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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Schuppenechsen. Warans. Zierechsen.
Bei vielen Arten ordnen sich einzelne, meist fünf dieser Schuppen zu Figuren, welche gewöhnlich auch
eine andere Färbung zeigen.

Die Warans bewohnen die östliche Hälfte der Erde und werden auf der westlichen durch Ver-
wandte, welche jedoch nicht zu derselben Familie gezählt werden dürfen, vertreten. Afrika, Südasien
und Oceanien bilden die Heimat jener in vieler Hinsicht ausgezeichneten Thiere; jeder einzelne
dieser Theile beherbergt ungefähr die gleiche Anzahl von Arten. Einige Warans sind vollendete
Landthiere, welche sich eine passende Höhlung zum Verstecke erwählen und in der Nähe derselben ihrer
Jagd obliegen, diese bei Tage, jene mehr in der Dämmerung oder selbst in der Nacht; andere
hingegen müssen zu den Wasserthieren gezählt werden, da sie sich blos in der Nähe der Gewässer, in
Sümpfen oder an Flußufern aufhalten und bei Gefahr stets so eilig als möglich dem Wasser zuflüchten.
Die einen wie die anderen sind höchst bewegliche Thiere. Sie laufen mit stark schlängelnder Bewegung
auf dem festen Boden so rasch dahin, daß sie kleine Säugethiere oder selbst Vögel einzuholen im
Stande sind, und schwimmen und tauchen, obgleich sie keine Schwimmhäute besitzen, meisterhaft. Jn
ihren Sitten erinnern sie an die Eidechsen, nicht aber an die Krokodile; ihr Wesen, ihr Gebahren
hat mit dem größerer Eidechsen täuschende Aehnlichkeit; aber sie sind, ihrer Größe und Stärke
entsprechend, entschieden räuberischer, muthiger und kampflustiger als die kleineren Verwandten.
Vor den Menschen und wohl auch vor anderen größeren Thieren weichen sie stets zurück, wenn sie
Dies können, diejenigen, welche auf der Erde wohnen, indem sie blitzschnell ihren Löchern, die, welche
im Wasser leben, indem sie ebenso eilfertig dem Wohngewässer zueilen; werden sie aber gestellt, also
von ihrem Zufluchtsorte abgeschnitten, so nehmen sie ohne Bedenken den Kampf auf, schnellen sich
mit Hilfe ihrer Füße und des kräftigen Schwanzes hoch über den Boden empor und springen dem
Angreifer kühn nach Gesicht und Händen.

Jhre Nahrung besteht in Thieren der verschiedensten Art. Der Waran ohne weitere Neben-
bezeichnung, ein bereits den alten Egyptern wohl bekanntes, auf ihren Denkmälern verewigtes Thier,
galt früher als einer der gefährlichsten Feinde des Krokodils, weil man annahm, daß er dessen Eier
aufsuche und zerstöre und die dem Eie entschlüpften jungen Krokodile verfolge und verschlinge. Wie
viel Wahres an diesen Erzählungen ist, läßt sich schwer entscheiden; wohl aber darf man annehmen,
daß ein Waran wirklich ohne Umstände ein junges Krokodil verschlingt oder auch ein Ei hinab-
würgt, falls er des einen und anderen habhaft werden kann. Leschenault versichert, Zeuge gewesen
zu sein, daß einige indische Waraus vereinigt ein junges Reh überfallen, es längere Zeit verfolgt
und schließlich im Wasser ertränkt haben sollen, will auch Schafsknochen in dem Magen der von ihm
erlegten gefunden haben; ich meinestheils bezweifle entschieden, daß irgend eine Art der Familie
größere Thiere in der Absicht, sie zu verspeisen, angreift, bin aber von Arabern und Afrikanern über-
haupt wiederholt berichtet worden, daß Vögel bis zur Größe eines Kiebitzes oder Säugethiere bis
zur Größe einer Ratte ihnen nicht selten zum Opfer fallen. Die auf festem Boden lebenden Warans
jagen nach Mäusen, kleinen Vögeln, niederen Eidechsen, Schlangen, Fröschen, Kerbthieren und
Würmern; die Wasser liebenden Mitglieder der Familie werden sich wahrscheinlich hauptsächlich von
Fischen ernähren, ein unvorsichtig am Ufer hinlaufendes, kleines Säugethier oder einen ungeschickten
Vogel, dessen sie sich bemächtigen können, aber gewiß auch nicht verschmähen.

Mehr als sonderbar ist, daß wir über die Fortpflanzungsgeschichte der Waraus noch immer nicht
genügend unterrichtet sind. Hätte ich während meines Aufenthaltes in Afrika diese Lücke in ihrer
Naturgeschichte gekannt, so würde ich mich ihrer Beobachtung eifriger gewidmet haben, als es geschehen;
doch will ich damit keineswegs gesagt haben, daß ich Sicheres erfahren haben würde, weil mir die
Araber und Sudahnesen, welche sonst unaufgefordert über jedes Thier Auskunft geben, so viel ich
mich erinnere, über die Fortpflanzung dieser Echsen niemals Etwas erzählt haben, möglicherweise
also ebenfalls nicht unterrichtet sind. Nur das Eine wissen wir, daß die Mitglieder dieser Familie
eine beträchtliche Anzahl von Eiern legen. Während der Reise des seinem Forschungsdrange zum
Opfer gefallenen, hochachtbaren Klaus von der Decken wurde eines Tages ein drei Fuß langer

Die Schuppenechſen. Warans. Zierechſen.
Bei vielen Arten ordnen ſich einzelne, meiſt fünf dieſer Schuppen zu Figuren, welche gewöhnlich auch
eine andere Färbung zeigen.

Die Warans bewohnen die öſtliche Hälfte der Erde und werden auf der weſtlichen durch Ver-
wandte, welche jedoch nicht zu derſelben Familie gezählt werden dürfen, vertreten. Afrika, Südaſien
und Oceanien bilden die Heimat jener in vieler Hinſicht ausgezeichneten Thiere; jeder einzelne
dieſer Theile beherbergt ungefähr die gleiche Anzahl von Arten. Einige Warans ſind vollendete
Landthiere, welche ſich eine paſſende Höhlung zum Verſtecke erwählen und in der Nähe derſelben ihrer
Jagd obliegen, dieſe bei Tage, jene mehr in der Dämmerung oder ſelbſt in der Nacht; andere
hingegen müſſen zu den Waſſerthieren gezählt werden, da ſie ſich blos in der Nähe der Gewäſſer, in
Sümpfen oder an Flußufern aufhalten und bei Gefahr ſtets ſo eilig als möglich dem Waſſer zuflüchten.
Die einen wie die anderen ſind höchſt bewegliche Thiere. Sie laufen mit ſtark ſchlängelnder Bewegung
auf dem feſten Boden ſo raſch dahin, daß ſie kleine Säugethiere oder ſelbſt Vögel einzuholen im
Stande ſind, und ſchwimmen und tauchen, obgleich ſie keine Schwimmhäute beſitzen, meiſterhaft. Jn
ihren Sitten erinnern ſie an die Eidechſen, nicht aber an die Krokodile; ihr Weſen, ihr Gebahren
hat mit dem größerer Eidechſen täuſchende Aehnlichkeit; aber ſie ſind, ihrer Größe und Stärke
entſprechend, entſchieden räuberiſcher, muthiger und kampfluſtiger als die kleineren Verwandten.
Vor den Menſchen und wohl auch vor anderen größeren Thieren weichen ſie ſtets zurück, wenn ſie
Dies können, diejenigen, welche auf der Erde wohnen, indem ſie blitzſchnell ihren Löchern, die, welche
im Waſſer leben, indem ſie ebenſo eilfertig dem Wohngewäſſer zueilen; werden ſie aber geſtellt, alſo
von ihrem Zufluchtsorte abgeſchnitten, ſo nehmen ſie ohne Bedenken den Kampf auf, ſchnellen ſich
mit Hilfe ihrer Füße und des kräftigen Schwanzes hoch über den Boden empor und ſpringen dem
Angreifer kühn nach Geſicht und Händen.

Jhre Nahrung beſteht in Thieren der verſchiedenſten Art. Der Waran ohne weitere Neben-
bezeichnung, ein bereits den alten Egyptern wohl bekanntes, auf ihren Denkmälern verewigtes Thier,
galt früher als einer der gefährlichſten Feinde des Krokodils, weil man annahm, daß er deſſen Eier
aufſuche und zerſtöre und die dem Eie entſchlüpften jungen Krokodile verfolge und verſchlinge. Wie
viel Wahres an dieſen Erzählungen iſt, läßt ſich ſchwer entſcheiden; wohl aber darf man annehmen,
daß ein Waran wirklich ohne Umſtände ein junges Krokodil verſchlingt oder auch ein Ei hinab-
würgt, falls er des einen und anderen habhaft werden kann. Leſchenault verſichert, Zeuge geweſen
zu ſein, daß einige indiſche Waraus vereinigt ein junges Reh überfallen, es längere Zeit verfolgt
und ſchließlich im Waſſer ertränkt haben ſollen, will auch Schafsknochen in dem Magen der von ihm
erlegten gefunden haben; ich meinestheils bezweifle entſchieden, daß irgend eine Art der Familie
größere Thiere in der Abſicht, ſie zu verſpeiſen, angreift, bin aber von Arabern und Afrikanern über-
haupt wiederholt berichtet worden, daß Vögel bis zur Größe eines Kiebitzes oder Säugethiere bis
zur Größe einer Ratte ihnen nicht ſelten zum Opfer fallen. Die auf feſtem Boden lebenden Warans
jagen nach Mäuſen, kleinen Vögeln, niederen Eidechſen, Schlangen, Fröſchen, Kerbthieren und
Würmern; die Waſſer liebenden Mitglieder der Familie werden ſich wahrſcheinlich hauptſächlich von
Fiſchen ernähren, ein unvorſichtig am Ufer hinlaufendes, kleines Säugethier oder einen ungeſchickten
Vogel, deſſen ſie ſich bemächtigen können, aber gewiß auch nicht verſchmähen.

Mehr als ſonderbar iſt, daß wir über die Fortpflanzungsgeſchichte der Waraus noch immer nicht
genügend unterrichtet ſind. Hätte ich während meines Aufenthaltes in Afrika dieſe Lücke in ihrer
Naturgeſchichte gekannt, ſo würde ich mich ihrer Beobachtung eifriger gewidmet haben, als es geſchehen;
doch will ich damit keineswegs geſagt haben, daß ich Sicheres erfahren haben würde, weil mir die
Araber und Sudahneſen, welche ſonſt unaufgefordert über jedes Thier Auskunft geben, ſo viel ich
mich erinnere, über die Fortpflanzung dieſer Echſen niemals Etwas erzählt haben, möglicherweiſe
alſo ebenfalls nicht unterrichtet ſind. Nur das Eine wiſſen wir, daß die Mitglieder dieſer Familie
eine beträchtliche Anzahl von Eiern legen. Während der Reiſe des ſeinem Forſchungsdrange zum
Opfer gefallenen, hochachtbaren Klaus von der Decken wurde eines Tages ein drei Fuß langer

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[98/0114] Die Schuppenechſen. Warans. Zierechſen. Bei vielen Arten ordnen ſich einzelne, meiſt fünf dieſer Schuppen zu Figuren, welche gewöhnlich auch eine andere Färbung zeigen. Die Warans bewohnen die öſtliche Hälfte der Erde und werden auf der weſtlichen durch Ver- wandte, welche jedoch nicht zu derſelben Familie gezählt werden dürfen, vertreten. Afrika, Südaſien und Oceanien bilden die Heimat jener in vieler Hinſicht ausgezeichneten Thiere; jeder einzelne dieſer Theile beherbergt ungefähr die gleiche Anzahl von Arten. Einige Warans ſind vollendete Landthiere, welche ſich eine paſſende Höhlung zum Verſtecke erwählen und in der Nähe derſelben ihrer Jagd obliegen, dieſe bei Tage, jene mehr in der Dämmerung oder ſelbſt in der Nacht; andere hingegen müſſen zu den Waſſerthieren gezählt werden, da ſie ſich blos in der Nähe der Gewäſſer, in Sümpfen oder an Flußufern aufhalten und bei Gefahr ſtets ſo eilig als möglich dem Waſſer zuflüchten. Die einen wie die anderen ſind höchſt bewegliche Thiere. Sie laufen mit ſtark ſchlängelnder Bewegung auf dem feſten Boden ſo raſch dahin, daß ſie kleine Säugethiere oder ſelbſt Vögel einzuholen im Stande ſind, und ſchwimmen und tauchen, obgleich ſie keine Schwimmhäute beſitzen, meiſterhaft. Jn ihren Sitten erinnern ſie an die Eidechſen, nicht aber an die Krokodile; ihr Weſen, ihr Gebahren hat mit dem größerer Eidechſen täuſchende Aehnlichkeit; aber ſie ſind, ihrer Größe und Stärke entſprechend, entſchieden räuberiſcher, muthiger und kampfluſtiger als die kleineren Verwandten. Vor den Menſchen und wohl auch vor anderen größeren Thieren weichen ſie ſtets zurück, wenn ſie Dies können, diejenigen, welche auf der Erde wohnen, indem ſie blitzſchnell ihren Löchern, die, welche im Waſſer leben, indem ſie ebenſo eilfertig dem Wohngewäſſer zueilen; werden ſie aber geſtellt, alſo von ihrem Zufluchtsorte abgeſchnitten, ſo nehmen ſie ohne Bedenken den Kampf auf, ſchnellen ſich mit Hilfe ihrer Füße und des kräftigen Schwanzes hoch über den Boden empor und ſpringen dem Angreifer kühn nach Geſicht und Händen. Jhre Nahrung beſteht in Thieren der verſchiedenſten Art. Der Waran ohne weitere Neben- bezeichnung, ein bereits den alten Egyptern wohl bekanntes, auf ihren Denkmälern verewigtes Thier, galt früher als einer der gefährlichſten Feinde des Krokodils, weil man annahm, daß er deſſen Eier aufſuche und zerſtöre und die dem Eie entſchlüpften jungen Krokodile verfolge und verſchlinge. Wie viel Wahres an dieſen Erzählungen iſt, läßt ſich ſchwer entſcheiden; wohl aber darf man annehmen, daß ein Waran wirklich ohne Umſtände ein junges Krokodil verſchlingt oder auch ein Ei hinab- würgt, falls er des einen und anderen habhaft werden kann. Leſchenault verſichert, Zeuge geweſen zu ſein, daß einige indiſche Waraus vereinigt ein junges Reh überfallen, es längere Zeit verfolgt und ſchließlich im Waſſer ertränkt haben ſollen, will auch Schafsknochen in dem Magen der von ihm erlegten gefunden haben; ich meinestheils bezweifle entſchieden, daß irgend eine Art der Familie größere Thiere in der Abſicht, ſie zu verſpeiſen, angreift, bin aber von Arabern und Afrikanern über- haupt wiederholt berichtet worden, daß Vögel bis zur Größe eines Kiebitzes oder Säugethiere bis zur Größe einer Ratte ihnen nicht ſelten zum Opfer fallen. Die auf feſtem Boden lebenden Warans jagen nach Mäuſen, kleinen Vögeln, niederen Eidechſen, Schlangen, Fröſchen, Kerbthieren und Würmern; die Waſſer liebenden Mitglieder der Familie werden ſich wahrſcheinlich hauptſächlich von Fiſchen ernähren, ein unvorſichtig am Ufer hinlaufendes, kleines Säugethier oder einen ungeſchickten Vogel, deſſen ſie ſich bemächtigen können, aber gewiß auch nicht verſchmähen. Mehr als ſonderbar iſt, daß wir über die Fortpflanzungsgeſchichte der Waraus noch immer nicht genügend unterrichtet ſind. Hätte ich während meines Aufenthaltes in Afrika dieſe Lücke in ihrer Naturgeſchichte gekannt, ſo würde ich mich ihrer Beobachtung eifriger gewidmet haben, als es geſchehen; doch will ich damit keineswegs geſagt haben, daß ich Sicheres erfahren haben würde, weil mir die Araber und Sudahneſen, welche ſonſt unaufgefordert über jedes Thier Auskunft geben, ſo viel ich mich erinnere, über die Fortpflanzung dieſer Echſen niemals Etwas erzählt haben, möglicherweiſe alſo ebenfalls nicht unterrichtet ſind. Nur das Eine wiſſen wir, daß die Mitglieder dieſer Familie eine beträchtliche Anzahl von Eiern legen. Während der Reiſe des ſeinem Forſchungsdrange zum Opfer gefallenen, hochachtbaren Klaus von der Decken wurde eines Tages ein drei Fuß langer

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/114>, abgerufen am 21.12.2024.