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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Panzerechsen. Krokodile. Alligatoren.
ängstlich, am sichersten dann, wenn er ihm gegenüber tritt. Jn Nordamerika waten die Rinder-
hirten, wenn sie an ein mit Alligatoren besetztes Gewässer kommen, mit Knüppeln bewaffnet in
dasselbe, um sich einen Weg für ihr Vieh zu bahnen oder um die gefräßigen Kriechthiere abzuhalten,
demselben beim Trinken lästig zu fallen, und wenn sie gerade auf den Kopf des Alligators zu gehen,
haben sie auch Nichts zu fürchten, können den Kopf sogar, ohne Gefahr zu laufen, mit ihrem Knüppel
bearbeiten, bis die Echse weicht. Zuweilen sieht man Menschen, Maulthiere und die Alligatoren dicht
neben einander im Wasser, das Vieh ängstlich bemüht, den Krokodilen zu entgehen, die Hirten
beschäftigt, letztere durch Prügel in Furcht zu setzen und die Alligatoren mit lüsternen Augen die
ihnen sonst genehme Beute betrachtend, aber aus Scheu vor dem ihnen unangenehmen Prügel sich in
angemessener Entfernung haltend.

Schafe und Ziegen, welche ans Wasser kommen, um zu trinken, Hunde, Hirsche und Pferde,
welche dasselbe durchschwimmen, laufen Gefahr, von den Alligatoren ertränkt und nachträglich ver-
zehrt zu werden; die eigentliche Nahrung der Kaimans aber sind Fische. Bei den alljährlich statt-
findenden Ueberschwemmungen der dortigen Flüsse füllen sich die großen, seichten Seen und Moräste
zu beiden Seiten derselben nicht bloß mit Wasser, sondern auch mit Fischen an, auf welche nun die
Alligatoren Jagd machen. Nach dem Zurücktreten des hohen Wassers werden alle diese Seen ver-
bindenden Wasseradern trocken gelegt und die Fische den tieferen Stellen zugetrieben; hier nun ver-
folgen sie die Krokodile, von einer Vertiefung oder, wie man in Amerika sagt, von einem Alligatorloche
zum anderen wandernd. Von Sonnenuntergang hört man das Geräusch, welches die Raubthiere mit
ihrem Schwanze verursachen, auf weite Entfernung, und wenn man zur Stelle kommt, sieht man,
wie sie durch diese Bewegungen die Flut aufrühren und die Fische so in Angst versetzen, daß sie zu
Hunderten über die Wasserfläche emporspringen, in der Absicht, ihrem grimmigsten Gegner zu ent-
gehen, oft aber auch durch die Schwanzschläge dem zahnstarrenden Rachen zugeführt werden.
Audubon belustigte sich zuweilen, den in einem Loche gerade versammelten Alligatoren eine mit Luft
gefüllte Rindsblase zuzuwerfen. Ein Kaiman näherke sich derselben, peitschte sie nach sich zu oder
suchte sie mit den Zähnen zu fassen; die Blase glitt aus; andere versuchten die anscheinende Beute
geschickter zu fassen, und so geschah es, daß sie zuweilen förmlich Fangball mit derselben spielten.
Manchmal wirft man ihnen auch eine zugestöpselte Flasche zu, welche leichter gefaßt werden kann:
dann hört man, wie das Glas zwischen den Zähnen knirscht und zerbricht und wünscht dem überall
mit schelen Augen angesehenen Krokodile schadenfroh eine gesegnete Mahlzeit.

Während der Begattungszeit im Frühjahre werden die Alligatoren gefürchtet. Der Paarungs-
trieb erregt sie. Die Männchen liefern sich zu Wasser und zu Lande fürchterliche Zweikämpfe,
werden dadurch erbittert und scheuen sich jetzt wenig oder nicht mehr vor dem Menschen, vielleicht
auch deshalb nicht, weil in dieser Zeit alle Niederungen überschwemmt sind und ihnen schwer fällt, die
nunmehr vereinzelten Fische zu fangen. Geraume Zeit später legt das befruchtete Weibchen seine
verhältnißmäßig kleinen, weißen, mit einer harten, kalkigen Schale bedeckten Eier ab, deren Anzahl
zuweilen Hundert übersteigen kann; nach den übereinstimmenden Angaben Audubon's, Lützel-
berger's
und Lyell's in besondere Nester, welche es sich erbaut. Es wählt dazu eine passende, meist
sunfzig bis sechzig Schritte vom Wasser entfernte Stelle im dichten Gesträuche oder Röhricht, trägt
Blätter, Stöcke und dergleichen im Rachen herbei, legt die Eier ab und deckt sie sorgsam wieder zu.
Fortan soll es beständig in der Nähe des Nestes auf Wache liegen und grimmig über jedes Wesen,
welches sich den Eiern nähert, herfallen. Die Wärme, welche sich durch Gährung der Pflanzenstoffe
entwickelt, zeitigt die Eier; die jungen Alligatoren arbeiten sich höchst geschickt durch die sie zunächst
bedeckenden Pflanzen, werden von der Mutter empfangen und nunmehr dem Wasser zugeführt,
gewöhnlich zunächst in kleine abgesonderte Tümpel, um sie vor dem Männchen und vor den größeren
Sumpfvögeln zu sichern.

Die Zählebigkeit des Alligators erschwert seine Jagd; denn auch ihn tödtet rasch nur eine Kugel,
welche das Hirn oder das Herz durchbohrt. Oefterer als das Feuergewehr wendet man große

Die Panzerechſen. Krokodile. Alligatoren.
ängſtlich, am ſicherſten dann, wenn er ihm gegenüber tritt. Jn Nordamerika waten die Rinder-
hirten, wenn ſie an ein mit Alligatoren beſetztes Gewäſſer kommen, mit Knüppeln bewaffnet in
daſſelbe, um ſich einen Weg für ihr Vieh zu bahnen oder um die gefräßigen Kriechthiere abzuhalten,
demſelben beim Trinken läſtig zu fallen, und wenn ſie gerade auf den Kopf des Alligators zu gehen,
haben ſie auch Nichts zu fürchten, können den Kopf ſogar, ohne Gefahr zu laufen, mit ihrem Knüppel
bearbeiten, bis die Echſe weicht. Zuweilen ſieht man Menſchen, Maulthiere und die Alligatoren dicht
neben einander im Waſſer, das Vieh ängſtlich bemüht, den Krokodilen zu entgehen, die Hirten
beſchäftigt, letztere durch Prügel in Furcht zu ſetzen und die Alligatoren mit lüſternen Augen die
ihnen ſonſt genehme Beute betrachtend, aber aus Scheu vor dem ihnen unangenehmen Prügel ſich in
angemeſſener Entfernung haltend.

Schafe und Ziegen, welche ans Waſſer kommen, um zu trinken, Hunde, Hirſche und Pferde,
welche daſſelbe durchſchwimmen, laufen Gefahr, von den Alligatoren ertränkt und nachträglich ver-
zehrt zu werden; die eigentliche Nahrung der Kaimans aber ſind Fiſche. Bei den alljährlich ſtatt-
findenden Ueberſchwemmungen der dortigen Flüſſe füllen ſich die großen, ſeichten Seen und Moräſte
zu beiden Seiten derſelben nicht bloß mit Waſſer, ſondern auch mit Fiſchen an, auf welche nun die
Alligatoren Jagd machen. Nach dem Zurücktreten des hohen Waſſers werden alle dieſe Seen ver-
bindenden Waſſeradern trocken gelegt und die Fiſche den tieferen Stellen zugetrieben; hier nun ver-
folgen ſie die Krokodile, von einer Vertiefung oder, wie man in Amerika ſagt, von einem Alligatorloche
zum anderen wandernd. Von Sonnenuntergang hört man das Geräuſch, welches die Raubthiere mit
ihrem Schwanze verurſachen, auf weite Entfernung, und wenn man zur Stelle kommt, ſieht man,
wie ſie durch dieſe Bewegungen die Flut aufrühren und die Fiſche ſo in Angſt verſetzen, daß ſie zu
Hunderten über die Waſſerfläche emporſpringen, in der Abſicht, ihrem grimmigſten Gegner zu ent-
gehen, oft aber auch durch die Schwanzſchläge dem zahnſtarrenden Rachen zugeführt werden.
Audubon beluſtigte ſich zuweilen, den in einem Loche gerade verſammelten Alligatoren eine mit Luft
gefüllte Rindsblaſe zuzuwerfen. Ein Kaiman näherke ſich derſelben, peitſchte ſie nach ſich zu oder
ſuchte ſie mit den Zähnen zu faſſen; die Blaſe glitt aus; andere verſuchten die anſcheinende Beute
geſchickter zu faſſen, und ſo geſchah es, daß ſie zuweilen förmlich Fangball mit derſelben ſpielten.
Manchmal wirft man ihnen auch eine zugeſtöpſelte Flaſche zu, welche leichter gefaßt werden kann:
dann hört man, wie das Glas zwiſchen den Zähnen knirſcht und zerbricht und wünſcht dem überall
mit ſchelen Augen angeſehenen Krokodile ſchadenfroh eine geſegnete Mahlzeit.

Während der Begattungszeit im Frühjahre werden die Alligatoren gefürchtet. Der Paarungs-
trieb erregt ſie. Die Männchen liefern ſich zu Waſſer und zu Lande fürchterliche Zweikämpfe,
werden dadurch erbittert und ſcheuen ſich jetzt wenig oder nicht mehr vor dem Menſchen, vielleicht
auch deshalb nicht, weil in dieſer Zeit alle Niederungen überſchwemmt ſind und ihnen ſchwer fällt, die
nunmehr vereinzelten Fiſche zu fangen. Geraume Zeit ſpäter legt das befruchtete Weibchen ſeine
verhältnißmäßig kleinen, weißen, mit einer harten, kalkigen Schale bedeckten Eier ab, deren Anzahl
zuweilen Hundert überſteigen kann; nach den übereinſtimmenden Angaben Audubon’s, Lützel-
berger’s
und Lyell’s in beſondere Neſter, welche es ſich erbaut. Es wählt dazu eine paſſende, meiſt
ſunfzig bis ſechzig Schritte vom Waſſer entfernte Stelle im dichten Geſträuche oder Röhricht, trägt
Blätter, Stöcke und dergleichen im Rachen herbei, legt die Eier ab und deckt ſie ſorgſam wieder zu.
Fortan ſoll es beſtändig in der Nähe des Neſtes auf Wache liegen und grimmig über jedes Weſen,
welches ſich den Eiern nähert, herfallen. Die Wärme, welche ſich durch Gährung der Pflanzenſtoffe
entwickelt, zeitigt die Eier; die jungen Alligatoren arbeiten ſich höchſt geſchickt durch die ſie zunächſt
bedeckenden Pflanzen, werden von der Mutter empfangen und nunmehr dem Waſſer zugeführt,
gewöhnlich zunächſt in kleine abgeſonderte Tümpel, um ſie vor dem Männchen und vor den größeren
Sumpfvögeln zu ſichern.

Die Zählebigkeit des Alligators erſchwert ſeine Jagd; denn auch ihn tödtet raſch nur eine Kugel,
welche das Hirn oder das Herz durchbohrt. Oefterer als das Feuergewehr wendet man große

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[86/0102] Die Panzerechſen. Krokodile. Alligatoren. ängſtlich, am ſicherſten dann, wenn er ihm gegenüber tritt. Jn Nordamerika waten die Rinder- hirten, wenn ſie an ein mit Alligatoren beſetztes Gewäſſer kommen, mit Knüppeln bewaffnet in daſſelbe, um ſich einen Weg für ihr Vieh zu bahnen oder um die gefräßigen Kriechthiere abzuhalten, demſelben beim Trinken läſtig zu fallen, und wenn ſie gerade auf den Kopf des Alligators zu gehen, haben ſie auch Nichts zu fürchten, können den Kopf ſogar, ohne Gefahr zu laufen, mit ihrem Knüppel bearbeiten, bis die Echſe weicht. Zuweilen ſieht man Menſchen, Maulthiere und die Alligatoren dicht neben einander im Waſſer, das Vieh ängſtlich bemüht, den Krokodilen zu entgehen, die Hirten beſchäftigt, letztere durch Prügel in Furcht zu ſetzen und die Alligatoren mit lüſternen Augen die ihnen ſonſt genehme Beute betrachtend, aber aus Scheu vor dem ihnen unangenehmen Prügel ſich in angemeſſener Entfernung haltend. Schafe und Ziegen, welche ans Waſſer kommen, um zu trinken, Hunde, Hirſche und Pferde, welche daſſelbe durchſchwimmen, laufen Gefahr, von den Alligatoren ertränkt und nachträglich ver- zehrt zu werden; die eigentliche Nahrung der Kaimans aber ſind Fiſche. Bei den alljährlich ſtatt- findenden Ueberſchwemmungen der dortigen Flüſſe füllen ſich die großen, ſeichten Seen und Moräſte zu beiden Seiten derſelben nicht bloß mit Waſſer, ſondern auch mit Fiſchen an, auf welche nun die Alligatoren Jagd machen. Nach dem Zurücktreten des hohen Waſſers werden alle dieſe Seen ver- bindenden Waſſeradern trocken gelegt und die Fiſche den tieferen Stellen zugetrieben; hier nun ver- folgen ſie die Krokodile, von einer Vertiefung oder, wie man in Amerika ſagt, von einem Alligatorloche zum anderen wandernd. Von Sonnenuntergang hört man das Geräuſch, welches die Raubthiere mit ihrem Schwanze verurſachen, auf weite Entfernung, und wenn man zur Stelle kommt, ſieht man, wie ſie durch dieſe Bewegungen die Flut aufrühren und die Fiſche ſo in Angſt verſetzen, daß ſie zu Hunderten über die Waſſerfläche emporſpringen, in der Abſicht, ihrem grimmigſten Gegner zu ent- gehen, oft aber auch durch die Schwanzſchläge dem zahnſtarrenden Rachen zugeführt werden. Audubon beluſtigte ſich zuweilen, den in einem Loche gerade verſammelten Alligatoren eine mit Luft gefüllte Rindsblaſe zuzuwerfen. Ein Kaiman näherke ſich derſelben, peitſchte ſie nach ſich zu oder ſuchte ſie mit den Zähnen zu faſſen; die Blaſe glitt aus; andere verſuchten die anſcheinende Beute geſchickter zu faſſen, und ſo geſchah es, daß ſie zuweilen förmlich Fangball mit derſelben ſpielten. Manchmal wirft man ihnen auch eine zugeſtöpſelte Flaſche zu, welche leichter gefaßt werden kann: dann hört man, wie das Glas zwiſchen den Zähnen knirſcht und zerbricht und wünſcht dem überall mit ſchelen Augen angeſehenen Krokodile ſchadenfroh eine geſegnete Mahlzeit. Während der Begattungszeit im Frühjahre werden die Alligatoren gefürchtet. Der Paarungs- trieb erregt ſie. Die Männchen liefern ſich zu Waſſer und zu Lande fürchterliche Zweikämpfe, werden dadurch erbittert und ſcheuen ſich jetzt wenig oder nicht mehr vor dem Menſchen, vielleicht auch deshalb nicht, weil in dieſer Zeit alle Niederungen überſchwemmt ſind und ihnen ſchwer fällt, die nunmehr vereinzelten Fiſche zu fangen. Geraume Zeit ſpäter legt das befruchtete Weibchen ſeine verhältnißmäßig kleinen, weißen, mit einer harten, kalkigen Schale bedeckten Eier ab, deren Anzahl zuweilen Hundert überſteigen kann; nach den übereinſtimmenden Angaben Audubon’s, Lützel- berger’s und Lyell’s in beſondere Neſter, welche es ſich erbaut. Es wählt dazu eine paſſende, meiſt ſunfzig bis ſechzig Schritte vom Waſſer entfernte Stelle im dichten Geſträuche oder Röhricht, trägt Blätter, Stöcke und dergleichen im Rachen herbei, legt die Eier ab und deckt ſie ſorgſam wieder zu. Fortan ſoll es beſtändig in der Nähe des Neſtes auf Wache liegen und grimmig über jedes Weſen, welches ſich den Eiern nähert, herfallen. Die Wärme, welche ſich durch Gährung der Pflanzenſtoffe entwickelt, zeitigt die Eier; die jungen Alligatoren arbeiten ſich höchſt geſchickt durch die ſie zunächſt bedeckenden Pflanzen, werden von der Mutter empfangen und nunmehr dem Waſſer zugeführt, gewöhnlich zunächſt in kleine abgeſonderte Tümpel, um ſie vor dem Männchen und vor den größeren Sumpfvögeln zu ſichern. Die Zählebigkeit des Alligators erſchwert ſeine Jagd; denn auch ihn tödtet raſch nur eine Kugel, welche das Hirn oder das Herz durchbohrt. Oefterer als das Feuergewehr wendet man große

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/102>, abgerufen am 02.05.2024.