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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Schwimmer. Zahnschnäbler. Säger.
sehr bald von seiner außerordentlichen Sinnesschärfe, welche ihn Alles, was vorgeht, bemerken läßt,
und der Beobachter lernt seinen Verstand, seine Vorsicht und Scheu, seine List und Verschlagenheit,
oder der Jäger das seinen Verstand ehrende Sichfügen in die Verhältnisse bald genug kennen.
Abweichend von seinen Familienverwandten pflegt er nur mit anderen seiner Art der Geselligkeit;
streng genommen, bekümmert er sich nicht einmal um den in Geist und Wesen ihm höchst ähnlichen
Schopfsäger. Auf dem Zuge oder in den Thiergärten sieht man die Gänsesäger stets zusammen, merkt
aber bald, daß an ein wirkliches freundschaftliches Verhältniß unter ihnen nicht gedacht werden darf,
daß namentlich ihr neidisches Wesen bei jeder Veranlassung sich bekundet. Damit steht nicht im
Widerspruche, daß auch die Gänsesäger sich beim Fischen in gewisser Weise unterstützen, gleichzeitig
eintauchen und sich in der That die Fische gewissermaßen einander zutreiben; denn jeder arbeitet dabei
nur für sich und ist weit entfernt, durch seine Bestrebungen dem anderen einen Vortheil zuwenden zu
wollen.

Der Gänsesäger frißt, so lange er nicht zu anderer Nahrung genöthigt wird, nur Fische, und
zwar am liebsten kleine von vier bis sechs Zoll Länge, ist aber auch im Stande, größere zu bewältigen.
Ausnahmsweise liest er nebenbei Kerfe, welche in der Jugend seine hauptsächlichste Speise bilden, oder
Gewürm zusammen.

Jn Deutschland nistet hier und da ein Pärchen unseres Vogels, am häufigsten wohl in den Seen
der nördlichsten Theile unseres Vaterlandes, beispielsweise in Pommern, Mecklenburg und Holstein.
Auf den dänischen Jnseln brütet er schon regelmäßig, und vonhieraus nach Norden hin auf allen
ihm zusagenden Gewässern. Die Paare finden sich bereits in der Winterherberge zusammen und
erscheinen gemeinschaftlich auf dem Brutplatze, schreiten im Norden aber erst Anfangs Juni zur Fort-
pflanzung. Das Nest wird an sehr verschiedenen Orten angelegt, oft in einer Vertiefung des Bodens
zwischen Gestein oder unter Gesträuch, zuweilen auf den Köpfen der Weiden, auf alten Raubvögel-
oder Krähenhorsten und gar nicht selten auch in Baumhöhlungen. Am Tana-Elf sah ich an allen
hervorragenden Bäumen große Kasten mit dreieckigem Schlupfloche aufgehängt und erfuhr auf
Befragen, daß man diese Wohnstätte für unseren und den Schopfsäger herrichtet, um dessen Eier zu
erbeuten. Diese Brutkasten sind unter den Lappen und Finnen ganz allgemein im Gebrauche und
werden von den Sägern regelmäßig bezogen. Das Nest ist ein mehr oder weniger kunstloser Bau
aus Reisig, Gestängel, Gehälm, Blättern, Flechten etc., wird aber immer warm und weich mit Dunen
ausgefüttert. Acht bis vierzehn Eier bilden das Gelege; das Weibchen kann jedoch durch planmäßiges
Wegnehmen der Eier gezwungen werden, deren noch einmal soviele zu legen. Sie sind rein eiförmig
oder etwas gestreckt, fest und starkschalig, feinkörnig, wenig glänzend und schwachgrünlichbraungrau
oder schmuzigölgrün gefärbt. Nur das Weibchen brütet, hat auch die Erziehung der ausgeschlüpften
Jungen fast selbständig zu leiten. Letztere sollen, wenn sie in der Höhe groß wurden, von der
Mutter eines nach dem anderen zum Boden herabgetragen werden; es hat aber diese Art der
Beförderung noch kein Naturforscher gesehen, und gerechte Zweifel gegen die Wahrheit der Angabe
sind deshalb nicht ausgeschlossen. Mir erscheint es wahrscheinlicher, daß die jungen Säger ebenso
gut wie die Enten und Gänse einfach aus ihrer Höhe herabspringen und durch ihr reiches Dunenkleid
vor den Folgen des Sturzes bewahrt werden. Wenn ich von den an jungen Schopfsägern gemachten
Beobachtungen auf junge Gänsesäger schließen darf, kann ich angeben, daß sich die Küchlein anfangs
ganz wie junge Enten benehmen, bald aber die ihnen eigenthümliche größere Behendigkeit bekunden
und schon nach Verlauf von acht Tagen ihres Geschlechtes sich würdig zeigen. Jn den ersten Tagen
ihres Lebens nähren sie sich nur von Kerbthieren, welche sie von der Oberfläche des Wassers weg-
nehmen; vom dritten Tage an beginnen sie zu tauchen, und wenn sie acht Tage alt geworden sind,
können sie bereits Fische fangen. Sie wachsen sehr schnell und machen sich auch bald selbständig.
Anfänglich sammeln sie sich nach jedem Ausfluge unter der Mutter oder Pflegemutter; später bilden
sie, ohne sich um diese zu kümmern, einen Haufen oder Klumpen, indem sie sich möglichst dicht an
einander schmiegen und so sich gegenseitig erwärmen. Wenn sie halbwüchsig sind, achten sie kaum noch,

Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Säger.
ſehr bald von ſeiner außerordentlichen Sinnesſchärfe, welche ihn Alles, was vorgeht, bemerken läßt,
und der Beobachter lernt ſeinen Verſtand, ſeine Vorſicht und Scheu, ſeine Liſt und Verſchlagenheit,
oder der Jäger das ſeinen Verſtand ehrende Sichfügen in die Verhältniſſe bald genug kennen.
Abweichend von ſeinen Familienverwandten pflegt er nur mit anderen ſeiner Art der Geſelligkeit;
ſtreng genommen, bekümmert er ſich nicht einmal um den in Geiſt und Weſen ihm höchſt ähnlichen
Schopfſäger. Auf dem Zuge oder in den Thiergärten ſieht man die Gänſeſäger ſtets zuſammen, merkt
aber bald, daß an ein wirkliches freundſchaftliches Verhältniß unter ihnen nicht gedacht werden darf,
daß namentlich ihr neidiſches Weſen bei jeder Veranlaſſung ſich bekundet. Damit ſteht nicht im
Widerſpruche, daß auch die Gänſeſäger ſich beim Fiſchen in gewiſſer Weiſe unterſtützen, gleichzeitig
eintauchen und ſich in der That die Fiſche gewiſſermaßen einander zutreiben; denn jeder arbeitet dabei
nur für ſich und iſt weit entfernt, durch ſeine Beſtrebungen dem anderen einen Vortheil zuwenden zu
wollen.

Der Gänſeſäger frißt, ſo lange er nicht zu anderer Nahrung genöthigt wird, nur Fiſche, und
zwar am liebſten kleine von vier bis ſechs Zoll Länge, iſt aber auch im Stande, größere zu bewältigen.
Ausnahmsweiſe lieſt er nebenbei Kerfe, welche in der Jugend ſeine hauptſächlichſte Speiſe bilden, oder
Gewürm zuſammen.

Jn Deutſchland niſtet hier und da ein Pärchen unſeres Vogels, am häufigſten wohl in den Seen
der nördlichſten Theile unſeres Vaterlandes, beiſpielsweiſe in Pommern, Mecklenburg und Holſtein.
Auf den däniſchen Jnſeln brütet er ſchon regelmäßig, und vonhieraus nach Norden hin auf allen
ihm zuſagenden Gewäſſern. Die Paare finden ſich bereits in der Winterherberge zuſammen und
erſcheinen gemeinſchaftlich auf dem Brutplatze, ſchreiten im Norden aber erſt Anfangs Juni zur Fort-
pflanzung. Das Neſt wird an ſehr verſchiedenen Orten angelegt, oft in einer Vertiefung des Bodens
zwiſchen Geſtein oder unter Geſträuch, zuweilen auf den Köpfen der Weiden, auf alten Raubvögel-
oder Krähenhorſten und gar nicht ſelten auch in Baumhöhlungen. Am Tana-Elf ſah ich an allen
hervorragenden Bäumen große Kaſten mit dreieckigem Schlupfloche aufgehängt und erfuhr auf
Befragen, daß man dieſe Wohnſtätte für unſeren und den Schopfſäger herrichtet, um deſſen Eier zu
erbeuten. Dieſe Brutkaſten ſind unter den Lappen und Finnen ganz allgemein im Gebrauche und
werden von den Sägern regelmäßig bezogen. Das Neſt iſt ein mehr oder weniger kunſtloſer Bau
aus Reiſig, Geſtängel, Gehälm, Blättern, Flechten ꝛc., wird aber immer warm und weich mit Dunen
ausgefüttert. Acht bis vierzehn Eier bilden das Gelege; das Weibchen kann jedoch durch planmäßiges
Wegnehmen der Eier gezwungen werden, deren noch einmal ſoviele zu legen. Sie ſind rein eiförmig
oder etwas geſtreckt, feſt und ſtarkſchalig, feinkörnig, wenig glänzend und ſchwachgrünlichbraungrau
oder ſchmuzigölgrün gefärbt. Nur das Weibchen brütet, hat auch die Erziehung der ausgeſchlüpften
Jungen faſt ſelbſtändig zu leiten. Letztere ſollen, wenn ſie in der Höhe groß wurden, von der
Mutter eines nach dem anderen zum Boden herabgetragen werden; es hat aber dieſe Art der
Beförderung noch kein Naturforſcher geſehen, und gerechte Zweifel gegen die Wahrheit der Angabe
ſind deshalb nicht ausgeſchloſſen. Mir erſcheint es wahrſcheinlicher, daß die jungen Säger ebenſo
gut wie die Enten und Gänſe einfach aus ihrer Höhe herabſpringen und durch ihr reiches Dunenkleid
vor den Folgen des Sturzes bewahrt werden. Wenn ich von den an jungen Schopfſägern gemachten
Beobachtungen auf junge Gänſeſäger ſchließen darf, kann ich angeben, daß ſich die Küchlein anfangs
ganz wie junge Enten benehmen, bald aber die ihnen eigenthümliche größere Behendigkeit bekunden
und ſchon nach Verlauf von acht Tagen ihres Geſchlechtes ſich würdig zeigen. Jn den erſten Tagen
ihres Lebens nähren ſie ſich nur von Kerbthieren, welche ſie von der Oberfläche des Waſſers weg-
nehmen; vom dritten Tage an beginnen ſie zu tauchen, und wenn ſie acht Tage alt geworden ſind,
können ſie bereits Fiſche fangen. Sie wachſen ſehr ſchnell und machen ſich auch bald ſelbſtändig.
Anfänglich ſammeln ſie ſich nach jedem Ausfluge unter der Mutter oder Pflegemutter; ſpäter bilden
ſie, ohne ſich um dieſe zu kümmern, einen Haufen oder Klumpen, indem ſie ſich möglichſt dicht an
einander ſchmiegen und ſo ſich gegenſeitig erwärmen. Wenn ſie halbwüchſig ſind, achten ſie kaum noch,

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 850. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/900>, abgerufen am 23.11.2024.