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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Schwimmer. Zahnschnäbler. Schwimmenten.
von der Mutter mit dem Schnabel hinabgetragen, wie man früher wohl anzunehmen pflegte. Jhre
erste Jugendzeit verleben sie möglichst versteckt zwischen dem dichtstehenden Riedgrase, Schilf- und
anderen Wasserpflanzen, und erst wenn sie anfangen, ihre Flugwerkzeuge zu proben, zeigen sie
sich ab und zu auf freierem Wasser. Jhre Mutter wendet die größte Sorgfalt an, um sie den Blicken
der Menschen oder anderer Feinde zu entziehen, sucht nöthigenfalls durch Verstellungskünste die
Gefahr auf sich selbst zu lenken, tritt auch, wenn sie die Schar von schwächeren Feinden angegriffen
sieht, denselben muthig entgegen und schlägt sie häufig in die Flucht. Die Jungen hängen mit größter
Liebe an ihr, beachten jede Warnung, jeden Lockton, verkriechen sich, sobald die Alte ihnen Dies
befiehlt, zwischen deckenden Pflanzen oder Bodenerhöhungen und verweilen, bis jene, falls sie flüchten
mußte, wieder zu ihnen zurückkehrt, in der einmal angenommenen Lage, ohne sich zu regen, sind aber
im Nu wieder auf den Beinen und beisammen, wenn die Mutter erscheint. Jhr Wachsthum fördert
ungemein rasch; nach etwa sechs Wochen fliegen sie bereits.

Alle Sorge und Angst der Mutter läßt den Vater unbekümmert. Sobald die Ente zu brüten
beginnt, verläßt er sie, sucht unter Umständen noch ein Liebesverhältniß mit anderen Entenweibchen
anzuknüpfen und vereinigt sich, wenn ihm Dies nicht mehr gelingen will, mit Seinesgleichen zu
Gesellschaften, welche sich nunmehr ungezwungen auf verschiedenen Gewässern umhertreiben. Noch
ehe die Jungen dem Ei entschlüpft sind, beginnt bereits die Mauser, welche sein Prachtkleid ins
unscheinbare Sommerkleid verwandelt. Letzteres wird kaum vier Monate getragen und geht dann
durch Mauser und Verfärbung ins Hochzeitkleid über. Um diese Zeit tritt auch die Mauser bei
den Jungen ein, und nunmehr vereinigen sich beide Geschlechter und Alt und Jung wieder, um
fortan gesellig den Herbst zu verbringen und später der Winterherberge zuzuwandern.

Manche alte Stockente fällt dem Fuchse oder dem Fischotter, manche junge dem Jltis und
bezüglich dem Nörz zur Beute; die Eier und zarten Jungen werden von Wasserratten weggeschleppt
oder durch Rohrweihen und Milane gefährdet; als die schlimmsten Feinde aber müssen wohl die großen
Edelfalken gelten, welche sich zeitweilig fast nur von Enten ernähren. Angesichts eines solchen Gegners
suchen sich letztere soviel als möglich durch Tauchen zu retten, ziehen auch wohl den Räuber, welcher sie
ergriff, gelegentlich mit in die Tiefe hinab und ermatten ihn dadurch so, daß er die Jagd aufgeben
muß. Der Habicht und die größeren Adler, insbesondere auch der Seeadler, betreiben die Entenjagd
nicht minder eifrig und meist mit Glück, obgleich die Enten auch gegen sie verschiedene Mittel zur
Abwehr anwenden. Seyffertitz beobachtete einst innerhalb weniger Stunden die verschiedenen
Vertheidigungsarten der Enten gegen Raubvögel. Als diese einen langsam herbeifliegenden Seeadler
gewahrten, erhoben sie sich in die Luft und strichen über dem Wasser hin und her, weil sie wohl wußten,
daß er nicht im Stande sei, sie im Fluge zu fangen. Nachdem er die Jagd aufgegeben, fielen sie
wieder ein und suchten ihre Nahrung wie vorher. Da zeigte sich ein Wanderfalk; jetzt aber
flogen sie nicht auf, sondern tauchten unablässig, bis auch dieser Feind das Vergebliche seiner
Bemühungen einsah. Später erschien nun ein Habicht, welcher im Fliegen wie im Sitzen gleich
geschickt zu fangen weiß. Die Enten zogen sich sofort eng zusammen, warfen mit den Flügeln
beständig Wasser in die Höhe, welches sich in Tropfen zertheilte und einen undurchsichtigen Staubregen
bildete; der Habicht durchflog diesen Regen, wurde aber doch so verwirrt, daß er ebenfalls von
seiner Jagd ablassen mußte.

Das Wildpret der Stockente ist so vorzüglich, daß man ihre Jagd allerorten eifrig betreibt. Es
würde zu weit führen, wenn ich hier auf die verschiedenen Jagdarten eingehen wollte: sie lernt man
auch besser aus Jagdbüchern, als aus Naturgeschichten kennen; nur erwähnen will ich noch, daß
man im Süden den eingewanderten Enten unablässig nachstellt und sie oft in außerordentlicher
Menge fängt. Die Märkte aller Städte Jtaliens, Griechenlands und Spaniens oder Egyptens sind
während des Winters mit Enten insgemein und insbesondere auch mit Stockenten geradezu überfüllt:
man kann für wenige Pfennige unseres Geldes dort eine Wildente kaufen. Jn Griechenland wendet
man eine sonderbare Fangart an. Zwischen den mit Schilf und Binsen bewachsenen Seen gibt es

Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Schwimmenten.
von der Mutter mit dem Schnabel hinabgetragen, wie man früher wohl anzunehmen pflegte. Jhre
erſte Jugendzeit verleben ſie möglichſt verſteckt zwiſchen dem dichtſtehenden Riedgraſe, Schilf- und
anderen Waſſerpflanzen, und erſt wenn ſie anfangen, ihre Flugwerkzeuge zu proben, zeigen ſie
ſich ab und zu auf freierem Waſſer. Jhre Mutter wendet die größte Sorgfalt an, um ſie den Blicken
der Menſchen oder anderer Feinde zu entziehen, ſucht nöthigenfalls durch Verſtellungskünſte die
Gefahr auf ſich ſelbſt zu lenken, tritt auch, wenn ſie die Schar von ſchwächeren Feinden angegriffen
ſieht, denſelben muthig entgegen und ſchlägt ſie häufig in die Flucht. Die Jungen hängen mit größter
Liebe an ihr, beachten jede Warnung, jeden Lockton, verkriechen ſich, ſobald die Alte ihnen Dies
befiehlt, zwiſchen deckenden Pflanzen oder Bodenerhöhungen und verweilen, bis jene, falls ſie flüchten
mußte, wieder zu ihnen zurückkehrt, in der einmal angenommenen Lage, ohne ſich zu regen, ſind aber
im Nu wieder auf den Beinen und beiſammen, wenn die Mutter erſcheint. Jhr Wachsthum fördert
ungemein raſch; nach etwa ſechs Wochen fliegen ſie bereits.

Alle Sorge und Angſt der Mutter läßt den Vater unbekümmert. Sobald die Ente zu brüten
beginnt, verläßt er ſie, ſucht unter Umſtänden noch ein Liebesverhältniß mit anderen Entenweibchen
anzuknüpfen und vereinigt ſich, wenn ihm Dies nicht mehr gelingen will, mit Seinesgleichen zu
Geſellſchaften, welche ſich nunmehr ungezwungen auf verſchiedenen Gewäſſern umhertreiben. Noch
ehe die Jungen dem Ei entſchlüpft ſind, beginnt bereits die Mauſer, welche ſein Prachtkleid ins
unſcheinbare Sommerkleid verwandelt. Letzteres wird kaum vier Monate getragen und geht dann
durch Mauſer und Verfärbung ins Hochzeitkleid über. Um dieſe Zeit tritt auch die Mauſer bei
den Jungen ein, und nunmehr vereinigen ſich beide Geſchlechter und Alt und Jung wieder, um
fortan geſellig den Herbſt zu verbringen und ſpäter der Winterherberge zuzuwandern.

Manche alte Stockente fällt dem Fuchſe oder dem Fiſchotter, manche junge dem Jltis und
bezüglich dem Nörz zur Beute; die Eier und zarten Jungen werden von Waſſerratten weggeſchleppt
oder durch Rohrweihen und Milane gefährdet; als die ſchlimmſten Feinde aber müſſen wohl die großen
Edelfalken gelten, welche ſich zeitweilig faſt nur von Enten ernähren. Angeſichts eines ſolchen Gegners
ſuchen ſich letztere ſoviel als möglich durch Tauchen zu retten, ziehen auch wohl den Räuber, welcher ſie
ergriff, gelegentlich mit in die Tiefe hinab und ermatten ihn dadurch ſo, daß er die Jagd aufgeben
muß. Der Habicht und die größeren Adler, insbeſondere auch der Seeadler, betreiben die Entenjagd
nicht minder eifrig und meiſt mit Glück, obgleich die Enten auch gegen ſie verſchiedene Mittel zur
Abwehr anwenden. Seyffertitz beobachtete einſt innerhalb weniger Stunden die verſchiedenen
Vertheidigungsarten der Enten gegen Raubvögel. Als dieſe einen langſam herbeifliegenden Seeadler
gewahrten, erhoben ſie ſich in die Luft und ſtrichen über dem Waſſer hin und her, weil ſie wohl wußten,
daß er nicht im Stande ſei, ſie im Fluge zu fangen. Nachdem er die Jagd aufgegeben, fielen ſie
wieder ein und ſuchten ihre Nahrung wie vorher. Da zeigte ſich ein Wanderfalk; jetzt aber
flogen ſie nicht auf, ſondern tauchten unabläſſig, bis auch dieſer Feind das Vergebliche ſeiner
Bemühungen einſah. Später erſchien nun ein Habicht, welcher im Fliegen wie im Sitzen gleich
geſchickt zu fangen weiß. Die Enten zogen ſich ſofort eng zuſammen, warfen mit den Flügeln
beſtändig Waſſer in die Höhe, welches ſich in Tropfen zertheilte und einen undurchſichtigen Staubregen
bildete; der Habicht durchflog dieſen Regen, wurde aber doch ſo verwirrt, daß er ebenfalls von
ſeiner Jagd ablaſſen mußte.

Das Wildpret der Stockente iſt ſo vorzüglich, daß man ihre Jagd allerorten eifrig betreibt. Es
würde zu weit führen, wenn ich hier auf die verſchiedenen Jagdarten eingehen wollte: ſie lernt man
auch beſſer aus Jagdbüchern, als aus Naturgeſchichten kennen; nur erwähnen will ich noch, daß
man im Süden den eingewanderten Enten unabläſſig nachſtellt und ſie oft in außerordentlicher
Menge fängt. Die Märkte aller Städte Jtaliens, Griechenlands und Spaniens oder Egyptens ſind
während des Winters mit Enten insgemein und insbeſondere auch mit Stockenten geradezu überfüllt:
man kann für wenige Pfennige unſeres Geldes dort eine Wildente kaufen. Jn Griechenland wendet
man eine ſonderbare Fangart an. Zwiſchen den mit Schilf und Binſen bewachſenen Seen gibt es

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[824/0874] Die Schwimmer. Zahnſchnäbler. Schwimmenten. von der Mutter mit dem Schnabel hinabgetragen, wie man früher wohl anzunehmen pflegte. Jhre erſte Jugendzeit verleben ſie möglichſt verſteckt zwiſchen dem dichtſtehenden Riedgraſe, Schilf- und anderen Waſſerpflanzen, und erſt wenn ſie anfangen, ihre Flugwerkzeuge zu proben, zeigen ſie ſich ab und zu auf freierem Waſſer. Jhre Mutter wendet die größte Sorgfalt an, um ſie den Blicken der Menſchen oder anderer Feinde zu entziehen, ſucht nöthigenfalls durch Verſtellungskünſte die Gefahr auf ſich ſelbſt zu lenken, tritt auch, wenn ſie die Schar von ſchwächeren Feinden angegriffen ſieht, denſelben muthig entgegen und ſchlägt ſie häufig in die Flucht. Die Jungen hängen mit größter Liebe an ihr, beachten jede Warnung, jeden Lockton, verkriechen ſich, ſobald die Alte ihnen Dies befiehlt, zwiſchen deckenden Pflanzen oder Bodenerhöhungen und verweilen, bis jene, falls ſie flüchten mußte, wieder zu ihnen zurückkehrt, in der einmal angenommenen Lage, ohne ſich zu regen, ſind aber im Nu wieder auf den Beinen und beiſammen, wenn die Mutter erſcheint. Jhr Wachsthum fördert ungemein raſch; nach etwa ſechs Wochen fliegen ſie bereits. Alle Sorge und Angſt der Mutter läßt den Vater unbekümmert. Sobald die Ente zu brüten beginnt, verläßt er ſie, ſucht unter Umſtänden noch ein Liebesverhältniß mit anderen Entenweibchen anzuknüpfen und vereinigt ſich, wenn ihm Dies nicht mehr gelingen will, mit Seinesgleichen zu Geſellſchaften, welche ſich nunmehr ungezwungen auf verſchiedenen Gewäſſern umhertreiben. Noch ehe die Jungen dem Ei entſchlüpft ſind, beginnt bereits die Mauſer, welche ſein Prachtkleid ins unſcheinbare Sommerkleid verwandelt. Letzteres wird kaum vier Monate getragen und geht dann durch Mauſer und Verfärbung ins Hochzeitkleid über. Um dieſe Zeit tritt auch die Mauſer bei den Jungen ein, und nunmehr vereinigen ſich beide Geſchlechter und Alt und Jung wieder, um fortan geſellig den Herbſt zu verbringen und ſpäter der Winterherberge zuzuwandern. Manche alte Stockente fällt dem Fuchſe oder dem Fiſchotter, manche junge dem Jltis und bezüglich dem Nörz zur Beute; die Eier und zarten Jungen werden von Waſſerratten weggeſchleppt oder durch Rohrweihen und Milane gefährdet; als die ſchlimmſten Feinde aber müſſen wohl die großen Edelfalken gelten, welche ſich zeitweilig faſt nur von Enten ernähren. Angeſichts eines ſolchen Gegners ſuchen ſich letztere ſoviel als möglich durch Tauchen zu retten, ziehen auch wohl den Räuber, welcher ſie ergriff, gelegentlich mit in die Tiefe hinab und ermatten ihn dadurch ſo, daß er die Jagd aufgeben muß. Der Habicht und die größeren Adler, insbeſondere auch der Seeadler, betreiben die Entenjagd nicht minder eifrig und meiſt mit Glück, obgleich die Enten auch gegen ſie verſchiedene Mittel zur Abwehr anwenden. Seyffertitz beobachtete einſt innerhalb weniger Stunden die verſchiedenen Vertheidigungsarten der Enten gegen Raubvögel. Als dieſe einen langſam herbeifliegenden Seeadler gewahrten, erhoben ſie ſich in die Luft und ſtrichen über dem Waſſer hin und her, weil ſie wohl wußten, daß er nicht im Stande ſei, ſie im Fluge zu fangen. Nachdem er die Jagd aufgegeben, fielen ſie wieder ein und ſuchten ihre Nahrung wie vorher. Da zeigte ſich ein Wanderfalk; jetzt aber flogen ſie nicht auf, ſondern tauchten unabläſſig, bis auch dieſer Feind das Vergebliche ſeiner Bemühungen einſah. Später erſchien nun ein Habicht, welcher im Fliegen wie im Sitzen gleich geſchickt zu fangen weiß. Die Enten zogen ſich ſofort eng zuſammen, warfen mit den Flügeln beſtändig Waſſer in die Höhe, welches ſich in Tropfen zertheilte und einen undurchſichtigen Staubregen bildete; der Habicht durchflog dieſen Regen, wurde aber doch ſo verwirrt, daß er ebenfalls von ſeiner Jagd ablaſſen mußte. Das Wildpret der Stockente iſt ſo vorzüglich, daß man ihre Jagd allerorten eifrig betreibt. Es würde zu weit führen, wenn ich hier auf die verſchiedenen Jagdarten eingehen wollte: ſie lernt man auch beſſer aus Jagdbüchern, als aus Naturgeſchichten kennen; nur erwähnen will ich noch, daß man im Süden den eingewanderten Enten unabläſſig nachſtellt und ſie oft in außerordentlicher Menge fängt. Die Märkte aller Städte Jtaliens, Griechenlands und Spaniens oder Egyptens ſind während des Winters mit Enten insgemein und insbeſondere auch mit Stockenten geradezu überfüllt: man kann für wenige Pfennige unſeres Geldes dort eine Wildente kaufen. Jn Griechenland wendet man eine ſonderbare Fangart an. Zwiſchen den mit Schilf und Binſen bewachſenen Seen gibt es

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 824. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/874>, abgerufen am 23.11.2024.