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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Schuppenechsen. Seitenfaltler.
Färbung. Bei den meisten Stücken sind Rücken und Schwanz orangengelb, Kopf und Füße lichter-
gelb, die Unterseite weiß; bei anderen sind die Obertheile dunkler schwarzbraun bei noch anderen auf
braunem Grunde gestreift etc.

Ueber die Lebensweise gibt A. Smith einen dürftigen Bericht. Alle Gürtelschweife bewohnen
felsige Gegenden und, wenn sie die Wahl haben, unabänderlich steile, schwer zugängliche Abhänge.
Hier laufen sie ziemlich langsam, Futter oder Wärme suchend, bis sie irgend eine Gefahr aufschreckt
und ihrem Schlupfwinkel zutreibt. Der Fang hat, selbst wenn letztere zugänglich sind, noch seine
Schwierigkeiten, weil sich die Thiere merkwürdig fest anzuklammern wissen, und man beim Ergreifen
öfterer den Schwanz in der Hand hält als das Thier selber.



Auf die in Südafrika lebende Echsenschleiche (Saurophis tetradactylus) hat man die
Sippe der Schlangenechsen begründet. Sie kennzeichnet der gestreckte, schlangenartige Leib,
dessen Beine sehr schwach und kurz und dessen Füße nur vierzehig sind. Die Seitenfalte verläuft vom
Mundwinkel bis zum After. Kleine spitze Vorderzähne und starke, stumpfe Kieferzähne bilden
das Gebiß.

Die Echsenschleiche wird etwa 14 bis 15 Zoll lang. Der Kopf ist auf der Oberseite gelb,
bräunlich gepunktet, seitlich mit vier dunkleren Flecken gezeichnet, von denen zwei unter dem Auge
und zwei vor jedem Ohre stehen, der Rücken fahl, dunkler gegittert, weil alle Rückenschuppen in der
Mitte dunkel sind und fahle Ränder zeigen.

Ueber die Lebensweise wissen wir nur soviel, daß das Thier auf grasigen Stellen Südafrikas
lebt, in seinem Wesen und Treiben unserer Blindschleiche ähnelt, deshalb auch von den Land-
eingebornen als eine Schlange angesehen wird.



Jn schattigen Thälern der Steppen Naryn und Kuman an der Wolga entdeckte Pallas einen
Seitenfaltler, welcher von den Russen Scheltopusik genannt wurde; später fand er dasselbe Thier
an den Flüssen Terek und Sarpa auf. Andere Forscher beobachteten es im südlichen Sibirien, in
Griechenland, Dalmatien, Jstrien, Ungarn und sogar in Afrika. Erber traf es am häufigsten in
der Nähe des Lago di Bocagnazza bei Zara in Dalmatien, jedoch auch sonst im ganzen Lande. Dick
bebuschte Thäler bilden den liebsten Aufenthalt des Scheltopusik, und in ihnen findet er so vortreffliche
Versteckplätze, daß er trotz seiner Größe nicht eben leicht bemerkt wird, zumal er, seiner Wehrlosigkeit
sich bewußt, bei Annäherung des Menschen regelmäßig entflieht. Alle Beobachter, welche ihn sahen,
stimmen in seinem Lobe überein. Er ist eines der nützlichsten Kriechthiere, weil er hauptsächlich schädlichen
Thieren nachstellt. Mäuse und Schnecken, welche letzteren er, laut Erber, sammt den Schalen verzehrt,
bilden seine Hauptnahrung; er stellt aber auch den Vipern nach und tödtet und verspeist sie, ohne sich vor
dem anderen Echsen verderblichen Giftzahne zu fürchten. Als Erber einmal einen Scheltopusik in den
Käfig zu seiner Kreuzotter setzte, nahm sowohl diese als jener sofort eine drohende Stellung an, während
sonst beide sich anderen Schlangen gegenüber theilnahmlos und gleichgiltig gezeigt hatten. Da unser
Beobachter nur einen Scheltopusik besaß, wollte er denselben nicht aufs Spiel setzen und entfernte
ihn wieder; später aber scheint er anderweitige Versuche angestellt zu haben, da er es ist, welcher
gedachten Seitenfaltler als einen der wirksamsten Vipernvertilger uns kennen lehrte. So tüchtig
der letztere als Raubthier auch sein mag, dem Menschen gegenüber benimmt er sich mit einer Harm-
losigkeit und Gutmüthigkeit, welche ihm jederzeit die Zuneigung des Liebhabers erwerben. Er beißt
nie, läßt sich also ohne jegliche Besorgniß behandeln, scheint bei längerer Gefangenschaft eine gewisse
Zuneigung zu seinem Pfleger zu gewinnen und würde, wie Erber meint, zu einem empfehlungs-

Die Schuppenechſen. Seitenfaltler.
Färbung. Bei den meiſten Stücken ſind Rücken und Schwanz orangengelb, Kopf und Füße lichter-
gelb, die Unterſeite weiß; bei anderen ſind die Obertheile dunkler ſchwarzbraun bei noch anderen auf
braunem Grunde geſtreift ꝛc.

Ueber die Lebensweiſe gibt A. Smith einen dürftigen Bericht. Alle Gürtelſchweife bewohnen
felſige Gegenden und, wenn ſie die Wahl haben, unabänderlich ſteile, ſchwer zugängliche Abhänge.
Hier laufen ſie ziemlich langſam, Futter oder Wärme ſuchend, bis ſie irgend eine Gefahr aufſchreckt
und ihrem Schlupfwinkel zutreibt. Der Fang hat, ſelbſt wenn letztere zugänglich ſind, noch ſeine
Schwierigkeiten, weil ſich die Thiere merkwürdig feſt anzuklammern wiſſen, und man beim Ergreifen
öfterer den Schwanz in der Hand hält als das Thier ſelber.



Auf die in Südafrika lebende Echſenſchleiche (Saurophis tetradactylus) hat man die
Sippe der Schlangenechſen begründet. Sie kennzeichnet der geſtreckte, ſchlangenartige Leib,
deſſen Beine ſehr ſchwach und kurz und deſſen Füße nur vierzehig ſind. Die Seitenfalte verläuft vom
Mundwinkel bis zum After. Kleine ſpitze Vorderzähne und ſtarke, ſtumpfe Kieferzähne bilden
das Gebiß.

Die Echſenſchleiche wird etwa 14 bis 15 Zoll lang. Der Kopf iſt auf der Oberſeite gelb,
bräunlich gepunktet, ſeitlich mit vier dunkleren Flecken gezeichnet, von denen zwei unter dem Auge
und zwei vor jedem Ohre ſtehen, der Rücken fahl, dunkler gegittert, weil alle Rückenſchuppen in der
Mitte dunkel ſind und fahle Ränder zeigen.

Ueber die Lebensweiſe wiſſen wir nur ſoviel, daß das Thier auf graſigen Stellen Südafrikas
lebt, in ſeinem Weſen und Treiben unſerer Blindſchleiche ähnelt, deshalb auch von den Land-
eingebornen als eine Schlange angeſehen wird.



Jn ſchattigen Thälern der Steppen Naryn und Kuman an der Wolga entdeckte Pallas einen
Seitenfaltler, welcher von den Ruſſen Scheltopuſik genannt wurde; ſpäter fand er daſſelbe Thier
an den Flüſſen Terek und Sarpa auf. Andere Forſcher beobachteten es im ſüdlichen Sibirien, in
Griechenland, Dalmatien, Jſtrien, Ungarn und ſogar in Afrika. Erber traf es am häufigſten in
der Nähe des Lago di Bocagnazza bei Zara in Dalmatien, jedoch auch ſonſt im ganzen Lande. Dick
bebuſchte Thäler bilden den liebſten Aufenthalt des Scheltopuſik, und in ihnen findet er ſo vortreffliche
Verſteckplätze, daß er trotz ſeiner Größe nicht eben leicht bemerkt wird, zumal er, ſeiner Wehrloſigkeit
ſich bewußt, bei Annäherung des Menſchen regelmäßig entflieht. Alle Beobachter, welche ihn ſahen,
ſtimmen in ſeinem Lobe überein. Er iſt eines der nützlichſten Kriechthiere, weil er hauptſächlich ſchädlichen
Thieren nachſtellt. Mäuſe und Schnecken, welche letzteren er, laut Erber, ſammt den Schalen verzehrt,
bilden ſeine Hauptnahrung; er ſtellt aber auch den Vipern nach und tödtet und verſpeiſt ſie, ohne ſich vor
dem anderen Echſen verderblichen Giftzahne zu fürchten. Als Erber einmal einen Scheltopuſik in den
Käfig zu ſeiner Kreuzotter ſetzte, nahm ſowohl dieſe als jener ſofort eine drohende Stellung an, während
ſonſt beide ſich anderen Schlangen gegenüber theilnahmlos und gleichgiltig gezeigt hatten. Da unſer
Beobachter nur einen Scheltopuſik beſaß, wollte er denſelben nicht aufs Spiel ſetzen und entfernte
ihn wieder; ſpäter aber ſcheint er anderweitige Verſuche angeſtellt zu haben, da er es iſt, welcher
gedachten Seitenfaltler als einen der wirkſamſten Vipernvertilger uns kennen lehrte. So tüchtig
der letztere als Raubthier auch ſein mag, dem Menſchen gegenüber benimmt er ſich mit einer Harm-
loſigkeit und Gutmüthigkeit, welche ihm jederzeit die Zuneigung des Liebhabers erwerben. Er beißt
nie, läßt ſich alſo ohne jegliche Beſorgniß behandeln, ſcheint bei längerer Gefangenſchaft eine gewiſſe
Zuneigung zu ſeinem Pfleger zu gewinnen und würde, wie Erber meint, zu einem empfehlungs-

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[156/0176] Die Schuppenechſen. Seitenfaltler. Färbung. Bei den meiſten Stücken ſind Rücken und Schwanz orangengelb, Kopf und Füße lichter- gelb, die Unterſeite weiß; bei anderen ſind die Obertheile dunkler ſchwarzbraun bei noch anderen auf braunem Grunde geſtreift ꝛc. Ueber die Lebensweiſe gibt A. Smith einen dürftigen Bericht. Alle Gürtelſchweife bewohnen felſige Gegenden und, wenn ſie die Wahl haben, unabänderlich ſteile, ſchwer zugängliche Abhänge. Hier laufen ſie ziemlich langſam, Futter oder Wärme ſuchend, bis ſie irgend eine Gefahr aufſchreckt und ihrem Schlupfwinkel zutreibt. Der Fang hat, ſelbſt wenn letztere zugänglich ſind, noch ſeine Schwierigkeiten, weil ſich die Thiere merkwürdig feſt anzuklammern wiſſen, und man beim Ergreifen öfterer den Schwanz in der Hand hält als das Thier ſelber. Auf die in Südafrika lebende Echſenſchleiche (Saurophis tetradactylus) hat man die Sippe der Schlangenechſen begründet. Sie kennzeichnet der geſtreckte, ſchlangenartige Leib, deſſen Beine ſehr ſchwach und kurz und deſſen Füße nur vierzehig ſind. Die Seitenfalte verläuft vom Mundwinkel bis zum After. Kleine ſpitze Vorderzähne und ſtarke, ſtumpfe Kieferzähne bilden das Gebiß. Die Echſenſchleiche wird etwa 14 bis 15 Zoll lang. Der Kopf iſt auf der Oberſeite gelb, bräunlich gepunktet, ſeitlich mit vier dunkleren Flecken gezeichnet, von denen zwei unter dem Auge und zwei vor jedem Ohre ſtehen, der Rücken fahl, dunkler gegittert, weil alle Rückenſchuppen in der Mitte dunkel ſind und fahle Ränder zeigen. Ueber die Lebensweiſe wiſſen wir nur ſoviel, daß das Thier auf graſigen Stellen Südafrikas lebt, in ſeinem Weſen und Treiben unſerer Blindſchleiche ähnelt, deshalb auch von den Land- eingebornen als eine Schlange angeſehen wird. Jn ſchattigen Thälern der Steppen Naryn und Kuman an der Wolga entdeckte Pallas einen Seitenfaltler, welcher von den Ruſſen Scheltopuſik genannt wurde; ſpäter fand er daſſelbe Thier an den Flüſſen Terek und Sarpa auf. Andere Forſcher beobachteten es im ſüdlichen Sibirien, in Griechenland, Dalmatien, Jſtrien, Ungarn und ſogar in Afrika. Erber traf es am häufigſten in der Nähe des Lago di Bocagnazza bei Zara in Dalmatien, jedoch auch ſonſt im ganzen Lande. Dick bebuſchte Thäler bilden den liebſten Aufenthalt des Scheltopuſik, und in ihnen findet er ſo vortreffliche Verſteckplätze, daß er trotz ſeiner Größe nicht eben leicht bemerkt wird, zumal er, ſeiner Wehrloſigkeit ſich bewußt, bei Annäherung des Menſchen regelmäßig entflieht. Alle Beobachter, welche ihn ſahen, ſtimmen in ſeinem Lobe überein. Er iſt eines der nützlichſten Kriechthiere, weil er hauptſächlich ſchädlichen Thieren nachſtellt. Mäuſe und Schnecken, welche letzteren er, laut Erber, ſammt den Schalen verzehrt, bilden ſeine Hauptnahrung; er ſtellt aber auch den Vipern nach und tödtet und verſpeiſt ſie, ohne ſich vor dem anderen Echſen verderblichen Giftzahne zu fürchten. Als Erber einmal einen Scheltopuſik in den Käfig zu ſeiner Kreuzotter ſetzte, nahm ſowohl dieſe als jener ſofort eine drohende Stellung an, während ſonſt beide ſich anderen Schlangen gegenüber theilnahmlos und gleichgiltig gezeigt hatten. Da unſer Beobachter nur einen Scheltopuſik beſaß, wollte er denſelben nicht aufs Spiel ſetzen und entfernte ihn wieder; ſpäter aber ſcheint er anderweitige Verſuche angeſtellt zu haben, da er es iſt, welcher gedachten Seitenfaltler als einen der wirkſamſten Vipernvertilger uns kennen lehrte. So tüchtig der letztere als Raubthier auch ſein mag, dem Menſchen gegenüber benimmt er ſich mit einer Harm- loſigkeit und Gutmüthigkeit, welche ihm jederzeit die Zuneigung des Liebhabers erwerben. Er beißt nie, läßt ſich alſo ohne jegliche Beſorgniß behandeln, ſcheint bei längerer Gefangenſchaft eine gewiſſe Zuneigung zu ſeinem Pfleger zu gewinnen und würde, wie Erber meint, zu einem empfehlungs-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/176>, abgerufen am 02.05.2024.