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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Schuppenechsen. Gebärechsen.
anderen Eidechsen und kleinen Fröschen. "Bemerkt sie eine Beute", sagt Schinz, "so lauert sie mit
fest auf den Gegenstand gerichteten, glühenden Augen und springt mit größter Schnelligkeit nach
demselben, ergreift ihn mit den Zähnen, schüttelt den Kopf einigemal heftig ab und läßt nun das
gefangene und gequetschte Thier langsam hinuntergleiten. Dann leckt sie sich mit großem Wohl-
behagen den Mund mit der Zunge, wie eine Katze, wenn sie Milch gefressen hat." Duges beobachtete,
daß sie auch Eier und selbst die der eigenen Art frißt. Unter zwei gefangenen Perleidechsen, welche er
hielt, befand sich ein mit fast legereifen Eiern trächtiges Weibchen, dessen Umfang zur Ueberraschung
unseres Forschers täglich abnahm, ohne daß er ein Ei bemerkt hätte. Dagegen fanden sich Spuren
derselben im Kothe, und später sah Duges auch, wie seine Perleidechsen die ihnen vorgelegten Eier
anderer Eidechsen und Nattern auffraßen. Die kleineren wurden, wenn auch mit einiger Schwierig-
keit, ganz verschluckt, die größeren zerbrochen und der Jnhalt dann wie andere Flüssigkeit aufgeleckt.

Während der Begattungszeit kämpfen die Männchen sehr erbittert mit einander, in der
Gefangenschaft ebensowohl als in der Freiheit, und ihre Angriffe richten sich ebenfalls hauptsächlich
nach dem Schwanze des Gegners. Die sechs bis zehn Eier werden gewöhnlich im Mulme der
Oelbäume abgelegt.

Schinz berichtet, daß man mehrere lebende Perleidechsen im Pflanzengarten zu Bern aussetzte,
in der Absicht, sie hier einzubürgern. Zu ihrer Wohnung hatte man ihnen einen passenden Hügel
angewiesen. Während der heißen Sommertage zeigten sie sich ebenso lebhaft als in ihrer eigentlichen
Heimat, an kühlen Tagen aber träge und frostig und mit Beginn der kälteren Herbstwitterung gar
nicht mehr. Den Winter überlebten sie nicht. Ob dieser Versuch als maßgebend betrachtet werden
darf, mag fraglich bleiben: der Winter in Mittelspanien, woselbst die Perleidechse überall häufig ist,
kommt, wenn auch nicht an Strenge, so doch an Dauer dem unserigen fast gleich, und deshalb sollte
man meinen, daß letzteres für die Verbreitung des schönen und nützlichen Thieres kein Hinderniß
sein könne.

Gefangene Perleidechsen werden, laut Erber, sehr zahm, lernen ihren Pfleger kennen und
kommen, im Zimmer freigelassen, oft zu demselben, um Futter zu erbetteln, oder um sich zu wärmen.
Jm geheizten Raume halten sie keinen Winterschlaf; in einem Zimmer aber, dessen Wärme öfters
wechselt, kann man sie nur schwer überwintern.

Dank ihrer Wehrhaftigkeit wird die Perleidechse von weniger Feinden bedroht als ihre kleineren
Verwandten. Jhre gefährlichsten Gegner bleiben die Raubvögel, namentlich Schlangenadler und
Bussarde, zu denen sich noch der Kolkrabe gesellt. Die Spanier und andere Südeuropäer halten sie
für giftig und fürchten sich in wahrhaft lächerlicher Weise vor ihr, tödten sie aber auch in Folge
dieser Furcht öfter als zu wünschen wäre.



Unter dem Namen Gebärechse (Zootoca) hat Wagler eine in Mitteldeutschland hier und da
häufig vorkommende Art der Familie von den Halsbandechsen getrennt und zum Vertreter einer
besonderen Sippe erhoben; die zwischen beiden Gruppen bestehenden Unterschiede sind jedoch sehr
geringfügiger Art. Der Gebärechse fehlen die Gaumenzähne; ihre Glieder sind verhältnißmäßig
kurz und die Schläfe mit unregelmäßigen Schildern bedeckt.

Die Bergeidechse (Zootoca pyrrhogastra) erreicht eine Länge von etwa 6 Zoll, wovon fast
die Hälfte auf den Schwanz kommt. Beim Männchen ist die Oberseite gewöhnlich nuß- oder holz-
braun, gezeichnet durch einen über den ganzen Rücken verlaufenden Streifen und eine Reihe dunkler
Punkte jederseits, welche seitlich an eine graue Linie stoßen, die Kehle bläulich, oft rosenröthlich
schimmernd, die übrige Unterseite saffrangelb, schwarz gepunktet. Beim Weibchen sind Rücken und
Scheitel rothbraun, die schwarzen Punkte und Streifen minder deutlich und die grauen Linien oft

Die Schuppenechſen. Gebärechſen.
anderen Eidechſen und kleinen Fröſchen. „Bemerkt ſie eine Beute“, ſagt Schinz, „ſo lauert ſie mit
feſt auf den Gegenſtand gerichteten, glühenden Augen und ſpringt mit größter Schnelligkeit nach
demſelben, ergreift ihn mit den Zähnen, ſchüttelt den Kopf einigemal heftig ab und läßt nun das
gefangene und gequetſchte Thier langſam hinuntergleiten. Dann leckt ſie ſich mit großem Wohl-
behagen den Mund mit der Zunge, wie eine Katze, wenn ſie Milch gefreſſen hat.“ Duges beobachtete,
daß ſie auch Eier und ſelbſt die der eigenen Art frißt. Unter zwei gefangenen Perleidechſen, welche er
hielt, befand ſich ein mit faſt legereifen Eiern trächtiges Weibchen, deſſen Umfang zur Ueberraſchung
unſeres Forſchers täglich abnahm, ohne daß er ein Ei bemerkt hätte. Dagegen fanden ſich Spuren
derſelben im Kothe, und ſpäter ſah Duges auch, wie ſeine Perleidechſen die ihnen vorgelegten Eier
anderer Eidechſen und Nattern auffraßen. Die kleineren wurden, wenn auch mit einiger Schwierig-
keit, ganz verſchluckt, die größeren zerbrochen und der Jnhalt dann wie andere Flüſſigkeit aufgeleckt.

Während der Begattungszeit kämpfen die Männchen ſehr erbittert mit einander, in der
Gefangenſchaft ebenſowohl als in der Freiheit, und ihre Angriffe richten ſich ebenfalls hauptſächlich
nach dem Schwanze des Gegners. Die ſechs bis zehn Eier werden gewöhnlich im Mulme der
Oelbäume abgelegt.

Schinz berichtet, daß man mehrere lebende Perleidechſen im Pflanzengarten zu Bern ausſetzte,
in der Abſicht, ſie hier einzubürgern. Zu ihrer Wohnung hatte man ihnen einen paſſenden Hügel
angewieſen. Während der heißen Sommertage zeigten ſie ſich ebenſo lebhaft als in ihrer eigentlichen
Heimat, an kühlen Tagen aber träge und froſtig und mit Beginn der kälteren Herbſtwitterung gar
nicht mehr. Den Winter überlebten ſie nicht. Ob dieſer Verſuch als maßgebend betrachtet werden
darf, mag fraglich bleiben: der Winter in Mittelſpanien, woſelbſt die Perleidechſe überall häufig iſt,
kommt, wenn auch nicht an Strenge, ſo doch an Dauer dem unſerigen faſt gleich, und deshalb ſollte
man meinen, daß letzteres für die Verbreitung des ſchönen und nützlichen Thieres kein Hinderniß
ſein könne.

Gefangene Perleidechſen werden, laut Erber, ſehr zahm, lernen ihren Pfleger kennen und
kommen, im Zimmer freigelaſſen, oft zu demſelben, um Futter zu erbetteln, oder um ſich zu wärmen.
Jm geheizten Raume halten ſie keinen Winterſchlaf; in einem Zimmer aber, deſſen Wärme öfters
wechſelt, kann man ſie nur ſchwer überwintern.

Dank ihrer Wehrhaftigkeit wird die Perleidechſe von weniger Feinden bedroht als ihre kleineren
Verwandten. Jhre gefährlichſten Gegner bleiben die Raubvögel, namentlich Schlangenadler und
Buſſarde, zu denen ſich noch der Kolkrabe geſellt. Die Spanier und andere Südeuropäer halten ſie
für giftig und fürchten ſich in wahrhaft lächerlicher Weiſe vor ihr, tödten ſie aber auch in Folge
dieſer Furcht öfter als zu wünſchen wäre.



Unter dem Namen Gebärechſe (Zootoca) hat Wagler eine in Mitteldeutſchland hier und da
häufig vorkommende Art der Familie von den Halsbandechſen getrennt und zum Vertreter einer
beſonderen Sippe erhoben; die zwiſchen beiden Gruppen beſtehenden Unterſchiede ſind jedoch ſehr
geringfügiger Art. Der Gebärechſe fehlen die Gaumenzähne; ihre Glieder ſind verhältnißmäßig
kurz und die Schläfe mit unregelmäßigen Schildern bedeckt.

Die Bergeidechſe (Zootoca pyrrhogastra) erreicht eine Länge von etwa 6 Zoll, wovon faſt
die Hälfte auf den Schwanz kommt. Beim Männchen iſt die Oberſeite gewöhnlich nuß- oder holz-
braun, gezeichnet durch einen über den ganzen Rücken verlaufenden Streifen und eine Reihe dunkler
Punkte jederſeits, welche ſeitlich an eine graue Linie ſtoßen, die Kehle bläulich, oft roſenröthlich
ſchimmernd, die übrige Unterſeite ſaffrangelb, ſchwarz gepunktet. Beim Weibchen ſind Rücken und
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[114/0130] Die Schuppenechſen. Gebärechſen. anderen Eidechſen und kleinen Fröſchen. „Bemerkt ſie eine Beute“, ſagt Schinz, „ſo lauert ſie mit feſt auf den Gegenſtand gerichteten, glühenden Augen und ſpringt mit größter Schnelligkeit nach demſelben, ergreift ihn mit den Zähnen, ſchüttelt den Kopf einigemal heftig ab und läßt nun das gefangene und gequetſchte Thier langſam hinuntergleiten. Dann leckt ſie ſich mit großem Wohl- behagen den Mund mit der Zunge, wie eine Katze, wenn ſie Milch gefreſſen hat.“ Duges beobachtete, daß ſie auch Eier und ſelbſt die der eigenen Art frißt. Unter zwei gefangenen Perleidechſen, welche er hielt, befand ſich ein mit faſt legereifen Eiern trächtiges Weibchen, deſſen Umfang zur Ueberraſchung unſeres Forſchers täglich abnahm, ohne daß er ein Ei bemerkt hätte. Dagegen fanden ſich Spuren derſelben im Kothe, und ſpäter ſah Duges auch, wie ſeine Perleidechſen die ihnen vorgelegten Eier anderer Eidechſen und Nattern auffraßen. Die kleineren wurden, wenn auch mit einiger Schwierig- keit, ganz verſchluckt, die größeren zerbrochen und der Jnhalt dann wie andere Flüſſigkeit aufgeleckt. Während der Begattungszeit kämpfen die Männchen ſehr erbittert mit einander, in der Gefangenſchaft ebenſowohl als in der Freiheit, und ihre Angriffe richten ſich ebenfalls hauptſächlich nach dem Schwanze des Gegners. Die ſechs bis zehn Eier werden gewöhnlich im Mulme der Oelbäume abgelegt. Schinz berichtet, daß man mehrere lebende Perleidechſen im Pflanzengarten zu Bern ausſetzte, in der Abſicht, ſie hier einzubürgern. Zu ihrer Wohnung hatte man ihnen einen paſſenden Hügel angewieſen. Während der heißen Sommertage zeigten ſie ſich ebenſo lebhaft als in ihrer eigentlichen Heimat, an kühlen Tagen aber träge und froſtig und mit Beginn der kälteren Herbſtwitterung gar nicht mehr. Den Winter überlebten ſie nicht. Ob dieſer Verſuch als maßgebend betrachtet werden darf, mag fraglich bleiben: der Winter in Mittelſpanien, woſelbſt die Perleidechſe überall häufig iſt, kommt, wenn auch nicht an Strenge, ſo doch an Dauer dem unſerigen faſt gleich, und deshalb ſollte man meinen, daß letzteres für die Verbreitung des ſchönen und nützlichen Thieres kein Hinderniß ſein könne. Gefangene Perleidechſen werden, laut Erber, ſehr zahm, lernen ihren Pfleger kennen und kommen, im Zimmer freigelaſſen, oft zu demſelben, um Futter zu erbetteln, oder um ſich zu wärmen. Jm geheizten Raume halten ſie keinen Winterſchlaf; in einem Zimmer aber, deſſen Wärme öfters wechſelt, kann man ſie nur ſchwer überwintern. Dank ihrer Wehrhaftigkeit wird die Perleidechſe von weniger Feinden bedroht als ihre kleineren Verwandten. Jhre gefährlichſten Gegner bleiben die Raubvögel, namentlich Schlangenadler und Buſſarde, zu denen ſich noch der Kolkrabe geſellt. Die Spanier und andere Südeuropäer halten ſie für giftig und fürchten ſich in wahrhaft lächerlicher Weiſe vor ihr, tödten ſie aber auch in Folge dieſer Furcht öfter als zu wünſchen wäre. Unter dem Namen Gebärechſe (Zootoca) hat Wagler eine in Mitteldeutſchland hier und da häufig vorkommende Art der Familie von den Halsbandechſen getrennt und zum Vertreter einer beſonderen Sippe erhoben; die zwiſchen beiden Gruppen beſtehenden Unterſchiede ſind jedoch ſehr geringfügiger Art. Der Gebärechſe fehlen die Gaumenzähne; ihre Glieder ſind verhältnißmäßig kurz und die Schläfe mit unregelmäßigen Schildern bedeckt. Die Bergeidechſe (Zootoca pyrrhogastra) erreicht eine Länge von etwa 6 Zoll, wovon faſt die Hälfte auf den Schwanz kommt. Beim Männchen iſt die Oberſeite gewöhnlich nuß- oder holz- braun, gezeichnet durch einen über den ganzen Rücken verlaufenden Streifen und eine Reihe dunkler Punkte jederſeits, welche ſeitlich an eine graue Linie ſtoßen, die Kehle bläulich, oft roſenröthlich ſchimmernd, die übrige Unterſeite ſaffrangelb, ſchwarz gepunktet. Beim Weibchen ſind Rücken und Scheitel rothbraun, die ſchwarzen Punkte und Streifen minder deutlich und die grauen Linien oft

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/130>, abgerufen am 02.05.2024.