deshalb etwas Eigenthümliches hatten, weil von ihnen aus nach allen Richtungen hin so fein gezogene Strahlen ausliefen, als ob sie mit dem Rücken eines Messers eingegraben worden wären; sie konnten erklärlicher Weise nur von dem Unterschnabel unseres Vogels herrühren. Die Eier, welche wir fanden und später unzweifelhaft als die des Scherenschnabels erkennen mußten, waren denen gewisser See- schwalben außerordentlich ähnlich, rein eiförmig und auf graugrünlichem, ins Gelbliche fallenden Grunde unregelmäßig mit helleren und dunkleren, grau- und dunkelbräunlichen Flecken und Strichelchen gezeichnet. Jn jedem Neste fanden wir deren drei bis fünf. Ob beide Geschlechter brüten oder ob nur das Weibchen sich diesem Geschäfte unterzieht, habe ich nicht erfahren, auch über das Jugendleben der Küchlein keine Beobachtungen sammeln können; wahrscheinlich aber dürfen wir annehmen, daß sich die Jungen des afrikanischen Scherenschnabels ebenso benehmen wie die des in Jndien lebenden Verwandten, über welchen Jerdon Folgendes berichtet hat. "Es war höchst anziehend zu sehen, wie das Heer dieser kleinen Burschen, welches ungefähr hundert Stück zählen mochte, vor uns dahin rannte, eilig genug, und als wir das Ende der Sandbank erreicht hatten, sich anschickte, fortzu- schwimmen, während einige sich niederdrückten. Das Schwimmen verstanden sie aber nicht, sie sanken wenigstens sehr tief in das Wasser ein." An der amerikanischen Art hat man beobachtet, daß das Wachsthum ziemlich langsam von statten geht.
"Raben des Meeres" habe ich früher schon die Mitglieder der an Arten zahlreichsten Familie unserer Ordnung, die Möven (Lari) genannt; denn jenen Vögeln entsprechen sie in ihrem Sein und Wesen. Sie bilden eine nach außen hin wohl abgegrenzte Familie, obschon sie in Gestalt und Färbung viele Aehnlichkeit mit den Seeschwalben und noch größere Verwandtschaft mit den Raub- möven zeigen. Sie sind wohl gebaute, kräftige Vögel von sehr verschiedener Größe, da die kleinsten Arten eine Dohle an Leibesumfang kaum übertreffen, während die größeren hierin einem Adler unge- fähr gleichkommen. Der Leib ist kräftig, der Hals kurz, der Kopf ziemlich groß, der Schnabel mittel- lang, seitlich stark zusammengedrückt, bis zur Mitte der Oberfirste gerade, vonhieraus sanfthakig abwärts gebogen, sein Unterkiefer vor der Spitze eckig vorgezogen, oben und unten scharfschneidig, der Rachen bis ans Auge gespalten, der Fuß mittelhoch, schlankläufig, mit wenigen Ausnahmen vier- zehig und vorn schwimmhäutig, der Flügel groß, lang, breit, jedoch schmal zugespitzt, unter den Schwingen die erste über die übrigen verlängert, der aus zwölf Federn bestehende Schwanz mittel- lang, breit und gerade, seltener seicht ausgeschnitten, bei wenigen Arten in der Mitte auch etwas verlängert, das Kleingefieder sehr dicht, auf der Unterseite pelzartig, aber, weil die Federn sich zer- schleißen, weich und sanft, die Färbung eine zarte und ansprechende, im ganzen sehr übereinstimmende. Auf der Oberseite, d. h. auf dem Mantel und den Flügeln, herrscht ein schönes Bläulichaschgrau, welches man Mövenblau nennt, vor, geht aber durch verschiedene Schattirungen bis in Weiß oder bis in Schieferschwarz über; die Unterseite, bei vielen Arten einschließlich des Kopfes und Halses, ist blendendweiß oder auf weißem Grunde rosenroth überhaucht; Kopf und Oberhals werden bei anderen Arten kapuzenartig durch dunklere Farben geschmückt; die Schwingenspitzen erscheinen oft fleckig gezeichnet. Hinsichtlich der Geschlechter unterscheidet sich das Kleid der alten Vögel wenig oder nicht, während das Jugendkleid von dem der Alten stets sehr abweicht, namentlich auf graulichweißem Grunde graubräunlichgelb oder dunkelgrau gezeichnet ist. Schnabel und Füße der Alten sind ebenfalls lebhaft und anders als in der Jugend gefärbt.
Die Möven verbreiten sich über alle Theile unserer Erde, gehören jedoch vorzugsweise dem Norden an. Sie beleben alle Meere, das größte von ihnen aber in auffallend geringer Anzahl, falls man von den nördlichen Küsten desselben absieht. Wenige Arten entfernen sich weit vom Lande und kehren, wenn sie es thun, immer wieder bald zu ihm zurück, sodaß man sie eigentlich als Küstenvögel
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Scherenſchnabel.
deshalb etwas Eigenthümliches hatten, weil von ihnen aus nach allen Richtungen hin ſo fein gezogene Strahlen ausliefen, als ob ſie mit dem Rücken eines Meſſers eingegraben worden wären; ſie konnten erklärlicher Weiſe nur von dem Unterſchnabel unſeres Vogels herrühren. Die Eier, welche wir fanden und ſpäter unzweifelhaft als die des Scherenſchnabels erkennen mußten, waren denen gewiſſer See- ſchwalben außerordentlich ähnlich, rein eiförmig und auf graugrünlichem, ins Gelbliche fallenden Grunde unregelmäßig mit helleren und dunkleren, grau- und dunkelbräunlichen Flecken und Strichelchen gezeichnet. Jn jedem Neſte fanden wir deren drei bis fünf. Ob beide Geſchlechter brüten oder ob nur das Weibchen ſich dieſem Geſchäfte unterzieht, habe ich nicht erfahren, auch über das Jugendleben der Küchlein keine Beobachtungen ſammeln können; wahrſcheinlich aber dürfen wir annehmen, daß ſich die Jungen des afrikaniſchen Scherenſchnabels ebenſo benehmen wie die des in Jndien lebenden Verwandten, über welchen Jerdon Folgendes berichtet hat. „Es war höchſt anziehend zu ſehen, wie das Heer dieſer kleinen Burſchen, welches ungefähr hundert Stück zählen mochte, vor uns dahin rannte, eilig genug, und als wir das Ende der Sandbank erreicht hatten, ſich anſchickte, fortzu- ſchwimmen, während einige ſich niederdrückten. Das Schwimmen verſtanden ſie aber nicht, ſie ſanken wenigſtens ſehr tief in das Waſſer ein.“ An der amerikaniſchen Art hat man beobachtet, daß das Wachsthum ziemlich langſam von ſtatten geht.
„Raben des Meeres“ habe ich früher ſchon die Mitglieder der an Arten zahlreichſten Familie unſerer Ordnung, die Möven (Lari) genannt; denn jenen Vögeln entſprechen ſie in ihrem Sein und Weſen. Sie bilden eine nach außen hin wohl abgegrenzte Familie, obſchon ſie in Geſtalt und Färbung viele Aehnlichkeit mit den Seeſchwalben und noch größere Verwandtſchaft mit den Raub- möven zeigen. Sie ſind wohl gebaute, kräftige Vögel von ſehr verſchiedener Größe, da die kleinſten Arten eine Dohle an Leibesumfang kaum übertreffen, während die größeren hierin einem Adler unge- fähr gleichkommen. Der Leib iſt kräftig, der Hals kurz, der Kopf ziemlich groß, der Schnabel mittel- lang, ſeitlich ſtark zuſammengedrückt, bis zur Mitte der Oberfirſte gerade, vonhieraus ſanfthakig abwärts gebogen, ſein Unterkiefer vor der Spitze eckig vorgezogen, oben und unten ſcharfſchneidig, der Rachen bis ans Auge geſpalten, der Fuß mittelhoch, ſchlankläufig, mit wenigen Ausnahmen vier- zehig und vorn ſchwimmhäutig, der Flügel groß, lang, breit, jedoch ſchmal zugeſpitzt, unter den Schwingen die erſte über die übrigen verlängert, der aus zwölf Federn beſtehende Schwanz mittel- lang, breit und gerade, ſeltener ſeicht ausgeſchnitten, bei wenigen Arten in der Mitte auch etwas verlängert, das Kleingefieder ſehr dicht, auf der Unterſeite pelzartig, aber, weil die Federn ſich zer- ſchleißen, weich und ſanft, die Färbung eine zarte und anſprechende, im ganzen ſehr übereinſtimmende. Auf der Oberſeite, d. h. auf dem Mantel und den Flügeln, herrſcht ein ſchönes Bläulichaſchgrau, welches man Mövenblau nennt, vor, geht aber durch verſchiedene Schattirungen bis in Weiß oder bis in Schieferſchwarz über; die Unterſeite, bei vielen Arten einſchließlich des Kopfes und Halſes, iſt blendendweiß oder auf weißem Grunde roſenroth überhaucht; Kopf und Oberhals werden bei anderen Arten kapuzenartig durch dunklere Farben geſchmückt; die Schwingenſpitzen erſcheinen oft fleckig gezeichnet. Hinſichtlich der Geſchlechter unterſcheidet ſich das Kleid der alten Vögel wenig oder nicht, während das Jugendkleid von dem der Alten ſtets ſehr abweicht, namentlich auf graulichweißem Grunde graubräunlichgelb oder dunkelgrau gezeichnet iſt. Schnabel und Füße der Alten ſind ebenfalls lebhaft und anders als in der Jugend gefärbt.
Die Möven verbreiten ſich über alle Theile unſerer Erde, gehören jedoch vorzugsweiſe dem Norden an. Sie beleben alle Meere, das größte von ihnen aber in auffallend geringer Anzahl, falls man von den nördlichen Küſten deſſelben abſieht. Wenige Arten entfernen ſich weit vom Lande und kehren, wenn ſie es thun, immer wieder bald zu ihm zurück, ſodaß man ſie eigentlich als Küſtenvögel
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Scherenſchnabel.
deshalb etwas Eigenthümliches hatten, weil von ihnen aus nach allen Richtungen hin ſo fein gezogene
Strahlen ausliefen, als ob ſie mit dem Rücken eines Meſſers eingegraben worden wären; ſie konnten
erklärlicher Weiſe nur von dem Unterſchnabel unſeres Vogels herrühren. Die Eier, welche wir fanden
und ſpäter unzweifelhaft als die des Scherenſchnabels erkennen mußten, waren denen gewiſſer See-
ſchwalben außerordentlich ähnlich, rein eiförmig und auf graugrünlichem, ins Gelbliche fallenden
Grunde unregelmäßig mit helleren und dunkleren, grau- und dunkelbräunlichen Flecken und Strichelchen
gezeichnet. Jn jedem Neſte fanden wir deren drei bis fünf. Ob beide Geſchlechter brüten oder ob
nur das Weibchen ſich dieſem Geſchäfte unterzieht, habe ich nicht erfahren, auch über das Jugendleben
der Küchlein keine Beobachtungen ſammeln können; wahrſcheinlich aber dürfen wir annehmen, daß
ſich die Jungen des afrikaniſchen Scherenſchnabels ebenſo benehmen wie die des in Jndien lebenden
Verwandten, über welchen Jerdon Folgendes berichtet hat. „Es war höchſt anziehend zu ſehen, wie
das Heer dieſer kleinen Burſchen, welches ungefähr hundert Stück zählen mochte, vor uns dahin
rannte, eilig genug, und als wir das Ende der Sandbank erreicht hatten, ſich anſchickte, fortzu-
ſchwimmen, während einige ſich niederdrückten. Das Schwimmen verſtanden ſie aber nicht, ſie ſanken
wenigſtens ſehr tief in das Waſſer ein.“ An der amerikaniſchen Art hat man beobachtet, daß das
Wachsthum ziemlich langſam von ſtatten geht.
„Raben des Meeres“ habe ich früher ſchon die Mitglieder der an Arten zahlreichſten Familie
unſerer Ordnung, die Möven (Lari) genannt; denn jenen Vögeln entſprechen ſie in ihrem Sein
und Weſen. Sie bilden eine nach außen hin wohl abgegrenzte Familie, obſchon ſie in Geſtalt und
Färbung viele Aehnlichkeit mit den Seeſchwalben und noch größere Verwandtſchaft mit den Raub-
möven zeigen. Sie ſind wohl gebaute, kräftige Vögel von ſehr verſchiedener Größe, da die kleinſten
Arten eine Dohle an Leibesumfang kaum übertreffen, während die größeren hierin einem Adler unge-
fähr gleichkommen. Der Leib iſt kräftig, der Hals kurz, der Kopf ziemlich groß, der Schnabel mittel-
lang, ſeitlich ſtark zuſammengedrückt, bis zur Mitte der Oberfirſte gerade, vonhieraus ſanfthakig
abwärts gebogen, ſein Unterkiefer vor der Spitze eckig vorgezogen, oben und unten ſcharfſchneidig, der
Rachen bis ans Auge geſpalten, der Fuß mittelhoch, ſchlankläufig, mit wenigen Ausnahmen vier-
zehig und vorn ſchwimmhäutig, der Flügel groß, lang, breit, jedoch ſchmal zugeſpitzt, unter den
Schwingen die erſte über die übrigen verlängert, der aus zwölf Federn beſtehende Schwanz mittel-
lang, breit und gerade, ſeltener ſeicht ausgeſchnitten, bei wenigen Arten in der Mitte auch etwas
verlängert, das Kleingefieder ſehr dicht, auf der Unterſeite pelzartig, aber, weil die Federn ſich zer-
ſchleißen, weich und ſanft, die Färbung eine zarte und anſprechende, im ganzen ſehr übereinſtimmende.
Auf der Oberſeite, d. h. auf dem Mantel und den Flügeln, herrſcht ein ſchönes Bläulichaſchgrau,
welches man Mövenblau nennt, vor, geht aber durch verſchiedene Schattirungen bis in Weiß oder bis
in Schieferſchwarz über; die Unterſeite, bei vielen Arten einſchließlich des Kopfes und Halſes, iſt
blendendweiß oder auf weißem Grunde roſenroth überhaucht; Kopf und Oberhals werden bei anderen
Arten kapuzenartig durch dunklere Farben geſchmückt; die Schwingenſpitzen erſcheinen oft fleckig
gezeichnet. Hinſichtlich der Geſchlechter unterſcheidet ſich das Kleid der alten Vögel wenig oder nicht,
während das Jugendkleid von dem der Alten ſtets ſehr abweicht, namentlich auf graulichweißem
Grunde graubräunlichgelb oder dunkelgrau gezeichnet iſt. Schnabel und Füße der Alten ſind ebenfalls
lebhaft und anders als in der Jugend gefärbt.
Die Möven verbreiten ſich über alle Theile unſerer Erde, gehören jedoch vorzugsweiſe dem
Norden an. Sie beleben alle Meere, das größte von ihnen aber in auffallend geringer Anzahl, falls
man von den nördlichen Küſten deſſelben abſieht. Wenige Arten entfernen ſich weit vom Lande und
kehren, wenn ſie es thun, immer wieder bald zu ihm zurück, ſodaß man ſie eigentlich als Küſtenvögel
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 867. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/917>, abgerufen am 23.11.2024.
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