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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Albatros.
Brutplätze besucht haben. Cornick theilt Gould nach eigenen Beobachtungen ungefähr das Folgende
mit. Der Albatros brütet auf der Jnsel Auckland und Campell im November und Dezember.
Grasbedeckte Abhänge der Hügel über den Dickichten der Waldungen sind die Stellen, welche er für
den Bau seines Nestes sich auswählt. Dasselbe besteht aus Ried, trockenem Grase und dürren
Blättern, welche zusammengeknetet worden sind, hat unten einen Umfang von sechs Fuß, oben einen
Durchmesser von siebenundzwanzig Zoll und ist achtzehn Zoll hoch. Gewöhnlich wird nur ein einziges
Ei in dasselbe gelegt; nach Untersuchung von mehr als hundert Nestern fand Cornick wenigstens
blos ein Nest, welches deren zwei enthielt. Die Eier sind 43/4 Zoll lang, 31/4 Zoll dick und im
Mittel 17 Unzen schwer. Dem Besucher des Brutplatzes verräth sich der sitzende Albatros durch
seinen weißen, von dem Grase abstechenden Kopf schon von Weitem. Er scheint während des Brütens
zu schlafen oder verbirgt doch den Kopf unter den Flügeln. Bei Annäherung eines Feindes vertheidigt
er sein Ei und will nicht vom Neste, bis man ihn dazu zwingt; dann wackelt er wie ein im Brüten
gestörter Alk eine kurze Strecke weit weg, ohne jedoch einen Versuch zum Davonfliegen zu machen.
Sein größter Feind ist eine freche Raubmöve; denn sobald er vom Neste aufsteht, stößt dieser Räuber
herab und frißt ihm sein Ei; der Albatros kennt auch sie sehr wohl und klappert, wenn er sie
bemerkt, heftig mit dem Schnabel. Minder wichtig scheint mir ein von Earle herrührender Bericht
zu sein; doch darf ich, wie aus dem Folgenden ersichtlich werden wird, nicht wagen, ihn wegzulassen.
Nachdem der genannte Beobachter, welcher neun Monate auf der traurigen Jnsel Tristan d'Acunha
verlebte, ausführlich geschildert, daß sich steile Lavafelsen minder leicht ersteigen lassen als eine
Treppe, erzählt er, daß er trotzdem endlich die Höhe des Gebirges erreicht und auf eine Art Ebene
gekommen sei, in welcher bei siechender Luft eine Todtenstille gewaltet habe. "Die Aussicht aber war
erhebend und erfüllte uns mit Ehrfurcht. Der gewaltige Albatros traf hier Keinen, welcher in seine
Geschäfte sich mischte; kein Feind trat ihm entgegen. Seine Jungen befanden sich Ende Mai's gänzlich
unbedeckt auf dem Boden in einer Art von Nest, welches durch die ringsum aufgescharrte Erde
gebildet worden war. Bei unserer Annäherung schnappten sie in schneller Bewegung mit ihren
Schnäbeln und brachten ein lautes Geräusch hervor; dieses und das Ausspritzen dessen, was sie in
dem Magen hatten, schien ihr einziges Angriffs- und Vertheidigungsmittel zu sein. Jch erstieg den
Felsen nach fünf Monaten wieder und fand die jungen Albatrosse bis auf wenige, die sich entfernt
hatten, noch auf ihren Nestern sitzen." Earle meint, von dieser Beobachtung weiter folgernd, daß
das Junge ein Jahr alt wird, bevor es fliegen kann, und letztere Angabe erhält durch eine neuerliche
Mittheilung, welche wir Hutton verdanken, auffallenderweise eine gewisse Bestätigung. "Die
Albatrosse", sagt dieser Beobachter, "haben Prinz Edward's Eiland fast ganz in Beschlag genommen
und erscheinen hier im Oktober, um zu brüten. Das Nest wird immer auf hohem Tafellande angelegt
und besteht, wie Cornick richtig angegeben hat, aus Gras und Erde, welche der Vogel ringsum
aufnimmt und ungefähr achtzehn Zoll hoch aufschichtet. Das Ei ist im Januar gezeitigt. Zwischen
Februar und Juni -- genau habe ich Das nicht erfahren können -- fliegen die Alten zur See, ver-
lassen die Jungen und kehren erst im nächsten Oktober zurück, jedes Paar zum alten Neste. Nachdem
sie die Jungen, welche das erste Jahr im Neste bleiben (?), zuerst freundschaftlich begrüßt haben,
treiben sie dieselben aus und richten das Nest für die nächste Brut her. Die verlassenen Jungen sind
immer in guter Beschaffenheit und sehr lebhaft; man sieht sie oft sich aufrichten, um ihre Schwingen
zu versuchen. Wenn die alten Vögel zurückgekehrt und vom Neste Besitz genommen haben, bleiben
sie an der Außenseite desselben sitzen und knabbern oft am Kopfe ihrer Alten, bis sie hier die zwischen
dem Schnabel und den Augen stehenden Federn weggebissen und das Fell kahl gelegt haben. Es ist
schwer, sich vorzustellen, woher die Jungen Futter erhalten, während die alten Vögel abwesend sind.
Harris versicherte mich, daß man monatelang keinen alten Albatros in der Nähe der Nester sähe
und, so sonderbar Dies auch klingen mag: die ganze Sonderbarkeit spricht für die Wahrheit, da
Niemand eine solche Geschichte erfinden würde (?) und die Richtigkeit wird erprobt durch das häufige
Vorkommen der Albatrosse im Meere vom April bis zum Oktober und ihre Seltenheit im übrigen

Albatros.
Brutplätze beſucht haben. Cornick theilt Gould nach eigenen Beobachtungen ungefähr das Folgende
mit. Der Albatros brütet auf der Jnſel Auckland und Campell im November und Dezember.
Grasbedeckte Abhänge der Hügel über den Dickichten der Waldungen ſind die Stellen, welche er für
den Bau ſeines Neſtes ſich auswählt. Daſſelbe beſteht aus Ried, trockenem Graſe und dürren
Blättern, welche zuſammengeknetet worden ſind, hat unten einen Umfang von ſechs Fuß, oben einen
Durchmeſſer von ſiebenundzwanzig Zoll und iſt achtzehn Zoll hoch. Gewöhnlich wird nur ein einziges
Ei in daſſelbe gelegt; nach Unterſuchung von mehr als hundert Neſtern fand Cornick wenigſtens
blos ein Neſt, welches deren zwei enthielt. Die Eier ſind 4¾ Zoll lang, 3¼ Zoll dick und im
Mittel 17 Unzen ſchwer. Dem Beſucher des Brutplatzes verräth ſich der ſitzende Albatros durch
ſeinen weißen, von dem Graſe abſtechenden Kopf ſchon von Weitem. Er ſcheint während des Brütens
zu ſchlafen oder verbirgt doch den Kopf unter den Flügeln. Bei Annäherung eines Feindes vertheidigt
er ſein Ei und will nicht vom Neſte, bis man ihn dazu zwingt; dann wackelt er wie ein im Brüten
geſtörter Alk eine kurze Strecke weit weg, ohne jedoch einen Verſuch zum Davonfliegen zu machen.
Sein größter Feind iſt eine freche Raubmöve; denn ſobald er vom Neſte aufſteht, ſtößt dieſer Räuber
herab und frißt ihm ſein Ei; der Albatros kennt auch ſie ſehr wohl und klappert, wenn er ſie
bemerkt, heftig mit dem Schnabel. Minder wichtig ſcheint mir ein von Earle herrührender Bericht
zu ſein; doch darf ich, wie aus dem Folgenden erſichtlich werden wird, nicht wagen, ihn wegzulaſſen.
Nachdem der genannte Beobachter, welcher neun Monate auf der traurigen Jnſel Triſtan d’Acunha
verlebte, ausführlich geſchildert, daß ſich ſteile Lavafelſen minder leicht erſteigen laſſen als eine
Treppe, erzählt er, daß er trotzdem endlich die Höhe des Gebirges erreicht und auf eine Art Ebene
gekommen ſei, in welcher bei ſiechender Luft eine Todtenſtille gewaltet habe. „Die Ausſicht aber war
erhebend und erfüllte uns mit Ehrfurcht. Der gewaltige Albatros traf hier Keinen, welcher in ſeine
Geſchäfte ſich miſchte; kein Feind trat ihm entgegen. Seine Jungen befanden ſich Ende Mai’s gänzlich
unbedeckt auf dem Boden in einer Art von Neſt, welches durch die ringsum aufgeſcharrte Erde
gebildet worden war. Bei unſerer Annäherung ſchnappten ſie in ſchneller Bewegung mit ihren
Schnäbeln und brachten ein lautes Geräuſch hervor; dieſes und das Ausſpritzen deſſen, was ſie in
dem Magen hatten, ſchien ihr einziges Angriffs- und Vertheidigungsmittel zu ſein. Jch erſtieg den
Felſen nach fünf Monaten wieder und fand die jungen Albatroſſe bis auf wenige, die ſich entfernt
hatten, noch auf ihren Neſtern ſitzen.“ Earle meint, von dieſer Beobachtung weiter folgernd, daß
das Junge ein Jahr alt wird, bevor es fliegen kann, und letztere Angabe erhält durch eine neuerliche
Mittheilung, welche wir Hutton verdanken, auffallenderweiſe eine gewiſſe Beſtätigung. „Die
Albatroſſe“, ſagt dieſer Beobachter, „haben Prinz Edward’s Eiland faſt ganz in Beſchlag genommen
und erſcheinen hier im Oktober, um zu brüten. Das Neſt wird immer auf hohem Tafellande angelegt
und beſteht, wie Cornick richtig angegeben hat, aus Gras und Erde, welche der Vogel ringsum
aufnimmt und ungefähr achtzehn Zoll hoch aufſchichtet. Das Ei iſt im Januar gezeitigt. Zwiſchen
Februar und Juni — genau habe ich Das nicht erfahren können — fliegen die Alten zur See, ver-
laſſen die Jungen und kehren erſt im nächſten Oktober zurück, jedes Paar zum alten Neſte. Nachdem
ſie die Jungen, welche das erſte Jahr im Neſte bleiben (?), zuerſt freundſchaftlich begrüßt haben,
treiben ſie dieſelben aus und richten das Neſt für die nächſte Brut her. Die verlaſſenen Jungen ſind
immer in guter Beſchaffenheit und ſehr lebhaft; man ſieht ſie oft ſich aufrichten, um ihre Schwingen
zu verſuchen. Wenn die alten Vögel zurückgekehrt und vom Neſte Beſitz genommen haben, bleiben
ſie an der Außenſeite deſſelben ſitzen und knabbern oft am Kopfe ihrer Alten, bis ſie hier die zwiſchen
dem Schnabel und den Augen ſtehenden Federn weggebiſſen und das Fell kahl gelegt haben. Es iſt
ſchwer, ſich vorzuſtellen, woher die Jungen Futter erhalten, während die alten Vögel abweſend ſind.
Harris verſicherte mich, daß man monatelang keinen alten Albatros in der Nähe der Neſter ſähe
und, ſo ſonderbar Dies auch klingen mag: die ganze Sonderbarkeit ſpricht für die Wahrheit, da
Niemand eine ſolche Geſchichte erfinden würde (?) und die Richtigkeit wird erprobt durch das häufige
Vorkommen der Albatroſſe im Meere vom April bis zum Oktober und ihre Seltenheit im übrigen

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[891/0943] Albatros. Brutplätze beſucht haben. Cornick theilt Gould nach eigenen Beobachtungen ungefähr das Folgende mit. Der Albatros brütet auf der Jnſel Auckland und Campell im November und Dezember. Grasbedeckte Abhänge der Hügel über den Dickichten der Waldungen ſind die Stellen, welche er für den Bau ſeines Neſtes ſich auswählt. Daſſelbe beſteht aus Ried, trockenem Graſe und dürren Blättern, welche zuſammengeknetet worden ſind, hat unten einen Umfang von ſechs Fuß, oben einen Durchmeſſer von ſiebenundzwanzig Zoll und iſt achtzehn Zoll hoch. Gewöhnlich wird nur ein einziges Ei in daſſelbe gelegt; nach Unterſuchung von mehr als hundert Neſtern fand Cornick wenigſtens blos ein Neſt, welches deren zwei enthielt. Die Eier ſind 4¾ Zoll lang, 3¼ Zoll dick und im Mittel 17 Unzen ſchwer. Dem Beſucher des Brutplatzes verräth ſich der ſitzende Albatros durch ſeinen weißen, von dem Graſe abſtechenden Kopf ſchon von Weitem. Er ſcheint während des Brütens zu ſchlafen oder verbirgt doch den Kopf unter den Flügeln. Bei Annäherung eines Feindes vertheidigt er ſein Ei und will nicht vom Neſte, bis man ihn dazu zwingt; dann wackelt er wie ein im Brüten geſtörter Alk eine kurze Strecke weit weg, ohne jedoch einen Verſuch zum Davonfliegen zu machen. Sein größter Feind iſt eine freche Raubmöve; denn ſobald er vom Neſte aufſteht, ſtößt dieſer Räuber herab und frißt ihm ſein Ei; der Albatros kennt auch ſie ſehr wohl und klappert, wenn er ſie bemerkt, heftig mit dem Schnabel. Minder wichtig ſcheint mir ein von Earle herrührender Bericht zu ſein; doch darf ich, wie aus dem Folgenden erſichtlich werden wird, nicht wagen, ihn wegzulaſſen. Nachdem der genannte Beobachter, welcher neun Monate auf der traurigen Jnſel Triſtan d’Acunha verlebte, ausführlich geſchildert, daß ſich ſteile Lavafelſen minder leicht erſteigen laſſen als eine Treppe, erzählt er, daß er trotzdem endlich die Höhe des Gebirges erreicht und auf eine Art Ebene gekommen ſei, in welcher bei ſiechender Luft eine Todtenſtille gewaltet habe. „Die Ausſicht aber war erhebend und erfüllte uns mit Ehrfurcht. Der gewaltige Albatros traf hier Keinen, welcher in ſeine Geſchäfte ſich miſchte; kein Feind trat ihm entgegen. Seine Jungen befanden ſich Ende Mai’s gänzlich unbedeckt auf dem Boden in einer Art von Neſt, welches durch die ringsum aufgeſcharrte Erde gebildet worden war. Bei unſerer Annäherung ſchnappten ſie in ſchneller Bewegung mit ihren Schnäbeln und brachten ein lautes Geräuſch hervor; dieſes und das Ausſpritzen deſſen, was ſie in dem Magen hatten, ſchien ihr einziges Angriffs- und Vertheidigungsmittel zu ſein. Jch erſtieg den Felſen nach fünf Monaten wieder und fand die jungen Albatroſſe bis auf wenige, die ſich entfernt hatten, noch auf ihren Neſtern ſitzen.“ Earle meint, von dieſer Beobachtung weiter folgernd, daß das Junge ein Jahr alt wird, bevor es fliegen kann, und letztere Angabe erhält durch eine neuerliche Mittheilung, welche wir Hutton verdanken, auffallenderweiſe eine gewiſſe Beſtätigung. „Die Albatroſſe“, ſagt dieſer Beobachter, „haben Prinz Edward’s Eiland faſt ganz in Beſchlag genommen und erſcheinen hier im Oktober, um zu brüten. Das Neſt wird immer auf hohem Tafellande angelegt und beſteht, wie Cornick richtig angegeben hat, aus Gras und Erde, welche der Vogel ringsum aufnimmt und ungefähr achtzehn Zoll hoch aufſchichtet. Das Ei iſt im Januar gezeitigt. Zwiſchen Februar und Juni — genau habe ich Das nicht erfahren können — fliegen die Alten zur See, ver- laſſen die Jungen und kehren erſt im nächſten Oktober zurück, jedes Paar zum alten Neſte. Nachdem ſie die Jungen, welche das erſte Jahr im Neſte bleiben (?), zuerſt freundſchaftlich begrüßt haben, treiben ſie dieſelben aus und richten das Neſt für die nächſte Brut her. Die verlaſſenen Jungen ſind immer in guter Beſchaffenheit und ſehr lebhaft; man ſieht ſie oft ſich aufrichten, um ihre Schwingen zu verſuchen. Wenn die alten Vögel zurückgekehrt und vom Neſte Beſitz genommen haben, bleiben ſie an der Außenſeite deſſelben ſitzen und knabbern oft am Kopfe ihrer Alten, bis ſie hier die zwiſchen dem Schnabel und den Augen ſtehenden Federn weggebiſſen und das Fell kahl gelegt haben. Es iſt ſchwer, ſich vorzuſtellen, woher die Jungen Futter erhalten, während die alten Vögel abweſend ſind. Harris verſicherte mich, daß man monatelang keinen alten Albatros in der Nähe der Neſter ſähe und, ſo ſonderbar Dies auch klingen mag: die ganze Sonderbarkeit ſpricht für die Wahrheit, da Niemand eine ſolche Geſchichte erfinden würde (?) und die Richtigkeit wird erprobt durch das häufige Vorkommen der Albatroſſe im Meere vom April bis zum Oktober und ihre Seltenheit im übrigen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 891. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/943>, abgerufen am 23.11.2024.