ist nicht ohne Ausnahme. Daß Licht und Wärme auf die Verfärbung wesentlichen Einfluß haben, läßt sich durch Versuche nachweisen. "Jst Einem daran gelegen, die Farbe des Chamäleons schnell ändern zu sehen", sagt Lenz, "so braucht man es nur, wenn es an einem kühlen Orte sitzt, schnell mit der Hand oder sonst zu erwärmen." Man bedarf jedoch nicht einmal der Wärme: schon schwaches Licht genügt, um eine Veränderung hervorzubringen. Nähert man sich dem schlafenden Chamäleon nachts mit einem Lichte und hält dasselbe in einer Entfernung von drei bis vier Zollen vor die eine Seite, so bemerkt man, daß auf der gelblich unbefleckten Haut nach einigen Minuten hellbraune Flecke erscheinen, allmählich dunkler und endlich fast schwarz werden; nach Entfernung des Lichtes verschwinden sie allmählich wieder. Bringt man ein gefangenes Chamäleon aus einem dunklen Raume in die Sonne, so dunkelt seine Haut innerhalb weniger Minuten. Den außerordentlichen Einfluß des Lichtes, gleichzeitig aber auch die Unabhängigkeit der beiden Körperhälften von einander sieht man, wenn man es nur von einer Seite beleuchtet oder erwärmt; dann verändert sich diese, nicht aber die andere mit, und wenn das Thier geschlafen hat und gereizt wird, kann es wirklich geschehen, daß es auf einer Seite erwacht, auf der anderen Seite aber schlafend bleibt. Anderweitige Reize, Bespritzen mit Wasser und dergleichen, bewirken eine Veränderung der Färbung. Aus allem Diesen geht hervor, daß die Farbenveränderung vom Einflusse der Nerven abhängig ist und erst in Folge der Reizung dieser entsteht.
Mit Seinesgleichen verträgt sich das Chamäleon nicht besser als die meisten übrigen Kriechthiere. Jst seine Gleichgiltigkeit gegen Alles, was nicht Beute heißt, erst einmal einer gewissen Erregung gewichen, so geschieht es gar nicht selten, daß zwei sich gegenseitig erbosen, wüthend über einander herfallen und sich mit dem immerhin kräftigen Gebiß zu verletzen suchen. Vor der Paarungszeit bekunden die so stumpfsinnigen Geschöpfe sogar Erregungen der Eifersucht und machen sich wirklich die Weibchen streitig. Mit anderen Klassenverwandten leben sie im tiefsten Frieden, richtiger vielleicht, in gar keinem Verhältnisse, weil sie sich blos um diejenigen Thiere kümmern, welche ihnen verderblich werden oder zur Nahrung dienen können. Wenn sich ihnen ein Feind oder auch ein harmloser Vogel nähert, pflegen sie sich zuerst aufzublasen, sodaß ihr Leib im Querdurchschnitt fast kreisrund wird, und dann fauchend zu zischen. Ergreift man sie mit der Hand, so packen sie wohl auch zu und quetschen mit ihrem Gebiß die Haut ein wenig, immer aber viel zu schwach, als daß sie irgend welche Verletzung hervorrufen könnten. Dabei spielt ihre Haut selbstverständlich in sehr verschiedenen Färbungen, und die Gestalt wird durch das Aufblasen eine ganz andere: alle Rippen treten-hervor, und das Thier gewinnt im buchstäblichen Sinne des Wortes eine gewisse Durchsichtigkeit, welche soweit gehen kann, daß man im Stande ist, Zweige oder die Sprossen eines Käfigs als dunkle Streifen durch den Leib hindurch wahrzunehmen.
Wie die meisten Kriechthiere vermag das Chamäleon monatelang ohne Schaden zu hungern, dann aber auch ziemlich viele Nahrung auf einmal zu sich zu nehmen. Seine Beute besteht nur in kleinen Kerbthieren, hauptsächlich in Fliegen, Heuschrecken und Larven dieser Thiere, außerdem auch wohl in Spinnen, Kellerasseln und Würmern; größere Kerfe vermag es nicht zu erhaschen, weil für schwere Beute die Klebrigkeit der Zunge nicht ausreicht. Die gefangenen Fliegen werden ohne weiteres verschluckt, größere Kerbthiere erst vor dem Schlucken gekaut.
Aeltere Forscher haben angegeben, daß die Chamäleons lebendige Junge zur Welt bringen sollen; die Beobachtungen der neueren beweisen das Gegentheil. Doch will Dies, wie wir gesehen haben, bei Kriechthieren nicht viel besagen, und es kann recht wohl möglich sein, daß jene Angaben dennoch richtig sind. Das Eierlegen ist wiederholt beobachtet worden, wenn auch, soviel mir bekannt, nur von gefangenen Thieren. "An einem meiner Chamäleons", erzählt Vallisnieri, "bemerkte ich eines Tages, daß es sehr unruhig wurde und endlich von dem Gezweige, mit welchem sein Käfig ausgeschmückt worden war, langsam mit aller ihm angeborenen Faulheit zum Boden herabstieg, hier unstät umherlief, endlich in einem Winkel des Käfigs, in welchem weder Sand, noch Staub, sondern nur harte Erde lag, sich festsetzte und mit einem Vorderfuß zu scharren begann. Das harte Erdreich
Die Schuppenechſen. Chamäleons.
iſt nicht ohne Ausnahme. Daß Licht und Wärme auf die Verfärbung weſentlichen Einfluß haben, läßt ſich durch Verſuche nachweiſen. „Jſt Einem daran gelegen, die Farbe des Chamäleons ſchnell ändern zu ſehen“, ſagt Lenz, „ſo braucht man es nur, wenn es an einem kühlen Orte ſitzt, ſchnell mit der Hand oder ſonſt zu erwärmen.“ Man bedarf jedoch nicht einmal der Wärme: ſchon ſchwaches Licht genügt, um eine Veränderung hervorzubringen. Nähert man ſich dem ſchlafenden Chamäleon nachts mit einem Lichte und hält daſſelbe in einer Entfernung von drei bis vier Zollen vor die eine Seite, ſo bemerkt man, daß auf der gelblich unbefleckten Haut nach einigen Minuten hellbraune Flecke erſcheinen, allmählich dunkler und endlich faſt ſchwarz werden; nach Entfernung des Lichtes verſchwinden ſie allmählich wieder. Bringt man ein gefangenes Chamäleon aus einem dunklen Raume in die Sonne, ſo dunkelt ſeine Haut innerhalb weniger Minuten. Den außerordentlichen Einfluß des Lichtes, gleichzeitig aber auch die Unabhängigkeit der beiden Körperhälften von einander ſieht man, wenn man es nur von einer Seite beleuchtet oder erwärmt; dann verändert ſich dieſe, nicht aber die andere mit, und wenn das Thier geſchlafen hat und gereizt wird, kann es wirklich geſchehen, daß es auf einer Seite erwacht, auf der anderen Seite aber ſchlafend bleibt. Anderweitige Reize, Beſpritzen mit Waſſer und dergleichen, bewirken eine Veränderung der Färbung. Aus allem Dieſen geht hervor, daß die Farbenveränderung vom Einfluſſe der Nerven abhängig iſt und erſt in Folge der Reizung dieſer entſteht.
Mit Seinesgleichen verträgt ſich das Chamäleon nicht beſſer als die meiſten übrigen Kriechthiere. Jſt ſeine Gleichgiltigkeit gegen Alles, was nicht Beute heißt, erſt einmal einer gewiſſen Erregung gewichen, ſo geſchieht es gar nicht ſelten, daß zwei ſich gegenſeitig erboſen, wüthend über einander herfallen und ſich mit dem immerhin kräftigen Gebiß zu verletzen ſuchen. Vor der Paarungszeit bekunden die ſo ſtumpfſinnigen Geſchöpfe ſogar Erregungen der Eiferſucht und machen ſich wirklich die Weibchen ſtreitig. Mit anderen Klaſſenverwandten leben ſie im tiefſten Frieden, richtiger vielleicht, in gar keinem Verhältniſſe, weil ſie ſich blos um diejenigen Thiere kümmern, welche ihnen verderblich werden oder zur Nahrung dienen können. Wenn ſich ihnen ein Feind oder auch ein harmloſer Vogel nähert, pflegen ſie ſich zuerſt aufzublaſen, ſodaß ihr Leib im Querdurchſchnitt faſt kreisrund wird, und dann fauchend zu ziſchen. Ergreift man ſie mit der Hand, ſo packen ſie wohl auch zu und quetſchen mit ihrem Gebiß die Haut ein wenig, immer aber viel zu ſchwach, als daß ſie irgend welche Verletzung hervorrufen könnten. Dabei ſpielt ihre Haut ſelbſtverſtändlich in ſehr verſchiedenen Färbungen, und die Geſtalt wird durch das Aufblaſen eine ganz andere: alle Rippen treten-hervor, und das Thier gewinnt im buchſtäblichen Sinne des Wortes eine gewiſſe Durchſichtigkeit, welche ſoweit gehen kann, daß man im Stande iſt, Zweige oder die Sproſſen eines Käfigs als dunkle Streifen durch den Leib hindurch wahrzunehmen.
Wie die meiſten Kriechthiere vermag das Chamäleon monatelang ohne Schaden zu hungern, dann aber auch ziemlich viele Nahrung auf einmal zu ſich zu nehmen. Seine Beute beſteht nur in kleinen Kerbthieren, hauptſächlich in Fliegen, Heuſchrecken und Larven dieſer Thiere, außerdem auch wohl in Spinnen, Kelleraſſeln und Würmern; größere Kerfe vermag es nicht zu erhaſchen, weil für ſchwere Beute die Klebrigkeit der Zunge nicht ausreicht. Die gefangenen Fliegen werden ohne weiteres verſchluckt, größere Kerbthiere erſt vor dem Schlucken gekaut.
Aeltere Forſcher haben angegeben, daß die Chamäleons lebendige Junge zur Welt bringen ſollen; die Beobachtungen der neueren beweiſen das Gegentheil. Doch will Dies, wie wir geſehen haben, bei Kriechthieren nicht viel beſagen, und es kann recht wohl möglich ſein, daß jene Angaben dennoch richtig ſind. Das Eierlegen iſt wiederholt beobachtet worden, wenn auch, ſoviel mir bekannt, nur von gefangenen Thieren. „An einem meiner Chamäleons“, erzählt Vallisnieri, „bemerkte ich eines Tages, daß es ſehr unruhig wurde und endlich von dem Gezweige, mit welchem ſein Käfig ausgeſchmückt worden war, langſam mit aller ihm angeborenen Faulheit zum Boden herabſtieg, hier unſtät umherlief, endlich in einem Winkel des Käfigs, in welchem weder Sand, noch Staub, ſondern nur harte Erde lag, ſich feſtſetzte und mit einem Vorderfuß zu ſcharren begann. Das harte Erdreich
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Die Schuppenechſen. Chamäleons.
iſt nicht ohne Ausnahme. Daß Licht und Wärme auf die Verfärbung weſentlichen Einfluß haben,
läßt ſich durch Verſuche nachweiſen. „Jſt Einem daran gelegen, die Farbe des Chamäleons ſchnell
ändern zu ſehen“, ſagt Lenz, „ſo braucht man es nur, wenn es an einem kühlen Orte ſitzt, ſchnell
mit der Hand oder ſonſt zu erwärmen.“ Man bedarf jedoch nicht einmal der Wärme: ſchon ſchwaches
Licht genügt, um eine Veränderung hervorzubringen. Nähert man ſich dem ſchlafenden Chamäleon
nachts mit einem Lichte und hält daſſelbe in einer Entfernung von drei bis vier Zollen vor die eine
Seite, ſo bemerkt man, daß auf der gelblich unbefleckten Haut nach einigen Minuten hellbraune Flecke
erſcheinen, allmählich dunkler und endlich faſt ſchwarz werden; nach Entfernung des Lichtes verſchwinden
ſie allmählich wieder. Bringt man ein gefangenes Chamäleon aus einem dunklen Raume in die
Sonne, ſo dunkelt ſeine Haut innerhalb weniger Minuten. Den außerordentlichen Einfluß des
Lichtes, gleichzeitig aber auch die Unabhängigkeit der beiden Körperhälften von einander ſieht man,
wenn man es nur von einer Seite beleuchtet oder erwärmt; dann verändert ſich dieſe, nicht aber die
andere mit, und wenn das Thier geſchlafen hat und gereizt wird, kann es wirklich geſchehen, daß es
auf einer Seite erwacht, auf der anderen Seite aber ſchlafend bleibt. Anderweitige Reize, Beſpritzen
mit Waſſer und dergleichen, bewirken eine Veränderung der Färbung. Aus allem Dieſen geht hervor,
daß die Farbenveränderung vom Einfluſſe der Nerven abhängig iſt und erſt in Folge der Reizung
dieſer entſteht.
Mit Seinesgleichen verträgt ſich das Chamäleon nicht beſſer als die meiſten übrigen Kriechthiere.
Jſt ſeine Gleichgiltigkeit gegen Alles, was nicht Beute heißt, erſt einmal einer gewiſſen Erregung
gewichen, ſo geſchieht es gar nicht ſelten, daß zwei ſich gegenſeitig erboſen, wüthend über einander
herfallen und ſich mit dem immerhin kräftigen Gebiß zu verletzen ſuchen. Vor der Paarungszeit
bekunden die ſo ſtumpfſinnigen Geſchöpfe ſogar Erregungen der Eiferſucht und machen ſich wirklich
die Weibchen ſtreitig. Mit anderen Klaſſenverwandten leben ſie im tiefſten Frieden, richtiger vielleicht,
in gar keinem Verhältniſſe, weil ſie ſich blos um diejenigen Thiere kümmern, welche ihnen verderblich
werden oder zur Nahrung dienen können. Wenn ſich ihnen ein Feind oder auch ein harmloſer Vogel
nähert, pflegen ſie ſich zuerſt aufzublaſen, ſodaß ihr Leib im Querdurchſchnitt faſt kreisrund wird, und
dann fauchend zu ziſchen. Ergreift man ſie mit der Hand, ſo packen ſie wohl auch zu und quetſchen
mit ihrem Gebiß die Haut ein wenig, immer aber viel zu ſchwach, als daß ſie irgend welche Verletzung
hervorrufen könnten. Dabei ſpielt ihre Haut ſelbſtverſtändlich in ſehr verſchiedenen Färbungen, und
die Geſtalt wird durch das Aufblaſen eine ganz andere: alle Rippen treten-hervor, und das Thier
gewinnt im buchſtäblichen Sinne des Wortes eine gewiſſe Durchſichtigkeit, welche ſoweit gehen kann,
daß man im Stande iſt, Zweige oder die Sproſſen eines Käfigs als dunkle Streifen durch den Leib
hindurch wahrzunehmen.
Wie die meiſten Kriechthiere vermag das Chamäleon monatelang ohne Schaden zu hungern, dann
aber auch ziemlich viele Nahrung auf einmal zu ſich zu nehmen. Seine Beute beſteht nur in kleinen
Kerbthieren, hauptſächlich in Fliegen, Heuſchrecken und Larven dieſer Thiere, außerdem auch wohl in
Spinnen, Kelleraſſeln und Würmern; größere Kerfe vermag es nicht zu erhaſchen, weil für ſchwere
Beute die Klebrigkeit der Zunge nicht ausreicht. Die gefangenen Fliegen werden ohne weiteres
verſchluckt, größere Kerbthiere erſt vor dem Schlucken gekaut.
Aeltere Forſcher haben angegeben, daß die Chamäleons lebendige Junge zur Welt bringen
ſollen; die Beobachtungen der neueren beweiſen das Gegentheil. Doch will Dies, wie wir geſehen
haben, bei Kriechthieren nicht viel beſagen, und es kann recht wohl möglich ſein, daß jene Angaben
dennoch richtig ſind. Das Eierlegen iſt wiederholt beobachtet worden, wenn auch, ſoviel mir bekannt,
nur von gefangenen Thieren. „An einem meiner Chamäleons“, erzählt Vallisnieri, „bemerkte
ich eines Tages, daß es ſehr unruhig wurde und endlich von dem Gezweige, mit welchem ſein Käfig
ausgeſchmückt worden war, langſam mit aller ihm angeborenen Faulheit zum Boden herabſtieg, hier
unſtät umherlief, endlich in einem Winkel des Käfigs, in welchem weder Sand, noch Staub, ſondern
nur harte Erde lag, ſich feſtſetzte und mit einem Vorderfuß zu ſcharren begann. Das harte Erdreich
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/138>, abgerufen am 16.07.2024.
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