Die Schuppenechsen. Waraus. Wasserechsen. Dickechsen.
nur im Nothfalle flach abfallende Sandbänke, da hingegen, wo er es haben kann, immer einen wagrechten Vorsprung des steil abfallenden Ufers und besonders gern ein Felsengesims in ähnlicher Lage; mitunter trifft man ihn auch im Ufergebüsch an, niemals aber in bedeutender Entfernung von seinem Wohngewässer. Hier bildet das Gewurzel unterwaschener Bäume beliebte Schlupfwinkel für ihn, insbesondere an solchen Strömen, welche zeitweilig gänzlich vertrocknen. Einen Sommerschlaf hält er wahrscheinlich nicht; denn obgleich entschiedener Freund des Wassers, ist er doch von diesem viel weniger abhängig als das Krokodil.
Die Egypter und Afrikaner überhaupt kennen ihn wohl und verwechseln ihn niemals mit dem Krokodile: Geoffroy's Angabe, daß man ihm den Waran als ein junges Krokodil bezeichnet habe, muß also wohl auf einem Jrrthume beruhen.
Es ist möglich, daß die alten Egypter unsern Waran als Vertilger ihrer Gottheit Krokodil kennen gelernt und ihm deshalb auf ihren Denkmälern einen hervorragenden Platz gegeben haben; gegenwärtig aber behilft sich das Thier auch ohne junge Krokodile recht gut. Er stellt, wie angegeben, kleinen Säugethieren und Vögeln, anderen Eidechsen, welche in Egypten überall und somit auch in unmittelbarer Nähe des Stromes massenhaft sich finden, Fröschen, vielleicht auch jungen Schildkröten, hauptsächlich aber wohl Fischen nach, plündert die Nester der Strandvögel und betreibt nebenbei Kerbthierjagd. Gefangene, welche Geoffroy hielt, zeigten sich äußerst raubgierig und fielen alle kleineren Thiere an, welche man in ihren Käfig brachte, bekundeten sich überhaupt als mord- süchtige Geschöpfe.
Jch habe mehrere Warans erlegt, immer aber nur zufällig, wenn ich sie einmal beim Beschleichen von Vögeln in der Sonne liegen sah und mich ihnen gedeckt nähern konnte. Gefangene sieht man zuweilen im Besitze der Fischer, in deren Netzen sie sich verwickelt hatten; eine eigentliche Verfolgung aber hat das Thier in Egypten nicht zu erdulden. Anders ist es in Mittel- und Südafrika. Unter dem "Leguan", dessen Fleisch Livingstone als schmackhaft rühmt, versteht er wahrscheinlich unseren Waran. Schweinfurth erzählte mir, daß man in Galabat allen größeren Schuppenechsen, insbesondere aber dem Waran, eifrig nachstellt, die erlegten abzieht, auf Kohlen bratet und dann als köstliches Gericht betrachtet -- gewiß nicht mit Unrecht. Jn Sansebar werden sie, nach Kersten, oft gefangen, fest auf einen Stock gebunden und in dieser hilflosen Lage zur Stadt gebracht, schwerlich aber für die Küche, da weder die mahammedanische Bevölkerung jener Gegend, noch die Eingeborenen der Küste des Festlandes derartige Thiere genießen. Die Eier des oben erwähnten trächtigen Weibchens, welches ein Begleiter Deckens erlegt hatte, wurden gekocht und von den Europäern als ein köstliches Gericht befunden; vergeblich aber bot Kersten von dieser Speise den eingeborenen Begleitern der Reisenden an. Sogar die sonst in keiner Hinsicht wählerischen Wanikas, welche von den Mahammedauern der Ostküste als "Schweine" bezeichnet werden, weil sie das verschiedenartigste Gethier essen, den Jnhalt der Därme geschlachteter Rinder noch genießbar finden und in einem erlegten Raubvogel, sei er auch einer der stinkendsten Geier ein ihnen zusagendes Gericht sehen, sogar sie weigerten sich, von dem reinlichen Eiergericht Etwas über ihre Lippen zu bringen, obgleich Kersten, um ihr Vorurtheil zu bekämpfen, vor ihren Augen von letzteren aß.
Die Dauerhaftigkeit und Lebenszähigkeit, welche der Waran mit den meisten Eidechsen iheilt, macht ihn für die Gefangenschaft sehr geeignet und sein Wechselleben zu Lande und Wasser zu einem höchst anziehenden Bewohner eines entsprechend hergerichteten Käsigs. Wie groß diese Lebens- zähigkeit ist, erfuhr Sparrmann zu seiner nicht geringen Verwunderung. Um einen Gefangenen dieser Art zu tödten, gab er ihm mit einer groben Nadel mehrere Stiche in das Herz und ins Gehirn, wühlte in letzterem mehrmals umher und glaubte nun, das Thier sicher getödtet zu haben; trotzdem besaß es noch Kräfte genug, wegzulaufen. Nunmehr wurde dem armen Geschöpfe die Brust zerquetscht und es, als auch Das noch nicht half, mit zusammengebundenen Füßen achtundvierzig Stunden lang am Halse aufgehängt. Nach Verlauf dieser Zeit hatte es sich losgemacht und zu befreien gesucht;
Die Schuppenechſen. Waraus. Waſſerechſen. Dickechſen.
nur im Nothfalle flach abfallende Sandbänke, da hingegen, wo er es haben kann, immer einen wagrechten Vorſprung des ſteil abfallenden Ufers und beſonders gern ein Felſengeſims in ähnlicher Lage; mitunter trifft man ihn auch im Ufergebüſch an, niemals aber in bedeutender Entfernung von ſeinem Wohngewäſſer. Hier bildet das Gewurzel unterwaſchener Bäume beliebte Schlupfwinkel für ihn, insbeſondere an ſolchen Strömen, welche zeitweilig gänzlich vertrocknen. Einen Sommerſchlaf hält er wahrſcheinlich nicht; denn obgleich entſchiedener Freund des Waſſers, iſt er doch von dieſem viel weniger abhängig als das Krokodil.
Die Egypter und Afrikaner überhaupt kennen ihn wohl und verwechſeln ihn niemals mit dem Krokodile: Geoffroy’s Angabe, daß man ihm den Waran als ein junges Krokodil bezeichnet habe, muß alſo wohl auf einem Jrrthume beruhen.
Es iſt möglich, daß die alten Egypter unſern Waran als Vertilger ihrer Gottheit Krokodil kennen gelernt und ihm deshalb auf ihren Denkmälern einen hervorragenden Platz gegeben haben; gegenwärtig aber behilft ſich das Thier auch ohne junge Krokodile recht gut. Er ſtellt, wie angegeben, kleinen Säugethieren und Vögeln, anderen Eidechſen, welche in Egypten überall und ſomit auch in unmittelbarer Nähe des Stromes maſſenhaft ſich finden, Fröſchen, vielleicht auch jungen Schildkröten, hauptſächlich aber wohl Fiſchen nach, plündert die Neſter der Strandvögel und betreibt nebenbei Kerbthierjagd. Gefangene, welche Geoffroy hielt, zeigten ſich äußerſt raubgierig und fielen alle kleineren Thiere an, welche man in ihren Käfig brachte, bekundeten ſich überhaupt als mord- ſüchtige Geſchöpfe.
Jch habe mehrere Warans erlegt, immer aber nur zufällig, wenn ich ſie einmal beim Beſchleichen von Vögeln in der Sonne liegen ſah und mich ihnen gedeckt nähern konnte. Gefangene ſieht man zuweilen im Beſitze der Fiſcher, in deren Netzen ſie ſich verwickelt hatten; eine eigentliche Verfolgung aber hat das Thier in Egypten nicht zu erdulden. Anders iſt es in Mittel- und Südafrika. Unter dem „Leguan“, deſſen Fleiſch Livingſtone als ſchmackhaft rühmt, verſteht er wahrſcheinlich unſeren Waran. Schweinfurth erzählte mir, daß man in Galabat allen größeren Schuppenechſen, insbeſondere aber dem Waran, eifrig nachſtellt, die erlegten abzieht, auf Kohlen bratet und dann als köſtliches Gericht betrachtet — gewiß nicht mit Unrecht. Jn Sanſebar werden ſie, nach Kerſten, oft gefangen, feſt auf einen Stock gebunden und in dieſer hilfloſen Lage zur Stadt gebracht, ſchwerlich aber für die Küche, da weder die mahammedaniſche Bevölkerung jener Gegend, noch die Eingeborenen der Küſte des Feſtlandes derartige Thiere genießen. Die Eier des oben erwähnten trächtigen Weibchens, welches ein Begleiter Deckens erlegt hatte, wurden gekocht und von den Europäern als ein köſtliches Gericht befunden; vergeblich aber bot Kerſten von dieſer Speiſe den eingeborenen Begleitern der Reiſenden an. Sogar die ſonſt in keiner Hinſicht wähleriſchen Wanikas, welche von den Mahammedauern der Oſtküſte als „Schweine“ bezeichnet werden, weil ſie das verſchiedenartigſte Gethier eſſen, den Jnhalt der Därme geſchlachteter Rinder noch genießbar finden und in einem erlegten Raubvogel, ſei er auch einer der ſtinkendſten Geier ein ihnen zuſagendes Gericht ſehen, ſogar ſie weigerten ſich, von dem reinlichen Eiergericht Etwas über ihre Lippen zu bringen, obgleich Kerſten, um ihr Vorurtheil zu bekämpfen, vor ihren Augen von letzteren aß.
Die Dauerhaftigkeit und Lebenszähigkeit, welche der Waran mit den meiſten Eidechſen iheilt, macht ihn für die Gefangenſchaft ſehr geeignet und ſein Wechſelleben zu Lande und Waſſer zu einem höchſt anziehenden Bewohner eines entſprechend hergerichteten Käſigs. Wie groß dieſe Lebens- zähigkeit iſt, erfuhr Sparrmann zu ſeiner nicht geringen Verwunderung. Um einen Gefangenen dieſer Art zu tödten, gab er ihm mit einer groben Nadel mehrere Stiche in das Herz und ins Gehirn, wühlte in letzterem mehrmals umher und glaubte nun, das Thier ſicher getödtet zu haben; trotzdem beſaß es noch Kräfte genug, wegzulaufen. Nunmehr wurde dem armen Geſchöpfe die Bruſt zerquetſcht und es, als auch Das noch nicht half, mit zuſammengebundenen Füßen achtundvierzig Stunden lang am Halſe aufgehängt. Nach Verlauf dieſer Zeit hatte es ſich losgemacht und zu befreien geſucht;
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0116"n="100"/><fwplace="top"type="header">Die Schuppenechſen. Waraus. Waſſerechſen. Dickechſen.</fw><lb/>
nur im Nothfalle flach abfallende Sandbänke, da hingegen, wo er es haben kann, immer einen<lb/>
wagrechten Vorſprung des ſteil abfallenden Ufers und beſonders gern ein Felſengeſims in ähnlicher<lb/>
Lage; mitunter trifft man ihn auch im Ufergebüſch an, niemals aber in bedeutender Entfernung von<lb/>ſeinem Wohngewäſſer. Hier bildet das Gewurzel unterwaſchener Bäume beliebte Schlupfwinkel für<lb/>
ihn, insbeſondere an ſolchen Strömen, welche zeitweilig gänzlich vertrocknen. Einen Sommerſchlaf<lb/>
hält er wahrſcheinlich nicht; denn obgleich entſchiedener Freund des Waſſers, iſt er doch von dieſem<lb/>
viel weniger abhängig als das Krokodil.</p><lb/><p>Die Egypter und Afrikaner überhaupt kennen ihn wohl und verwechſeln ihn niemals mit dem<lb/>
Krokodile: <hirendition="#g">Geoffroy’s</hi> Angabe, daß man ihm den Waran als ein junges Krokodil bezeichnet habe,<lb/>
muß alſo wohl auf einem Jrrthume beruhen.</p><lb/><p>Es iſt möglich, daß die alten Egypter unſern Waran als Vertilger ihrer Gottheit Krokodil<lb/>
kennen gelernt und ihm deshalb auf ihren Denkmälern einen hervorragenden Platz gegeben haben;<lb/>
gegenwärtig aber behilft ſich das Thier auch ohne junge Krokodile recht gut. Er ſtellt, wie angegeben,<lb/>
kleinen Säugethieren und Vögeln, anderen Eidechſen, welche in Egypten überall und ſomit auch in<lb/>
unmittelbarer Nähe des Stromes maſſenhaft ſich finden, Fröſchen, vielleicht auch jungen Schildkröten,<lb/>
hauptſächlich aber wohl Fiſchen nach, plündert die Neſter der Strandvögel und betreibt nebenbei<lb/>
Kerbthierjagd. Gefangene, welche <hirendition="#g">Geoffroy</hi> hielt, zeigten ſich äußerſt raubgierig und fielen alle<lb/>
kleineren Thiere an, welche man in ihren Käfig brachte, bekundeten ſich überhaupt als mord-<lb/>ſüchtige Geſchöpfe.</p><lb/><p>Jch habe mehrere Warans erlegt, immer aber nur zufällig, wenn ich ſie einmal beim Beſchleichen<lb/>
von Vögeln in der Sonne liegen ſah und mich ihnen gedeckt nähern konnte. Gefangene ſieht man<lb/>
zuweilen im Beſitze der Fiſcher, in deren Netzen ſie ſich verwickelt hatten; eine eigentliche Verfolgung<lb/>
aber hat das Thier in Egypten nicht zu erdulden. Anders iſt es in Mittel- und Südafrika. Unter<lb/>
dem „<hirendition="#g">Leguan</hi>“, deſſen Fleiſch <hirendition="#g">Livingſtone</hi> als ſchmackhaft rühmt, verſteht er wahrſcheinlich<lb/>
unſeren Waran. <hirendition="#g">Schweinfurth</hi> erzählte mir, daß man in Galabat allen größeren Schuppenechſen,<lb/>
insbeſondere aber dem Waran, eifrig nachſtellt, die erlegten abzieht, auf Kohlen bratet und dann als<lb/>
köſtliches Gericht betrachtet — gewiß nicht mit Unrecht. Jn <hirendition="#g">Sanſebar</hi> werden ſie, nach <hirendition="#g">Kerſten,</hi><lb/>
oft gefangen, feſt auf einen Stock gebunden und in dieſer hilfloſen Lage zur Stadt gebracht, ſchwerlich<lb/>
aber für die Küche, da weder die mahammedaniſche Bevölkerung jener Gegend, noch die Eingeborenen<lb/>
der Küſte des Feſtlandes derartige Thiere genießen. Die Eier des oben erwähnten trächtigen<lb/>
Weibchens, welches ein Begleiter <hirendition="#g">Deckens</hi> erlegt hatte, wurden gekocht und von den Europäern als<lb/>
ein köſtliches Gericht befunden; vergeblich aber bot <hirendition="#g">Kerſten</hi> von dieſer Speiſe den eingeborenen<lb/>
Begleitern der Reiſenden an. Sogar die ſonſt in keiner Hinſicht wähleriſchen Wanikas, welche von<lb/>
den Mahammedauern der Oſtküſte als „Schweine“ bezeichnet werden, weil ſie das verſchiedenartigſte<lb/>
Gethier eſſen, den Jnhalt der Därme geſchlachteter Rinder noch genießbar finden und in einem<lb/>
erlegten Raubvogel, ſei er auch einer der ſtinkendſten Geier ein ihnen zuſagendes Gericht ſehen, ſogar<lb/><hirendition="#g">ſie</hi> weigerten ſich, von dem reinlichen Eiergericht Etwas über ihre Lippen zu bringen, obgleich<lb/><hirendition="#g">Kerſten,</hi> um ihr Vorurtheil zu bekämpfen, vor ihren Augen von letzteren aß.</p><lb/><p>Die Dauerhaftigkeit und Lebenszähigkeit, welche der Waran mit den meiſten Eidechſen iheilt,<lb/>
macht ihn für die Gefangenſchaft ſehr geeignet und ſein Wechſelleben zu Lande und Waſſer zu einem<lb/>
höchſt anziehenden Bewohner eines entſprechend hergerichteten Käſigs. Wie groß dieſe Lebens-<lb/>
zähigkeit iſt, erfuhr <hirendition="#g">Sparrmann</hi> zu ſeiner nicht geringen Verwunderung. Um einen Gefangenen<lb/>
dieſer Art zu tödten, gab er ihm mit einer groben Nadel mehrere Stiche in das Herz und ins Gehirn,<lb/>
wühlte in letzterem mehrmals umher und glaubte nun, das Thier ſicher getödtet zu haben; trotzdem<lb/>
beſaß es noch Kräfte genug, wegzulaufen. Nunmehr wurde dem armen Geſchöpfe die Bruſt zerquetſcht<lb/>
und es, als auch Das noch nicht half, mit zuſammengebundenen Füßen achtundvierzig Stunden lang<lb/>
am Halſe aufgehängt. Nach Verlauf dieſer Zeit hatte es ſich losgemacht und zu befreien geſucht;<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[100/0116]
Die Schuppenechſen. Waraus. Waſſerechſen. Dickechſen.
nur im Nothfalle flach abfallende Sandbänke, da hingegen, wo er es haben kann, immer einen
wagrechten Vorſprung des ſteil abfallenden Ufers und beſonders gern ein Felſengeſims in ähnlicher
Lage; mitunter trifft man ihn auch im Ufergebüſch an, niemals aber in bedeutender Entfernung von
ſeinem Wohngewäſſer. Hier bildet das Gewurzel unterwaſchener Bäume beliebte Schlupfwinkel für
ihn, insbeſondere an ſolchen Strömen, welche zeitweilig gänzlich vertrocknen. Einen Sommerſchlaf
hält er wahrſcheinlich nicht; denn obgleich entſchiedener Freund des Waſſers, iſt er doch von dieſem
viel weniger abhängig als das Krokodil.
Die Egypter und Afrikaner überhaupt kennen ihn wohl und verwechſeln ihn niemals mit dem
Krokodile: Geoffroy’s Angabe, daß man ihm den Waran als ein junges Krokodil bezeichnet habe,
muß alſo wohl auf einem Jrrthume beruhen.
Es iſt möglich, daß die alten Egypter unſern Waran als Vertilger ihrer Gottheit Krokodil
kennen gelernt und ihm deshalb auf ihren Denkmälern einen hervorragenden Platz gegeben haben;
gegenwärtig aber behilft ſich das Thier auch ohne junge Krokodile recht gut. Er ſtellt, wie angegeben,
kleinen Säugethieren und Vögeln, anderen Eidechſen, welche in Egypten überall und ſomit auch in
unmittelbarer Nähe des Stromes maſſenhaft ſich finden, Fröſchen, vielleicht auch jungen Schildkröten,
hauptſächlich aber wohl Fiſchen nach, plündert die Neſter der Strandvögel und betreibt nebenbei
Kerbthierjagd. Gefangene, welche Geoffroy hielt, zeigten ſich äußerſt raubgierig und fielen alle
kleineren Thiere an, welche man in ihren Käfig brachte, bekundeten ſich überhaupt als mord-
ſüchtige Geſchöpfe.
Jch habe mehrere Warans erlegt, immer aber nur zufällig, wenn ich ſie einmal beim Beſchleichen
von Vögeln in der Sonne liegen ſah und mich ihnen gedeckt nähern konnte. Gefangene ſieht man
zuweilen im Beſitze der Fiſcher, in deren Netzen ſie ſich verwickelt hatten; eine eigentliche Verfolgung
aber hat das Thier in Egypten nicht zu erdulden. Anders iſt es in Mittel- und Südafrika. Unter
dem „Leguan“, deſſen Fleiſch Livingſtone als ſchmackhaft rühmt, verſteht er wahrſcheinlich
unſeren Waran. Schweinfurth erzählte mir, daß man in Galabat allen größeren Schuppenechſen,
insbeſondere aber dem Waran, eifrig nachſtellt, die erlegten abzieht, auf Kohlen bratet und dann als
köſtliches Gericht betrachtet — gewiß nicht mit Unrecht. Jn Sanſebar werden ſie, nach Kerſten,
oft gefangen, feſt auf einen Stock gebunden und in dieſer hilfloſen Lage zur Stadt gebracht, ſchwerlich
aber für die Küche, da weder die mahammedaniſche Bevölkerung jener Gegend, noch die Eingeborenen
der Küſte des Feſtlandes derartige Thiere genießen. Die Eier des oben erwähnten trächtigen
Weibchens, welches ein Begleiter Deckens erlegt hatte, wurden gekocht und von den Europäern als
ein köſtliches Gericht befunden; vergeblich aber bot Kerſten von dieſer Speiſe den eingeborenen
Begleitern der Reiſenden an. Sogar die ſonſt in keiner Hinſicht wähleriſchen Wanikas, welche von
den Mahammedauern der Oſtküſte als „Schweine“ bezeichnet werden, weil ſie das verſchiedenartigſte
Gethier eſſen, den Jnhalt der Därme geſchlachteter Rinder noch genießbar finden und in einem
erlegten Raubvogel, ſei er auch einer der ſtinkendſten Geier ein ihnen zuſagendes Gericht ſehen, ſogar
ſie weigerten ſich, von dem reinlichen Eiergericht Etwas über ihre Lippen zu bringen, obgleich
Kerſten, um ihr Vorurtheil zu bekämpfen, vor ihren Augen von letzteren aß.
Die Dauerhaftigkeit und Lebenszähigkeit, welche der Waran mit den meiſten Eidechſen iheilt,
macht ihn für die Gefangenſchaft ſehr geeignet und ſein Wechſelleben zu Lande und Waſſer zu einem
höchſt anziehenden Bewohner eines entſprechend hergerichteten Käſigs. Wie groß dieſe Lebens-
zähigkeit iſt, erfuhr Sparrmann zu ſeiner nicht geringen Verwunderung. Um einen Gefangenen
dieſer Art zu tödten, gab er ihm mit einer groben Nadel mehrere Stiche in das Herz und ins Gehirn,
wühlte in letzterem mehrmals umher und glaubte nun, das Thier ſicher getödtet zu haben; trotzdem
beſaß es noch Kräfte genug, wegzulaufen. Nunmehr wurde dem armen Geſchöpfe die Bruſt zerquetſcht
und es, als auch Das noch nicht half, mit zuſammengebundenen Füßen achtundvierzig Stunden lang
am Halſe aufgehängt. Nach Verlauf dieſer Zeit hatte es ſich losgemacht und zu befreien geſucht;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/116>, abgerufen am 20.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.