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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Glasschleiche. Skink.
Einzelne Stücke sind lebhaft grün und schwarz gefleckt, andere schwarz und weiß gestreift, andere auf
braunem Grunde mit Augenflecken geziert. Die Länge beträgt ungefähr 3 Fuß.

Ueber die Lebensweise haben ältere Forscher, unter ihnen Catesby, Einiges mitgetheilt; die
neueren scheinen es nicht für nöthig gehalten zu haben, genauere Beobachtungen anzustellen. Zum
Aufenthaltsorte bevorzugt das Thier sehr trockene Oertlichkeiten, jedoch solche, welche ihm geeignete
Versteckplätze darbieten. Das Gewurzel eines alten Stockes, Baumstrunkes, Höhlungen in Hügel-
gehängen und dergleichen dienen ihm als Zufluchtsort, nach denen es bei jeder Störung eiligst zurück-
kehrt. Jn Waldungen, welche reich an Unterwuchs sind, kommt die Glasschleiche übrigens ebenfalls
häufig vor, unzweifelhaft deshalb, weil solche Oertlichkeiten ihr die meiste Nahrung gewähren. Sie
erscheint sehr zeitig im Frühjahre, viel früher als die eigentlichen Schlangen, und treibt sich bereits
munter umher, während jene noch ihren Winterschlaf halten. Jhre Nahrung besteht aus Kerfen und
kleinen Kriechthieren, insbesondere jungen Schuppenechsen und dergleichen.

Der Fang des schön gezeichneten und im Käfig angenehmen Geschöpfes ist aus dem Grunde
besonders schwierig, weil die Glasschleiche ihren Namen mit vollstem Rechte trägt, nämlich bei
Berührung auffallend leicht zerbricht. Say behauptet, daß sie den Schwanz, ohne berührt worden
zu sein, von sich schleudern könne, da eine einzelne Zusammenziehung genüge, ihn abzubrechen; andere
Berichterstatter stimmen darin überein, daß der leichteste Ruthenhieb den Leib zertheilt, ja, daß man
kaum im Stande ist, ein vollständiges Stück zu erbeuten. Jn der That sind unbeschädigte Glas-
schleichen außerordentlich selten in den Sammlungen. Diese Hinfälligkeit mag wohl auch der Grund
sein, daß das hübsche Thier selten oder nicht in Gefangenschaft gehalten wird; wenigstens sind mir
hierüber keine Mittheilungen bekannt.



Die Glanzschleichen (Scinei), welche die letzte an Sippen und Arten reiche Familie unserer
Ordnung bilden, sind ebenso verschiedenartig gestaltet als die Seitenfaltler und zeigen, wie man sich
auszudrücken pflegt, die allmälichen Uebergänge von der Echsen- und Schlangengestalt durch Ver-
kümmerung der Gliedmaßen und Verlängerung des Leibes. Die Beine sind stets kurz; das Ohr ist
meist sichtbar, wird jedoch zuweilen von der Körperhaut überzogen. Der Kopf ist mit Schildern, der
Leib mit glatten, glänzenden Schindelschuppen bekleidet. Eine Seitenfalte fehlt.

Der Verbreitungskreis der Glanzschleichen ist sehr ausgedehnt. Sie leben in allen Erdtheilen
und von den äußersten Grenzen der gemäßigten Gürtel an bis zum Gleicher hinab, besonders zahl-
reich in Neuholland, in namhafter Anzahl aber auch in Asien, Afrika und Amerika, während sie in
Europa schwach vertreten sind. Jhre Lebensweise ist noch wenig bekannt; eigentlich haben wir uns
nur über die bei uns vorkommenden Arten genauer unterrichtet.



Eine Glanzschleiche, der Skink (Scincus officinalis), hat sich in alter Zeit hohen Ruhm
erworben und denselben sich lange zu erhalten gewußt. "Das fleisch genanter thieren", sagt Geßner,
"wirdt gebraucht in etlich, auß der edelsten artzney stucken, als Mithridat vnnd dergleychen. Werdend
auch gemischt vnder die artzneyen so zu den kalten prästen der verfadenen bereitet werdend, sol auch
ein sonderbare krafft haben um zu der vnkünschheit zu reitzen. Dise thier zu äschen gebrannt mit
essich oder öl angeschmiert, nimpt hin den glideren so man abschneyden sol, alle empfindtligkeit. Die
feißte der thieren wirdt auch gebraucht zu der vnkünschheit, auch innerthalb den leyb genommen. Die
gall der thieren mit honig gemischt, ist ein bequemliche artzney zu den fläcken vnnd dünckle der augen.
Das gefür oder kadt der thieren ist gantz eines lieblichen geschmackes, gantz weyß von farb, in den

Glasſchleiche. Skink.
Einzelne Stücke ſind lebhaft grün und ſchwarz gefleckt, andere ſchwarz und weiß geſtreift, andere auf
braunem Grunde mit Augenflecken geziert. Die Länge beträgt ungefähr 3 Fuß.

Ueber die Lebensweiſe haben ältere Forſcher, unter ihnen Catesby, Einiges mitgetheilt; die
neueren ſcheinen es nicht für nöthig gehalten zu haben, genauere Beobachtungen anzuſtellen. Zum
Aufenthaltsorte bevorzugt das Thier ſehr trockene Oertlichkeiten, jedoch ſolche, welche ihm geeignete
Verſteckplätze darbieten. Das Gewurzel eines alten Stockes, Baumſtrunkes, Höhlungen in Hügel-
gehängen und dergleichen dienen ihm als Zufluchtsort, nach denen es bei jeder Störung eiligſt zurück-
kehrt. Jn Waldungen, welche reich an Unterwuchs ſind, kommt die Glasſchleiche übrigens ebenfalls
häufig vor, unzweifelhaft deshalb, weil ſolche Oertlichkeiten ihr die meiſte Nahrung gewähren. Sie
erſcheint ſehr zeitig im Frühjahre, viel früher als die eigentlichen Schlangen, und treibt ſich bereits
munter umher, während jene noch ihren Winterſchlaf halten. Jhre Nahrung beſteht aus Kerfen und
kleinen Kriechthieren, insbeſondere jungen Schuppenechſen und dergleichen.

Der Fang des ſchön gezeichneten und im Käfig angenehmen Geſchöpfes iſt aus dem Grunde
beſonders ſchwierig, weil die Glasſchleiche ihren Namen mit vollſtem Rechte trägt, nämlich bei
Berührung auffallend leicht zerbricht. Say behauptet, daß ſie den Schwanz, ohne berührt worden
zu ſein, von ſich ſchleudern könne, da eine einzelne Zuſammenziehung genüge, ihn abzubrechen; andere
Berichterſtatter ſtimmen darin überein, daß der leichteſte Ruthenhieb den Leib zertheilt, ja, daß man
kaum im Stande iſt, ein vollſtändiges Stück zu erbeuten. Jn der That ſind unbeſchädigte Glas-
ſchleichen außerordentlich ſelten in den Sammlungen. Dieſe Hinfälligkeit mag wohl auch der Grund
ſein, daß das hübſche Thier ſelten oder nicht in Gefangenſchaft gehalten wird; wenigſtens ſind mir
hierüber keine Mittheilungen bekannt.



Die Glanzſchleichen (Scinei), welche die letzte an Sippen und Arten reiche Familie unſerer
Ordnung bilden, ſind ebenſo verſchiedenartig geſtaltet als die Seitenfaltler und zeigen, wie man ſich
auszudrücken pflegt, die allmälichen Uebergänge von der Echſen- und Schlangengeſtalt durch Ver-
kümmerung der Gliedmaßen und Verlängerung des Leibes. Die Beine ſind ſtets kurz; das Ohr iſt
meiſt ſichtbar, wird jedoch zuweilen von der Körperhaut überzogen. Der Kopf iſt mit Schildern, der
Leib mit glatten, glänzenden Schindelſchuppen bekleidet. Eine Seitenfalte fehlt.

Der Verbreitungskreis der Glanzſchleichen iſt ſehr ausgedehnt. Sie leben in allen Erdtheilen
und von den äußerſten Grenzen der gemäßigten Gürtel an bis zum Gleicher hinab, beſonders zahl-
reich in Neuholland, in namhafter Anzahl aber auch in Aſien, Afrika und Amerika, während ſie in
Europa ſchwach vertreten ſind. Jhre Lebensweiſe iſt noch wenig bekannt; eigentlich haben wir uns
nur über die bei uns vorkommenden Arten genauer unterrichtet.



Eine Glanzſchleiche, der Skink (Scincus officinalis), hat ſich in alter Zeit hohen Ruhm
erworben und denſelben ſich lange zu erhalten gewußt. „Das fleiſch genanter thieren“, ſagt Geßner,
„wirdt gebraucht in etlich, auß der edelſten artzney ſtucken, als Mithridat vnnd dergleychen. Werdend
auch gemiſcht vnder die artzneyen ſo zu den kalten präſten der verfadenen bereitet werdend, ſol auch
ein ſonderbare krafft haben um zu der vnkünſchheit zu reitzen. Diſe thier zu äſchen gebrannt mit
eſſich oder öl angeſchmiert, nimpt hin den glideren ſo man abſchneyden ſol, alle empfindtligkeit. Die
feißte der thieren wirdt auch gebraucht zu der vnkünſchheit, auch innerthalb den leyb genommen. Die
gall der thieren mit honig gemiſcht, iſt ein bequemliche artzney zu den fläcken vnnd dünckle der augen.
Das gefür oder kadt der thieren iſt gantz eines lieblichen geſchmackes, gantz weyß von farb, in den

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[159/0179] Glasſchleiche. Skink. Einzelne Stücke ſind lebhaft grün und ſchwarz gefleckt, andere ſchwarz und weiß geſtreift, andere auf braunem Grunde mit Augenflecken geziert. Die Länge beträgt ungefähr 3 Fuß. Ueber die Lebensweiſe haben ältere Forſcher, unter ihnen Catesby, Einiges mitgetheilt; die neueren ſcheinen es nicht für nöthig gehalten zu haben, genauere Beobachtungen anzuſtellen. Zum Aufenthaltsorte bevorzugt das Thier ſehr trockene Oertlichkeiten, jedoch ſolche, welche ihm geeignete Verſteckplätze darbieten. Das Gewurzel eines alten Stockes, Baumſtrunkes, Höhlungen in Hügel- gehängen und dergleichen dienen ihm als Zufluchtsort, nach denen es bei jeder Störung eiligſt zurück- kehrt. Jn Waldungen, welche reich an Unterwuchs ſind, kommt die Glasſchleiche übrigens ebenfalls häufig vor, unzweifelhaft deshalb, weil ſolche Oertlichkeiten ihr die meiſte Nahrung gewähren. Sie erſcheint ſehr zeitig im Frühjahre, viel früher als die eigentlichen Schlangen, und treibt ſich bereits munter umher, während jene noch ihren Winterſchlaf halten. Jhre Nahrung beſteht aus Kerfen und kleinen Kriechthieren, insbeſondere jungen Schuppenechſen und dergleichen. Der Fang des ſchön gezeichneten und im Käfig angenehmen Geſchöpfes iſt aus dem Grunde beſonders ſchwierig, weil die Glasſchleiche ihren Namen mit vollſtem Rechte trägt, nämlich bei Berührung auffallend leicht zerbricht. Say behauptet, daß ſie den Schwanz, ohne berührt worden zu ſein, von ſich ſchleudern könne, da eine einzelne Zuſammenziehung genüge, ihn abzubrechen; andere Berichterſtatter ſtimmen darin überein, daß der leichteſte Ruthenhieb den Leib zertheilt, ja, daß man kaum im Stande iſt, ein vollſtändiges Stück zu erbeuten. Jn der That ſind unbeſchädigte Glas- ſchleichen außerordentlich ſelten in den Sammlungen. Dieſe Hinfälligkeit mag wohl auch der Grund ſein, daß das hübſche Thier ſelten oder nicht in Gefangenſchaft gehalten wird; wenigſtens ſind mir hierüber keine Mittheilungen bekannt. Die Glanzſchleichen (Scinei), welche die letzte an Sippen und Arten reiche Familie unſerer Ordnung bilden, ſind ebenſo verſchiedenartig geſtaltet als die Seitenfaltler und zeigen, wie man ſich auszudrücken pflegt, die allmälichen Uebergänge von der Echſen- und Schlangengeſtalt durch Ver- kümmerung der Gliedmaßen und Verlängerung des Leibes. Die Beine ſind ſtets kurz; das Ohr iſt meiſt ſichtbar, wird jedoch zuweilen von der Körperhaut überzogen. Der Kopf iſt mit Schildern, der Leib mit glatten, glänzenden Schindelſchuppen bekleidet. Eine Seitenfalte fehlt. Der Verbreitungskreis der Glanzſchleichen iſt ſehr ausgedehnt. Sie leben in allen Erdtheilen und von den äußerſten Grenzen der gemäßigten Gürtel an bis zum Gleicher hinab, beſonders zahl- reich in Neuholland, in namhafter Anzahl aber auch in Aſien, Afrika und Amerika, während ſie in Europa ſchwach vertreten ſind. Jhre Lebensweiſe iſt noch wenig bekannt; eigentlich haben wir uns nur über die bei uns vorkommenden Arten genauer unterrichtet. Eine Glanzſchleiche, der Skink (Scincus officinalis), hat ſich in alter Zeit hohen Ruhm erworben und denſelben ſich lange zu erhalten gewußt. „Das fleiſch genanter thieren“, ſagt Geßner, „wirdt gebraucht in etlich, auß der edelſten artzney ſtucken, als Mithridat vnnd dergleychen. Werdend auch gemiſcht vnder die artzneyen ſo zu den kalten präſten der verfadenen bereitet werdend, ſol auch ein ſonderbare krafft haben um zu der vnkünſchheit zu reitzen. Diſe thier zu äſchen gebrannt mit eſſich oder öl angeſchmiert, nimpt hin den glideren ſo man abſchneyden ſol, alle empfindtligkeit. Die feißte der thieren wirdt auch gebraucht zu der vnkünſchheit, auch innerthalb den leyb genommen. Die gall der thieren mit honig gemiſcht, iſt ein bequemliche artzney zu den fläcken vnnd dünckle der augen. Das gefür oder kadt der thieren iſt gantz eines lieblichen geſchmackes, gantz weyß von farb, in den

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/179>, abgerufen am 02.05.2024.