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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Panzerechsen. Krokodile. Alligatoren.
über welchen ich weiter unten Schomburgk und Bates berichten lassen werde. Auch der Schakare
liebt ruhige Flußarme oder stehende Gewässer mehr als schnellfließende Ströme und ist deshalb in
den großen Waldsümpfen des Jnneren besonders häufig. Jn mehreren großen, schnellfließenden
Strömen hat der Prinz gar keine Schakares beobachtet, um so mehr dagegen in todten Seiten-
armen oder in langsam fließenden Bächen, die meisten aber immer und überall in Sümpfen und Lachen.
So lange der Hunger diesen gierigen Räuber noch auf Beute lauern läßt, liegt er gänzlich im Wasser
verborgen; man gewahrt dann nur den Vordertheil des Kopfes, welcher sich soweit über das Wasser
erhebt, daß das hochliegende Auge eben den Wasserspiegel beobachten kann und die Nasenlöcher frei
sind. So verweilt er übertages an einer und derselben Stelle, ohne sich viel zu bewegen; denn erst
gegen Abend wird er munter. Um Mittag schwimmt er dem Ufer oder einem Felsblocke zu, um sich
hier zu sonnen oder zu schlafen; sobald sich aber ein Mensch oder ein Hund ihm nähert, geht er zum
Wasser zurück. "Oft schifft man", bemerkt der Prinz, "an solchen Thieren vorüber, deren dunkel-
braune Farbe sich nicht leicht von den Granitblöcken unterscheiden läßt, auf welchen sie ruhen, gewöhn-
lich aber tauchen sie alsdann mit Geräusch in die Flut hinab ... Jn einem sanft fließenden Bache,
welcher in den Parahyba mündet, wohnte dieses Thier in großer Anzahl. Stand man an den etwas
steilen Ufern desselben, welche von etwa zehn bis zwölf Fuß hohen Pflanzen dicht beschattet waren, so
sah man mit einem Blicke immer mehrere, welche nur ihre Schnauze und die Augen an der
Oberfläche des Wassers zeigten. Da, wo die großen Blätter mancher Wasserpflanzen, insbesondere
der Wasserrosen, über der Oberfläche hervorwuchsen, konnte man auch jedesmal ein solches Thier
suchen; denn hier waren sie verborgen; beunruhigte man sie, so tauchten sie und kamen bald an einer
anderen Stelle wieder zum Vorschein.

"Die Nahrung besteht in allen lebenden Wesen, welche sie erhaschen können. Einer meiner
Jäger schoß einst eine Ente, welche ein junger Kaiman schon gefaßt hatte. Jch fand in dem Magen
besonders Ueberreste von Fischen, viele Schuppen und Gräten, Ueberbleibsel von Wasservögeln, aber
auch kleine Kieselsteine und Sand, und erfuhr, daß sie manchmal große Steine im Magen haben. Daß
der Schakare zuweilen selbst einen schwimmenden oder badenden Menschen angreife, behaupten die
brasilianischen Fischer; einer von ihnen zeigte mir sogar die Spuren des Gebisses an seinem Beine
und Arme. Wenn man übrigens diese Nachricht auch für gegründet hält, so kann man im allge-
meinen doch nicht sagen, daß diese Krokodile dem Menschen gefährlich sind. Alle, welche ich beobachtete,
waren höchst schüchtern und verschwanden sogleich, sobald man sich ihnen auf mehr als dreißig und
vierzig Schritte näherte. Hunde, welche durch die Flüsse schwimmen, und andere kleinere Thiere hin-
gegen sollen sie öfters verschlingen. Jn der Lagune von Arara am Mucuri hatte nah an unserer
Hütte ein Schakare seinen Aufenthalt gewählt und fraß jedesmal den Abfall der Lebensmittel,
Gedärme und dergleichen, welche unsere Leute ins Wasser warfen." Auch Azara berichtet, daß man
sie wenig fürchtet und unbesorgt in ihrer Nähe badet oder durch die Flüsse schwimmt, weil sie den
Menschen nur dann anfallen, wenn er sich ihren Eiern nähert, aber selbst hier ihn weder zerreißen
noch fressen.

"Jn der Paarzeit", fährt der Prinz fort, "besonders zu Anfange derselben, geben die Schakares
einen unangenehmen, heftigen Moschusgeruch von sich. Oft haben wir in den Monaten August und
September am Belmonte im Schatten der überhängenden Waldgebüsche des Ufers diesen Geruch
sehr heftig empfunden, ohne das Thier selbst sehen zu können, weil es längst untergetaucht hatte.
Die uns begleitenden Botokuden riefen alsdann sogleich "Aehä", den Namen, welchen sie dem Scha-
kare beilegen. Am Flusse Jlheos bemerkte ich denselben Geruch im Anfange des Dezembers oder
Januars." Die denen der Gänse an Größe gleichkommenden weißen Eier werden, laut Azara, zu
sechzig Stück etwa in den Sand gelegt, mit dürrem Grase bedeckt und der Sonnenwärme überlassen;
die neu ausgekommenen Jungen suchen, wie der Prinz erfuhr, sogleich das Wasser und sollen an
Geiern, anderen Raubvögeln und Raubthieren eine Menge geschäftiger Feinde finden.

Die Panzerechſen. Krokodile. Alligatoren.
über welchen ich weiter unten Schomburgk und Bates berichten laſſen werde. Auch der Schakare
liebt ruhige Flußarme oder ſtehende Gewäſſer mehr als ſchnellfließende Ströme und iſt deshalb in
den großen Waldſümpfen des Jnneren beſonders häufig. Jn mehreren großen, ſchnellfließenden
Strömen hat der Prinz gar keine Schakares beobachtet, um ſo mehr dagegen in todten Seiten-
armen oder in langſam fließenden Bächen, die meiſten aber immer und überall in Sümpfen und Lachen.
So lange der Hunger dieſen gierigen Räuber noch auf Beute lauern läßt, liegt er gänzlich im Waſſer
verborgen; man gewahrt dann nur den Vordertheil des Kopfes, welcher ſich ſoweit über das Waſſer
erhebt, daß das hochliegende Auge eben den Waſſerſpiegel beobachten kann und die Naſenlöcher frei
ſind. So verweilt er übertages an einer und derſelben Stelle, ohne ſich viel zu bewegen; denn erſt
gegen Abend wird er munter. Um Mittag ſchwimmt er dem Ufer oder einem Felsblocke zu, um ſich
hier zu ſonnen oder zu ſchlafen; ſobald ſich aber ein Menſch oder ein Hund ihm nähert, geht er zum
Waſſer zurück. „Oft ſchifft man“, bemerkt der Prinz, „an ſolchen Thieren vorüber, deren dunkel-
braune Farbe ſich nicht leicht von den Granitblöcken unterſcheiden läßt, auf welchen ſie ruhen, gewöhn-
lich aber tauchen ſie alsdann mit Geräuſch in die Flut hinab ... Jn einem ſanft fließenden Bache,
welcher in den Parahyba mündet, wohnte dieſes Thier in großer Anzahl. Stand man an den etwas
ſteilen Ufern deſſelben, welche von etwa zehn bis zwölf Fuß hohen Pflanzen dicht beſchattet waren, ſo
ſah man mit einem Blicke immer mehrere, welche nur ihre Schnauze und die Augen an der
Oberfläche des Waſſers zeigten. Da, wo die großen Blätter mancher Waſſerpflanzen, insbeſondere
der Waſſerroſen, über der Oberfläche hervorwuchſen, konnte man auch jedesmal ein ſolches Thier
ſuchen; denn hier waren ſie verborgen; beunruhigte man ſie, ſo tauchten ſie und kamen bald an einer
anderen Stelle wieder zum Vorſchein.

„Die Nahrung beſteht in allen lebenden Weſen, welche ſie erhaſchen können. Einer meiner
Jäger ſchoß einſt eine Ente, welche ein junger Kaiman ſchon gefaßt hatte. Jch fand in dem Magen
beſonders Ueberreſte von Fiſchen, viele Schuppen und Gräten, Ueberbleibſel von Waſſervögeln, aber
auch kleine Kieſelſteine und Sand, und erfuhr, daß ſie manchmal große Steine im Magen haben. Daß
der Schakare zuweilen ſelbſt einen ſchwimmenden oder badenden Menſchen angreife, behaupten die
braſilianiſchen Fiſcher; einer von ihnen zeigte mir ſogar die Spuren des Gebiſſes an ſeinem Beine
und Arme. Wenn man übrigens dieſe Nachricht auch für gegründet hält, ſo kann man im allge-
meinen doch nicht ſagen, daß dieſe Krokodile dem Menſchen gefährlich ſind. Alle, welche ich beobachtete,
waren höchſt ſchüchtern und verſchwanden ſogleich, ſobald man ſich ihnen auf mehr als dreißig und
vierzig Schritte näherte. Hunde, welche durch die Flüſſe ſchwimmen, und andere kleinere Thiere hin-
gegen ſollen ſie öfters verſchlingen. Jn der Lagune von Arara am Mucuri hatte nah an unſerer
Hütte ein Schakare ſeinen Aufenthalt gewählt und fraß jedesmal den Abfall der Lebensmittel,
Gedärme und dergleichen, welche unſere Leute ins Waſſer warfen.“ Auch Azara berichtet, daß man
ſie wenig fürchtet und unbeſorgt in ihrer Nähe badet oder durch die Flüſſe ſchwimmt, weil ſie den
Menſchen nur dann anfallen, wenn er ſich ihren Eiern nähert, aber ſelbſt hier ihn weder zerreißen
noch freſſen.

„Jn der Paarzeit“, fährt der Prinz fort, „beſonders zu Anfange derſelben, geben die Schakares
einen unangenehmen, heftigen Moſchusgeruch von ſich. Oft haben wir in den Monaten Auguſt und
September am Belmonte im Schatten der überhängenden Waldgebüſche des Ufers dieſen Geruch
ſehr heftig empfunden, ohne das Thier ſelbſt ſehen zu können, weil es längſt untergetaucht hatte.
Die uns begleitenden Botokuden riefen alsdann ſogleich „Aehä“, den Namen, welchen ſie dem Scha-
kare beilegen. Am Fluſſe Jlheos bemerkte ich denſelben Geruch im Anfange des Dezembers oder
Januars.“ Die denen der Gänſe an Größe gleichkommenden weißen Eier werden, laut Azara, zu
ſechzig Stück etwa in den Sand gelegt, mit dürrem Graſe bedeckt und der Sonnenwärme überlaſſen;
die neu ausgekommenen Jungen ſuchen, wie der Prinz erfuhr, ſogleich das Waſſer und ſollen an
Geiern, anderen Raubvögeln und Raubthieren eine Menge geſchäftiger Feinde finden.

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[88/0104] Die Panzerechſen. Krokodile. Alligatoren. über welchen ich weiter unten Schomburgk und Bates berichten laſſen werde. Auch der Schakare liebt ruhige Flußarme oder ſtehende Gewäſſer mehr als ſchnellfließende Ströme und iſt deshalb in den großen Waldſümpfen des Jnneren beſonders häufig. Jn mehreren großen, ſchnellfließenden Strömen hat der Prinz gar keine Schakares beobachtet, um ſo mehr dagegen in todten Seiten- armen oder in langſam fließenden Bächen, die meiſten aber immer und überall in Sümpfen und Lachen. So lange der Hunger dieſen gierigen Räuber noch auf Beute lauern läßt, liegt er gänzlich im Waſſer verborgen; man gewahrt dann nur den Vordertheil des Kopfes, welcher ſich ſoweit über das Waſſer erhebt, daß das hochliegende Auge eben den Waſſerſpiegel beobachten kann und die Naſenlöcher frei ſind. So verweilt er übertages an einer und derſelben Stelle, ohne ſich viel zu bewegen; denn erſt gegen Abend wird er munter. Um Mittag ſchwimmt er dem Ufer oder einem Felsblocke zu, um ſich hier zu ſonnen oder zu ſchlafen; ſobald ſich aber ein Menſch oder ein Hund ihm nähert, geht er zum Waſſer zurück. „Oft ſchifft man“, bemerkt der Prinz, „an ſolchen Thieren vorüber, deren dunkel- braune Farbe ſich nicht leicht von den Granitblöcken unterſcheiden läßt, auf welchen ſie ruhen, gewöhn- lich aber tauchen ſie alsdann mit Geräuſch in die Flut hinab ... Jn einem ſanft fließenden Bache, welcher in den Parahyba mündet, wohnte dieſes Thier in großer Anzahl. Stand man an den etwas ſteilen Ufern deſſelben, welche von etwa zehn bis zwölf Fuß hohen Pflanzen dicht beſchattet waren, ſo ſah man mit einem Blicke immer mehrere, welche nur ihre Schnauze und die Augen an der Oberfläche des Waſſers zeigten. Da, wo die großen Blätter mancher Waſſerpflanzen, insbeſondere der Waſſerroſen, über der Oberfläche hervorwuchſen, konnte man auch jedesmal ein ſolches Thier ſuchen; denn hier waren ſie verborgen; beunruhigte man ſie, ſo tauchten ſie und kamen bald an einer anderen Stelle wieder zum Vorſchein. „Die Nahrung beſteht in allen lebenden Weſen, welche ſie erhaſchen können. Einer meiner Jäger ſchoß einſt eine Ente, welche ein junger Kaiman ſchon gefaßt hatte. Jch fand in dem Magen beſonders Ueberreſte von Fiſchen, viele Schuppen und Gräten, Ueberbleibſel von Waſſervögeln, aber auch kleine Kieſelſteine und Sand, und erfuhr, daß ſie manchmal große Steine im Magen haben. Daß der Schakare zuweilen ſelbſt einen ſchwimmenden oder badenden Menſchen angreife, behaupten die braſilianiſchen Fiſcher; einer von ihnen zeigte mir ſogar die Spuren des Gebiſſes an ſeinem Beine und Arme. Wenn man übrigens dieſe Nachricht auch für gegründet hält, ſo kann man im allge- meinen doch nicht ſagen, daß dieſe Krokodile dem Menſchen gefährlich ſind. Alle, welche ich beobachtete, waren höchſt ſchüchtern und verſchwanden ſogleich, ſobald man ſich ihnen auf mehr als dreißig und vierzig Schritte näherte. Hunde, welche durch die Flüſſe ſchwimmen, und andere kleinere Thiere hin- gegen ſollen ſie öfters verſchlingen. Jn der Lagune von Arara am Mucuri hatte nah an unſerer Hütte ein Schakare ſeinen Aufenthalt gewählt und fraß jedesmal den Abfall der Lebensmittel, Gedärme und dergleichen, welche unſere Leute ins Waſſer warfen.“ Auch Azara berichtet, daß man ſie wenig fürchtet und unbeſorgt in ihrer Nähe badet oder durch die Flüſſe ſchwimmt, weil ſie den Menſchen nur dann anfallen, wenn er ſich ihren Eiern nähert, aber ſelbſt hier ihn weder zerreißen noch freſſen. „Jn der Paarzeit“, fährt der Prinz fort, „beſonders zu Anfange derſelben, geben die Schakares einen unangenehmen, heftigen Moſchusgeruch von ſich. Oft haben wir in den Monaten Auguſt und September am Belmonte im Schatten der überhängenden Waldgebüſche des Ufers dieſen Geruch ſehr heftig empfunden, ohne das Thier ſelbſt ſehen zu können, weil es längſt untergetaucht hatte. Die uns begleitenden Botokuden riefen alsdann ſogleich „Aehä“, den Namen, welchen ſie dem Scha- kare beilegen. Am Fluſſe Jlheos bemerkte ich denſelben Geruch im Anfange des Dezembers oder Januars.“ Die denen der Gänſe an Größe gleichkommenden weißen Eier werden, laut Azara, zu ſechzig Stück etwa in den Sand gelegt, mit dürrem Graſe bedeckt und der Sonnenwärme überlaſſen; die neu ausgekommenen Jungen ſuchen, wie der Prinz erfuhr, ſogleich das Waſſer und ſollen an Geiern, anderen Raubvögeln und Raubthieren eine Menge geſchäftiger Feinde finden.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/104>, abgerufen am 02.05.2024.