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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Brautente. Mandarinenente.
aufgestellten Oberarmschwingen bestehen. Sie ist deshalb als Vertreter einer besonderen Sippe
(Cosmonessa) angesehen worden; doch sind die Unterschiede zwischen Braut- und Mandarinenente
nur während des Hochzeitskleides ersichtlich und beide Vögel im übrigen sich so ähnlich, daß jene
Trennung kaum als gerechtfertigt erscheinen kann.

Die Mandarinenente bewohnt Nordchina und die Amurländer, auch Japan, und wandert von-
hieraus allwinterlich bis nach Südchina hinab. Unter den Chinesen gilt sie als Sinnbild ehelicher
Treue, wird deshalb bei Hochzeitszügen in glänzenden Gebauern vorangetragen, den jungen Ehe-
leuten als werthvolles Geschenk überbracht, steht überhaupt unter den Bewohnern des himmlischen
Reiches im hohen Ansehn. Dies mag die Ursache sein, daß es so schwer hält, den schönen Vogel
käuflich zu erwerben. Ein Freund Bennett's schrieb diesem auf Befragen zurück, daß es leichter
sei, zwei Paar Mandarinen nach Sidney zu senden, als zwei Paare Mandarinenenten, und die
zoologische Gesellschaft in London mußte für die beiden ersten Paare, welche sie sich erwarb, die
Summe von siebzig Pfund Sterling erlegen. Dieser Erwerbung aber danken wir es, daß der
prachtvolle Vogel gegenwärtig schon in allen Thiergärten gesunden wird und von Jahr zu Jahr sich
weiter verbreitet. Jn Deutschland hat seine Zucht bisher noch nicht glücken wollen, in Holland aber
werden gegenwärtig alljährlich zwischen funfzig und hundert Stück gezüchtet, und der Preis eines
Paares ist demgemäß bis auf ungefähr fünfundzwanzig Thaler herabgegangen, fällt auch von Jahr
zu Jahr mehr.

Ueber das Freileben der Mandarinenente sind wir durch Schrenck unterrichtet worden. "Diese
Art, bisher nur aus China und Japan bekannt, haben wir auch im Amurlande und zwar als einen
recht weit nach Norden verbreiteten und zum Theile sehr häufigen Vogel kennen gelernt. Längs des
Amurstromes geht sie nämlich bis zur Mündung desselben hinab; den Giljaken des Dorfes Kalghe
war sie jedoch unbekannt, was jedenfalls dafür spricht, daß sie sich dort nicht häufig sehen läßt:
vielleicht sind es also nur einige Pärchen, welche soweit nordwärts vordringen. Aufwärts am Amur
nimmt dagegen ihre Zahl sehr bald zu, und in der Gegend der Ussurimündung, ferner am Ussuri
selbst und oberhalb desselben am Amurstrome begegnet man ihr häufig. Am unteren Amur stellt sie
sich erst in den letzten Tagen des April oder in den ersten des Mai ein und verweilt im Lande bis
Ende Augusts. Zu dieser Zeit und auch schon früher hält sie sich stets in größeren oder kleineren
Schwärmen zusammen, welche sehr scheu sind und fast niemals schußrecht aushalten. Jm Fluge sind
die Schwärme nach vorn meistens stark gedrängt, nach hinten dünner und in mehreren einzelnen
Reihen auslaufend. Geht ein solcher Schwarm in geringer Höhe über Einem weg, so läßt sich ein
dem Rauschen des Windes vergleichbarer Lärm vernehmen. Zu wiederholten Malen habe ich
Mandarinenenten auf Bäumen sitzen sehen, ein Benehmen, welches sie mit der ihr in Gestalt und
Färbung so nahe verwandten Brautente gemein hat."

Durch unsere Gefangenen haben wir ihr Betragen genauer kennen gelernt. Sie unterscheidet
sich in der That sehr wenig von der früher beschriebenen Verwandten, erscheint jedoch minder zierlich,
obschon sie pomphaft auftritt. Wenn man die Brautente neben ihr sieht, will sie Einem vorkommen
wie ein reich gewordener Kaffeejunker neben einem wirklich vornehmen Menschen. Gang und
Bewegung überhaupt, die Stimme und das Gebahren sind zwar ungefähr dieselben wie bei der
Brautente, aber doch entschieden plumper, roher; namentlich das Männchen zeigt sich während
der Fortpflanzung eher auffallend als anmuthig. Die Brautente ist geschmückt, die Man-
darinenente so zu sagen überschmückt; doch läßt sich nicht verkennen, daß auch das letztere eine
angenehme Erscheinung ist und wenigstens vielen Menschen sehr anspricht, insbesondere wenn es
unter vielfachem Verneigen des Kopfes, Lüften der Haube und Breiten der Halsmähne seinem
Weibchen den Hof macht. Mit dem Fortpflanzungsgeschäfte beginnt sie etwas später als die Braut-
ente, benimmt sich dabei dieser ganz ähnlich und beweist zur Genüge, daß auch sie freilebend nur
in Baumhöhlen brütet. Jhre Eier lassen sich von denen der verwandten Art nicht unterscheiden, und
auch die Jungen ähneln diesen zum Verwechseln.

Brautente. Mandarinenente.
aufgeſtellten Oberarmſchwingen beſtehen. Sie iſt deshalb als Vertreter einer beſonderen Sippe
(Cosmonessa) angeſehen worden; doch ſind die Unterſchiede zwiſchen Braut- und Mandarinenente
nur während des Hochzeitskleides erſichtlich und beide Vögel im übrigen ſich ſo ähnlich, daß jene
Trennung kaum als gerechtfertigt erſcheinen kann.

Die Mandarinenente bewohnt Nordchina und die Amurländer, auch Japan, und wandert von-
hieraus allwinterlich bis nach Südchina hinab. Unter den Chineſen gilt ſie als Sinnbild ehelicher
Treue, wird deshalb bei Hochzeitszügen in glänzenden Gebauern vorangetragen, den jungen Ehe-
leuten als werthvolles Geſchenk überbracht, ſteht überhaupt unter den Bewohnern des himmliſchen
Reiches im hohen Anſehn. Dies mag die Urſache ſein, daß es ſo ſchwer hält, den ſchönen Vogel
käuflich zu erwerben. Ein Freund Bennett’s ſchrieb dieſem auf Befragen zurück, daß es leichter
ſei, zwei Paar Mandarinen nach Sidney zu ſenden, als zwei Paare Mandarinenenten, und die
zoologiſche Geſellſchaft in London mußte für die beiden erſten Paare, welche ſie ſich erwarb, die
Summe von ſiebzig Pfund Sterling erlegen. Dieſer Erwerbung aber danken wir es, daß der
prachtvolle Vogel gegenwärtig ſchon in allen Thiergärten geſunden wird und von Jahr zu Jahr ſich
weiter verbreitet. Jn Deutſchland hat ſeine Zucht bisher noch nicht glücken wollen, in Holland aber
werden gegenwärtig alljährlich zwiſchen funfzig und hundert Stück gezüchtet, und der Preis eines
Paares iſt demgemäß bis auf ungefähr fünfundzwanzig Thaler herabgegangen, fällt auch von Jahr
zu Jahr mehr.

Ueber das Freileben der Mandarinenente ſind wir durch Schrenck unterrichtet worden. „Dieſe
Art, bisher nur aus China und Japan bekannt, haben wir auch im Amurlande und zwar als einen
recht weit nach Norden verbreiteten und zum Theile ſehr häufigen Vogel kennen gelernt. Längs des
Amurſtromes geht ſie nämlich bis zur Mündung deſſelben hinab; den Giljaken des Dorfes Kalghe
war ſie jedoch unbekannt, was jedenfalls dafür ſpricht, daß ſie ſich dort nicht häufig ſehen läßt:
vielleicht ſind es alſo nur einige Pärchen, welche ſoweit nordwärts vordringen. Aufwärts am Amur
nimmt dagegen ihre Zahl ſehr bald zu, und in der Gegend der Uſſurimündung, ferner am Uſſuri
ſelbſt und oberhalb deſſelben am Amurſtrome begegnet man ihr häufig. Am unteren Amur ſtellt ſie
ſich erſt in den letzten Tagen des April oder in den erſten des Mai ein und verweilt im Lande bis
Ende Auguſts. Zu dieſer Zeit und auch ſchon früher hält ſie ſich ſtets in größeren oder kleineren
Schwärmen zuſammen, welche ſehr ſcheu ſind und faſt niemals ſchußrecht aushalten. Jm Fluge ſind
die Schwärme nach vorn meiſtens ſtark gedrängt, nach hinten dünner und in mehreren einzelnen
Reihen auslaufend. Geht ein ſolcher Schwarm in geringer Höhe über Einem weg, ſo läßt ſich ein
dem Rauſchen des Windes vergleichbarer Lärm vernehmen. Zu wiederholten Malen habe ich
Mandarinenenten auf Bäumen ſitzen ſehen, ein Benehmen, welches ſie mit der ihr in Geſtalt und
Färbung ſo nahe verwandten Brautente gemein hat.“

Durch unſere Gefangenen haben wir ihr Betragen genauer kennen gelernt. Sie unterſcheidet
ſich in der That ſehr wenig von der früher beſchriebenen Verwandten, erſcheint jedoch minder zierlich,
obſchon ſie pomphaft auftritt. Wenn man die Brautente neben ihr ſieht, will ſie Einem vorkommen
wie ein reich gewordener Kaffeejunker neben einem wirklich vornehmen Menſchen. Gang und
Bewegung überhaupt, die Stimme und das Gebahren ſind zwar ungefähr dieſelben wie bei der
Brautente, aber doch entſchieden plumper, roher; namentlich das Männchen zeigt ſich während
der Fortpflanzung eher auffallend als anmuthig. Die Brautente iſt geſchmückt, die Man-
darinenente ſo zu ſagen überſchmückt; doch läßt ſich nicht verkennen, daß auch das letztere eine
angenehme Erſcheinung iſt und wenigſtens vielen Menſchen ſehr anſpricht, insbeſondere wenn es
unter vielfachem Verneigen des Kopfes, Lüften der Haube und Breiten der Halsmähne ſeinem
Weibchen den Hof macht. Mit dem Fortpflanzungsgeſchäfte beginnt ſie etwas ſpäter als die Braut-
ente, benimmt ſich dabei dieſer ganz ähnlich und beweiſt zur Genüge, daß auch ſie freilebend nur
in Baumhöhlen brütet. Jhre Eier laſſen ſich von denen der verwandten Art nicht unterſcheiden, und
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[829/0879] Brautente. Mandarinenente. aufgeſtellten Oberarmſchwingen beſtehen. Sie iſt deshalb als Vertreter einer beſonderen Sippe (Cosmonessa) angeſehen worden; doch ſind die Unterſchiede zwiſchen Braut- und Mandarinenente nur während des Hochzeitskleides erſichtlich und beide Vögel im übrigen ſich ſo ähnlich, daß jene Trennung kaum als gerechtfertigt erſcheinen kann. Die Mandarinenente bewohnt Nordchina und die Amurländer, auch Japan, und wandert von- hieraus allwinterlich bis nach Südchina hinab. Unter den Chineſen gilt ſie als Sinnbild ehelicher Treue, wird deshalb bei Hochzeitszügen in glänzenden Gebauern vorangetragen, den jungen Ehe- leuten als werthvolles Geſchenk überbracht, ſteht überhaupt unter den Bewohnern des himmliſchen Reiches im hohen Anſehn. Dies mag die Urſache ſein, daß es ſo ſchwer hält, den ſchönen Vogel käuflich zu erwerben. Ein Freund Bennett’s ſchrieb dieſem auf Befragen zurück, daß es leichter ſei, zwei Paar Mandarinen nach Sidney zu ſenden, als zwei Paare Mandarinenenten, und die zoologiſche Geſellſchaft in London mußte für die beiden erſten Paare, welche ſie ſich erwarb, die Summe von ſiebzig Pfund Sterling erlegen. Dieſer Erwerbung aber danken wir es, daß der prachtvolle Vogel gegenwärtig ſchon in allen Thiergärten geſunden wird und von Jahr zu Jahr ſich weiter verbreitet. Jn Deutſchland hat ſeine Zucht bisher noch nicht glücken wollen, in Holland aber werden gegenwärtig alljährlich zwiſchen funfzig und hundert Stück gezüchtet, und der Preis eines Paares iſt demgemäß bis auf ungefähr fünfundzwanzig Thaler herabgegangen, fällt auch von Jahr zu Jahr mehr. Ueber das Freileben der Mandarinenente ſind wir durch Schrenck unterrichtet worden. „Dieſe Art, bisher nur aus China und Japan bekannt, haben wir auch im Amurlande und zwar als einen recht weit nach Norden verbreiteten und zum Theile ſehr häufigen Vogel kennen gelernt. Längs des Amurſtromes geht ſie nämlich bis zur Mündung deſſelben hinab; den Giljaken des Dorfes Kalghe war ſie jedoch unbekannt, was jedenfalls dafür ſpricht, daß ſie ſich dort nicht häufig ſehen läßt: vielleicht ſind es alſo nur einige Pärchen, welche ſoweit nordwärts vordringen. Aufwärts am Amur nimmt dagegen ihre Zahl ſehr bald zu, und in der Gegend der Uſſurimündung, ferner am Uſſuri ſelbſt und oberhalb deſſelben am Amurſtrome begegnet man ihr häufig. Am unteren Amur ſtellt ſie ſich erſt in den letzten Tagen des April oder in den erſten des Mai ein und verweilt im Lande bis Ende Auguſts. Zu dieſer Zeit und auch ſchon früher hält ſie ſich ſtets in größeren oder kleineren Schwärmen zuſammen, welche ſehr ſcheu ſind und faſt niemals ſchußrecht aushalten. Jm Fluge ſind die Schwärme nach vorn meiſtens ſtark gedrängt, nach hinten dünner und in mehreren einzelnen Reihen auslaufend. Geht ein ſolcher Schwarm in geringer Höhe über Einem weg, ſo läßt ſich ein dem Rauſchen des Windes vergleichbarer Lärm vernehmen. Zu wiederholten Malen habe ich Mandarinenenten auf Bäumen ſitzen ſehen, ein Benehmen, welches ſie mit der ihr in Geſtalt und Färbung ſo nahe verwandten Brautente gemein hat.“ Durch unſere Gefangenen haben wir ihr Betragen genauer kennen gelernt. Sie unterſcheidet ſich in der That ſehr wenig von der früher beſchriebenen Verwandten, erſcheint jedoch minder zierlich, obſchon ſie pomphaft auftritt. Wenn man die Brautente neben ihr ſieht, will ſie Einem vorkommen wie ein reich gewordener Kaffeejunker neben einem wirklich vornehmen Menſchen. Gang und Bewegung überhaupt, die Stimme und das Gebahren ſind zwar ungefähr dieſelben wie bei der Brautente, aber doch entſchieden plumper, roher; namentlich das Männchen zeigt ſich während der Fortpflanzung eher auffallend als anmuthig. Die Brautente iſt geſchmückt, die Man- darinenente ſo zu ſagen überſchmückt; doch läßt ſich nicht verkennen, daß auch das letztere eine angenehme Erſcheinung iſt und wenigſtens vielen Menſchen ſehr anſpricht, insbeſondere wenn es unter vielfachem Verneigen des Kopfes, Lüften der Haube und Breiten der Halsmähne ſeinem Weibchen den Hof macht. Mit dem Fortpflanzungsgeſchäfte beginnt ſie etwas ſpäter als die Braut- ente, benimmt ſich dabei dieſer ganz ähnlich und beweiſt zur Genüge, daß auch ſie freilebend nur in Baumhöhlen brütet. Jhre Eier laſſen ſich von denen der verwandten Art nicht unterſcheiden, und auch die Jungen ähneln dieſen zum Verwechſeln.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 829. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/879>, abgerufen am 06.06.2024.