die Rippenſcheibe, von vorn geſehen, zur Vergleichung mit
einem Schilde gleichſam herausfordert, und der Name Schildvipern deshalb als noch ſchärfer
bezeichnend erachtet werden muß denn jener.
Soviel bis jetzt bekannt, gibt es ſonſt keine Schlangen weiter, welche eine derartige Beweglichkeit
der Halsrippen beſitzen; es erſcheint alſo gerechtfertigt, wenn man für ſie ſogar eine beſondere Familie
bildet. Jhr Leib iſt lang geſtreckt und rundlich, in der Mitte etwas verdickt, der Hals in der Ruhe
wenig vom Kopfe abgeſetzt, dieſer ſelbſt klein, länglicheiförmig, ziemlich platt, im ganzen dem der
Nattern ſehr ähnlich, der Schwanz langkegelig und zugeſpitzt. Die Beſchuppung beſteht aus großen
Schildern auf dem Kopfe, in ſchiefe Reihen geordneten kleinen Schuppen auf dem Halſe und ebenſo
geſtellten rautenförmigen auf der Oberſeite des übrigen Leibes, während die Unterſeite mit großen,
einreihigen, erſt am Schwanzende ſich in Paare theilenden Schildern bekleidet wird. Die Mundöffnung
iſt verhältnißmäßig weit; das Gebiß zeigt hinter den mittellangen, gefurchten Gifthaken zwei bis
drei glatte, derbe Zähne.
Wer ein einziges Mal eine Schildviper geſehen hat, wenn ſie, durch den Anblick eines Gegners,
insbeſondere eines Menſchen, erſchreckt und gereizt, ſich erhoben, den Vordertheil ihres Leibes etwa
fußhoch emporgereckt, das Schild gebreitet hat und nun langſamer oder ſchneller in dieſer majeſtätiſchen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/285>, abgerufen am 21.12.2024.
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