trieb die meisten in den Felsen brütenden Vögel so kirr macht, daß man sie mit einiger Behendigkeit vom Neste nehmen kann, so wird auch dieser so zahm, daß ich ihn erst lange mit Erdklößen warf, um ihn vom Ei zu jagen, ohne daß mir es möglich war. Nicht eher als in den ersten Tagen des Juli kriecht das Junge aus dem Eie; gegen Ende dieses Monats ist es halb erwachsen und mit langen, graublauen Flaumen bedeckt. Schon dann speit es ebenso gut wie die Alten seine thranige Flüssigkeit zuweilen mehr als eine Elle weit gegen Den aus, welcher es nehmen will, indem es diese Feuchtigkeit mit Bewegungen, als wolle es sich erbrechen, aus dem unteren Theile des Schlundes hervorwürgt. Dieser Vorrath wird nicht so leicht erschöpft. Gegen Ende des August sind die Jungen flügge und außerordentlich fett, riechen aber sehr übel. Die Einwohner von Westmanöer ziehen dann auf den Felseninselchen umher, tödten sie zu Tausenden und salzen sie zum Wintervorrath ein. Mitte Septembers verlassen Alte und Junge die Brutplätze und ziehen auf das offene Meer hinaus, wo sie den Winter zubringen, sodaß auf Jsland keiner zu dieser Zeit gesehen wird."
Außer dem Menschen stellen der Jagdfalk und Seeadler den Alten und Jungen und die großen Raubmöven namentlich den letzteren nach, weil sie wohl wissen, daß ihnen die Alten außer dem Anspeien mit jener thranigen Flüssigkeit keinen Widerstand entgegensetzen können.
Ein anderer, allen Schiffern wohlbekannter Sturmvogel, die Kaptaube (Procellaria-Daption- capensis), verdient noch erwähnt zu werden, weil er neuerdings ebenfalls in Europa erlegt worden ist. Die Länge der Kaptaube beträgt 14, die Breite 32 Zoll. "Jhr blendendweißes Gefieder", sagt Tschudi, "ist auf dem Mantel schwarz gefleckt und bei einiger Phantasie den weiß und schwarz wechselnden Feldern eines Damenbretes zu vergleichen." Die Oberseite ist größtentheils rußschwarz oder weiß und schwarz gefleckt, die Unterseite weiß, die Schwingen und die Steuerfedern an der Spitze sind rußschwarz.
Die Kaptaube ist, laut Tschudi, unter allen Seevögeln der treueste Begleiter der Schiffe; denn sie verläßt von ihrem Auftreten im atlantischen Weltmeere an bis in die intertropischen Höhen der Westküste die Fahrzeuge nur selten. Jhre geographische Verbreitung ist merkwürdig. Jm atlantischen Weltmeere lebt sie außerhalb des Wendekreises des Steinbocks, und es ist ein höchst seltener Zufall, wenn sie sich einmal innerhalb des heißen Gürtels oder gar bis auf die nördliche Halbkugel verirrt; nicht so ist es in der Südsee: hier trifft man sie wenigstens in dem Theile, welcher Amerikas Westküste bespült, bis nördlich vom Gleicher. "Jch habe die Beobachtung gemacht, daß sie in jenem heißen Gürtel sich nie so anhaltend in der Nähe der Schiffe aufhalten, wie in dem kalten Klima der höheren Breiten. Wenn sie hier Tag und Nacht die Schiffe umschwärmen, so verschwinden sie dort während der Nacht und stellen sich nur eine Stunde vor oder nach Sonnenaufgang und in den späten Nachmittagsstunden ein. Ob dies feste Regel ist, vermag ich nicht zu entscheiden; bei meinen Reisen war es wenigstens immer so. Nie bemerkte ich auf einer Rhede, in einer Bai oder in einem Hafen der Südsee die Kaptaube, während doch so viele Vögel der Bai auch die windgeschützten Ankerplätze der Schiffe besuchen; aber kaum wenige Seemeilen vom Lande eilt sie als erster Vorläufer ihrer Gattungsverwandten den Fahrzeugen entgegen. Am 11. Oktober lichteten wir im Hafen von Valparaiso die Anker zur Reise um das Kap Horn. Noch auf der Rhede herrschte eine schwache Brise von Norden, auf offener See blies ein sehr harter Süd; kaum hatten wir nach zurückgelegten drei Seemeilen diesen Wind erreicht, als sich die Kaptaube schon in Menge um das Schiff versammelte, und am folgenden Tage wuchs ihre Zahl so ungeheuer, daß sie sich auf 400 Stück belaufen mochte. Erst bei den Jnseln Juan Fernandez gesellten sich andere Arten von Sturmvögeln zu ihnen."
Die Kaptaube schwimmt leicht, thut Dies jedoch selten; denn sie fliegt bei Tag und bei Nacht und setzt sich blos gelegentlich hin, um etwas Genießbares bequemer aufnehmen zu können. "Man kann sich", sagt Gould, "nichts Zierlicheres denken als ihre Bewegungen im Fliegen, wenn sie den Hals auf den Rücken beugt, die großen Beine ganz unter die Unterschwanzdeckfedern zieht und den
Brehm, Thierleben. IV. 57
Eisſturmvogel. Kaptaube.
trieb die meiſten in den Felſen brütenden Vögel ſo kirr macht, daß man ſie mit einiger Behendigkeit vom Neſte nehmen kann, ſo wird auch dieſer ſo zahm, daß ich ihn erſt lange mit Erdklößen warf, um ihn vom Ei zu jagen, ohne daß mir es möglich war. Nicht eher als in den erſten Tagen des Juli kriecht das Junge aus dem Eie; gegen Ende dieſes Monats iſt es halb erwachſen und mit langen, graublauen Flaumen bedeckt. Schon dann ſpeit es ebenſo gut wie die Alten ſeine thranige Flüſſigkeit zuweilen mehr als eine Elle weit gegen Den aus, welcher es nehmen will, indem es dieſe Feuchtigkeit mit Bewegungen, als wolle es ſich erbrechen, aus dem unteren Theile des Schlundes hervorwürgt. Dieſer Vorrath wird nicht ſo leicht erſchöpft. Gegen Ende des Auguſt ſind die Jungen flügge und außerordentlich fett, riechen aber ſehr übel. Die Einwohner von Weſtmanöer ziehen dann auf den Felſeninſelchen umher, tödten ſie zu Tauſenden und ſalzen ſie zum Wintervorrath ein. Mitte Septembers verlaſſen Alte und Junge die Brutplätze und ziehen auf das offene Meer hinaus, wo ſie den Winter zubringen, ſodaß auf Jsland keiner zu dieſer Zeit geſehen wird.“
Außer dem Menſchen ſtellen der Jagdfalk und Seeadler den Alten und Jungen und die großen Raubmöven namentlich den letzteren nach, weil ſie wohl wiſſen, daß ihnen die Alten außer dem Anſpeien mit jener thranigen Flüſſigkeit keinen Widerſtand entgegenſetzen können.
Ein anderer, allen Schiffern wohlbekannter Sturmvogel, die Kaptaube (Procellaria-Daption- capensis), verdient noch erwähnt zu werden, weil er neuerdings ebenfalls in Europa erlegt worden iſt. Die Länge der Kaptaube beträgt 14, die Breite 32 Zoll. „Jhr blendendweißes Gefieder“, ſagt Tſchudi, „iſt auf dem Mantel ſchwarz gefleckt und bei einiger Phantaſie den weiß und ſchwarz wechſelnden Feldern eines Damenbretes zu vergleichen.“ Die Oberſeite iſt größtentheils rußſchwarz oder weiß und ſchwarz gefleckt, die Unterſeite weiß, die Schwingen und die Steuerfedern an der Spitze ſind rußſchwarz.
Die Kaptaube iſt, laut Tſchudi, unter allen Seevögeln der treueſte Begleiter der Schiffe; denn ſie verläßt von ihrem Auftreten im atlantiſchen Weltmeere an bis in die intertropiſchen Höhen der Weſtküſte die Fahrzeuge nur ſelten. Jhre geographiſche Verbreitung iſt merkwürdig. Jm atlantiſchen Weltmeere lebt ſie außerhalb des Wendekreiſes des Steinbocks, und es iſt ein höchſt ſeltener Zufall, wenn ſie ſich einmal innerhalb des heißen Gürtels oder gar bis auf die nördliche Halbkugel verirrt; nicht ſo iſt es in der Südſee: hier trifft man ſie wenigſtens in dem Theile, welcher Amerikas Weſtküſte beſpült, bis nördlich vom Gleicher. „Jch habe die Beobachtung gemacht, daß ſie in jenem heißen Gürtel ſich nie ſo anhaltend in der Nähe der Schiffe aufhalten, wie in dem kalten Klima der höheren Breiten. Wenn ſie hier Tag und Nacht die Schiffe umſchwärmen, ſo verſchwinden ſie dort während der Nacht und ſtellen ſich nur eine Stunde vor oder nach Sonnenaufgang und in den ſpäten Nachmittagsſtunden ein. Ob dies feſte Regel iſt, vermag ich nicht zu entſcheiden; bei meinen Reiſen war es wenigſtens immer ſo. Nie bemerkte ich auf einer Rhede, in einer Bai oder in einem Hafen der Südſee die Kaptaube, während doch ſo viele Vögel der Bai auch die windgeſchützten Ankerplätze der Schiffe beſuchen; aber kaum wenige Seemeilen vom Lande eilt ſie als erſter Vorläufer ihrer Gattungsverwandten den Fahrzeugen entgegen. Am 11. Oktober lichteten wir im Hafen von Valparaiſo die Anker zur Reiſe um das Kap Horn. Noch auf der Rhede herrſchte eine ſchwache Briſe von Norden, auf offener See blies ein ſehr harter Süd; kaum hatten wir nach zurückgelegten drei Seemeilen dieſen Wind erreicht, als ſich die Kaptaube ſchon in Menge um das Schiff verſammelte, und am folgenden Tage wuchs ihre Zahl ſo ungeheuer, daß ſie ſich auf 400 Stück belaufen mochte. Erſt bei den Jnſeln Juan Fernandez geſellten ſich andere Arten von Sturmvögeln zu ihnen.“
Die Kaptaube ſchwimmt leicht, thut Dies jedoch ſelten; denn ſie fliegt bei Tag und bei Nacht und ſetzt ſich blos gelegentlich hin, um etwas Genießbares bequemer aufnehmen zu können. „Man kann ſich“, ſagt Gould, „nichts Zierlicheres denken als ihre Bewegungen im Fliegen, wenn ſie den Hals auf den Rücken beugt, die großen Beine ganz unter die Unterſchwanzdeckfedern zieht und den
Brehm, Thierleben. IV. 57
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Eisſturmvogel. Kaptaube.
trieb die meiſten in den Felſen brütenden Vögel ſo kirr macht, daß man ſie mit einiger Behendigkeit
vom Neſte nehmen kann, ſo wird auch dieſer ſo zahm, daß ich ihn erſt lange mit Erdklößen warf, um
ihn vom Ei zu jagen, ohne daß mir es möglich war. Nicht eher als in den erſten Tagen des Juli
kriecht das Junge aus dem Eie; gegen Ende dieſes Monats iſt es halb erwachſen und mit langen,
graublauen Flaumen bedeckt. Schon dann ſpeit es ebenſo gut wie die Alten ſeine thranige Flüſſigkeit
zuweilen mehr als eine Elle weit gegen Den aus, welcher es nehmen will, indem es dieſe Feuchtigkeit
mit Bewegungen, als wolle es ſich erbrechen, aus dem unteren Theile des Schlundes hervorwürgt.
Dieſer Vorrath wird nicht ſo leicht erſchöpft. Gegen Ende des Auguſt ſind die Jungen flügge und
außerordentlich fett, riechen aber ſehr übel. Die Einwohner von Weſtmanöer ziehen dann auf den
Felſeninſelchen umher, tödten ſie zu Tauſenden und ſalzen ſie zum Wintervorrath ein. Mitte
Septembers verlaſſen Alte und Junge die Brutplätze und ziehen auf das offene Meer hinaus, wo ſie
den Winter zubringen, ſodaß auf Jsland keiner zu dieſer Zeit geſehen wird.“
Außer dem Menſchen ſtellen der Jagdfalk und Seeadler den Alten und Jungen und die großen
Raubmöven namentlich den letzteren nach, weil ſie wohl wiſſen, daß ihnen die Alten außer dem
Anſpeien mit jener thranigen Flüſſigkeit keinen Widerſtand entgegenſetzen können.
Ein anderer, allen Schiffern wohlbekannter Sturmvogel, die Kaptaube (Procellaria-Daption-
capensis), verdient noch erwähnt zu werden, weil er neuerdings ebenfalls in Europa erlegt worden iſt.
Die Länge der Kaptaube beträgt 14, die Breite 32 Zoll. „Jhr blendendweißes Gefieder“, ſagt
Tſchudi, „iſt auf dem Mantel ſchwarz gefleckt und bei einiger Phantaſie den weiß und ſchwarz
wechſelnden Feldern eines Damenbretes zu vergleichen.“ Die Oberſeite iſt größtentheils rußſchwarz
oder weiß und ſchwarz gefleckt, die Unterſeite weiß, die Schwingen und die Steuerfedern an der Spitze
ſind rußſchwarz.
Die Kaptaube iſt, laut Tſchudi, unter allen Seevögeln der treueſte Begleiter der Schiffe; denn
ſie verläßt von ihrem Auftreten im atlantiſchen Weltmeere an bis in die intertropiſchen Höhen
der Weſtküſte die Fahrzeuge nur ſelten. Jhre geographiſche Verbreitung iſt merkwürdig. Jm
atlantiſchen Weltmeere lebt ſie außerhalb des Wendekreiſes des Steinbocks, und es iſt ein höchſt
ſeltener Zufall, wenn ſie ſich einmal innerhalb des heißen Gürtels oder gar bis auf die nördliche
Halbkugel verirrt; nicht ſo iſt es in der Südſee: hier trifft man ſie wenigſtens in dem Theile, welcher
Amerikas Weſtküſte beſpült, bis nördlich vom Gleicher. „Jch habe die Beobachtung gemacht, daß ſie
in jenem heißen Gürtel ſich nie ſo anhaltend in der Nähe der Schiffe aufhalten, wie in dem kalten
Klima der höheren Breiten. Wenn ſie hier Tag und Nacht die Schiffe umſchwärmen, ſo verſchwinden
ſie dort während der Nacht und ſtellen ſich nur eine Stunde vor oder nach Sonnenaufgang und in den
ſpäten Nachmittagsſtunden ein. Ob dies feſte Regel iſt, vermag ich nicht zu entſcheiden; bei meinen
Reiſen war es wenigſtens immer ſo. Nie bemerkte ich auf einer Rhede, in einer Bai oder in einem
Hafen der Südſee die Kaptaube, während doch ſo viele Vögel der Bai auch die windgeſchützten
Ankerplätze der Schiffe beſuchen; aber kaum wenige Seemeilen vom Lande eilt ſie als erſter Vorläufer
ihrer Gattungsverwandten den Fahrzeugen entgegen. Am 11. Oktober lichteten wir im Hafen von
Valparaiſo die Anker zur Reiſe um das Kap Horn. Noch auf der Rhede herrſchte eine ſchwache Briſe
von Norden, auf offener See blies ein ſehr harter Süd; kaum hatten wir nach zurückgelegten drei
Seemeilen dieſen Wind erreicht, als ſich die Kaptaube ſchon in Menge um das Schiff verſammelte,
und am folgenden Tage wuchs ihre Zahl ſo ungeheuer, daß ſie ſich auf 400 Stück belaufen
mochte. Erſt bei den Jnſeln Juan Fernandez geſellten ſich andere Arten von Sturmvögeln
zu ihnen.“
Die Kaptaube ſchwimmt leicht, thut Dies jedoch ſelten; denn ſie fliegt bei Tag und bei Nacht
und ſetzt ſich blos gelegentlich hin, um etwas Genießbares bequemer aufnehmen zu können. „Man
kann ſich“, ſagt Gould, „nichts Zierlicheres denken als ihre Bewegungen im Fliegen, wenn ſie den
Hals auf den Rücken beugt, die großen Beine ganz unter die Unterſchwanzdeckfedern zieht und den
Brehm, Thierleben. IV. 57
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 897. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/949>, abgerufen am 23.11.2024.
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