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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Schuppenechsen. Krötenechsen. Kielschwänze.
machen, als es die sorgfältigste Beschreibung zu thun im Stande wäre; ich will deshalb nur bemerken,
daß die größten Stacheln hohl und wie Scheidenhörner auf einen inneren Kern aufgesetzt sind. Die
allgemeine Färbung der in Weingeist aufbewahrten oder ausgestopften Thiere ist ein blasses Braun,
welches hier und da dunkelrothe, schwarzgesäumte Flecke zeigt.

Ueber die Lebensweise ist leider noch nicht das Geringste bekannt.



Die Dornenschwänze werden auf der westlichen Halbkugel vertreten durch die Dornenschweife
(Urocentron), die Schleuderschwänze durch die Kielschwänze (Tropidurus), die in Asien lebenden
Krötenköpfe (Phrynocephalus) durch die Krötenbäuche (Phrynosoma), welche mit einigen
anderen Sippen die Gruppe der Krötenechsen (Heterotropides) bilden. Da ich es Anderen
überlasse, Formenbeschreibungen zu geben, nehme ich nur zwei Arten auf, über deren Lebensweise wir
doch wenigstens Etwas wissen.

Zu den gemeinsten Kriechthieren der Ostküste Brasiliens gehört die Lagarta der Portu-
giesen
(Tropidurus torquatus), ein Thier von 12 bis 14 Zoll Länge, wovon drei Fünstheile auf
den Schwanz zu rechnen sind, auf graulichem Grunde mit helleren und deutlich abgerundeten Flecken
gezeichnet, an den Halsseiten schwarz und über den Augenlidern grauschwarz gestreift. Den runden
Schwanz bekleiden wirtelige, ziegelartig sich deckende Schuppen, die Obertheile rautenförmig gekielte
und zugespitzte, die Untertheile solche ohne Kiele, am Rande erhöhete, den Oberkopf unregelmäßige,
größere Schilder. Die Haut unter der Kehle hat eine Querfalte oder Einschnürung. Das Gebiß
besteht aus fünf bis sechs gleich langen, geraden, an der Krone abgerundeten, undeutlichen, drei-
lappigen Vorderzähnen, zwanzig spitzigen, deutlich dreilappigen Backenzähnen in jeder Oberkinnlade
und vierundzwanzig in jedem Unterkiefer. Färbung und Zeichnung ändern. Junge Thiere sind fleckig
gestreift, ältere verloschen geperlt, einzelne Stücke kaum gefleckt und fast einförmig, andere sehr
bestimmt und deutlich mit hinter einander stehenden, blässeren Querlinien gebändert; der schwarze
Fleck, welcher vom Nacken an die Halsseite bis gegen die Brust herabläuft und die drei schwarzen
senkrecht stehenden Streifen über den Augenlidern bleiben jedoch immer sichtbar.

Die Lagarta, zu Deutsch Eidechse, lebt, nach Angabe des Prinzen von Wied, nur in
trockenen, sandigen Gegenden, besonders in Steintrümmern, Steinhaufen, auf allen Mauern,
Gebänden, Felsenritzen, in den Gebäuden selbst, wo sie sich in Wandlöchern oder auf den Dächern
ansiedelt, theilt wohl auch in den Gebüschen und Vorhölzern mit dem Teju einerlei Aufenthalt oder
begnügt sich mit einem Versteck im dürren Laube, sonnt sich auf nackten Stellen und schießt, wenn
man sich ihr nähert, pfeilschnell ihrem Schlupfwinkel zu. Jn dem Steingetrümmer, welches die
Küsten- und Flußufer hier und da bedeckt, fand sie der Prinz von Wied besonders zahlreich; sie
ist aber auch an anderen Orten keineswegs selten. Man bemerkt sie regelmäßig; denn sie treibt sich
viel außerhalb ihres Schlupfwinkels umher, sitzt mit hochausgestrecktem Halse und Kopfe, nickt wie
ihre altweltlichen Vertreter, läuft außerordentlich schnell und klettert an den steilsten Wänden auf und
nieder. "Jn einer verödeten Pflanzung im Sertong von Jlheos", sagt der Prinz, "befand sich
eine alte von Balken und Baumrinden erbaute Hütte, welche ausschließlich von solchen Eidechsen
bewohnt wurde. Sie verursachten ein lautes Geräusch, wenn sie über das alte baufällige Dach der
Hütte hin- und herliefen, saßen auf den verfallenen Zäunen und sonnten sich, und scheuten die
Menschen, deren Anblick ihnen an dieser einsamen Stelle neu sein mußte, sehr wenig." Bei den
Brasilianern heißt diese Art "Eidechse", weil sie weder den Kehlsack aufblasen, noch seine Färbung
verändern kann.



Die Schuppenechſen. Krötenechſen. Kielſchwänze.
machen, als es die ſorgfältigſte Beſchreibung zu thun im Stande wäre; ich will deshalb nur bemerken,
daß die größten Stacheln hohl und wie Scheidenhörner auf einen inneren Kern aufgeſetzt ſind. Die
allgemeine Färbung der in Weingeiſt aufbewahrten oder ausgeſtopften Thiere iſt ein blaſſes Braun,
welches hier und da dunkelrothe, ſchwarzgeſäumte Flecke zeigt.

Ueber die Lebensweiſe iſt leider noch nicht das Geringſte bekannt.



Die Dornenſchwänze werden auf der weſtlichen Halbkugel vertreten durch die Dornenſchweife
(Urocentron), die Schleuderſchwänze durch die Kielſchwänze (Tropidurus), die in Aſien lebenden
Krötenköpfe (Phrynocephalus) durch die Krötenbäuche (Phrynosoma), welche mit einigen
anderen Sippen die Gruppe der Krötenechſen (Heterotropides) bilden. Da ich es Anderen
überlaſſe, Formenbeſchreibungen zu geben, nehme ich nur zwei Arten auf, über deren Lebensweiſe wir
doch wenigſtens Etwas wiſſen.

Zu den gemeinſten Kriechthieren der Oſtküſte Braſiliens gehört die Lagarta der Portu-
gieſen
(Tropidurus torquatus), ein Thier von 12 bis 14 Zoll Länge, wovon drei Fünſtheile auf
den Schwanz zu rechnen ſind, auf graulichem Grunde mit helleren und deutlich abgerundeten Flecken
gezeichnet, an den Halsſeiten ſchwarz und über den Augenlidern grauſchwarz geſtreift. Den runden
Schwanz bekleiden wirtelige, ziegelartig ſich deckende Schuppen, die Obertheile rautenförmig gekielte
und zugeſpitzte, die Untertheile ſolche ohne Kiele, am Rande erhöhete, den Oberkopf unregelmäßige,
größere Schilder. Die Haut unter der Kehle hat eine Querfalte oder Einſchnürung. Das Gebiß
beſteht aus fünf bis ſechs gleich langen, geraden, an der Krone abgerundeten, undeutlichen, drei-
lappigen Vorderzähnen, zwanzig ſpitzigen, deutlich dreilappigen Backenzähnen in jeder Oberkinnlade
und vierundzwanzig in jedem Unterkiefer. Färbung und Zeichnung ändern. Junge Thiere ſind fleckig
geſtreift, ältere verloſchen geperlt, einzelne Stücke kaum gefleckt und faſt einförmig, andere ſehr
beſtimmt und deutlich mit hinter einander ſtehenden, bläſſeren Querlinien gebändert; der ſchwarze
Fleck, welcher vom Nacken an die Halsſeite bis gegen die Bruſt herabläuft und die drei ſchwarzen
ſenkrecht ſtehenden Streifen über den Augenlidern bleiben jedoch immer ſichtbar.

Die Lagarta, zu Deutſch Eidechſe, lebt, nach Angabe des Prinzen von Wied, nur in
trockenen, ſandigen Gegenden, beſonders in Steintrümmern, Steinhaufen, auf allen Mauern,
Gebänden, Felſenritzen, in den Gebäuden ſelbſt, wo ſie ſich in Wandlöchern oder auf den Dächern
anſiedelt, theilt wohl auch in den Gebüſchen und Vorhölzern mit dem Teju einerlei Aufenthalt oder
begnügt ſich mit einem Verſteck im dürren Laube, ſonnt ſich auf nackten Stellen und ſchießt, wenn
man ſich ihr nähert, pfeilſchnell ihrem Schlupfwinkel zu. Jn dem Steingetrümmer, welches die
Küſten- und Flußufer hier und da bedeckt, fand ſie der Prinz von Wied beſonders zahlreich; ſie
iſt aber auch an anderen Orten keineswegs ſelten. Man bemerkt ſie regelmäßig; denn ſie treibt ſich
viel außerhalb ihres Schlupfwinkels umher, ſitzt mit hochausgeſtrecktem Halſe und Kopfe, nickt wie
ihre altweltlichen Vertreter, läuft außerordentlich ſchnell und klettert an den ſteilſten Wänden auf und
nieder. „Jn einer verödeten Pflanzung im Sertong von Jlheos“, ſagt der Prinz, „befand ſich
eine alte von Balken und Baumrinden erbaute Hütte, welche ausſchließlich von ſolchen Eidechſen
bewohnt wurde. Sie verurſachten ein lautes Geräuſch, wenn ſie über das alte baufällige Dach der
Hütte hin- und herliefen, ſaßen auf den verfallenen Zäunen und ſonnten ſich, und ſcheuten die
Menſchen, deren Anblick ihnen an dieſer einſamen Stelle neu ſein mußte, ſehr wenig.“ Bei den
Braſilianern heißt dieſe Art „Eidechſe“, weil ſie weder den Kehlſack aufblaſen, noch ſeine Färbung
verändern kann.



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[144/0164] Die Schuppenechſen. Krötenechſen. Kielſchwänze. machen, als es die ſorgfältigſte Beſchreibung zu thun im Stande wäre; ich will deshalb nur bemerken, daß die größten Stacheln hohl und wie Scheidenhörner auf einen inneren Kern aufgeſetzt ſind. Die allgemeine Färbung der in Weingeiſt aufbewahrten oder ausgeſtopften Thiere iſt ein blaſſes Braun, welches hier und da dunkelrothe, ſchwarzgeſäumte Flecke zeigt. Ueber die Lebensweiſe iſt leider noch nicht das Geringſte bekannt. Die Dornenſchwänze werden auf der weſtlichen Halbkugel vertreten durch die Dornenſchweife (Urocentron), die Schleuderſchwänze durch die Kielſchwänze (Tropidurus), die in Aſien lebenden Krötenköpfe (Phrynocephalus) durch die Krötenbäuche (Phrynosoma), welche mit einigen anderen Sippen die Gruppe der Krötenechſen (Heterotropides) bilden. Da ich es Anderen überlaſſe, Formenbeſchreibungen zu geben, nehme ich nur zwei Arten auf, über deren Lebensweiſe wir doch wenigſtens Etwas wiſſen. Zu den gemeinſten Kriechthieren der Oſtküſte Braſiliens gehört die Lagarta der Portu- gieſen (Tropidurus torquatus), ein Thier von 12 bis 14 Zoll Länge, wovon drei Fünſtheile auf den Schwanz zu rechnen ſind, auf graulichem Grunde mit helleren und deutlich abgerundeten Flecken gezeichnet, an den Halsſeiten ſchwarz und über den Augenlidern grauſchwarz geſtreift. Den runden Schwanz bekleiden wirtelige, ziegelartig ſich deckende Schuppen, die Obertheile rautenförmig gekielte und zugeſpitzte, die Untertheile ſolche ohne Kiele, am Rande erhöhete, den Oberkopf unregelmäßige, größere Schilder. Die Haut unter der Kehle hat eine Querfalte oder Einſchnürung. Das Gebiß beſteht aus fünf bis ſechs gleich langen, geraden, an der Krone abgerundeten, undeutlichen, drei- lappigen Vorderzähnen, zwanzig ſpitzigen, deutlich dreilappigen Backenzähnen in jeder Oberkinnlade und vierundzwanzig in jedem Unterkiefer. Färbung und Zeichnung ändern. Junge Thiere ſind fleckig geſtreift, ältere verloſchen geperlt, einzelne Stücke kaum gefleckt und faſt einförmig, andere ſehr beſtimmt und deutlich mit hinter einander ſtehenden, bläſſeren Querlinien gebändert; der ſchwarze Fleck, welcher vom Nacken an die Halsſeite bis gegen die Bruſt herabläuft und die drei ſchwarzen ſenkrecht ſtehenden Streifen über den Augenlidern bleiben jedoch immer ſichtbar. Die Lagarta, zu Deutſch Eidechſe, lebt, nach Angabe des Prinzen von Wied, nur in trockenen, ſandigen Gegenden, beſonders in Steintrümmern, Steinhaufen, auf allen Mauern, Gebänden, Felſenritzen, in den Gebäuden ſelbſt, wo ſie ſich in Wandlöchern oder auf den Dächern anſiedelt, theilt wohl auch in den Gebüſchen und Vorhölzern mit dem Teju einerlei Aufenthalt oder begnügt ſich mit einem Verſteck im dürren Laube, ſonnt ſich auf nackten Stellen und ſchießt, wenn man ſich ihr nähert, pfeilſchnell ihrem Schlupfwinkel zu. Jn dem Steingetrümmer, welches die Küſten- und Flußufer hier und da bedeckt, fand ſie der Prinz von Wied beſonders zahlreich; ſie iſt aber auch an anderen Orten keineswegs ſelten. Man bemerkt ſie regelmäßig; denn ſie treibt ſich viel außerhalb ihres Schlupfwinkels umher, ſitzt mit hochausgeſtrecktem Halſe und Kopfe, nickt wie ihre altweltlichen Vertreter, läuft außerordentlich ſchnell und klettert an den ſteilſten Wänden auf und nieder. „Jn einer verödeten Pflanzung im Sertong von Jlheos“, ſagt der Prinz, „befand ſich eine alte von Balken und Baumrinden erbaute Hütte, welche ausſchließlich von ſolchen Eidechſen bewohnt wurde. Sie verurſachten ein lautes Geräuſch, wenn ſie über das alte baufällige Dach der Hütte hin- und herliefen, ſaßen auf den verfallenen Zäunen und ſonnten ſich, und ſcheuten die Menſchen, deren Anblick ihnen an dieſer einſamen Stelle neu ſein mußte, ſehr wenig.“ Bei den Braſilianern heißt dieſe Art „Eidechſe“, weil ſie weder den Kehlſack aufblaſen, noch ſeine Färbung verändern kann.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/164>, abgerufen am 02.05.2024.