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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Haubensteißfuß. Zwergsteißfuß.
röthlichbraun, der Zügel gelbgrün, der Schnabel an der Wurzel gelbgrün, an der Spitze schwarz,
der Fuß auf der äußeren Seite schwärzlich, auf der inneren hellhornfarben. Jm Herbstkleide ist die
Oberseite mehr braungrau, die Unterseite atlasweiß, Kopf und Hals hellgrau.

Das Verbreitungsgebiet des Zwergsteißfußes ist ungefähr dasselbe wie das seines größeren Ver-
wandten; doch kommt jener häufiger als dieser während des Winters in Afrika vor. Jm nördlichen
Deutschland erscheint er im März, verweilt, solange die Gewässer offen sind und wandert dann nach
Süden, findet aber bereits in Südeuropa eine geeignete Winterherberge. Stille, mit Schilf und
Rohr theilweise bewachsene Teiche und geeignete Stellen in größeren Brüchen und Morästen bilden
seinen Lieblingsaufenthalt; Gewässer mit klarem Wasser meidet er, weil er seine Nahrung, welche
hauptsächlich in Kerbthieren und deren Larven besteht, in schlammigen und trüben Gewässern reich-
licher findet als in jenem.

Sein Wesen und Betragen ist das aller Steißfüße, seine Bewegung scheint jedoch etwas leichter
zu sein, als die der größeren Arten, namentlich versteht er verhältnißmäßig gut zu laufen. Jm
Schwimmen und Tauchen bekundet er die Meisterschaft seiner Familienglieder; sein Flug aber ist
schlecht: deshalb fliegt er auch sehr ungern und mit ungemein schnellen, kurzen Schwingungen, fast
schwirrend, Naumann sagt, wie eine Heuschrecke. Mit dem Menschen mag auch er Nichts zu thun
haben, wenigstens bei uns zu Lande; in der Winterherberge dagegen ist er wenig scheu, treibt sich oft
in unmittelbarer Nähe der Dörfer umher und läßt unbesorgt den Jäger an sich herankommen. Bei
Gefahr versucht er sich stets durch Untertauchen zu retten. Wenn er geängstigt wird, schwimmt er einer
mit Pflanzen dicht bedeckten Stelle zu, steckt zwischen denselben den Schnabel hervor und verweilt
übrigens verborgen, solange als es ihm nöthig scheint. Seine Stimme ist ein kurzes, pfeifendes
"Bib" oder "Bibi", welches zuweilen, namentlich in der Paarungszeit, so oft wiederholt wird, daß
es trillerartig klingt.

Das Nest steht zwischen Schilf, Binsen, Gräsern und anderen Pflanzen, niemals versteckt,
gewöhnlich vielmehr frei, aber immer vom Teichrande möglichst entfernt, ist ein ebenso unordentlich
zusammengeschichteter Klumpen wie das der anderen Art, verhältnißmäßig aber größer und muldet sich
oben seicht ein. Ende Aprils oder Anfangs Mai findet man drei bis sechs kleine, längliche Eier, deren
Färbung ebenfalls durch die Nestpflanzen bestimmt wird. Beide Gatten brüten abwechselnd zwanzig
bis einundzwanzig Tage lang, zeigen sich äußerst besorgt um die Brut und führen, lehren und
beschützen sie in derselben Weise wie ihre Verwandten.

Zufällig wird ein und der andere Zwergsteißfuß in dem zum Fischfange aufgestellten Klebgarne
gefangen, leider seltener als man wünschen möchte; denn der Vogel gehört zu den anziehendsten,
welche man im Käsige halten kann. Anfänglich liegt der Gefangene, wie Naumann sagt, platt auf
Brust und Bauch, reckt den Hals mitunter in die Höhe und geberdet sich, als wenn er weder stehen
noch gehen könnte; sobald es aber im Zimmer ruhiger geworden, geht und läuft er herum, besieht sich
das hingestellte Wassergeschirr, wandelt um dasselbe, steigt endlich hinein und legt sich nieder.
Manchmal rennt er wie ein Besessener in der Stube umher, oft schußweise wie Lerchen. Will man
ihn ergreifen, so wirft er sich auf die Brust nieder und erwartet den Fänger oder rennt in eine Ecke.
Niemals versucht er zu fliegen: seine Flügel bleiben stets unter den Tragfedern dicht am Rumpfe
angeschlossen. Thut man ihm Wasserkerfe, auch kleine Regenwürmer in seine Schüssel, so läuft er
um diese herum, bis er sie alle herausgefischt hat. Sehr behaglich scheint er sich zu fühlen, wenn man
ihn auf ein großes Wassergefäß bringt. Hier beginnt er sofort sich zu putzen und einzufetten und
tauchend die lebendigen Geschöpfe, welche man ihm hineingeworfen, zu verfolgen und zu fangen: --
Alles Dies ohne Scheu vor dem Menschen. Jm Thiergarten zu London leben in dem Gebauer,
welcher zur Aufnahme der Eisvögel bestimmt ist, auch Zwergsteißfüße. Sie werden mit kleinen
Fischchen, Mehlwürmern, Ameiseneiern und Weißbrot gefüttert, halten sich bei dieser Nahrung vor-

Haubenſteißfuß. Zwergſteißfuß.
röthlichbraun, der Zügel gelbgrün, der Schnabel an der Wurzel gelbgrün, an der Spitze ſchwarz,
der Fuß auf der äußeren Seite ſchwärzlich, auf der inneren hellhornfarben. Jm Herbſtkleide iſt die
Oberſeite mehr braungrau, die Unterſeite atlasweiß, Kopf und Hals hellgrau.

Das Verbreitungsgebiet des Zwergſteißfußes iſt ungefähr daſſelbe wie das ſeines größeren Ver-
wandten; doch kommt jener häufiger als dieſer während des Winters in Afrika vor. Jm nördlichen
Deutſchland erſcheint er im März, verweilt, ſolange die Gewäſſer offen ſind und wandert dann nach
Süden, findet aber bereits in Südeuropa eine geeignete Winterherberge. Stille, mit Schilf und
Rohr theilweiſe bewachſene Teiche und geeignete Stellen in größeren Brüchen und Moräſten bilden
ſeinen Lieblingsaufenthalt; Gewäſſer mit klarem Waſſer meidet er, weil er ſeine Nahrung, welche
hauptſächlich in Kerbthieren und deren Larven beſteht, in ſchlammigen und trüben Gewäſſern reich-
licher findet als in jenem.

Sein Weſen und Betragen iſt das aller Steißfüße, ſeine Bewegung ſcheint jedoch etwas leichter
zu ſein, als die der größeren Arten, namentlich verſteht er verhältnißmäßig gut zu laufen. Jm
Schwimmen und Tauchen bekundet er die Meiſterſchaft ſeiner Familienglieder; ſein Flug aber iſt
ſchlecht: deshalb fliegt er auch ſehr ungern und mit ungemein ſchnellen, kurzen Schwingungen, faſt
ſchwirrend, Naumann ſagt, wie eine Heuſchrecke. Mit dem Menſchen mag auch er Nichts zu thun
haben, wenigſtens bei uns zu Lande; in der Winterherberge dagegen iſt er wenig ſcheu, treibt ſich oft
in unmittelbarer Nähe der Dörfer umher und läßt unbeſorgt den Jäger an ſich herankommen. Bei
Gefahr verſucht er ſich ſtets durch Untertauchen zu retten. Wenn er geängſtigt wird, ſchwimmt er einer
mit Pflanzen dicht bedeckten Stelle zu, ſteckt zwiſchen denſelben den Schnabel hervor und verweilt
übrigens verborgen, ſolange als es ihm nöthig ſcheint. Seine Stimme iſt ein kurzes, pfeifendes
„Bib“ oder „Bibi“, welches zuweilen, namentlich in der Paarungszeit, ſo oft wiederholt wird, daß
es trillerartig klingt.

Das Neſt ſteht zwiſchen Schilf, Binſen, Gräſern und anderen Pflanzen, niemals verſteckt,
gewöhnlich vielmehr frei, aber immer vom Teichrande möglichſt entfernt, iſt ein ebenſo unordentlich
zuſammengeſchichteter Klumpen wie das der anderen Art, verhältnißmäßig aber größer und muldet ſich
oben ſeicht ein. Ende Aprils oder Anfangs Mai findet man drei bis ſechs kleine, längliche Eier, deren
Färbung ebenfalls durch die Neſtpflanzen beſtimmt wird. Beide Gatten brüten abwechſelnd zwanzig
bis einundzwanzig Tage lang, zeigen ſich äußerſt beſorgt um die Brut und führen, lehren und
beſchützen ſie in derſelben Weiſe wie ihre Verwandten.

Zufällig wird ein und der andere Zwergſteißfuß in dem zum Fiſchfange aufgeſtellten Klebgarne
gefangen, leider ſeltener als man wünſchen möchte; denn der Vogel gehört zu den anziehendſten,
welche man im Käſige halten kann. Anfänglich liegt der Gefangene, wie Naumann ſagt, platt auf
Bruſt und Bauch, reckt den Hals mitunter in die Höhe und geberdet ſich, als wenn er weder ſtehen
noch gehen könnte; ſobald es aber im Zimmer ruhiger geworden, geht und läuft er herum, beſieht ſich
das hingeſtellte Waſſergeſchirr, wandelt um daſſelbe, ſteigt endlich hinein und legt ſich nieder.
Manchmal rennt er wie ein Beſeſſener in der Stube umher, oft ſchußweiſe wie Lerchen. Will man
ihn ergreifen, ſo wirft er ſich auf die Bruſt nieder und erwartet den Fänger oder rennt in eine Ecke.
Niemals verſucht er zu fliegen: ſeine Flügel bleiben ſtets unter den Tragfedern dicht am Rumpfe
angeſchloſſen. Thut man ihm Waſſerkerfe, auch kleine Regenwürmer in ſeine Schüſſel, ſo läuft er
um dieſe herum, bis er ſie alle herausgefiſcht hat. Sehr behaglich ſcheint er ſich zu fühlen, wenn man
ihn auf ein großes Waſſergefäß bringt. Hier beginnt er ſofort ſich zu putzen und einzufetten und
tauchend die lebendigen Geſchöpfe, welche man ihm hineingeworfen, zu verfolgen und zu fangen: —
Alles Dies ohne Scheu vor dem Menſchen. Jm Thiergarten zu London leben in dem Gebauer,
welcher zur Aufnahme der Eisvögel beſtimmt iſt, auch Zwergſteißfüße. Sie werden mit kleinen
Fiſchchen, Mehlwürmern, Ameiſeneiern und Weißbrot gefüttert, halten ſich bei dieſer Nahrung vor-

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[943/0995] Haubenſteißfuß. Zwergſteißfuß. röthlichbraun, der Zügel gelbgrün, der Schnabel an der Wurzel gelbgrün, an der Spitze ſchwarz, der Fuß auf der äußeren Seite ſchwärzlich, auf der inneren hellhornfarben. Jm Herbſtkleide iſt die Oberſeite mehr braungrau, die Unterſeite atlasweiß, Kopf und Hals hellgrau. Das Verbreitungsgebiet des Zwergſteißfußes iſt ungefähr daſſelbe wie das ſeines größeren Ver- wandten; doch kommt jener häufiger als dieſer während des Winters in Afrika vor. Jm nördlichen Deutſchland erſcheint er im März, verweilt, ſolange die Gewäſſer offen ſind und wandert dann nach Süden, findet aber bereits in Südeuropa eine geeignete Winterherberge. Stille, mit Schilf und Rohr theilweiſe bewachſene Teiche und geeignete Stellen in größeren Brüchen und Moräſten bilden ſeinen Lieblingsaufenthalt; Gewäſſer mit klarem Waſſer meidet er, weil er ſeine Nahrung, welche hauptſächlich in Kerbthieren und deren Larven beſteht, in ſchlammigen und trüben Gewäſſern reich- licher findet als in jenem. Sein Weſen und Betragen iſt das aller Steißfüße, ſeine Bewegung ſcheint jedoch etwas leichter zu ſein, als die der größeren Arten, namentlich verſteht er verhältnißmäßig gut zu laufen. Jm Schwimmen und Tauchen bekundet er die Meiſterſchaft ſeiner Familienglieder; ſein Flug aber iſt ſchlecht: deshalb fliegt er auch ſehr ungern und mit ungemein ſchnellen, kurzen Schwingungen, faſt ſchwirrend, Naumann ſagt, wie eine Heuſchrecke. Mit dem Menſchen mag auch er Nichts zu thun haben, wenigſtens bei uns zu Lande; in der Winterherberge dagegen iſt er wenig ſcheu, treibt ſich oft in unmittelbarer Nähe der Dörfer umher und läßt unbeſorgt den Jäger an ſich herankommen. Bei Gefahr verſucht er ſich ſtets durch Untertauchen zu retten. Wenn er geängſtigt wird, ſchwimmt er einer mit Pflanzen dicht bedeckten Stelle zu, ſteckt zwiſchen denſelben den Schnabel hervor und verweilt übrigens verborgen, ſolange als es ihm nöthig ſcheint. Seine Stimme iſt ein kurzes, pfeifendes „Bib“ oder „Bibi“, welches zuweilen, namentlich in der Paarungszeit, ſo oft wiederholt wird, daß es trillerartig klingt. Das Neſt ſteht zwiſchen Schilf, Binſen, Gräſern und anderen Pflanzen, niemals verſteckt, gewöhnlich vielmehr frei, aber immer vom Teichrande möglichſt entfernt, iſt ein ebenſo unordentlich zuſammengeſchichteter Klumpen wie das der anderen Art, verhältnißmäßig aber größer und muldet ſich oben ſeicht ein. Ende Aprils oder Anfangs Mai findet man drei bis ſechs kleine, längliche Eier, deren Färbung ebenfalls durch die Neſtpflanzen beſtimmt wird. Beide Gatten brüten abwechſelnd zwanzig bis einundzwanzig Tage lang, zeigen ſich äußerſt beſorgt um die Brut und führen, lehren und beſchützen ſie in derſelben Weiſe wie ihre Verwandten. Zufällig wird ein und der andere Zwergſteißfuß in dem zum Fiſchfange aufgeſtellten Klebgarne gefangen, leider ſeltener als man wünſchen möchte; denn der Vogel gehört zu den anziehendſten, welche man im Käſige halten kann. Anfänglich liegt der Gefangene, wie Naumann ſagt, platt auf Bruſt und Bauch, reckt den Hals mitunter in die Höhe und geberdet ſich, als wenn er weder ſtehen noch gehen könnte; ſobald es aber im Zimmer ruhiger geworden, geht und läuft er herum, beſieht ſich das hingeſtellte Waſſergeſchirr, wandelt um daſſelbe, ſteigt endlich hinein und legt ſich nieder. Manchmal rennt er wie ein Beſeſſener in der Stube umher, oft ſchußweiſe wie Lerchen. Will man ihn ergreifen, ſo wirft er ſich auf die Bruſt nieder und erwartet den Fänger oder rennt in eine Ecke. Niemals verſucht er zu fliegen: ſeine Flügel bleiben ſtets unter den Tragfedern dicht am Rumpfe angeſchloſſen. Thut man ihm Waſſerkerfe, auch kleine Regenwürmer in ſeine Schüſſel, ſo läuft er um dieſe herum, bis er ſie alle herausgefiſcht hat. Sehr behaglich ſcheint er ſich zu fühlen, wenn man ihn auf ein großes Waſſergefäß bringt. Hier beginnt er ſofort ſich zu putzen und einzufetten und tauchend die lebendigen Geſchöpfe, welche man ihm hineingeworfen, zu verfolgen und zu fangen: — Alles Dies ohne Scheu vor dem Menſchen. Jm Thiergarten zu London leben in dem Gebauer, welcher zur Aufnahme der Eisvögel beſtimmt iſt, auch Zwergſteißfüße. Sie werden mit kleinen Fiſchchen, Mehlwürmern, Ameiſeneiern und Weißbrot gefüttert, halten ſich bei dieſer Nahrung vor-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 943. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/995>, abgerufen am 23.11.2024.